BLKÖ:Orlay, Johann von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Orlikowski, Felix
Band: 21 (1870), ab Seite: 100. (Quelle)
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Orlay, Johann von (Arzt, geb. in Ungarn um das Jahr 1770, gest. zu Odessa 27. Februar 1829). Entstammt einer ungarischen Adelsfamilie; hatte in Ungarn studirt und bekleidete an einem ungarischen Gymnasium ein Lehramt; im Jahre 1791 aber kam er, damals 21 Jahre, als Student in die medicinisch-chirurgische Akademie in St. Petersburg. Ueber die Ursache seiner Uebersiedlung aus Ungarn nach Rußland konnte ich nichts Näheres erfahren. Im Jahre 1793 machte er im medicinischen Collegium zu St. Petersburg seine Prüfung, wurde nun Unterarzt im allgemeinen Hospital und Gehilfe des Secretärs des medicinischen Collegiums. Im Jahre 1794 ging er nach Wien, um sich an der Universität in der Arzneiwissenschaft noch mehr auszubilden und blieb daselbst bis 1797; nun kehrte er in seine frühere Stellung zurück. Im Jahre 1800 wurde O. Hofchirurg des Kaisers Paul, 1802 Hofrath und 1805 Gehilfe des Leibchirurgen Wylie. Im Jahre 1806 unternahm er eine Reise in’s Ausland, wurde Doctor der Philosophie zu Königsberg und Doctor der Medicin und Chirurgie in Dorpat. Im folgenden Jahre wurde er zum gelehrten Secretär der medicinisch-chirurgischen Akademie, im Jahre 1809 zum Collegienrath, 1810 zum Hofmedicus ernannt und im genannten Jahre mit einem Auftrage in’s Ausland gesendet. Im Jahre 1811 übernahm er die Redaction des allgemeinen medicinischen Journals in St. Petersburg, that dann freiwillig Dienste im allgemeinen Militär-Hospital, wurde 1816 Staatsrath, gab dann die oberwähnte Secretärstelle auf und blieb als Beamter für besondere Aufträge bei dem Präsidenten der medicinisch-chirurgischen Akademie, Wylie, bis 1821. Im letztgenannten Jahre verließ er die ärztliche Laufbahn mit einem ausgezeichneten Zeugnisse über seinen 35jährigen Staatsdienst und wurde Director des höheren Gymnasiums des Fürsten Besborodko (in Njeshin bei Tschernigow), diente daselbst in gleicher Auszeichnung, inspicirte viele Schulen, wurde 1826 wirklicher Staatsrath und Director des Richelieu-Lyceums in Odessa, auf welchem Posten er in seinem 70. Lebensjahre starb. O. beschäftigte sich in dem Fache, das er ausübte, auch literarisch, so bearbeitete er eine große Zahl der 1800 in St. Petersburg erschienenen „Observationes medico chirurgorum Ruthenici Imperii“; bei Gelegenheit seiner Promotion in Dorpat veröffentlichte er die „Dissertatio inaug. med. sistens doctrinae de viribus naturae medicatricibus historiam brevem, expositionem, vindicias“ (Duporpati 1807, 8°.); half dem Baron Wylie bei der Verfassung der drei Ausgaben der „Pharmacopoea castrensis ruthenica“ und der Statuten der medicinisch-chirurgischen Akademie in St. Petersburg und gab selbstständig heraus: „Oratio in laudes Russiae principum, scientiarum promotione clarissimorum etc.“ (Petropoli 1819, 4°.); im Nordischen Verkündiger aber, im I. und III. Bande des Jahres 1804, theilte er in russischer Sprache mit: [101] „Die Geschichte der Karpatho-Russen (Ruthenen), oder von der Versetzung der Russen in die Karpathischen Gebirge und von ihren dortigen Schicksalen“ [Bd. I, S. 158 u. 268; [Bd. III, S. 267]. O.’s Verdienste als Arzt und um die Wissenschaft wurden mehrfach gewürdigt, im Jahre 1809 erhielt er den Wladimir-Orden 4., im Jahre 1814 den Annen-Orden 2. Classe und die Bronzemedaille für den Krieg des Jahres 1812. Ueberdieß hatten ihn 1804 die Moskauer physikalische, 1805 die Altenburger botanische, 1807 die naturforschende Gesellschaft in Moskau, im Jahre 1810 die phytographische Gesellschaft in Gorkum, 1809 die geschichtliche und archäologische in Moskau, 1810 die physikalisch-medicinische in Erlangen, 1821 die medicinische in Wilna und 1828 die Literatur-Gesellschaft in Kasan in den Schoß ihrer Mitglieder aufgenommen. Noch ist einer für Oesterreich besonders bemerkenswerthen Arbeit O.’s zu gedenken. Orlay hatte nämlich dem Staatssecretär Nowossilzow ein Project zur Berufung Karpatho-Russischer (ruthenischer) Professoren vorgelegt, welche in russischer Sprache vortragen könnten, und welchem auch insofern Folge gegeben wurde, daß O. ermächtigt ward, mehrere ihm geeignet erscheinende Persönlichkeiten zu berufen, von welchen erwähnt seien: Michael Bałudjanski [Bd. I, S. 139], nochmaliger Chef der 2. Abtheilung der kais. Kanzlei; der Lyceal-Professor zu Zamoisk Wasilj Gregorowitsch Kukolnik, nachmaliger russischer Staatsrath; der Professor der Mathematik in Lemberg Peter Dimitrovich Lodij [Bd. XV, S. 367], die Serben Aphanasi Iwanowitsch Stojkovics, Gregori Terlaitsch und der Croate Jegor Susich, alle Oesterreicher, welche in Rußland eine glänzende Zukunft fanden. Im Jahre 1821 berief O. im Auftrage des Ministers der Volksaufklärung wieder mehrere Slaven und Karpatho-Ruthenen nach Rußland, die Namen dieser zuletzt Berufenen aber konnte ich nicht erfahren.

Neue Annalen der Literatur des österreichischen Kaiserthums (Wien, Doll, 4°.) I. Jahrg. (1807), 2. Bd. Intelligenzblatt December, Sp. 268. – Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Lievland, Esthland und Kurland. Bearbeitet von Johann Friedrich von Recke und Karl Eduard Napiersky (Mirau 1831, Steffenhagen u. Sohn, 8°.) Bd. III, S. 352. – Handschriftliche Notizen.