Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 16 (1867), ab Seite: 26. (Quelle)
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Lonyay, Meinhard[BN 1] (Nationalökonom und ungarischer Landtags-Deputirter, geb. 6. Jänner 1822). Entstammt einer alten und weitverzweigten ungarischen Adelsfamilie, die im Beregher und Szabolcser Comitate begütert ist. Seine Mutter Florentine ist selbst eine geborne Lonyay und gehört nur einem anderen Zweige dieser Familie an. L. beendete seine Studien an der Pesther Hochschule, an welcher er auch die juridische Doctorwürde erlangte. Kaum 21 Jahre alt, wurde er im Beregher Comitate in den Landtag 1843 gewählt, trat in demselben zur Oppositionspartei über und spielte bereits damals als „das jüngste Unterhausmitglied“, wie er in der stereotypen Umschreibung immer genannt wurde, da es zu jener Zeit nicht erlaubt war, die Namen der Redner in den Zeitungen zu nennen, eine hervorragende Rolle. So entwickelte er große Thätigkeit als Mitglied der Landtagscommission für Handelsangelegenheiten und war deren Operat zum größten Theile sein Werk; ferner als Mitglied der im Jahre 1844 entsendeten Commission in Angelegenheiten der von Széchenyi angeregten Landescasse, welcher damals allerdings noch unrealisirt gebliebene Vorschlag doch schon die Keime eines selbstständigen ungarischen Finanzwesens in sich trug. Nach Auflösung des Landtages machte L. eine größere Reise durch Europa, auf welcher er Materialien und Daten für jene Ansichten sammelte, die er in dem Werke, das er nach seiner Rückkehr veröffentlichte, niedergelegt. Dieses Werk, das unter dem Titel: „Hazánk anyagi érdekeiről“, d. i. Von den materiellen Vortheilen unseres Vaterlandes (Pesth 1847) erschien, behandelt zum ersten Male und in erschöpfender Weise das Thema der Communicationen, dessen Vollendung jedoch durch die 1848ger Ereignisse vereitelt wurde. Auch in den Landtag des Jahres 1847 wurde er für Beregh zum Deputirten gewählt und ein nicht unwichtiges Moment seiner damaligen Thätigkeit ist die Urheberschaft jenes Paragraphes in dem 1848ger Gesetze über die Urbarial-Entschädigung, welchem zu Folge den Grundbesitzern die Unkündbarkeit ihrer Capitalschulden bis zur erfolgten Entschädigung gesichert ward, durch welches Moratorium zahllose Adelsfamilien vor materiellem Ruin bewahrt wurden. Bei der Bildung des ungarischen Ministeriums erhielt L. die Stelle eines Staatssecretärs der Finanzen. Seine Ansichten über Kossuth’s Finanzoperationen und Projecte legte er in seinen „Finanzbriefen“ nieder. Diese erschienen zwar, aber nur als „Manuscript für die Deputirten“ gedruckt und sind nicht in den Handel gekommen. Als Mitglied der Pesther National-Versammlung folgte er dem Rumpfparlamente nach Debreczin, [27] flüchtete sich nach der Katastrophe von Világos ins Ausland, lebte einige Zeit in Paris, kehrte aber im Jahre 1850 amnestirt in sein Vaterland zurück, wo er seitdem als Oekonom mit der Bewirthschaftung seiner Güter beschäftigt ist. L. wurde bald eines der thätigsten Mitglieder der ungarischen Landwirthschafts-Gesellschaft und spielte eine Hauptrolle bei der Ausarbeitung und Durchführung des von der Gesellschaft in ihren besonderen Schutz genommenen Projectes einer ungarischen Hypothekenbank. Als Anfangs April 1861 wieder der ungarische Landtag einberufen wurde, wurde auch L. in denselben gewählt und hielt in der Sitzung vom 18. Mai g. J. eine bemerkenswerthe Rede, in welcher er vor Allem die dem Lande unterlegte Absicht: es wolle sich um jeden Preis von Oesterreich losreißen und verfolge eine subversive und revolutionäre Politik, entschieden zurückweist. Ferner widerspricht er folgenden Ansichten: daß Ungarn die mit ihm wohnenden Nationalitäten und Nebenländer unterdrücken und ihrer Rechte berauben wolle; daß Ungarn einen auf Feudalismus basirten aristokratischen Staatsorganismus mit Unterdrückung der Freiheit und des Interesses aller Volksclassen wiederherzustellen beabsichtige, endlich daß die Ungarn, Undankbare, alle die Wohlthaten nicht anerkennen wollen, welche die einheitliche Regierung ihnen bisher erzeigte, daß sie jenen Wohlstand nicht einsehen, welcher sich aus ihrer Verschmelzung mit Oesterreich in materieller und finanzieller Beziehung ergeben habe. In diesen Ansichten ist L.’s politisches Glaubensbekenntniß enthalten. Indem er den letzten der obgenannten Puncte ausführlicher behandelt und in eine Entwickelung des materiellen Theiles der wichtigen darin berührten Fragen eingeht, entrollt er ein höchst interessantes Bild der volkswirthschaftlichen Verhältnisse Ungarns und ist von diesem Gesichtspuncte aus Lonyay’s Rede weitaus die gehaltvollste und instructivste von allen auf diesem denkwürdigen Landtage gehaltenen. Durch und durch Ungar und in der Nationalität den ihm theuersten Schatz wahrend, ein in seinen alten Grenzen gekräftigtes großes Ungarn wünschend, erblickt er in der von Deák entworfenen Adresse alle Erfordernisse der Gesetzlichkeit, erklärt daß, von allen die bisher gesprochen, ihn Niemand noch vom Gegentheile überzeugt habe und unterstützte den Antrag Deák’s in seiner ganzen Ausdehnung. L. ist auch in den eben im Beginne seiner Thätigkeit begriffenen Landtag 1866 gewählt. Vor Kurzem (April v. J.) fand seine Wahl zum Vicepräsidenten der Ungarischen Akademie statt, deren Mitglied er bereits seit dem Jahre 1858 war. Von durch den Druck veröffentlichten Arbeiten L.’s ist zu bemerken, daß seine oberwähnte Rede zusammen mit jener von Moriz Páp, unter dem Titel: „Lonyay Menyhért“ (1861, máj. 18) és Páp Mór (1861, máj. 17) tartott Országgyüleoi beszédeik“ (Pesth 1861, 8°.) und dann später sein Werk: „Közügyekről, nemzet gazdázszati újabb dolgozatok“, d. i. Von öffentlichen Angelegenheiten, neuere nationalökonomische Abhandlungen (Pesth 1863, Osterlamm, 8°.), erschienen sind.

Lonyay erscheint öfter mit dem Taufnamen Melchior, das ist irrig, denn er heißt Meinhard Lonyay. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Von Jacob Ferenczy und Joseph Danielik (Pesth 1856, Gustav Emich, 8°.) S. 800. – Nagy (Iván), Magyarország családai czimerekkel és nemzékrendi táblákkal, [28] d. i. Die Familien Ungarns mit Wappen und Stammtafeln (Pesth 1860, Mor. Ráth, 8°.) Bd. VII, S. 156–169 [über die ganze Familie mit 4 Stammtafeln, S. 168 über Meinhard L. insbesondere]. – Ujabb kori ismeretek tára, d. i. Neues ungarisches Conversations-Lexikon (Pesth 1853, G. Heckenast, gr. 8°.) Bd. V, S. 262. – Der ungarische Reichstag 1861 (Pesth 1861, Carl Osterlamm, 8°.) Bd. I, S. 222–237. – Croquis aus Ungarn (Leipzig 1843, O. Wigand, kl. 8°.) Bd. II, S. 213. – Kertbeny (K. M.), Die Ungarn im Auslande. I. Namensliste ungrischer Emigration seit 1849. 2000 Nummern mit biografischem Signalement (Brüssel und Leipzig 1864, Kießling u. Comp., 8°.) S. 35, Nr. 992. – Springer (Anton), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1863, S. Hirzel, gr. 8°.) Theil II, S. 94 u. 131.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Lonyay, Melchior Graf [Bd. XVI, S. 26, daselbst erscheint er unter dem Taufnamen Meinhard].
    Ueber Land und Meer. Allgemeine illustrirte Zeitung (Stuttgart, Hallberger, kl. Fol.) XXVII. Band (1872), Nr. 10, S. 3 [mit Holzschnittbildniß von Fritz Kriehuber auf S. 1]. – Allgemeine Familien-Zeitung (Stuttgart, Hermann Schönlein, Fol.) IV. Jahrg. (1872), Bd. 2, Nr. 42, S. 809 [mit Holzschnittbildniß auf S. 797, nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb]. [Band 28, S. 364]