BLKÖ:Mayer, Joseph (Naturforscher)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 18 (1868), ab Seite: 142. (Quelle)
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76. Mayer, Joseph (Naturforscher, geb. zu Prag 5. Juni 1752, gest. zu Wien 24. October 1814). Bruder des berühmten Arztes Johann M. [S. 127, Nr. 59]. Nach dem frühen Tode seines Vaters unter der Obhut der Mutter bleibend, beendete er die Gymnasialclassen in Prag, wo er auch an der dortigen Hochschule die philosophischen Studien hörte, während er die juridischen privat vollendete. Sein Hauptstudium blieb jedoch, wenn er es auch nur nebenbei betrieb, die Naturgeschichte, und fand er darin in seinem Bruder Johann einen rastlosen und liebevollen Förderer. Als im Jahre 1777 Joseph als Kanzlei-Accessist in die Dienste des königlich böhmischen Landesguberniums getreten war, setzte er ununterbrochen seine naturwissenschaftlichen Studien, für welche gerade damals von dem General Franz Grafen Kinsky [Bd. XI, S. 290] und Anderen in Böhmen der seit Jahrhunderten erloschene Sinn von Neuem geweckt worden war, auf das Eifrigste fort, sammelte fleißig und gründete in Gemeinschaft mit seinem Bruder Johann das erste Naturalien-Cabinet zu Prag, welches sie im Hause ihres Vaters aufgestellt hatten. Bei seiner Vorliebe für die Naturwissenschaft stellte M., um sich in derselben weiter auszubilden, im Jahre 1782 die Bitte, zu reisen, in deren Gewährung er von dem damaligen Staatskanzler, dem Fürsten Kaunitz, unterstützt wurde. Kaiser Joseph, als er sich von M.’s Kenntnissen im naturwissenschaftlichen Fache überzeugt, ließ ihn auf Staatskosten reisen und ihn zur Förderung seiner Zwecke mit den nöthigen Empfehlungsbriefen versehen. Am 21. September 1782 trat M. von Wien aus seine Reise an, und besuchte die Schweiz, Deutschland, ganz Italien und Frankreich, trat mit den ersten Forschern in den verschiedenen Ländern in Verbindung, welche er auch nach seiner Rückkehr fortsetzte. So unterhielt er mit Männern wie Geßner, Lavater, Bartolotti, Swieten, Förster, Weißer, Füßli u. A. brieflichen Verkehr. Als bald nach seiner Rückkehr von einem Vereine von Naturfreunden beschlossen worden, in Prag ein öffentliches Naturalien-Cabinet zu errichten, setzte man sich natürlicher Weise mit M. in Verbindung, wodurch er denn auch Mitstifter des Prager Naturalien-Cabinets wurde und den Antrag als Adjunct bei demselben einzutreten annahm, was am 29. April 1784 erfolgte. Auch wurde er, als in Folge des Josephinischen Studiensystems eine besondere naturgeschichtliche Lehrkanzel festgesetzt ward, im Jahre 1785 zum ersten [143] Professor der Naturgeschichte, physischen Erdbeschreibung und Technologie an der Prager Hochschule ernannt, bereits aber im August 1787 in gleicher Eigenschaft nach Wien berufen. Nach zwölfjähriger Thätigkeit daselbst kehrte er Im J. 1800 auf sein Ansuchen als Professor der Naturgeschichte und Director des Naturalien-Cabinets nach Prag zurück, weil ihm das heimatliche Klima besser zusagte. Die völlige Hingabe zu seinem Berufe als Lehrer und Forscher hatte seine Gesundheit stark angegriffen, und er sah sich genöthigt, im Jahre 1812 um die Entlassung von der ihn besonders anstrengenden Professur zu bitten, welche ihm auch gewährt wurde. Um den Rest seiner Tage im Kreise seiner Freunde und der Verwandten seiner Frau zu beschließen, kehrte er nach Wien zurück, wo ihn die Hochschule noch im November 1813 zum Rector magnificus erwählte. Bevor aber das Rectorsjahr zu Ende gegangen war, starb M. im October 1814 im Alter von 63 Jahren. Von seinen durch den Druck, und zwar in den Abhandlungen der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaft veröffentlichten naturgeschichtlichen Arbeiten sind bekannt: „Abhandlung über die Unverweslichkeit der menschlichen Körper“, 1782; – „Beschreibung des Mäusehabichts (von den Böhmen Myssilavce genannt)“, 1784; diese zwei Aufsätze sind noch in Born’s Abhandlungen einer Privatgesellschaft gedruckt; – „Botanische Karaktere des Liontodon erectum“, 1785; – „Beobachtungen über das Leuchten des adriatischen Meeres, 1786“, von dieser Abhandlung hat Franklin eine Uebersetzung in Nordamerika veranstaltet; – „Chemische Untersuchung des Staubes“, 1786; – „Anmerkungen über die Aeolen oder luftausstoßenden Höhlen in Böhmen“, 1786; – „Untersuchungen über die böhmischen Gallmeyarten“, 1788; – „Ueber die grüne Erde der Mineralogen“, 1788; – „Ueber die Chrysoliten von Tein und die Steinart von Kuchel“, 1788; – „Ueber den harzigen Bestandtheil des adriatischen Meeres“, 1789; – „Von der magnetischen Kraft des krystallisirten Eisensumpferzes“, 1789; – „Beschreibung einer neuen Fischart aus den böhmischen Gebirgen“, 1790; – „Abhandlung von der böhmischen Cochenille und ihrem Anbaue“. M.’s Sinn bei seinen naturwissenschaftlichen Forschungen war auch auf das Praktische gerichtet und Böhmen verdankt vornehmlich seinen Untersuchungen die fabriksmäßige Benützung des Fayence-Stoffes, bei dessen Behandlung er auch später noch mit seinen Rathschlägen mithalf.

Abhandlungen der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Fünfter Band. Von den Jahren 1814, 1815, 1816, 1817 (Prag 1818, Gottl. Haase, 8°.) S. 19–23. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, J. Ambr. Barth, Lex. 8°.) Bd. II, Sp. 93.