BLKÖ:Porcia, Franz Seraphin Fürst
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Porcia, die Fürsten, Genealogie | ||
Band: 23 (1872), ab Seite: 117. (Quelle) | |||
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Adelsgeschlechte [s. d. Quellen S. 120] entstammend, ist er ein Sohn des Grafen Alois (geb. 1713, gest. 1750), aus dessen Ehe mit Helene Laurini (gest. 1763). Er erhielt eine ausgezeichnete Erziehung und vermälte sich bereits am 4. Februar 1777, damals erst 22 Jahre alt, mit einer ungarischen Edeldame Barbara Freiin von Jöchlingen, welche Heirath aber ein Zerwürfniß mit seiner Familie, besonders mit seinem älteren Bruder, dem Fürsten und Majoratsherrn Joseph nach sich zog. Er lebte still und bescheiden in einem Weingartenhause zu Krottendorf in der sogenannten „Einöd“, nahe bei Gratz. Fast ein und ein halbes Jahr hatte der Fürst, damals noch Graf, sich hauptsächlich mit Botanik beschäftigend, hier zugebracht, als ihm sein Bruder den Antrag machen ließ, das Schloß Ortenburg zu bewohnen; zu gleicher Zeit aber hatte ihn ein mit der Familie befreundeter Cardinal eingeladen, mit seiner Gemahlin nach Rom zu reisen, wo er ihn durch ein Ehrenamt am päpstlichen Hofe zur Selbstständigkeit verhelfen wollte. P. entschied sich für letzteres und reiste mit seiner Gemahlin nach Italien; allein schon zu Bologna erhielt er die Nachricht von dem Tode des Cardinals. Lange Zeit nun war P. wie verschollen, als ihn ein österreichischer Cavalier, als Krankenwärter im Spitale zu Florenz fand. Als der Großherzog Leopold, nachmaliger Kaiser, davon hörte, ließ er P. zu sich kommen; ihn auf das freundlichste empfangend und nach der Ursache seiner sonderbaren Thätigkeit fragend, antwortete ihm der Graf daß ihn eben die Lust, der leidenden Menschheit behilflich zu sein, dazu bewogen habe, und daß der Mensch im Krankenbette und der am Krankenbette sich am wahrhaftesten gegenüberstellen. In dieser Schule der Wahrheit lerne der Mensch vor keinem Uebel verzagen und keine Freude ernster, als einen vorübergehenden Traum, betrachten. Der Großherzog bot ihm hierauf seine Vermittlung zur Aussöhnung mit seiner Familie und die Mittel zu seiner Rückkehr nach Gratz an, welche der Graf auch mit Dankbarkeit annahm. P. trat nun mit seiner Gemahlin die Rückreise an, und fand schon in Porcia seinem Stammschlosse Gelegenheit, seinem Wohlthätigkeitssinne freien Lauf zu lassen. In Palma nuovo erfuhr er von dem Gerüchte, das zu seinem Bruder gedrungen, und weßhalb dieser von ihm nichts mehr wissen wollte, daß nämlich er und seine Frau in Florenz in Haft seien, weil er sich als Arzt ins Spital hineingelogen und durch Gifte, die seine Frau gemischt, eine große Anzahl Kranker ums Leben gebracht habe. Er reiste nun [118] weiter nach der Herrschaft des Fürsten, nach Senošetz in Krain, um seinen Lehrer den dortigen Verwalter, der auf dem Todtenbette lag, noch einmal zu sehen, welcher ihm die Briefe von dem Tafeldecker des Fürsten, der hauptsächlich die Abneigung desselben gegen den jüngern Bruder schürte, übergab. Nachdem er den Freund und Erzieher begraben, setzte er seine Reise über Gonobitz, seinem Geburtsorte, nach Gratz fort, wo er ein Schreiben seines Bruders vorfand, welches ihm eine gänzliche Aussöhnung mit demselben hoffen ließ. Nachdem P. seinem Bruder Joseph geschrieben, wartete er lange vergeblich auf eine Antwort, bis er durch einen Bekannten die Nachricht erhielt. Fürst Joseph liege in seinem Schlosse Spital in Kärnthen hoffnungslos darnieder. Augenblicklich eilte P. nach Spital, konnte aber, verhindert durch die Intriguen und Nichtswürdigkeiten der Domestiken, nicht einmal zu einer Unterredung mit seinem Bruder gelangen, sondern mußte unverrichteter Dinge nach Gratz zurückkehren. Kurze Zeit darauf brachte ihm der Gouverneur von Steiermark selbst die Nachricht von dem Tode des Fürsten und von seiner Nachfolge im Majorate, welches er am 7. November 1785 antrat. P. hatte nun die Mittel, seiner Lust wohl zu thun, schrankenlos die Zügel schießen zu lassen. Allein nicht nur das Wohlthun selbst gewährte ihm einen Genuß, sondern, wenn dasselbe mit Hindernissen, die er sich oft selbst schuf, verbunden war, erhöhte es ihm noch denselben. So überraschte er einmal mitten im Winter, um Weihnachten, das ihm gehörige Dorf Urapsche, welches bei den Schneemassen nur zu Fuß oder mit Saumthieren zugänglich war, mit seinem Besuche, alle Bewohner desselben mit allerlei entsprechenden Weihnachtsgaben, darunter auch mit Kletzenbrot, weßhalb ihn seine Freunde auch den „Kletzenbrot-Fürsten“ nannten, bedenkend. – Ein anderesmal überließ P., als er auf der Reise nach Treviso einen Bauer mit zwei elenden Pferden ackern sah, demselben seine Pferde, welcher sie dann theuer verkaufte, und der Fürst selbst fuhr mit den Mähren nach Treviso, wo er sie dann einem Stallknechte schenkte. – Einmal lud er im Gasthause einen armen Deficienten-Priester zur Tafel ein und schenkte ihm dann einige Bonbons in eine Fünfzig-Guldennote gewickelt; als dieser nun das kostbare Couvert entdeckte, wollte er zurück und dem Fürsten danken, allein dieser war schon auf und davon gefahren. – Aber nicht nur ein Wohlthäter im größten Maßstabe war P., sondern auch ein merkwürdiger Sonderling. So schrieb er, als er in der Nähe von Gratz lebte und dort sehr viele Besuche, meist Neugieriger, mit denen er sich, wenn er sie vorließ, über die merkwürdigsten Dinge besprach, erhielt, über seine Hausthüre: „Quid exigis videre, arundinem ventis agitatam?“ Und über seiner Zimmerthüre las man: „Ich bitte um Schonung für meine Zeit“. – Einmal bewirthete er eine Anzahl Freunde in seinem Schlosse Oberdrauburg in Kärnthen, sich selbst denselben als den Pfleger der Herrschaft vorstellend, und bei der Tafel über den Fürsten und dessen Sonderbarkeiten in solchem Maße spottend, daß es den gerechten Unwillen der Gäste hervorrief. Als sie abgefahren, fuhr er ihnen nach und als sie den Pfleger zu erkennen glaubten, rief er ihnen zu, wer er sei. – In Mailand besuchte er eines Abends im Carneval die Redoute, in Maske als Bilderhändler und vertheilte unter die besonders leidenschaftlich tanzenden Paare [119] einen Kupferstich in Quarto, den er eigens zu diesem Zwecke hatte stechen lassen. Das Bild stellte einen Tanzsaal vor, mit vielen Tänzern beiderlei Geschlechtes. Im Vordergrunde stand ein modern gekleidetes männliches Skelet, welches mit einer erschöpften Tänzerin dahinschwebt, dann ein weibliches elegant gekleidetes Skelet, welches mit einem jungen hektischen Tänzer herumfliegt. Unter dem Orchester sitzt ein Apotheker auf einem Leichenschragen und stößt lachend den Mörser. Rückwärts ist die Thüre offen, durch welche man einen Kirchhof mit offenen Gräbern, einen angespannten Leichenwagen und zur Thüre hereinsehend, auf seine Schaufel gelehnt, einen Todtengräber sieht. Welche Wirkung dieses Bild hervorbrachte, läßt sich denken. – Ein Diener, zu welchem er großes Vertrauen hatte, und den er oft zu seiner Schatulle schickte, um daraus das benöthigte Geld zu holen, mißbrauchte dieses Vertrauen, stahl die Schatulle und flüchtete mit derselben. Dieser durch einen Beamten des Fürsten, welcher dem Diebe ohne Befehl seines Herrn nacheilte, verhaftet, wurde nun vor den Fürsten zur Feststellung der Identität gebracht. Der Fürst sah den Verbrecher scharf an und, nachdem er ihm einige Worte der Ermahnung gesagt, erklärte er den anwesenden Herren vom Criminalgerichte, daß er ihm die Schatulle mit dem Inhalte geschenkt habe. – Besonders merkwürdig ist die Art und Weise wie sich Fürst P. malen ließ. Das eigenthümliche Porträt befand sich lange – ob noch ist unbekannt – in dem obenerwähnten Weingartenhause zu Krottendorf, das P. in der Nähe von Gratz in den ersten Jahren seiner Ehe bewohnt hatte. In der Mitte ist das Porträt des Fürsten mit schwarzer Halsbinde und im zugeknöpften einfachen braunen Kleide. Mit der rechten Hand zeigt er nach einer in der Höhe befindlichen Schrift „Delicta juventutis meae et ignorantias meas ne memineris Domine“. Mit der linken Hand hält er einen Brief mit der Adresse an „Franz Ser. Grafen von Porcia, Brugnera und Ortenburg.“ Auf dem Tische liegt vor ihm ein blaues Barett mit der Inschrift: „Esurientes implevit bonis, et divites dimisit inanes“. Hinter ihm steht in der nämlichen Stellung ein Skelet. Die rechte Hand zeigt nach einer Schrift in der Höhe: „Et in carne mea videbo Salvatorem meum“. Und wie das Porträt den Brief, hält das Skelet einen Zettel in der Hand mit der Inschrift: „Sustinuit anima mea in verbo ejus“. – Wie P. gelebt, wohlthuend, so starb er auch, ja selbst sein Grabmal sollte eine Wohlthat für die leidende Menschheit sein. Auf dem Wege zwischen Pordenone und Sacile in Friaul ist eine schattenlose lange Strecke Weges, auf welcher im Sommer der Mangel an trinkbarem Wasser für Reisende, besonders aber für das Zugvieh, fühlbar war. In der Mitte dieser Strecke ließ nun der Fürst einen Brunnen graben mit langen Trögen für das Vieh, mit einer Schattenhalle und mit Ruhebänken zum Ausruhen für die Reisenden. In der Nähe des Brunnens ließ er eine Capelle bauen, welche er testamentarisch zu seinem Begräbnißplatze bestimmte. Sein Wahlspruch war: „Deus felicitas, homo misericordia“.
Porcia, Franz Seraphin Fürst (Humanist, geb. zu Gonowitz im Cillier Kreise der Steiermark 20. März 1755, n. A. 21. März 1753, gest. zu Venedig 14. Februar 1827). Einem berühmten- Der Aufmerksame (Gratzer Unterhaltungsblatt) 1836, Nr. 73–75: „Der Graf von Lauterbach in Gonobitz“, von Kollmann, und ebenda 1836, Nr. 92 u. f., in „Graf Seraphin Porzia in Krottendorf“, von Kollmann. – Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) 1834, Nr. 109 u. 110: „Der Pfarrer und der Bär“. – Linzer [120] Wochen-Bulletin für Theater, Kunst und Literatur 1855, Nr. 51: „Eine Spende von Kletzenbrod“. – Vaterland (Wiener polit. Blatt) 1870, Nr. 71, im Feuilleton: „Die Volksfiguren unter den Wiener Cavalieren“, von Berthold Mormann [derselbe Artikel findet sich fast wörtlich in der Feuilleton-Beilage zum Montagblatte des Wiener Couriers vom Jahre 1857, Nr. 331, unter dem Titel: „Wiener Volksfiguren“, von Moriz Bermann, welcher demnach mit dem Pseudonym „Berthold Mormann“ ein und dieselbe Person zu sein scheint; übrigens sind die in diesem Artikel erzählten Thatsachen fast größtentheils wörtlich in obengenannten Quellen zu finden]. – Neue Annalen der Literatur des österreichischen Kaiserthums (Wien, Doll, 4°,) I. Jahrg. (1807), Bd. II, Intelligenzblatt August, Sp. 4. – Steiermärkische Zeitschrift. Redigirt von Dr. G. F. Schreiner, Dr. Albert von Muchar, C. G. Ritter von Leitner, A. Schrötter (Grätz, 8°.) Neue Folge, VI. Jahrgang (1840), 2. Heft, S. 57. – Carinthia (Klagenfurter Unterhaltungsblatt), Jahrgang 1859, Nr. 10: „Züge aus dem Leben des Fürsten Franz Seraphin Porzia“. – Erneuerte vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.). Jahrg. 1815, S. 631: „Altfürstlicher frommer Ehrenschild“.