Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 22 (1870), ab Seite: 139. (Quelle)
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Petter, Franz (Ethno- und Geograph und Fachschriftsteller, geb. zu Waidhofen an der Ybbs in Oesterreich unter der Enns 4. Februar 1798, gest. zu Cattaro 8. Juli 1853). Steht mit der Künstlerfamilie Anton, Franz X., und Theodor Petter in gar keiner verwandtschaftlichen Verbindung. Sein Vater war Kaufmann, der Sohn besuchte zuerst die Schule in Seitenstätten und setzte die Studien in Kremsmünster fort. Anfänglich für den geistlichen Stand bestimmt, ließ ihm der Vater; da der Sohn keine Lust für das priesterliche Leben zeigte, die Wahl, und dieser entschied sich für das Mercantilfach. Im Jahre 1804, 15 Jahre alt, kam er nach Wien, besuchte daselbst die k. k. Realschule bei St. Anna, beendete Mitte 1806 seinen Lehrcurs und erhielt nun in der Stadt Steyr eine Stelle als Comptoirist in einem Handelshause. Daselbst besorgte er vorzugsweise die französische, deutsche und italienische Correspondenz. In seinen Mußestunden betrieb er Botanik und versenkte sich wohl auch in die Wonnen der Poesie. Acht Jahre blieb er in Steyr, nun zog es ihn hinaus in die Welt und es bot sich ihm Gelegenheit dazu, als er in Gratz von mehreren Handelshäusern mit einer Reise nach Italien beauftragt wurde. Diese währte mehrere Monate, und als er nach Steiermark zurückgekehrt war, traf ihn die Nachricht von dem Tode seines Vaters. Das väterliche Erbe theilte er mit seinem Bruder, welcher als Erbtheil die Handlung und Oekonomie bekam, während Franz seinen Antheil im baaren Gelde erhielt. Mit diesem Vermögen versuchte P. mehrere Speculationen, welche aber alle mißglückten. Nun lebte er einige Jahre in Wien und Gratz von seinem [140] Einkommen, und in dieser Zeit, 1821 und 1822, erschienen die ersten zwei Werke von ihm, eines über die Rechenkunst, ein anderes über die Buchhaltungs-Wissenschaft [die bibliographischen Titel seiner Werke folgen weiter unten], auch dichtete er damals mehrere Balladen, welche mit anderen Aufsätzen im „Hesperus“ ohne Angabe seines Namens, sondern unter der Bezeichnung von einem „Beobachter an der Mur“ erschienen. Um sich aber einen bestimmten Wirkungskreis zu schaffen, bewarb er sich um eine Lehrkanzel der deutschen Sprache und Literatur an der Universität zu Padua, dann um eine gleiche in Ragusa, welche ihm auch verliehen wurde, worauf er im Mai 1823 sein Lehramt antrat. In Dalmatien blieb er nun – so sehr er sich aus diesem Lande sehnte und sich um Stellen in Brescia, Verona, Padua, Venedig und Lemberg, aber immer vergeblich, bewarb – bis an seinen durch einen Fehltritt herbeigeführten Tod. Bei seinem regen und nach Thätigkeit lechzenden Geiste fehlte es ihm in diesem noch so wenig gekannten und interessanten Lande nicht an mannigfacher Arbeit. Ein Freund der Botanik, machte er zahlreiche Excursionen nach allen Richtungen, fing auch Amphibien ein, deren er verschiedene an das k. k. Naturalien-Cabinet nach Wien schickte. Nach dreijährigem Aufenthalte in Ragusa wurde er im Jahre 1827 nach Spalato übersetzt, wo er wie bisher seine botanischen Excurse fortsetzte, viele neue Pflanzen entdeckte, Dalmatien zu Wasser und zu Land nach allen Richtungen bereiste und sich mit den Sitten, Gebräuchen, Eigenthümlichkeiten des Volkes und allen Oertlichkeiten genau vertraut machte. Die Frucht einer zwanzigjährigen Arbeit, mühevoller und mit Erduldung von Beschwerden aller Art verknüpfter Wanderungen legte er in einem Werke über Dalmatien nieder, welches nicht nur sein Hauptwerk ist, sondern bei Kennern als die sicherste und gediegenste Quelle über dieses Land noch heute gilt, und da in Dalmatien nur langsam die Veränderungen fortschreiten, noch lange gelten wird. Dabei war er auch sonst noch vielfach literarisch thätig, schrieb über Handel und Industrie in Dalmatien, über Ackerbau und Viehzucht, welche Berichte in den zu Prag herausgegebenen „Oekonomischen Neuigkeiten“ im Drucke erschienen; machte bedeutende Sendungen lebender und getrockneter Pflanzen, und lebte, von der Sehnsucht nach seiner deutschen Heimat gefoltert, ausschließlich seinen Studien. Endlich lächelte ihm, da alle seine Bewerbungen um andere Posten erfolglos geblieben waren, eine Hoffnung: noch dritthalb Jahre Dienstzeit fehlten ihm, um dann mit ganzem Gehalte in Pension treten zu können, als seine Gattin von einem scheuen Pferde, das ein kleiner Bauernjunge ritt, getödtet wurde. Das war ein harter Schlag für den nun ganz vereinsamten Mann. Zwei Jahre nach diesem Unglücke erbat er sich einen halbjährigen Urlaub, mit welchem er dann in den Ruhestand übertreten wollte. Er erhielt denselben und benützte ihn, um die ganze Küste Dalmatiens noch einmal zu bereisen, bei dieser Gelegenheit einen Fremdenführer für den Lloyd zu schreiben und alsdann in seine Heimat zurückzukehren. Sein sehnsüchtigster Wunsch sollte nicht erfüllt werden. Drei Stunden von Cattaro entfernt, stürzte er bei sehr bewegter See über die Stiege des Dampfers, brach sich das Schenkelbein und starb nach siebzehn Tagen unter den schrecklichsten Leiden in Folge von Brandwunden und des Schlagflusses. Er war 641/2 Jahr [141] alt geworden. Die von ihm im Drucke herausgegebenen Werke sind: „Theoretisch-praktisches Lehrbuch der kaufmännischen Buchführungswissenschaft“ (Wien 1822); – „Anleitung zur gründlichen Erlernung der kaufmännischen Rechnenkunst“, 2 Bde. (ebd. 1823); – „Die Schönschreibekunst, dargestellt in Briefen eines Lehrers an seine erwachsenen Schüler“ (1823); – „Grammatica tedesca per gli Italiani“ (Stuttgart 1824); – „Guida allo studio della Calligrafia con analoghe 3 tavole e 12 esemplari“ (ibid. 1826); – „Grammatica tedesca per gli Italiani“ (Stuttgart 1828); – „Theoretisch-praktische Anweisung zur Verfassung kaufmännischer Briefe und Aufsätze“ (Wien 1832); – „Compendio geografica della Dalmazia“ (Zara 1834, Battara, 8°.); – „Botanischer Wegweiser in der Gegend von Spalata in Dalmatien: Ein alphabetisches Verzeichniss, der von dem Verfasser in Dalmatien und insbesondere in der Gegend von Spalata gefundenen wildwachsenden Pflanzen, nebst Angabe ihrer Fundörter, Blüthezeit, Ausdauer, gebräuchlichen Synonymen u. s. w.“ (Zara 1832, Battara, 8°.); – „Das Königreich Dalmatien mit Karten, Ansichten der Städte, Gegenden, Denkmäler und Trachten in Farbenbildern und Beschreibung nach seinen Kreisen u. s. w. u. s. w. mit 4 topogr. Karten und 20 Chromolithographien und Original-Zeichnungen von Jacob und Rudolph Alt“ (Wien 1841, H. F. Müller), es erschien ursprünglich als Bestandtheil des Werkes: „Das pittoreske Oesterreich, in 4 Heften, deren erstes den Kreis Zara, das zweite jenen von Spalato, das dritte jenen von Ragusa und das vierte jenen von Cattaro enthält; – „Compendio di grammatica tedesca“ (1852, 8°.); – „Aritmetica mercantile ad uso dell J. R. Academia reale di nautica“ (Trieste 185.), ein im Auftrage der Studien-Hofcommission aus seinem zweibändigen Werke über die Rechnenkunst zusammengestelltes Compendium; – „Dalmatien in seinen verschiedenen Beziehungen dargestellt. In zwei Theilen. Mit Unterstützung der kais. Akademie der Wissenschaften“ (Wien 1856, L. Sommer, gr. 8°.). Gius. Valentinelli in seinen „Supplementi al Saggio bibliografico della Dalmazia e del Montenero“ (Zagrabia 1862), p. 12, führt unter Nr. 55 eine Ausgabe (Gotha 1857, Just. Perthes) an, welche gar nicht existirt. Von Petter’s in Zeitschriften mitgetheilten Arbeiten sind anzuführen: in Hormayr’s „Archiv für Geschichte, Statistik u. s. w.“ im 14. Jahrg. (1823), Nr. 123,124 u. 127: „Bemerkungen auf einer Reise von Gratz nach Ragusa“, – und im 16. Jahrg. (1825), Nr. 79 u. f.: „Statistisches Allerlei über den Kreis Ragusa in Dalmatien“; – in der Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (8°.), 1829, Nr. 35–39: „Beiträge zur Landeskunde Dalmatiens“; – in Sommer’s „Geographischen Taschenbuche“ 1832: „Montenegro“, und 1833 und 1834: „Geographische Darstellung von Dalmatien“, wovon auch eine italienische Uebersetzung in selbstständiger Ausgabe unter dem Titel: „Compendio geografico della Dalmazia con un appendice sul Montenero“ (Zara 1834, Fratelli Battara, 8°.) erschienen ist; – im illustrirten Familienbuch des österreichischen Lloyd, 1851: „Aberglaube der Morlaken“, und 1852: „Die Morlaken in Dalmatien“; – in der steiermärkischen Zeitschrift, Neue Folge, Jahrg. 1834: „Das Seetreffen bei der Insel Lissa in Dalmatien am 13. März 1321“; ferner viele botanische, Dalmatiens Flora betreffende Artikel in der zu Regensburg herausgegebenen botanischen Zeitung, und zwar in den Jahrgängen [142] 1829, 1832, 1833, 1835, 1836, 1838, 1839 und 1843, ebensowohl im Texte des Hauptblattes, als in den Beilagen und Intelligenzblättern. P. war Mitglied der bayerisch-botanischen Gesellschaft in Regensburg, der Gesellschaft für Natur und Heilkunde in Dresden, des naturhist. Vereins „Lotos“ in Prag, der k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft in Steiermark, und er besuchte, sobald es ihm seine Stellung möglich machte, die meisten Gelehrten-Versammlungen. Was seine sociale Stellung in dem ihm zur zweiten Heimat aufgedrungenen Lande betrifft, so berichtet sein Biograph: „Petter’s Leben war düster und ohne Annehmlichkeit, er lebte nur seinen Studien und seiner Familie, sein tiefer denkender Geist und sein gutes redliches Herz ließen ihn oft schmerzlich fühlen, daß er für seine Stellung als Professor in Dalmatien, wo der biedere Deutsche von jeher nicht sehr geliebt wurde, und wo seine gutmüthige Aufrichtigkeit sich viele Feinde gemacht hatte, nicht geschaffen war. Der arme Mann kränkte sich über sein Mißlingen, aus dem Lande fortzukommen, sehr, er hatte viele Neider und seine biederen Freunde konnten ihm in dieser Beziehung nicht helfen.“

Petter (Franz). Dalmatien in seinen verschiedenen Beziehungen (Wien 1856, Leop. Sommer, 8°.). Dem zweiten Bande geht S. III bis VI die Biographie Petter’s voran. – Wiener Zeitung 1853, Localblatt Nr. 169. – Kanitz (August), Geschichte der Botanik in Ungarn (Hannover 1864, 12°.) S. 104.