BLKÖ:Lonovics, Joseph
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 16 (1867), ab Seite: 22. (Quelle) | |||
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Bela Wenkheim, Julius Andrássy, Beöthy, Radvánßky, Jos. Palffy, Nikolaus Weselényi, Pázmándy senior, Sigismund Perényi, Anton Majláth und Gedeon Ráday. Später war er Mitglied des Fünfzehner-Ausschusses, welcher den Gesetzentwurf des [23] Unterhauses über die Elementarschulen berathen sollte. In der Debatte des Oberhauses am 29. August, welche mit großer Lebhaftigkeit über die Recrutirung geführt wurde, stimmte Bischof Lonovics gegen die Militärpflichtigkeit der geistlichen Zöglinge und wollte hievon nicht blos die Seminaristen des katholischen Clerus, sondern auch die Eleven aller übrigen Confessionen in Ungarn befreit wissen. Die Bemerkung des Baron Vay, der Bischof möge sich an die Schlacht bei Mohács erinnern, in der auch Bischöfe gekämpft und Bischof Tomory wie ein Löwe gefochten, konnte der Bischof L. nicht widerlegen aber erläutern und erwiederte, „daß Tomory in seiner Jugend Soldat gewesen und erst dann in’s Kloster getreten sei; daß man ihn, weil es an Heerführern fehlte, als solchen aus dem Kloster berief und daß Tomory, obgleich er betheuerte, nie ein Heer angeführt zu haben, ungeachtet seiner Thränen gezwungen wurde, auf das Schlachtfeld zu ziehen. Ebenso sei der junge Priester Zapolya wider seinen Willen angehalten worden, das Schwert zu ergreifen“. Damit schloß die Debatte, der Gesetzesvorschlag wurde aber, wie selben das Haus der Gemeinen überschickt, in seiner ganzen Ausdehnung unverändert angenommen. Auch im September und noch im October, als die Revolution bereits unaufhaltsam ihren Gang nahm, sprach Bischof L. noch immer zur Sühne und für friedlichen Ausgleich, begab sich sogar an der Spitze einer Deputation geistlicher Würdenträger an das Hoflager des Kaisers nach Olmütz, um nochmals für eine friedliche Ausgleichung zu sprechen. Der Erfolg, wie bekannt, war ein den Wünschen der Abgesandten entgegengesetzter. Bei der bisher beobachteten Haltung des Bischofs überraschte es daher allgemein, als dieser den bekannten Hirtenbrief des katholischen Clerus in Ungarn ddo. Pesth 25. October 1848 veranlaßte, in welchem das Volk zu Opfern für das Vaterland aufgefordert und bewaffneter Widerstand gepredigt wurde. Als im weiteren Sturme der Revolution Fürst Windisch-Grätz vorrückte und die Leiter des Aufstandes zugleich mit dem Reichstage nach Debreczin flohen, wurde zu einem letzten Versuch zur Pacification noch eine Deputation in das kaiserliche Hoflager abgesendet und Lonovics war Mitglied derselben. Mit diesem Gange schloß seine politische Thätigkeit in diesem denkwürdigen Jahre. Nachdem der Aufstand durch die kaiserlichen Truppen niedergeworfen worden, wurde L. seines Bisthums verlustig und der Proceß gegen ihn eingeleitet. Ueber Verwendung eines hohen kirchlichen Würdenträgers wurde er jedoch seiner Haft entlassen und die noch schwebende Untersuchung niedergeschlagen. L. lebte nun von der Ausübung eines kirchlichen Oberhirten befreit durch mehrere Jahre in Wien in völliger Zurückgezogenheit nur den Wissenschaften, bis nach den Ereignissen des italienischen Feldzugs im Jahre 1859 die politischen Verhältnisse im Kaiserstaate einen Umschwung und auch die ungarische Frage eine der bis dahin angestrebten Lösung entgegengesetzte Wendung nahmen. L. wurde um diese Zeit durch seine Erhebung zum Titular-Erzbischof und Ernennung zum Septemvir so zu sagen völlig rehabilitirt und nahm, als in Folge des kaiserl. Einladungsschreibens vom 14. Februar 1861 auf den 2. April g. J. der ungarische Landtag einberufen wurde, als Kirchenfürst wieder seinen Sitz in der Magnatentafel ein. Als solcher sprach er in der Sitzung des Oberhauses [24] vom 19. Juni, indem er sich einfach für die Adresse Deák’s, „den er nach Luther, Washington und Szechenyi am höchsten achte“ (vergleiche zum Verständniß die Biographie von Paul Jambor im X. Bande S. 60) erklärte, zum Schlusse folgende denkwürdige Worte: „Redner wolle lieber als Ungar in die Hölle, denn als Deutscher in den Himmel kommen und ein Oesterreicher würde er nur dann werden, wenn man ihn nach seinem Tode in einem Wiener Friedhofe begrübe“. Erzbischof L., ein gründlich wissenschaftlich gebildeter Gelehrter und ein vortrefflicher Redner, hat außer mehreren Allocutionen und Reden auch einige andere Werke durch den Druck veröffentlicht, diese sind: „A protestans reformatio historiája Angliában és Irlandban“, d. i. Geschichte der protestantischen Reformation in England und Irland. Nach Cobbet aus dem Englischen in’s Ungarische übersetzt (Großwardein 1832); – „A Josephinismus és az egyházat illető legujabb császári rendelvény“, d. i. Der Josephinismus und die die Kirche betreffende neueste kaiserliche Verordnung (Wien 1851, 8°.) – „Az angol türelem“, d. i. die englische Toleranz (ebd. 8°.); – „Népszerű egyházi archeologia“, Volkskirchliche Archäologie, 3 Bände (ebd. 1857, 8°.), der 1. Band behandelt den kirchlichen Jahrkreis, der 2. die Sacramente, der 3. die ordentlichen und außerordentlichen Feier- und Festtage und die kirchlichen Ceremonien. Es ist dieß des Bischofs L.’s Hauptwerk und von demselben bereits eine zweite Auflage erschienen. Von einem Priester des Benedictiner-Stiftes Melk wurde nach der zweiten Auflage eine deutsche Uebersetzung des ersten Bandes unter dem Titel: „Das katholische Kirchenjahr mit seinen Festen und Ceremonien, theils in Kanzelreden, theils in Form von Verkündigungen, archäologisch-liturgisch dargestellt“ (Linz 1861, gr. 8°.), bewerkstelligt. – Endlich erschien noch die von dem Erzbischofe L. der übrigens auch Mitglied der ungarischen Akademie der Wissenschaften ist, am 17. Jänner 1863 gehaltene Gedächtnißrede auf Georg Majláth de Székhely unter dem Titel: „Emlékbeszéd idösb Székhelyi Majláth György mag. akad. igazgató tag felett, a magyar tudom. akademia XXI. ünepélyes közülésében jan 17-én 1863“ (Pesth 1863, Eggenberger, 4°.). Anläßlich seines fünfzigjährigen Priesterjubiläums wurde L. „in Anerkennung seines ausgezeichneten priesterlichen und wissenschaftlichen Wirkens“ wie es in der Allerh. Entschließung vom 21. April 1866 ausdrücklich heißt, mit dem Großkreuze des Leopold-Ordens geschmückt. – Sein Neffe Joseph Lonovics, Gutsbesitzer, ist der Gemal der bekannten ungarischen Schauspielerin Cornelia Hollósy.
Lonovics, Joseph (Archäolog, Erzbischof von Kalocsa, geb. zu Miskolcz im Borsoder Comitate Ungarns 31. Jänner 1793). Nachdem er die Schulen mit ausgezeichnetem Erfolge beendigt, begann er zu Erlau das Studium der Theologie und erlangte die theologische Doctorwürde. Im Jahre 1817 zum Priester geweiht, wirkte er in der Seelsorge, wurde im Jahre 1829 Domherr an der Erlauer Kathedrale und schon 1834 während des Landtages Bischof von Csanad, später Träger des Kreuzes des heiligen Stephan-Ordens und wirklicher geheimer Rath. Nach dem Tode des Bischofs von Großwardein, Franz Lajcsák, wurde L. Hauptdirector der Großwardeiner Districtual-Schulen und that in dieser Eigenschaft viel zur Hebung des Schulwesens. Er wirkte als solcher bis zum Jahre 1847. In der Zwischenzeit, 1845, unternahm er in Angelegenheiten der ungarischen Kirche eine Reise nach Rom. Im Jahre 1848 wurde er während des ungarischen Ministeriums zum Bischof von Erlau ernannt. Als Kirchenfürst nahm er seinen Platz in der Magnatentafel ein. Am 14. Juli wurde L. in das aus eilf Mitgliedern zusammengesetzte Comité gewählt, das von der Magnatentafel mit der Abfassung der Adresse nach der Thronrede betraut wurde. Die Mitglieder dieser Commission waren außer Lonovics- Vasárnapi ujság, d. i. Sonntagszeitung (Pesth, gr. 4°.) Jahrg. 1860, Nr. 22: „Lonovics József, volt csanádi püspök“. – Danielik (József), Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Második, az elsőt kiegészitő kötet, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Zweiter, den ersten ergänzenden Band (Pesth 8°.) S. 181. – Nagy (Iván), Magyarország, családai czimerekkel és nemzékrendi táblákkal, d. i. Die Familien Ungarns mit Wappen und Stammtafeln (Pesth 1860, Moriz Ráth, 8°.) Bd. VII, S. 156. – Springer (Anton), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1863, S. Hirzel, gr. 8°.) Theil II, S. 43, 44 Anmerkung 130 u. 598. – Levitschnigg (Heinrich Ritter von), Kossuth und seine Bannerschaft. Silhouetten aus dem Nachmärz in Ungarn (Pesth 1850, Gust. Heckenast, 8°.) Bd. II, S. 138. – Der ungarische Reichstag 1861 (Pesth 1861, Carl Osterlamm, 8°.) Bd. III, S 80–85. – Pesther Lloyd (ein in Pesth erscheinendes [25] polit. Journal) 1861. Nr. 159. – Fremden-Blatt. Herausg. und Eigenth. Gust. Heine (Wien, 4°.) 1866, Nr. 111. – Porträt. Holzschnitt von H. W. in Nr. 22 der Vasárnapi ujság 1860. – Des Erzbischofs Lonovics Ansicht über die Stellung Oesterreichs zur deutschen Frage. Dieselbe ist um so bezeichnender, als sie weniger als der Ausdruck von des Erzbischofs eigener Ansicht, als vielmehr jener Partei in Ungarn zu betrachten ist, zu welcher L. gehört. L. sprach sich darüber, als er für die Adresse sprach, folgendermaßen aus: „Nachdem die österreichischen Erbländer als die Bestandtheile des deutschen Bundes zu den Staatsauslagen desselben beizutragen und somit auch im Reichsrathe durch ihre Deputirten hierüber zu verfügen verpflichtet sind, weigert die ungarische Nation sich gerade deßhalb, an diesem Reichsrathe theilzunehmen, denn hierdurch würde sie an den Auslagen des deutschen Bundes, an dessen Lasten, Angelegenheiten. Interessen theilnehmen, mit einem Worte, sie würde sich dadurch diesem Bund wenigstens mittelbar einverleiben. – Ihre mehr als dieß Alles geschätzte Unabhängigkeit bewachend, weigerte sich die ungarische Nation von Anbeginn an, mit Deutschland in ein Verhältniß zu treten. Von anderer Seite fehlten die Versuche nicht. Der erste wurde von unserem Könige Salomon gemacht, welcher in seiner Bedrängniß Ungarn dem Kaiser Heinrich als Reichsfeudum übergeben wollte. Die Ungarn erhoben sich heftig gegen dieses Wagniß, es verwahrte sich namentlich Papst Gregor VII., welcher im Jahre 1075 unserem Könige Gejza I. darüber Folgendes schrieb: Notum autem tibi esse credimus, Regnum Hungariae sicut alia nobilissima Regna in propriae libertatis statu esse debere – nec ulli alteri regi subjici“ – und in einem anderen Briefe schrieb er: daß er Salomon mit Gejza aussöhnen werde: ut sic fiat – sagt er – in pace nobilissimum Regnum Hungariae, quod hactenus per se principaliter viguit, ut Rex non fiat ibi Regulus“. Ferner rechnet es die Nation und die Geschichte Ladislaus dem Heiligen mit Recht als ein Verdienst an, daß er, zur Uebernahme der Oberfeldherrnstelle der ersten Kreuzzüge von den betreffenden Fürsten aufgefordert, dieselbe auch annahm, obgleich sein früher Tod seine dießbezügliche gute Absicht verhinderte; daß er jedoch, als er von den Fürsten des deutschen Reiches zur Annahme der Kaiserkrone berufen ward, die Annahme derselben im Interesse der nationalen Unabhängigkeit, der Unabhängigkeit Ungarns entschieden verweigerte, unter anderem zur Antwort gebend: se Regno suo Hungariae satis superque esse contentum. – Indem Kaiser Rudolph I. vergaß, daß er die Schlacht auf dem Marchfelde, wie er dieß öfter mit Lobeserhebung anerkannt, mit Hilfe der Ungarn gewann – wollte er nach dem Tode Ladislaus’ des Kumaniers Ungarn als ein Lehen dem deutschen Reiche einverleiben, auf welche Bestrebung indessen die Ungarn damit antworteten, daß sie Andreas III. als ihren König auf den Thron beriefen. – Wie sehr sich die Nation fürchtete. mit dem deutschen Reiche in ein näheres Verhältniß zu treten, hievon sehen wir ein denkwürdiges Beispiel in unserem Könige Albert, welcher bei seiner Krönung eidlich versprach, daß er ohne Einwilligung der ungarischen Nation die Kaiserkrone nicht annehmen werde: ein anderes Beispiel sehen wir in Mathias Hunyady, welcher, als ihm Kaiser Friedrich IV. (III.) vorwarf, daß er ihn nicht als Herrn anerkannt und nicht achte, im Jahre 1481 zur Antwort gab, daß er ihn nur als König von Böhmen und Mähren anerkannt, nicht aber als König von Ungarn, welches, wie er sagte, stets als freies Land bestand und mit dem deutschen Reiche niemals in irgend einer Gemeinschaft war; daß er zwar den Kaiser als eine höhere Person als die seinige betrachte, doch in Bezug auf sein ungarisches Besitzthum sich ihm für vollkommen ebenbürtig halte. – Ueberhaupt hat die ungarische Nation, sowie sie niemals duldete, daß die mit ihr einem und demselben Monarchen huldigenden Nationen sich in ihre Angelegenheiten auch nur im Entferntesten einmischen, ihrerseits ebenso wenig gewünscht, das jenen gegenüber zu thun; und obwohl unsere Könige Ludwig I. und II., Sigismund, Albert, Wladislaus I. und II. über viele andere Länder herrschten und dieselben von Ungarn aus regierten, kann die Geschichte dennoch kein einziges Beispiel aufweisen, daß die ungarische Nation diesen Umstand dazu zu benützen gesucht hätte, auf das Schicksal jener Länder irgend einen Einfluß auszuüben. – Auch heute ist es nicht im Interesse Sr. Majestät und der gesammten Monarchie, daß Ungarn mit dem deutschen Bund in was immer für ein näheres Verhältniß komme; vielmehr erheischt die Würde und Stellung Sr. Majestät, [26] unseres Herrn, daß andere große oder kleine Fürsten in Frankfurt über die Tragweite seiner gesammten Monarchie nicht entscheidend verfügen können, sondern daß vielmehr, wenn es sein muß, Se. Majestät im Stande sei, wie unser König Franz I. sel. Andenkens bei Aspern es vermochte, als Nichtmitglied des deutschen Bundes, dem ganzen deutschen Bunde, und wenn nöthig, auch Andern entgegenzutreten.“