BLKÖ:Pollak Ritter von Rudin, Aron

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 23 (1872), ab Seite: 71. (Quelle)
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Pollak Ritter von Rudin, Aron (Industrieller und Humanist, geb. zu Wscheraditz in Böhmen im Jahre 1817). Der Sohn jüdischer Eltern, widmete er sich, nachdem er eine sorgfältige Vorbildung erhalten, der industriellen Laufbahn, sein Hauptaugenmerk auf die technische Chemie richtend. Schon im Jahre 1836, also in seinem 20. Lebensjahre, gründete er eine Zündwaaren-Fabrik, die durch seine rastlose Umsicht und Thätigkeit einen solchen Aufschwung nahm, daß er schon im ersten Decennium ihres Bestehens mit dem Oriente seine Verbindungen anknüpfen konnte. 1846 gründete er eine eigene Niederlage in London, 1847 in New-York und im Jahre 1849 sandte er seine Zündwaaren bereits nach Californien. 1850 errichtete er eine Niederlage in Sidney, 1851 Commissionslager in der Havanna, in St. Thomas, Valparaiso, Buenos Ayres und in Rio Janeiro. Von 1858 an trieb er einen großen Export nach China, besonders nach Honkong, dann für Chartum und Tientsin, errichtete 1859 ein großes Lager in Yokohanna und dehnte im Jahre 1860, nachdem ihm die Einfuhr bewilligt worden war, seinen Export auch über Rußland aus. Die sämmtlichen neuen Erfindungen auf dem Gebiete der Zündwaarenfabrikation verdanken P. ihr Entstehen, auch wurden seine Fabrikate auf allen Ausstellungen durch Zuerkennung von Preismedaillen ausgezeichnet. Hauptfabriken sind in Wien, Prag und Budweis, Filialfabriken zu Christiansberg, Maderhausen und Wodnica in Böhmen, wo er an 3000 Arbeiter beschäftigt. Außerdem finden aber Hunderte von Menschen, besonders in den armen Gebirgsgegenden Böhmens und auf P.’s eigene Anregung in den Strafanstalten zu Prag und bei dem Landesgerichte zu Wien, durch die Erzeugung der Papierkapseln und anderer Bestandtheile Beschäftigung. Aber nicht nur um die österreichische Industrie, wie im Vorstehenden angedeutet ist, besitzt P. große Verdienste, auch als Humanist erwarb er sich einen geachteten Namen. So begründete er Schulbücher-Stiftungen in Wien, Schärfling, Wscheraditz, Smichov und Budweis, widmete 3000 fl. in Staatsobligationen mit der Bestimmung, daß deren Zinsen jährlich an Söhne von Militärspersonen vertheilt werden. In [72] seinem Geburtsorte Wscheraditz stiftete P. durch eine jährliche Rente von 100 fl. in der dortigen katholischen Schule eine zweite Lehrerstelle. Ein unvergeßliches Denkmal seines humanen Sinnes aber gründete er sich durch die Stiftung des „Rudolphinums“. Nach der am 21. August 1858 erfolgten Geburt des Kronprinzen Rudolph hinterlegte P. nämlich einen bedeutenden Betrag bei der niederösterreichischen Statthalterei, mit dem Bemerken, daß er denselben jährlich am Geburtstage des Kronprinzen vergrößern wolle, um ein Stiftungshaus zu einem humanistischen Zwecke zu errichten. Bis 1864 erlegte P. in solcher Weise die ansehnliche Summe von 50.000 fl. und wendete sich nun an das Aerar um Ueberlassung eines Baugrundes. Von Seite des Kriegsministeriums wurde die Angelegenheit schnell erledigt, allein das damalige Finanzministerium wollte zuerst Sicherstellung der Steuer nach Ablauf der Steuerfreiheit, wodurch eine factische Verzögerung bis 1867 eintrat. Das Gebäude ward in Wien, Wieden, Mayerhofgasse, in der Nähe des Polytechnikums errichtet. Dasselbe ist 3 Stock hoch und enthält im dritten und zweiten Stocke ungefähr 36-40 Wohnzimmer, vollständig möblirt, in denen 75 Studirende der Technik ohne Unterschied der Confession unentgeltlich aufgenommen werden. Die Mitte des ersten Stockes bildet ein großer Saal, ein Lesesalon, eine Bibliothek und ein Ausstellungssalon für Rohproducte. Die Bibliothek und die anderen Localitäten, mit Ausnahme der Wohnzimmer, stehen allen Hörern der Technik offen. Zu ebener Erde befindet sich ein Laboratorium für 15 Chemiker. Um diese Stiftung für immerwährende Zeiten zu erhalten, hat P. ein Capital in der Höhe von 160.000 fl. gewidmet. Außerdem sind aber auch früher gemachte Stiftungen in der Höhe von 5000 fl. letzterer derartig einverleibt worden, daß die Zinsen und die allenfalls auf die deponirten Loose fallenden Gewinnste zu Prämien für alle jene Studirenden des Polytechnikums bestimmt sind, welche eine außergewöhnlich hervorragende Leistung auf dem Gebiete der Chemie oder Physik aufweisen können. Das Protectorat über diese Stiftung übernahm Se. kais. Hoheit der Kronprinz Rudolph und am 19. December 1868 wurde in Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers und des durchl. Kronprinzen die feierliche Schlußsteinlegung vorgenommen. Nachdem P. für seine Verdienste auf dem Gebiete der Industrie schon im Jahre 1858 das goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen worden, wurde er aus Anlaß seiner Betheiligung an der internationalen Ausstellung zu London 1862 mit dem Franz Joseph-Orden, mit Allerh. Entschließung vom 22. December 1868 aber mit dem Orden der eisernen Krone 3. Classe ausgezeichnet und in Folge dessen im Jahre 1869 in den österreichischen Ritterstand mit dem Prädicate von Rudin erhoben.

Ritterstands-Diplom vom 10. März 1869. – Wiener Zeitung 1862, Nr. 76. – Die Neuzeit. Wochenschrift von Kompert und Szantó, 1861, Nr. 3. – Jahrbuch für Israeliten 5616 (1855–1856). Herausgegeben von Jos. Wertheimer (Wien 1855), Neue Folge, II. Jahrg. S. 181, in dem Aufsatze: „Ehrentafel österreichischer Juden u. s. w.“, von J. W. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1856, Nr. vom 28. Juli. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1867, Nr. 228 [auch Neue freie Presse 1867, Nr. 1067]; 1868, Nr. 347. – Wappen. Blauer Schild mit goldenem Schildeshaupte; den Schild durchzieht ein schrägrechter goldener, mit drei hintereinander auffliegenden natürlichen Bienen belegter Balken, auf dessen Oberrande ein goldener rothbezungter Löwe [73] schreitet, mit der linken Vorderpranke einen goldenen Würfel vor sich schiebend; unten steuert auf offener See ein natürliches Schiff von drei Masten mit vollen Segeln, einer von Weiß über Roth quergetheilten Flagge im Stern und derlei Wimpeln. In dem Schildeshaupte wächst ein schwarzer rothbezungter Doppeladler hervor. Auf dem Schilde erheben sich zwei gekrönte Turnierhelme. Jede Helmkrone trägt einen geschlossenen Adlerflug, der rechte ist vorne blau und mit einem Stern durchbrochen, hinten golden; der linke vorne Schwarz und hinten golden. Die Helmdecken sind rechts blau, links schwarz, beiderseits mit Gold belegt. Unter dem Schilde verbreitet sich ein blaues Band mit der Devise in goldener Lapidarschrift: „Labori honor suus“.