Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Maß, Ferdinand
Band: 17 (1867), ab Seite: 86. (Quelle)
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Massak, Franz (Tonsetzer, geb. in Böhmen um das Jahr 1800). Sohn armer Eltern, besuchte er die unteren Schulen in seiner Heimat, widmete sich dann dem Schuldienste und kam im Jahre 1818 als Schulgehilfe aus Böhmen nach Wien, ohne Mittel und ohne eigentliche Kenntnisse. „Ich habe, wie er selbst sagte, viele Instrumente in die Hand nehmen können, wie ich es bei meinem Schulmeister erlernt habe, aber zu spielen verstand ich keines. Ich konnte kein Wort deutsch und oft aus lauter Hunger auch kein Wort böhmisch sprechen, so brillant ist es mir beinahe ein ganzes Jahr ergangen. Aber das alte Sprichwort: „Gott verlaßt einen Böhmen nicht“ hat sich auch bei mir bewährt; denn im zweiten Jahre habe ich schon ziemlich gut Clarinett geblasen, fing schon an ein Bischen deutsch und weil ich keinen Hunger mehr leiden durfte, vorzüglich sehr geläufig böhmisch zu sprechen; die Zunge war mir mit einem Male gelöst, als mir der Magen nicht mehr weh that, und von dieser Zeit ist es mir immer besser gegangen.“ So berichtet sein Biograph nach Massak’s eigenen Mittheilungen. Nachdem sich in solcher Weise seine Verhältnisse merklich gebessert hatten, lernte er bei Anton Plachy Clavier und bei Jacob Ullmann Oboe spielen. Im Jahre 1828 besuchte er Drechsler’s Vorlesungen über die Harmonie und den Generalbaß bei St. Anna ein Jahr hindurch, und nahm in derselben Zeit von Drechsler’s Supplenten Swoboda Privatunterricht in der Harmonie- und Generalbaßlehre. Ueberdieß bildete er sich auch selbst weiter fort und vornehmlich war es Reicha’s Compositionslehre, die er mit großem Fleiße studirte. Nachdem er sich auf solche Weise tüchtig in der Musik ausgebildet, erhielt er im Jahre 1827 die Capellmeisterstelle im 39. Infanterie-Regimente[WS 1], damals Baron Duka, dann Dom Miguel, welche er durch viele Jahre bekleidete. Mit dem Regimente, dessen Garnisonswechsel ein starker war, brachte er bald längere, bald kürzere Zeit in Peterwardein, Ofen, Preßburg, Krems, Wien, Raab, Temesvár und Pesth zu. In seinem Berufe als Capellmeister schulte er die Regiments-Capelle in trefflichster Weise, so daß sie als eine der besten in der Armee galt. Als Compositeur [87] aber entwickelte er eine erstaunliche Fruchtbarkeit. Sein Biograph theilt eine Uebersicht von Massak’s Original-Compositionen mit und, ohne auf den Kunstwerth des Geschaffenen einzugehen, sind die Zahlen an und für sich achtunggebietend, und zwar: 549 Original-Märsche, 108 nach Opern und anderen Motiven, 39 Vergatterungen, Rast und Gebet, 7 Trauermärsche, unter denen zwei, vorzüglich aber jener in F-moll, bei den Armee-Capellen große Berühmtheit erlangt hat; 39 Partien Walzer, darunter „Cytherens Winke“, „Die Gemüthlichen“, „Die Prätorianer“, „Zaubertöne“, „Die Wanderer“, „Die Fürsprecher“, „Echo der Lust“ und „Mes homages“; 2 Partien steirische und 1 Partie Oberösterreicher-Tänze; 3 Quadrillen, darunter „Die Elite-Quadrille“; 15 Polka’s, 9 Galopps, 13 Polonaisen, 5 Concertpiecen für einzelne Instrumente, 1 Tongemälde, 2 Ouverturen, 5 große Potpourri’s, 17 Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte, darunter das schöne „Mannesthräne“ (Mädchen, sahst du jüngst mich weinen) von Anast. Grün, „König in Thule“, „Johanna“, „Jubellied“, und ein „Trinklied“; 4 Arien für eine Singstimme mit Begleitung des Orchesters, 5 Vocalquartetten, 2 Partien Variationen für die Oboe, 2 Partien für die Clarinette, 1 Partie für die Trompete mit Orchester-Begleitung, und die Musik zu einem Drama „Der Blutschatz“. Ueberdieß arrangirte er für die Militärmusik gegen 300 Opern-Piecen und alle Walzer, Quadrillen und Polka von Strauß und Lanner. Nur ein sehr geringer Theil dieser großen Menge von Compositionen, und zwar nur einige Lieder, sind bei auswärtigen Verlegern im Stiche erschienen, das meiste befindet sich in Handschrift. Was den Gehalt dieser vielen Arbeiten betrifft, so erhebt er sich bei der Mehrzahl, dem Charakter der Musik entsprechend, nicht über den Werth einer geschickten Mache und einer tadellosen Technik in Composition und Instrumentation, aber es befinden sich auch schöne Arbeiten darunter, denen die Fachkritik große Vorzüge, und zwar eine lebhafte Fantasie, liebliche Melodie und charakteristische[WS 2] Färbung nachrühmt. Gewiß ist es, daß M.’s nicht gewöhnliches musikalisches Talent in der berufsmäßigen Monotonie seiner Stellung aufging und ihm nicht Zeit und Gelegenheit geboten war, dasselbe auf eine Arbeit von Bedeutung anzuwenden.

Wiener allgemeine Musik-Zeitung, herausg. von August Schmidt, III. Jahrg. (1843), S. 406, in der Anmerkung; – dieselbe, VI. Jahrg. (1846), S. 376, unter den Notizen; S. 405, in Joseph Sawerthal’s „Reisebericht über einige Regimentscapellen in Ungarn und Oesterreich“; S. 532, unter den Notizen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Infanterie-Regiemente.
  2. Vorlage: charakterische.