BLKÖ:Biela, Wilhelm Freiherr von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 1 (1856), ab Seite: 388. (Quelle)
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Biela, Wilhelm Freiherr von (Astronom, k. k. Major außer Dienst, geb. zu Rossla in der Grafschaft Stollberg am Harz 19. März 1782, gest. zu Venedig 18. Febr. 1856). B. entstammt einer ursprünglich böhmischen Adelsfamilie, die aber schon früher ausgewandert war. Seine Ausbildung erhielt er in Dresden im Pagenerziehungshause des Churfürsten. 1802 trat er nun als Cadet in’s [389] östr. Inf.-Reg. Graf Stuart Patrik Nr. 18, machte unter Erzherzog Karl den Feldzug am Rhein mit, kämpfte mit Auszeichnung bei Abensberg; wurde 1809 Officier und that sich wieder bei Aspern hervor. Im J. 1813 ist B. beim Wiederausbruche des Krieges Adjutant des Generals Meerfeldt in der Völkerschlacht von Leipzig, wo er auch verwundet wurde. Mit dem siegreichen Heere ging B. über den Rhein und machte den ganzen Feldzug mit, den der Vertrag von Paris beendete. Nun kehrte B. nach Oesterreich zurück, kam nach Prag, wo er die Vorlesungen des Canonicus u. Astronomen David besuchte, und sich nunmehr ganz der Astronomie widmete. In der Nacht des 27. Febr. 1826 (B. befand sich damals zu Josephstadt in Böhmen) gelang es ihm, einen kleinen neblichten Stern zu entdecken, den er bei wiederholter Beobachtung mittelst des Calculs für einen Kometen von kurzer Umlaufsfrist und zwar als den bereits in den J. 1772 und 1805 gesehenen erkannte; eine Annahme, die er unterm 14. März d. J. veröffentlichte, und 10 Tage später durch parabolische Rechnung noch genauer bewies, daß er jedesmal nach 63/4 Jahren in unsere Nähe zurückkehren müsse [vergleiche: Geschichte des Kometen, den Hauptmann von Biela entdeckte, von Alois David, Prag 1827). Das Original-Manuscript mit der Berechnung des Kometen schenkte B. dem städtischen Museum Correr in Venedig. Nach B.’s Angaben berechnete bald darauf Clausen, Director der Sternwarte zu Altona, die elliptischen Elemente dieses Kometen, und fand ihn wirklich mit dem 1772 u. 1805 erschienenen identisch, welche Berechnung von Professor Harding wiederholt wurde. Die Mittheilung dieser interessanten Entdeckung ging an alle Sternwarten im Norden, und König Christian Friedrich von Dänemark schickte dem Entdecker einen werthvollen goldenen Chronometer, auf dem die Anfangsbuchstaben des königl. Namens und des Beschenkten eingegraben sind. Der Komet an und für sich war für die Wissenschaft besonders wichtig, weil es sich zeigte, daß seine Bahn einen gemeinsamen Punct mit der Erdbahn besitzt, so daß er diese möglicher Weise – natürlich nur dann wenn die Erde gleichzeitig in demselben Puncte steht – berühren kann. Eine ähnliche Gemeinschaft hat er mit der Bahn des Enke’schen Kometen[WS 1]. Biela’s Komet wurde wirklich schon 1772 und 1805 beobachtet, aber so groß waren die Störungen, die er bei seinem Vorübergehen bei Jupiter erlitt, daß die Erscheinungen nicht für identisch, d. h. von einem und demselben Kometen ausgehend angesehen wurden. Im J. 1846 zeigte er eine überaus merkwürdige Entwickelung; er theilte sich nämlich in 2 gesonderte Kometen von völlig gleichem Ansehen, und nur der Lichtstärke nach verschieden. Auch im J. 1852 ist er als Doppelkomet wiedergekehrt. – Bald nach dieser Entdeckung vertauschte B. seinen Aufenthalt in Böhmen mit dem in Neapel, wohin er mit dem Regimente Lilienberg – in dem er schon 1824 Capitän geworden war – abmarschirte[WS 2]. Dort setzte er seine astronomischen Beobachtungen fort, und kam mit Piazzi, dem Entdecker des Planeten Ceres zusammen, der B. sehr auszeichnete, wie auch die Astronomen Cacciatore, Brioschi, Capocci und Leopoldo dal Re ihm Beweise der Hochachtung gaben. Nachdem die vertragsmäßige Occupationsfrist vorüber war, kehrte Biela in’s lombardisch-venetianische Königreich zurück, wo er Platzhauptmann der Stadt Rovigo wurde, welche Stelle er von 1832–44 bekleidete. Im J. 1844 wurde B. vom Schlage gerührt, und trat nach 46jähriger Dienstleistung mit Majors-Charakter in Pension. Um eine Linderung [390] seiner Leiden durch den mildern Himmel Venedigs zu erzielen, wählte er diese Stadt zu seinem bleibenden Wohnsitz, und nicht mehr im Stande, seiner Lieblingswissenschaft zu obliegen, wendete er sich mitten unter den Schätzen der Kunst dem Studium derselben zu. Wie er einst einen der merkwürdigsten Himmelskörper entdeckte, so fand und erwarb er nun bei seinen Kunstforschungen einen neuen Schatz, nämlich ein Gemälde Raphael’s: „Die Vision Ezechiels“. Dieses Bild wird im Gegensatz zu dem im Palaste Pitti zu Florenz befindlichen für das Original gehalten. Jacob Burckhardt, in seinem „Cicerone. Eine Anleitung zum Genuß der Kunstwerke Italiens“ (Basel 1855, S. 904) schreibt: „Das florentinische Exemplar ward mannigfaltig angezweifelt, dasjenige, welches 1852 im Besitz des Capitäns Biela in Venedig war, von geübten Augen vorgezogen“ [Vergleiche auch: Malvasia, Felsina Pittrice, Bologna 1668, I Bd. §. 44]. Unter solchen Studien verlebte B., von seiner Gattin in den oft heftigen Krankheits-Anfällen sorgfältig gepflegt, die letzten Lebensjahre. Das letzte wichtige Lebensereigniß B.’s ist sein Uebertritt vom Protestantismus zur katholischen Kirche, den er kurz vor seinem Tode, am 8. Jän. 1856, ausführte. Am nämlichen Tage ertheilte ihm S. E. der Patriarch von Venedig Aurelio Mutti die heil. Firmung, wobei S. E. Graf Ficquelmont als Firmpathe zugegen war. Anfangs Februar erkrankte B. und am 18. um Mitternacht gab er seinen Geist auf. B. verstand mehrere Sprachen, vorzüglich aber die italienische und hatte die ersten Gesänge des Dante in’s Deutsche übersetzt, in welcher Sprache er auch mehrere Original-Arbeiten in Poesie und Prosa verfaßt hatte, wie er sich überhaupt viel mit Literatur beschäftigte. Es erschienen von ihm: „Die zweite grosse Weltenkraft nebst Ideen über einige Geheimnisse der physikalischen Astronomie oder Andeutungen zu einer Theorie der Tangentialkraft“ (Prag 1836, mit 10 Steintaf. 8°.). B. war Mitglied vieler gelehrter Vereine, zu London, Berlin, München, Göttingen u. a., und stand mit Männern wie Bode, Harding, Schumacher, Clausen, Littrow, Arago, Herschel, Humboldt und Piazzi in Briefwechsel. Eine Gegend der sichtbaren Seite unseres Mondes wurde mit dem Namen Biela, ihm zu Ehren, bezeichnet [siehe Generalkarte der sichtbaren Seite der Mondoberfläche von J. H. Mädler, Berlin 1837]. B. war der letzte seines Stammes, mit seiner ihn überlebenden Gemalin Anna, geb. Edlen von Wallenstern hatte er eine Tochter, die an den k. k. Oberst Moritz Grafen Forgatsch vermält, schon in der Blüte ihres Lebens starb, nachdem sie ihrem Gemal zwei Kinder geboren hatte. B. bildet mit Vega und den beiden Zach[WS 3] in einer und derselben Richtung die Zierde der österreichischen Armee. In den letzten Jahren seines Lebens ward er von einem schmerzlichen Leiden heimgesucht, doch war ihm, das seltene Glück beschieden, seinen eigenen Stern viermal wiederkehren zu sehen.

Zur Erinnerung an Wilhelm Baron Biela, k. k. östr. Major in Pension (Venedig 1856, J. Grimaldo) [nach diesem ist B. im Jahre 1781 geboren]. – Cenni necrologici del barone Guglielmo Biela i. r. maggiore nell’ armata (Venedig 1856, Grimaldo). – Oestr. Militär-Konversations-Lexikon. Herausgegeben von Hirtenfeld u. Dr. Meynert (Wien 1851) I. Bd. S. 410 (Art. v. Stk.) [nennt irrig seinen Geburtsort Kosla]. – Wiener Courier 1856, Nr. 54 [nach diesem ist B. am 19. März 1782 geboren]. – Porträt: Unterschrift: Biela’s Facsimile; darüber sein Wappen. G. Prosdocimi del. E. Reinhart lit.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Enckescher Komet (Wikipedia).
  2. Vorlage: abmaschirte.
  3. Franz und Anton Zach.