Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Grottger, Arthur
Band: 11 (1864), ab Seite: 418. (Quelle)
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Gordon, Marie (Schriftstellerin, geb. zu Wien im Jahre 1812, gest. zu Triest 13. November 1863). Sie ist bekannter unter dem Pseudonym Alexander Bergen, unter welchem sie zuletzt ihre schriftstellerischen Arbeiten veröffentlichte; früher schrieb sie unter den Namen Berenberg, Jünger und Arthur. Sie ist die Tochter des k. k. Generalconsulats-Kanzlers E. Calafati und erhielt ihre erste Erziehung in Wien, dann kam sie nach Corfu, wo ihre Schönheit den englischen Capitän W. F. Gordon fesselte, der sie auch heirathete. Sie begab sich mit ihm nach London, wo sie bald Witwe wurde. Ihr Mann, ein verwegener Rosselenker, stürzte bei einer Fahrt in so unglücklicher Weise, daß er augenblicklich todt blieb. Die junge Witwe kehrte nun nach Wien zurück und stand durch eine Reihe von Jahren zu M. G. Saphir in naher Beziehung, bis sie ihn Ende 1848 verließ. Sie lebte nun von der Schriftstellerei und entwickelte als glückliche Uebersetzerin und Bearbeiterin dramatischer Stücke aus dem Französischen und Englischen eine ungemein große Fruchtbarkeit. Ueber sechzig Stücke wurden im Laufe von 13 Jahren von ihr bearbeitet und ist davon mehr denn die Hälfte aufgeführt worden. Die letzten zwei Jahre ihres Lebens litt sie an einer unheilbaren Krankheit und sechs Wochen vor ihrem Tode begab sie sich nach Triest, um im Vaterhause bessere Pflege und zuletzt den Tod zu finden. Mehrere ihrer dramatischen Bearbeitungen hatten durch die feine Darstellung auf dem Burgtheater, wenn sie von demselben gegeben wurden, oder durch die verlockende Art, mit welcher sich Nestroy seine Rollen zurecht legte, wenn er in einem derselben auftrat, sehr günstige Erfolge. Ihre Stücke sind (die mit einem * bezeichneten bei Wallishausser gedruckt) folgende: „Ein Autograph“; – „Der arme Marquis“; – „Sand in die Augen“; – „Zwei Witwen“; – „Regen und Sonnenschein“– „Nur Mutter“, die genannten sämmtlich zum ersten Male im Hofburg-Theater gegeben und auf dem Repertoire desselben; – *„Die Vorlesung bei der Hausmeisterin“; – *„Der Mord in der Kohlmessergasse“; – „Ungeschliffener Diamant“; die genannten im Carl-Theater sehr oft gegeben und durch Nestroy’s, später durch Knaack’s und Ascher’s Spiel von bleibender Wirksamkeit und Beliebtheit; – „Die geheimnisvolle Clarinette“; – „Die Schrift an der Wand“; – „Piccolina“; – „Graf und Blumenmacherin“; – „Gardinenpredigt“; – *„Fräulein Bruder“; – *„Mein Bär und meine Nichte“; – *„Ein junger Gelehrter“; – *„Der neue Don Quichote“; – „Die Kinder der [419] Arbeit“; – „Der Wunderdoctor“; – „Herkules als Schutzmann“; – „Hochzeit in der Maske“; – „Arbeiter und Dame“; – „Der Gesandtschafts-Attaché“; – „Geliebt sein oder sterben“; die letztgenannten 14 sämmtlich an verschiedenen Bühnen Wiens gegeben. Auf Provinzbühnen kamen zur Aufführung: „Prinz Conti“; – „Loge Nr. 13“; – „Der Mann mit der Reisetasche“. Von den nicht zur Darstellung gelangten sind zu nennen: „Die Greißlerin“; – „Wurm und Sturm“; – „Die gebrochene Tasse; – „Der Charlatan“; – „Das Kostkind auf dem Lande; – „Der Tugendpreis“. In den genannten Stücken beurkundete sie ein seltenes Geschick als Bearbeiterin, sie ließ weg, setzte zu, änderte den Dialog, würzte ihn durch Witz, Humor und geistvolle Gedanken, blieb aber dabei immer so gewissenhaft, die Quelle, aus der sie schöpfte, zu nennen. Der Feindschaft Saphir’s, wie derjenigen, die, ihn fürchtend, sie verfolgten, allen diesen Angriffen, welche ihr das Dasein verkümmerten – denn sie schrieb, um zu leben und einen Sohn, den sie aus ihrer früheren Ehe hatte, zu erziehen – allen ihren meist heimlichen Widersachern fast mit männlichem Muthe Trotz bietend – setzte sie diese wenig lohnende Beschäftigung bis an ihr Lebensende fort. Sie hinterließ zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, welch’ letztere, Marie Saphir, seit Jahren von der Mutter fern, durch literarische Arbeiten, die sie unter dem Pseudonym Max Stein veröffentlicht, sich selbst erhält.

Waldheim’s Illustrirte Zeitung (Wien, Fol.) 1863, Nr. 102 (12. December), S. 1220 [mit Porträt nach einer Photographie, welche einem in jüngeren Jahren gemalten Bilde von Georg Decker entnommen ist]. – Der Botschafter (Wiener polit. Blatt, Fol.), herausgegeben von Friedrich Uhl, 1863, Nr. 316. – Fremden-Blatt 1863, Nr. 315 (16 Nov.).