Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Gordon, Marie
Band: 11 (1864), ab Seite: 420. (Quelle)
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Grottger, Arthur (Maler, geb. zu Lemberg um das Jahr 1840). Seit mehreren Jahren bereits in Wien, wo er die Akademie der bildenden Künste besucht und bereits gut vorgebildet, durch fleißige Studien bedeutend sich vervollkommnet hat, erregte dieser noch junge Künstler bei seinem ersten Auftreten durch seine Bilder ein ungewöhnliches Aufsehen. Aber weniger waren es die correcte Zeichnung, die Sicherheit der Ausführung und die lebensvolle Gestaltungskraft, welche jeden auf den ersten Blick hin schon überraschten, als vielmehr die Wahl des Stoffes, dessen er sich mit einer Leidenschaft bemächtigt hatte, daß es klar wird, der Künstler habe nicht für Bestellung oder für Ausstellungen und Kunstfreunde gemalt, sondern eben nur versucht den Schmerz, der seine Seele, der ein ganzes Volk zerfleischt, hinwegzuzeichnen. Pole von Geburt, blutend bei der Erinnerung an die Leiden des Nachbarlandes, führte er eine Reihe von Scenen aus, welche dem Ausbruche der jüngsten Revolution vorangingen und dann mitten in derselben spielen. Die Bilder sind sämmtlich Kreidezeichnungen und ungeachtet des für künstlerische Arbeiten etwas spröden Materials mit vollendeter Technik ausgeführt. Es sind etwas über ein Dutzend Blätter (in Qu. Royal-Fol.) und stellen folgende Motive dar: „Das Gebet an den Gräbern der Gefallenen“; – „Die Procession“; – „Strassengegend nach dem Kampfe“; – „Im Innern der Kirche“; – „Sperrung der Kirche“; – „Der gefangene Bischof“; – „Einige tausend Werste von Warschau“; – „Der Ueberfall“; – „Die Waffenschmiede“; – „Die Verhaftung“ – und mehrere Recrutirungs-Episoden. Sie wurden von dem Künstler in zwei Cyklussen aufgestellt; der erste im Jahre 1862 erregte auch auf der Londoner Ausstellung Aufsehen und fand bald einen Käufer; der zweite war in der November-Ausstellung 1863 des österreichischen Kunstvereins zu sehen und Eigenthum des Grafen Johann Pálffy. Früher schon, nämlich im Jahre 1859, war von dem Künstler ein Oelbild: „Zusammenkunft Johann Sobieski’s mit Kaiser Leopold I. bei Schwechat“, ausgestellt, dessen Gruppirung, energisches Colorit, historische Treue in den Trachten und lebende Charakterisirung der Gestalten ein nicht gewöhnliches Talent vermuthen ließen, welches durch die gegenwärtigen Verhältnisse in Russisch-Polen auf ein in der Malerei neues Gebiet, nämlich auf jenes der politischen Genremalerei, [421] gedrängt wurde, eine Erscheinung parallel zu der in Deutschland während der Dreißiger Jahre erwachten politischen Dichtung.

Constitutionelle österreichische Zeitung (Wien, Fol.) 1862, Nr. 397. – Wiener Abendpost (Abendblatt der Wiener Zeitung) 1863, Nr. 64, S. 258. – Wiener Zeitung 1863, Nr. 140, S. 885. – Kronika (Krakauer polit. Blatt) 1863, Nr. 50.[BN 1]

Berichtigungen und Nachträge

  1. Grottger, Arthur [Bd. XI, S. 420].
    Tarnowski (Stanislaw hr.), Arthur Grottger. Napisal – –, d. i. Arthur Grottger. Verfaßt von Stanislaus Graf Tarnowski (Krakau 1874, Paszkowski, 8°., 54 S.). [Band 28, S. 344]