BLKÖ:Perényi, Sigmund Freiherr von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 21 (1870), ab Seite: 475. (Quelle)
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Perényi, Sigmund Freiherr von (Vice-Präsident, später Präsident der ungarischen Magnatentafel in den Jahren 1848 und 1849, geb. zu Ardó im Beregher Comitate im Jahre 1783, gest. den Henkertod am 24. October 1849). Ein Sohn des Abaujvárer Obergespans Stephan P. Sein Name trat erst 1848 in den Tagen der Bewegung in den Vordergrund, Freiherr Sigmund zählte damals bereits 65 Jahre. Er war mit königlichem Rescript vom 4. Juli 1848 zum Vice-Präsidenten der Magnatentafel ernannt worden. Den Präsidentenstuhl nahm der Judex Curiae Georg von Mailáth [Bd. XVI, S. 289] ein. Perényi, der schon längst zur Opposition, jedoch zur gemäßigten zählte, trat, als die Revolution in Fluß kam, dem geschichtlichen Gange derselben mit eiserner Consequenz und mit dem Bewußtsein, daß er ihr Opfer sein werde, folgend, zu derselben über. Als Georg von Mailáth das Präsidium niederlegte, nahm Perényi – in den ersten Tagen des October 1848 – dessen Stelle ein. Auf diesem Posten entwickelte er, an dem revolutionären Programm entschieden haltend, eine Thätigkeit, die manches Hinderniß beseitigend, unbedingt den Gang der Revolution, zugleich aber auch ihren Sturz beschleunigte. Eine der ersten Thaten des Präsidenten war seine Unterzeichnung der Adresse des ungarischen Parlaments an den österreichischen Reichstag vom 10. October 1848, in welchem der Anmarsch des ungarischen Heeres als Succurs intimer Freundschaft geschildert wurde. Später wurde Perényi Mitglied des Landesvertheidigungs-Ausschusses, behielt aber das Präsidium des Oberhauses während der ganzen Periode in Pesth bis Ende December 1848 und dann in [476] Debreczin, während welcher Zeit er die Magnaten zu den periodischen Sitzungen einberief, die Beschlüsse proclamirte und die Ausfertigungen unterzeichnete. Als er im März 1849 zu Debreczin die Sitzungen der Magnatentafel eröffnete, sprach er seine Freude aus über den zahlreichen Zuspruch, wobei er darauf ausdrücklich hinwies, daß es sich darum handle, die Unabhängigkeit Ungarns durchzuführen. Die Sitzung vom 14. April 1849 aber wurde für ihn verhängnißvoll; in derselben wurden nämlich die landes- und königsverrätherischen fünf Beschlüsse hinsichtlich der Unabhängigkeitserklärung Ungarns gefaßt. Nach dem fünften Beschlusse wurde festgesetzt, die in diesen Beschlüssen enthaltenen Grundsätze in die Form eines Manifestes zu bringen, zu welchem Zwecke ein Ausschuß von drei Mitgliedern: Ludwig Kossuth, Stephan Gorové und Emerich Szacsvay, gebildet wurde. Sigmund Baron Perényi war nun bemüht, diese Beschlüsse des Repräsentantenhauses so rasch wie möglich, ohne erst die erforderliche Wahrung der Authenticität abzuwarten, zur Kenntniß des Oberhauses gelangen zu lassen, worauf dasselbe den mit der Abfassung des Unabhängigkeits-Manifestes betrauten Ausschüssen seinerseits den Csanáder Bischof Michael Horváth, späteren Cultusminister, und den Weszprimer Obergespan Anton Hunkár beigab und die Wahl Kossuth’s zum regierenden Präsidenten mit Stimmenmehrheit annahm. Die Unabhängigkeits-Erklärung war unterzeichnet: „Gegeben aus unserer zu Debreczin am 15. April 1849 gehaltenen Reichstagssitzung. Die gesetzlich vereinigten Magnaten und Repräsentanten der ungarischen Nation“. In einer weiteren, aus Repräsentanten und Mitgliedern des Oberhauses zusammengestellten Sitzung vom 19. April wurde die Veröffentlichung des Manifestes im ganzen Lande beschlossen. Auf den Antrag des Cultusministers vertagte sich zu Debreczin am 31. Mai das Oberhaus und trat erst wieder am 2. Juli zu Pesth zusammen, wo die Sitzungen im Museum gehalten wurden. Nachdem noch im Mai zu Debreczin die Reorganisation der obersten Gerichtsstühle beschlossen worden – denn consequenter Weise durften bei dem Umschwunge der Dinge die Träger des alten Systems nicht an der Spitze der wichtigsten Aemter bleiben – wurde Baron Sigmund Perényi zum Präsidenten der Septemviraltafel ernannt, welche Ernennung über Antrag des damaligen Justizministers Sabbas Vukovics mit einer Entschließung des Landesgouverneurs Ludwig Kossuth ddo. Debreczin 29. Mai 1849 erfolgte. Die vorbenannten Handlungen hatten hingereicht, Perényi’s Leben zu verwirken, sobald nach Unterdrückung der Revolution die Kriegsgerichte ihre blutige Thätigkeit begonnen hatten. Perényi hätte sich noch rechtzeitig retten können, aber die vielen Stürme, die er in den letzten Monaten erlebt, die ewige Aufregung, welcher er ausgesetzt war, vor Allem aber das tiefe Weh über das Loos, dem Ungarn nach der russischen Invasion verfallen war, -hatten den Greis gebeugt, er hatte alle Energie verloren und über sich ergehen lassen, was da kommen mochte. Und es kam – das Todesurtheil. Das Pesther Kriegsgericht hatte P. wegen Hochverrath einstimmig zum Tode durch den – Strang verurtheilt und wurde das Urtheil an ihm wie an seinen zwei Todesgefährten, dem Deputirten Emerich Szacsvay und dem Ministerialrathe Emanuel Csernyusz, [477] am 24. October auf der Sandstätte hinter dem Neugebäude vollstreckt. Perényi gleich seinen beiden Todesgefährten schritt muthig zum Tode. Er wollte sich die Augen nicht verbinden lassen und mußte gleichsam dazu gezwungen werden. Baron Perényi war von großer imposanter Gestalt und einer schönen, echt magyarischen Physiognomie – mit feuersprühenden schwarzen Augen, die von mächtigen weißen Brauen beschattet wurden. Eine hohe, spärlich von weißem Haar umrahmte Stirne und ein langer Silberbart machten ihn zu einer jener Erscheinungen, die an die alten Feudalzeiten Ungarns mahnen. Perényi galt allgemein für den schönsten Greis im Lande, gewiß war er im Privatleben ein Bild edler Ritterlichkeit, frischer Jugendkraft noch im Greisenalter und unnachahmlicher Liebenswürdigkeit im geselligen Verkehre. Er war dreimal vermält; nur aus der zweiten Ehe mit Elisabeth Dohos und aus der dritten mit Maria Széchényi hatte er zwei Söhne, aus der zweiten Gabriel, aus der dritten Georg, welch letzterer, auch bereits mit Maria Raussin vermält, aus dieser Ehe zwei Söhne, Franz und Georg, hat.

Levitschnigg (Heinrich Ritter von), Kossuth und seine Bannerschaft. Silhouetten aus dem Nachmärz in Ungarn (Pesth 1830, Gustav Heckenast, 8°.) Bd. II, S. 69 [daselbst auf S. 73 das Facsimile seines Namenszuges]. – Zur Geschichte des ungarischen Freiheitskampfes. Authentische Berichte (Leipzig 1851, Arnold’sche Buchhandlung, 8°.) Bd. I, S. 140.