Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Bernard, Joseph
Band: 1 (1856), ab Seite: 323. (Quelle)
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Bernard (Oberarzt, gest. zu Constantinopel 9. Nov. 1844 in der Blüte der Jahre).[BN 1] B. trat im J. 1839 in Dienste der Pforte und wurde der Schöpfer und die Seele der medicinischen Schule zu Galata Serai, welche Sultan Mahmud begründete. Bernard hat dieselbe ganz nach dem Muster österreichischer Lehranstalten eingerichtet. Da es sich nicht darum handelte, schon mit Vorkenntnissen ausgerüstete Jünglinge in höhere Berufsstudien einzuführen, sondern vielmehr Knaben, die jeder Bildung, selbst der ihrer Muttersprache ermangelten, vom Anfange an zu unterrichten, so theilte B. die Anstalt in 2 Abtheilungen, die vorbereitende und höhere. Die Schule ist auf etwa 400 Zöglinge von 10–18 Jahren berechnet, welche daselbst unentgeltlich Wohnung, Kleidung, Nahrung und Unterricht erhalten. Die Anstalt besaß schon im J. 1842 eine kleine Bibliothek (1300 Bde. medicinischen Inhalts, meist in französ. Sprache), ein anatomisches Cabinet mit den Präparaten des ausgezeichneten östr. Anatomen Dr. Jos. Hyrtl (s. d.), eine nicht unbedeutende Mineraliensammlung und ein reiches physikalisches Cabinet. Die vorbereitende Abtheilung zerfällt in 3 Classen, in welchen Sprachen, Arithmetik, Geographie, Kalligraphie, Zeichnen, Zoologie, Algebra, Geometrie u. Geschichte des osmanischen Reiches gelehrt wird. Die höhere, eigentlich medicinische Abtheilung hat 4 Classen, in denen alle medicinischen Gegenstände vorgetragen werden. Fünf Krankensäle, in denen auch unentgeltlich ordinirt wird und im J. 1841 schon die Ordinationen sich auf 16,274 Kranke erstreckten, bieten hinreichenden Stoff zur gründlichen Ausbildung. An die Anstalt selbst schließen sich noch Vorlesungen für Hebammen und unentgeltliche Impfung an. Dr. Bernard hat Alles in dieser Anstalt mit Sachkenntniß und dem Stande der Wissenschaft in der Gegenwart gemäß eingerichtet und das Gedeihen dieser vielverzweigten Wissenschaft in einem Reiche, wo Unwissenheit und der Charlatanismus herrschten, ist das Ergebniß österreichischer Wissenschaftlichkeit und unermüdeter Ausdauer. Diese Anstalt, welche jährlich Zustandsberichte an den Sultan erstattet, ist eine wahre Quelle des Segens für das in dieser Hinsicht völlig vernachlässigte weite Reich geworden. Leider sollte es dem Manne, der alle seine Thätigkeit daran gesetzt, ein dauerndes und dabei tadelloses Werk zu schaffen, nicht gegönnt sein, die Früchte des von ihm gestreuten Samens zu sehen. Mit ausgezeichneten Talenten und rastloser Thätigkeit verband Bernard seltene Befähigung für seinen Beruf und einen rastlosen Eifer, der seine Lebenstage nothwendig abkürzen mußte. Der fanatische Muselmann, Franken und Rajahs, Alle betrauerten tief seinen frühzeitigen Tod.

Frankl (L. A.), Sonntagsblätter (Wien 8°.) II. Jahrg. 1843, Nr. 16: „Die medicinische Schule in Constantinopel“ von Weiß von Starkenfels. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für gebildete Stände (Hildburghausen 1845, Bibliogr. Inst., 8°.) IV. Bd. 4. Abth. S. 608.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Bernard, Dr. [Bd. I, S. 323], geb. in Böhmen im Jahre 1808, gest. zu Constantinopel n. A. am 2. November 1844.
    Oesterr. medicin. Wochenschrift. Herausg. von J. N. Ritter v. Raimann und Dr. v. Rosas, 1844, 4. Quartal: „Nekrolog“. – Allgemeine Zeitung für Militärärzte. Herausg. von Ph. Fr. Hrm. Klenke (Braunschweig) 1844, S. 141 u. f., S. 486. [Band 22, S. 481]