Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Lechner, Christoph
Band: 14 (1865), ab Seite: 287. (Quelle)
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Lechner, Rudolph (Verlags-Buchhändler, geb. zu Wien 9. December 1822). Sein Vater Michael (geb. zu Eisenstadt in Ungarn 1785, gest. zu Wien 1844) war ein namhafter Wiener Verlags-Buchhändler, der insbesondere mehrere linguistische noch heute sehr gesuchte Verlagswerke, wie z. B. Machat’s französische Sprachlehre (in 37. Auflage), die sämmtlichen theologischen Werke des Bischof’s Leonhard u. dgl. m. herausgegeben hat. Sein Sohn Rudolph bildete sich unter des Vaters unmittelbarer Leitung im Buchhandel aus und arbeitete frühzeitig im Geschäfte, das, nachdem im Jahre 1825 Lechner der Vater die Härter’sche Universitäts-Buchhandlung übernommen hatte, bedeutend an Ausdehnung zunahm. Drei Jahre nach des Vaters Tode 1847, trat Rudolph L. selbstständig im Geschäfte auf. In der ersteren Zeit, nach dem durch die Erhebung des Jahres 1848 eingetretenen Umschwunge der politischen und socialen Verhältnisse, lag der österreichische Buchhandel in einem Zustande des Zuwartens; aber kaum daß die Verhältnisse sich einigermaßen zu klären begannen, hatte auch L. schon seinen Entschluß gefaßt, und indem er den älteren sprachwissenschaftlichen Verlag seines Vaters fortsetzte, fing er im Jahre 1853 an mit dem Verlage rationeller, den Elementar-Unterricht fördernder Kinderspiele eine neue vielversprechende und von Fachmännern ernstgewürdigte Richtung zu pflegen. In diese Kategorie gehören: „Der Zeichnungsapparat“ für Kinder von fünf bis neun Jahren; – die Winternitz’schen Kinderlehrspiele und die Friedrich Fröbel’schen Beschäftigungsmittel; unter ersteren: „Das Lesespiel“, – „Das Schreibspiel“, – „Das Rechenspiel“, – „Das Länderspiel von Europa“, – „Das Länderspiel von Oesterreich“, – „Das Kaiserspiel“ (für geschichtlichen Unterricht), – „Das französische Sprachspiel“, – „Das Turnspiel“; unter letzteren: „Die Flechtmappe“ in 2 Sammlungen, – „Das Stäbchenlegen“, – „Die Ausstechmappe“, – „Die Bauspiele“ und „Die Ballspiele“. Diese Schriften fanden großen und verdienten Anklang in der pädagogischen Welt und erlebten viele von ihnen mehrere Auflagen und einzelne, wie z. B. das Lesespiel, den großen Absatz von 31.000 Exemplaren. Neben diesen Jugendschriften für das erste Kindesalter, die eigentlich als Hilfsmittel für den Pädagogen zunächst demselben das erste Erziehungswerk erleichtern und das Kind für den Unterricht einnehmen sollen, rief aber L. noch eine Reihe der anmuthigsten Jugendschriften für die Kinder selbst, von den ersten Jahren der beginnenden Erkenntniß bis zum Eintritte des Jünglings- und Jungfrauenalters, in’s Leben. Auch diese Abtheilung des Verlags ist bereits sehr umfangreich und zeichnet sich durch eine sorgfältige Auswahl [288] des Inhaltes und eine äußerst elegante Ausstattung aus. Eine Reihe der niedlichsten ABC- und Fibelbücher mit vortrefflichen Zeichnungen, dann mehrere komische Bilderbücher, wie z. B. „Der Auswanderer-Spiegel“; – „Der Rutschepeter“; – „Hans Wurst’s Abenteuer“, die genannten, sämmtlich mit den humorvollen Zeichnungen von C. Reinhardt; dann wieder eine Folge belehrender gehaltvoller Jugendschriften erzählenden Inhalts, wie „Das Lob der Arbeit“ mit allerliebsten Ziehbildern, „Die Waldblumen“, – „Familie Werner“, – „Der kleine Robinson von Paris“, – „Der Fabelschatz“, – „Der Märchenkranz“, – eine eigens für das jugendliche Alter bearbeitete Reihe von Reisebeschreibungen, als: „Der junge Seefahrer“, – „Abenteuer und Reisen in Afrika, Amerika und Australien“, – „Aus fernen Welten“; ferner eine Folge der sinnigsten Jugendschriften für das weibliche Geschlecht, als: „Das Elisabeth-Album“, – „Leseabend bei Elisabeth“, – „Erlebtes und Erzähltes“, – „Bunte Blätter“ und mehreres andere gehören in diese Abtheilung. Vor Lechner war der Jugendschriften-Verlag in Oesterreich brach gelegen; während in Deutschland der Hoffmann’sche Verlag in Stuttgart und der neu in’s Leben gerufene Spamer’sche Verlag in Leipzig blühten und ganz Oesterreich mit ihren übrigens trefflichen Jugendschriften versorgten, erschienen in Oesterreich einige Jugendschriften von Chimani, Ebersberg u. A. in kläglichster Ausstattung. Die Concurrenz mit den beiden obgenannten Firmen war eine um so schwierigere, als es zunächst galt die nöthigen geistigen und künstlerischen Kräfte aufzusuchen und zu wecken, und die Heimat mit Leistungen zu versorgen, welche ebenbürtig jenen waren, für die seit Jahrzehnden viele Tausende in’s Ausland zu wandern pflegten. Lechner hat seine Aufgabe nach dieser Richtung in bewunderungswürdiger Weise gelöst. Aber auch nach einer andern Seite trat er für die Förderung des österreichischen Buchhandels und seiner Interessen energisch auf. Um die durch die ehemaligen Censurverhältnisse außerordentlich gedrückte Production des österreichischen Buchhandels zu heben, gründete er im Jahre 1859 den Verein der österreichischen Buchhändler und brachte die Versammlungen des Vereins in Verbindung mit Ausstellungen der Erzeugnisse des Buch- und Kunsthandels und der einschlägigen Gewerbe. Im nämlichen Jahre gründete er auch – nach dem Muster des Leipziger „Börsenblattes für den deutschen Buchhandel“ – „Die österreichische Buchhändler-Correspondenz“, wovon seitdem wöchentlich eine Nummer erscheint und auf deren Grundlage alljährlich seit 1860 der „Oesterreichische Katalog“[1] in sechs Abtheilungen, und zwar 1) die deutsche, 2) die slavische, 3) die ungarische, 4) die italienische Abtheilung, 5) Kunstsachen, Photographien und Landkarten, 6) Musikalien (8°.) herausgegeben wird. [289] Lechner, wo nicht die Seele, so doch einer der Hauptmotoren und Förderer des österreichischen Buchhändlervereins, ist von demselben seit seiner Begründung zweimal zum Vorsitzenden gewählt worden und hat somit bis zur Stunde durch sechs Jahre diese Ehrenstelle bekleidet.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 378. –

  1. Dieser Katalog schließt sich somit an die von dem Herausgeber dieses Lexikons seit 1853 veröffentlichte „Allgemeine österreichische Bibliographie“. Diese bildet von 1853 bis Ende 1857 einen Anhang der mit der amtlichen „Wiener Zeitung“ verbundenen „Oesterreichischen Blätter für Literatur und Kunst“. Im Jahre 1858 ordnete Minister Bach die Herausgabe eines selbstständigen Organs an, welches als „Bibligraphisches Central-Organ des österreichischen Kaiserstaates“, I. Jahrg. (als Fortsetzung der Allgemeinen Bibliographie für das Kaiserthum Oesterreich, VI. Jahrg.) ein Jahr bei L. C. Zamarski und C. Dittmarsch, im folgenden in der k. k. Staatsdruckerei erschien und in seiner Ausstattung und Einrichtung damals nicht seines Gleichen hatte. Der zweite (beziehungsweise [289] VII. Jahrg.) schloß plötzlich Mitte 1859 mit den Nummern 9 und 10. Graf Gołuchowski, der an die Spitze des Staatsministeriums getreten war, ließ nämlich die Bibliothek sofort in die Keller werfen, befahl die Einstellung der von Minister Bach angeordneten statistisch-literarischen Jahresberichte über die geistige Bewegung in dem polyglotten Kaiserstaate, in dessen 23 Kronländern zwölf verschiedene Sprachen und Dialekte gesprochen werden, und auch des „bibliographischen Centralorgans“. Nun traten die von Lechner begründete österreichische „Buchhändler-Correspondenz“ und „Der österreichische Katalog“ in’s Leben und füllten so zu sagen die Bresche aus, welche Unwissenheit, Willkür und planmäßige Verachtung jedes Wissens geschlagen. Ist auch das bibliographische Centralorgan durch die genannten zwei Publicationen noch immer nicht ersetzt, so sind doch beide treffliche Unternehmungen, welche ebenso die Interessen des österreichischen Buchhandels fördern, als ein Behelf sind zur Würdigung der geistigen Bewegung im Kaiserstaate. Dabei muß bemerkt werden, daß sich beide jährlich wesentlich vervollkommnen und reichhaltiger gestalten.