BLKÖ:Megerle Edler von Mühlfeld, Eugen

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Meergraf, M. F.
Band: 17 (1867), ab Seite: 252. (Quelle)
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Megerle Edler von Mühlfeld, Eugen[WS 1] (Rechtsgelehrter und Reichsraths -Abgeordneter, geb. zu Wien im Jahre 1810). Erscheint gewöhnlich nur mit seinem Prädicate: von Mühlfeld und auch mit dem Taufnamen Karl und Karl Eugen. Ist vermuthlich ein Sohn des Archivs-Directors der k. k. allgemeinen Hofkammer (jetzt Finanzministerium) Johann Georg Megerle von M. [siehe diesen S. 255]. Eugen studirte in Wien, betrieb neben juridischen auch philosophische und philologische Studien und fungirte einige Zeit als Docent aus letzteren an der Wiener Hochschule. Später, nachdem er die juridische Doctorwürde erlangt, widmete [253] er sich der Advocatur und erlangte bald den Ruf eines sehr tüchtigen Anwaltes. Im Jahre 1848 hatte M. seine politische Laufbahn begonnen, indem ihn die Stadt Wien in das deutsche Reichsparlament nach Frankfurt a. M. abordnete. Dort trat seine Thätigkeit in Etwas hervor, nachdem er in den Verfassungsausschuß gewählt worden, konnte jedoch, sobald die kleindeutsche Anschauung in der Nationalversammlung die Oberhand gewonnen hatte, auch eben nichts Erhebliches durchführen. Gleich einigen anderen Oesterreichern kehrte er nach dem Scheitern des Verfassungswerkes nach Wien zurück, ausschließlich seinem Berufe als Advocat sich widmend. In dieser Stellung gab ihm das öffentliche Verfahren Gelegenheit, seine Beredsamkeit zu entfalten und mit dem ganzen Gewichte seiner Gesetzkenntniß zu wirken. So geschah es denn, daß in den verwickeltsten, schwierigsten Fällen seine Hilfe gesucht wurde, und es ist eine Thatsache, daß unter allen österreichischen Anwälten er die meisten Freisprechungen erzielt habe. Uebrigens fungirte M. in allen einigermaßen wichtigen oder interessanten Proceßverhandlungen, z. B. in der Sache des Baron Röppert in Linz, welcher angeklagt war, die Hauptcasse des Herzogs von Coburg in Greinburg an der Donau bestohlen und Brandstiftung verursacht zu haben; im Processe der des Kindesmordes beschuldigten Regina Schacherl, ferner in jenem der des Betruges und der Verführung beschuldigten Windisch u. dgl. m. Dieser in den Sphären des Gerichtslebens gewonnene Ruf richtete selbstverständlich auf den kenntnißvollen Mann des Gesetzes und den oft siegenden Redner die Aufmerksamkeit der Bevölkerung, als nach dem unglücklichen italienischen Feldzuge des Jahres 1859 Reformen in der inneren Politik des Kaiserstaates Platz griffen und im Jahre 1861 die Einberufung eines Reichsrathes mit Abgeordneten- und Herrenkammer stattfand. Nun eigentlich beginnt Mühlfeld’s seit dem Scheitern des ersten deutschen Reichsparlaments im Jahre 1849 unterbrochene politische Laufbahn, und dießmal mit größerem Erfolge. Kaum hatte, nach dem Erlaß des Februarpatentes 1861, die Wahlbewegung für den Landtag begonnen, so trat M. an die Spitze eines Wahlcomité und wurde als Candidat der inneren Stadt Wien aufgestellt und gewählt, vom Landtage aber in das Abgeordnetenhaus des Reichsraths entsendet, wo er und Giskra [Bd. V, S. 199; Bd. XI, S. 415] die Führung der großösterreichischen Partei – die durch den Umschwung der Verhältnisse im Augenblicke in den Hintergrund gedrängt ist, um, wenn die Noth am größten, in voller Wirksamkeit wieder hervorzutreten – übernommen hatten. Sein Verhalten zur ungarischen Frage stieß zwar im Hause auf vielfachen Widerspruch, aber eine Reihe von Anträgen, die er theils einbrachte, theils in gediegener Rede vertheidigte, stellte ihn in die vorderste Front der Liberalen des Hauses, und die eindringliche Art, mit welcher er das Wort in Allem führte, was auf die Befestigung der bürgerlichen Freiheit abzielte, als z. B. in Sachen der Religionsfreiheit, des Schutzes der persönlichen Freiheit, des Hausrechtes, des Briefgeheimnisses, der Wiedereinführung der Schwurgerichte u. s. w. erwarb ihm die allgemeine Anerkennung. M.’ als politischer Redner ist mehrfach und mitunter treffend charakterisirt worden, auch wird in den Quellen auf einige solche Charakteristiken hingewiesen, anläßlich welcher [254] jedoch bemerkt werden muß, daß, wenn dieselben von slavischer Seite ausgehen, sie nur durch Gehässigkeit entstellten Zerrbildern gleichen. M.’s Beredsamkeit ist nichts weniger als glänzend, schwunghaft und blumenreich; er ist, geradezu gesagt, der schlichte juridische Redner, der sich streng an die Thatsache und an jene Gesetzesparagraphe hält, welche mit derselben in einer Verbindung stehen und zu ihr in eine solche gebracht werden können. Eintönig und ohne einschmeichelnden Schmelz ist sein unermüdetes Organ, er weiß aber durch die Logik der Thatsachen, die er in musterhafter Weise handhabt, zu fesseln. Seine schmucklose Beredsamkeit macht seine Vorträge selbst dem Mindergebildeten leicht verständlich. Bemerkenswerth erscheint noch seine Aehnlichkeit mit dem ersten Napoleon, welche ihn von Fremden, wenn diese den Reichsrathssaal zum erstenmal besuchen, sofort erkennen läßt, weil diese Aehnlichkeit in Wien sozusagen sprichwörtlich geworden ist. M., der schon im Jahre 1854 Präsident der Wiener Advocatenkammer geworden, und als solcher auch in Lithographie erschienen ist, war in früherer Zeit im juridischen Fache auch schriftstellerisch thätig. So waren mehrere Abhandlungen aus seiner Feder in juridischen Zeitschriften abgedruckt, und zwar: in Schopf’s „Archiv für Civil-Justizpflege“ u. s. w. 1837, Bd. I: „Civilrechtsfall, die Intestaterbfolge in den Nachlaß geistlicher Personen betreffend, mit Bemerkungen“; – in dem von Wildner von Maithstein herausgegebenen „Jurist“, Band I, S. 22: „Ueber die Quellen der gesetzlichen Pfandrechte“; – S. 51: „Bemerkungen über das im §. 1101 des a. b. G. B. dem Vermiether eingeräumte gesetzliche Pfandrecht“; – S. 333: „Ueber das Rechtsverhältnis zwischen Herrschaften und den auf zerstückten Meyerhofgründen angesiedelten Erbpächtern in Ansehung der Steuerentrichtung von überlassenen Gründen“; – Band II, S. 114: „Zur Erläuterung des Hofdecretes vom 23. August 1819, Nr. 1595 d. Just. Ges. Sammlg., das Verfahren in Ehestreitsachen betreffend“; – S. 141; „Ueber die in Niederösterreich bestehende Uebung, den Creditoren-Ausschüssen für ihre Bemühungen eine Remuneration aus dem Concursmassa-Vermögen vor allen Gläubigern zu leisten“; – S. 284: „Ueber das Ausmaß der von den Verlassenschaften unadeliger Mitglieder der Wiener Universität statt des Mortuars zu entrichtenden Discretionstaxe“ – und S. 380: Ueberträgt der auf den Tod des Fiduciarerben eingesetzte fideicommissarische Erbe, wenn er zwar nach dem Erblasser, aber vor dem Fiduciarerben stirbt, sein Recht zu dem ihm zugedachten Nachlasse auf seine Erben?“ – Band IV, S. 141: „Ueber die angebliche schwere Polizei-Uebertretung des Schießpulver-Verkaufes an Bauern, Knechte u. dgl. m. ohne obrigkeitlichen Erlaubnißschein“; – S. 277: „Berichtigung zweier Irrthümer in Betreff der Beschränkung des Dispositionsrechtes der Mitglieder der Redemtoristen-Congregation und des Heimfallsrechtes der letzteren auf das Vermögen der ersteren“; – Band V, S. 97: „Civilrechtsfall zur Lehre von der Vertheilung des executiven Kaufschillings einer im Miteigenthume Mehrerer stehenden Realität unter die verschiedenen darauf haftenden Satzposten“; – Band VI, S. 9: „Zur Vertheidung der Ansicht, daß die älteren, vor dem a. b. G. B. bestandenen Pfandrechte, zusprechenden Gesetze noch dermalen Quellen der gesetzlichen Pfandrechte seien“. Was Megerle von Mühlfeld’s Thätigkeit als Mitglied [255] des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes[WS 2] betrifft, so ist sie als eine sehr bedeutende zu bezeichnen. Nicht nur daß er immer in die wichtigsten Ausschüsse gewählt wurde, auch keine nur einigermaßen wichtige Frage – bei Principenfragen war er immer einer der Hauptredner – blieb von ihm unberührt, und die Register zu den stenographischen Protokollen der drei Sessionen des österreichischen Reichsrathes 1861 bis 1863 geben zahlreiche Belege, daß er einer der begabtesten und einflußreichsten Führer der großösterreichischen Partei gewesen. In den ersten nach der von so vielem Wehe für den Kaiserstaat begleiteten Sistirung der Reichsvertretung durch Belcredi [Bd. XIV, S. 397] auf den Mai 1867 einberufenen Gesammtreichstag ist Mühlfeld in Wien wieder einstimmig gewählt worden.

Der Reichsrath. Biographische Skizzen der Mitglieder des Herren- und Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes (Wien 1862, Förster u. Bartelmus, 8°.) Zweites Heft, S. 20. – Index zu den stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes (Wien, Staatsdruckerei, 4°.) Erste Session, 1861–1862, S. 125; zweite Session, 1863–1864, S. 105; dritte Session, 1864–1865, S. 138. – Tribune (Wiener polit. Blatt, Fol.) 1861, Nr. 143: „Dr. von Mühlfeld“ [im Feuilleton, der Artikel, eine geschriebene Silhouette des Redners und Rechtsgelehrten, ist von R(anzon)i]. – Waldheim’s Illustrirte Zeitung (Wien, kl. Fol.) 1862, Nr. 1. – Volksstimme (Gratzer polit. Blatt) 1861, Nr. 32: „Bunte Bilder“ [im Feuilleton]. – Národní listy, d. i. Volksblatt, redigirt von Dr. Greger (Prag, Fol.) 1861, Nr. 212: Obrázky z říšské sněmovny“, d. i. Oesterreichische Reichsrathbilder [im Feuilleton, von H.]. – Reichenberger Zeitung 1861, Nr. 129. – Porträte. 1) Unterschrift: Dr. v. Mühlfeld. Präsident der Wiener Advocatenkammer u. s. w. Gez. und lith. von Kriehuber 1854 (Wien, bei Höfelich’s Witwe, Fol.); – 2) nach dem Leben gez. und lithogr. von A. Dauthage (Wien 1861, Halb-Fol.); – 3) Photographien in Visitkartenformat von Jagemann, Ost (1861), von letzterem in ganzer Figur, sitzend, kl. Fol. (1863).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Nachtrag Megerle Edler von Mühlfeld, Eugen Nachtrag).
  2. Vorlage: Reichrathes.