BLKÖ:Heräus, Karl Gustav

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Hentzi, Genealogie
Band: 8 (1862), ab Seite: 320. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Carl Gustav Heraeus in der Wikipedia
Carl Gustav Heraeus in Wikidata
GND-Eintrag: 119511320, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Heräus, Karl Gustav|8|320|}}

Heräus, Karl Gustav (Numismatiker, Münzen- und Antiquitäten-Inspector [321] u. s. w. in Wien, geb. zu Güstrow 1671, gest. um 1730). Sein Vater Christian war Leibarzt der Prinzessin Hedwig Eleonore von Holstein-Gottorp. Mit 16 Jahren kam H. aufs Gymnasium nach Stettin, bezog dann die Universität zu Frankfurt a. d. Oder, durchreiste Deutschland, besuchte mehrere Städte in den Niederlanden und zuletzt Paris (Nov. 1692). Auf seiner Rückreise begab er sich über Hamburg nach Stockholm, wo die Bekanntschaft der gefeierten Dichterin Elisabeth Sophie Brenner nicht ohne Einfluß auf den Bildungsdrang des jungen Mannes blieb. Nach längerer Frist begab er sich wieder nach Hamburg, wo er das sogenannte Klosterjahr verlebte und dann Domherr am lutherischen Stifte daselbst wurde. 1701 erhielt er mit dem Titel eines Hofrathes einen Dienst am schwarzburgischen Hofe, wo er sich bald des Wohlwollens des Fürsten Anton Günther erfreute. 1709 bat H. um seine Entlassung und begab sich nach Wien, trat daselbst zur katholischen Kirche über und als Antiquar in Kaiser Joseph’s I. Dienste. Nach dessen Tode wurde H. von Joseph’s Nachfolger, Kaiser Karl VI., in seinem Amte nicht nur bestätigt, sondern ihm auch seine Besoldung um das Doppelte erhöht. Auf diesem Posten entfaltete H. eine so ersprießliche Wirksamkeit, daß Joseph Bergmann, gewiß zu einem Urtheile über seinen Fachgenossen zunächst berechtigt, sagt: „Wenn wir Lazius den ersten Ordner des kais. Münzcabinetes nennen, so könne man mit vollem Rechte Heräus als den zweiten und größeren rühmen“. Insbesondere hat Heräus, der viele Jahre hindurch moderne Medaillen gesammelt, in Fällen, wo er nicht Originale erhalten konnte, Copien durch Abgüsse in Blei, Gyps, oder durch Abdrücke in Staniol und Hausenblase zu gewinnen gesucht und mit einer nicht unbedeutenden Menge solcher Abgüsse (3053) das kais. Cabinet vermehrt. Auch wurde H. von seinem Monarchen beauftragt, eine kais. Familiengallerie zu organisiren, nämlich die Original-Familienbilder aller Orten zusammenzusuchen und an einen Ort zu bringen. Ueberdieß seine künstlerische Befähigung und Erfindungsgabe beurkundete H. auch an den Entwürfen zu den Medaillen, welche auf denkwürdige Momente der Regierungsepoche des Kaisers Karl VI. ausgegeben wurden. Heräus hatte die Absicht, analog dem von der Pariser kön. Akademie der Medaillen und Inschriften ausgegebenen Werke: „Medailles sur les principaux èvènements du Règne de Louis le Grand eine Histoire metallique des kaiserlichen Hauses zu veröffentlichen, auch hatte er mit seinem Vorhaben einen schönen Anfang gemacht, aber er hatte sich 1719 in ein unseliges Bergwerksunternehmen eingelassen, das ihn zuletzt um die Gunst seines Gebieters, um alle seine Habe, und was mehr als Alles ist, um das Vertrauen in seiner amtlichen Stellung brachte. Er hatte in der rauhen Vertsch in Obersteiermark auf Kupfer zu graben begonnen, vernachlässigte darüber sein Amt, mußte, was er bisher in Verwahrung gehabt, an den Schatzmeister Uwens aushändigen und mochte in Kränkung über vereitelte Hoffnungen und erfahrene Zurücksetzung vor der Zeit sein Ende gefunden haben. Im Mai 1730 erscheint seine Frau bereits als Witwe. Heräus war als Dichter, Grammatiker, Naturforscher, Theolog und vornehmlich als Numismatiker schriftstellerisch thätig. Sein Eifer für die Veredlung der deutschen Sprache sichert ihm eine ehrenvolle Stelle in der deutschen [322] Literatur. Sein Entwurf zu einer deutschen Sprachgesellschaft, den er bei Hofe eingereicht, blieb leider unberücksichtigt. Das elegische Sylbenmaß der Römer wendete er in deutscher Sprache an, und Rudolph Gottschall’s in der Gegenwart geglückter Versuch, antike Versmaße zu reimen, hat H. bereits hundertfünfzig Jahre vor ihm ausgeführt. Die ihm zugeschriebene erste Einführung des Hexameters in die deutsche Sprache hat Lessing widerlegt (Briefe, die neueste Literatur betreffend, I, 109). Seine Poesien, zum größten Theile Gelegenheitsdichtungen – Bergmann (in seinen „Medaillen“, II, 414) zählt die wichtigeren derselben auf – sind in dem Werke: „Vermischte Nebenstunden Herrn Karl Gustav Heräi“ (Wien 1715, And. Heyinger, gr. 4°.) enthalten, wovon eine neuere Ausgabe unter dem Titel: „Gedichte und lateinische Inschriften des kais. Rathes u. s. w.“ (Nürnberg 1721. P. P. Monath, gr. 8°., mit K. K. und eingedr. Abbildgn.) erschienen ist; – außerdem gab H. heraus: „Inscriptiones et Symbola varii argumenti“ (Norimbergae 1721, 8°.), worin seine Inschriften auf Medaillen des kais. Hofes zu Grundsteinlegungen, Trauergerüsten u. s. w., welche sich durch Einfachheit und reine Latinität auszeichnen, enthalten sind; von ihm sind auch die Inschriften auf den in Schönbrunn verwahrten Tapeten, welche Kaiser Karl VI. nach großartigen Cartons des Jan Cornel Vermeyen von Jodok de Vos in Brüssel weben ließ. Mehrere historisch-numismatische und archäologische Abhandlungen, als: „Series Archiepiscorum Moguntinensium monumentis numismatum servata“; – „Monumenta quaedam sepulcralia anno 1714 Moguntiae eruta“ u. m. A. befinden sich in „Georg Christiani Joanis Script. Rerum Moguntinensium“ (Francof. 1727, (Fol.);, – die naturwiss. Abhandlung „De ossium petrefactorum ortu diluviano“ steht in den „Academiae Caes. Leopoldo Carolinae naturae Curiosorum Ephemerides“ (1722, Centuria IX, p. 231); – eine zweite „Relation de ce qui se trouve de remarquable dans une grande Caverne de la Styrie superieure“ in den obgenannten „Inscriptiones et Symbola“ (p. 345). Ein theologisches Manuscript in lateinischer Sprache, Meditationen, welche H., nachdem er Katholik geworden, niedergeschrieben, enthält die kais. Hofbibliothek zu Wien in zwei gleichlautenden Handschriften unter Nr. 11.811 und 11.820 (Näheres darüber in Bergmann’s „Medaillen“ u. s. w., Bd. II, S. 419); – auch soll Heräus den Text zu dem Werke: „Entwurf zu einer historischen Architektur in Ausbildung unterschiedener berühmter Gebäude des Alterthumes und fremder Völker ..., herausgegeben von Joh. Bernhard Fischers- (sic) Erla“ (Wien 1721, gr. Qu.-Fol., mit vielen Tafeln) geschrieben haben. Sein „Thesaurus numismatum recentiorum Caroli VI. Imperatoris jussu ex Gazophylacio aulae caesareae Vindobonensis per tabulas LXV exhibitus“ [siehe: Ebert, Bibliogr. Lexikon, Nr. 9459], wozu die Tafeln auf kaiserliche Unkosten gestochen worden, und wovon man viele Jahre hindurch 37 Kupferplatten vermißte, die aber nach der Hand bis auf zwei, nämlich Tafel XI und LXIV, aufgefunden wurden, ist erst später in einigen Exemplaren abgedruckt worden. Mit deutscher Vorrede und einem kurzen, die Tafeln begleitenden Texte gab es Director von Steinbüchel unter dem Titel: „Bildnisse der regierenden Fürsten und berühmten Männer vom XIV. bis zum XVIII. Jahrhunderte in einer Folgenreihe [323] von Schaumünzen zusammengestellt von weil. Röm. Kais. Maj. Rath und Hof-Antiquar C. G. Heräus“ (Wien 1828, Heubner, 63 Taf. in Fol. max.) heraus. Mehrere Briefe von Heräus hat Jos. Bergmann in den in den Quellen verzeichneten Schriften veröffentlicht, wie dieser Gelehrte auch des Heräus unverdienter Maßen angegriffene Ehre, wie vor ihm auch der berühmte Numismatiker und Jesuit Erasmus Fröhlich bereits gethan, hergestellt hat.

Bergmann (Jos.), Medaillen auf berühmte und ausgezeichnete Männer des österreichischen Kaiserstaates vom XVI. bis zum XIX. Jahrhunderte (Wien 1844–1857, Tendler, 4°.) Bd. II, S. 394–424. [Jedenfalls das ausführlichste, was über Heräus bisher erschienen ist, ihn schildernd in der Zeit, ehe er in österreichische Dienste trat, seine Verdienste darstellend als kaiserl. Medaillen- und Antikeninspector und Zeichner, ferner berichtend über die von ihm eingerichtete kaiserl. Familiengallerie, über seine historia metallica Carol. VI. und ihn charakterisirend als Dichter, Grammatiker, Epitaphisten, Naturforscher und Theologen.] – Derselbe, Die Pflege der Numismatik in Oesterreich im XVIII. Jahrhundert (Wien 1856, Staatsdruckerei, 8°.) Heft I, S. 1 [auch in den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften der philosophisch-historischen Classe, Bd. XIX, S. 31]. – Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften (Wien, 8°.) Bd. XIII, S. 40–61: „Fünf Briefe von Leibnitz an Heräus aus den Jahren 1713–1716“; S. 539–625: „Heräus’ Stammbuch und Correspondenz“, und Bd. XVI, S. 132–168: „Heraei historia metallica seu numismatica Austriaca“, und dessen 10 Briefe an Leibnitz“. – Jördens (Karl Heinrich), Lexikon teutscher Dichter und Prosaisten (Leipzig 1807, Weidmann), Bd. II, S. 356, und Bd. VI, S. 296. – Catalogus Musaei Caesarei Vindobonensis numor. vet. distribut. in partes duas etc. disp. et descript. a Josepho Eckhel (Viennae 1779, Fol.). – Ersch und Gruber, Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, II. Section, 6. Thl. S. 76. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) Jahrg. 1829, Nr. 20, S. 77 u. f. – Acta eruditorum. Bd. II, Theil 18, Nr. 8, S. 544. – Neuer Büchersaal der gelehrten Welt (Leipzig 1716), Theil V, S. 477 u. f., S. 492 u. f. – Leipziger allgemeiner literarischer Anzeiger. Jahrgang 1800, Nr. 172, S. 1693, und Jahrgang 1801, Nr. 144, S. 1380. – Meister (Leonhard), Charakteristik deutscher Dichter (St. Gallen 1785, Huber), Bd. II, S. 55. – Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst (Beilage zur Wiener (amtl.) Zeitung) 1855, Nr. 45: „Leibnitz und Heräus“. – Oesterr. National-Encyklopädie, herausgegeben von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. II, S. 330. – Saxii Onomasticon litterarium (Utrecht 1760, 8°. maj.) Tom. VI, p. 256 et seq.. – Porträte. 1) J. A. Delsenbach ad vivum del. et sc. 1719 (Fol.), Kniestück; – 2) E. Desrochers sc. (8°.). – Medaillen. 1) Avers: Heräus Brustbild mit lockenreicher Frisur und mantelähnlichem Umwurfe, rechtsgekehrt. Inschrift: Carol. Gust. Heraeo S. C. M. Consil. Et Antio [sollte stehen Antiq(uario)] B. Richter. D.. Revers: Minerva nach einer auf einem dreifüßigen Bossirstocke ruhenden modernen Statuette, vor der eine Malerpalette, Fernrohr und ein offenes Buch liegen, die Blicke richtend, weist mit der ausgestreckten Rechten auf eine antike Apollostatue, an welcher unten ein Säulencapital, Schriftrollen und Erztafel nebst Griffel liegen. Umschrift: Antiquos Reverentia Novos Aequitate. – 2) Avers: wie bei Nr. 1, nur ist daselbst das Antiq. richtig geschrieben. Revers. Inschrift: Ita | De Prisca Aetate | merendum; | Ut De Nostro Futuram Mereri | Volumus | MDCCXVII. Erstere 2 Zoll 8 Linien, Letztere 2 Zoll 9 Linien. Exemplare in Silber und Bronze. Letztere abgebildet im „Museum Mazzuchellianum“. Vol. II, Tab. CXIX, Nr. 9, wo S. 241 das B. Richter. D., was Benedict Richter dicavit heißt und der Name des Freundes des Heräus ist, der beide Medaillen geschnitten, mit Bibliothecae Richterianae Director erläutert wird.