Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stur, Dionys
Band: 40 (1880), ab Seite: 211. (Quelle)
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Štúr, Karl (slovakischer Schriftsteller, geb. zu Trencsin in Ungarn am 25. März 1811, gest. 13. Jänner 1851). Von seinem Vater Samuel, welcher Lehrer in Trencsin war, erhielt Štúr den ersten Unterricht im Hause, dann kam er an das evangelische Gymnasium in Raab, wo einer der Lehrer Namens L. Petz den meisten bildenden Einfluß auf ihn übte und in ihm die Liebe zum Studium und den nationalen Gedanken weckte. Darauf bezog er die evangelische Schule in Oedenburg, später das Lyceum zu Preßburg, wo die in Raab gelegten Keime nationaler Ideen im Zusammenleben mit Samuel Chaloupka, Daniel Lichard u. A. sich kräftig entwickelten. So gründeten die jungen Freunde einen selbständigen slavischen Verein und zugleich mit demselben eine Bibliothek, welche sie mit der Zeit ansehnlich vermehrten. Štúr fungirte als Bibliothekar und Vorstandstellvertreter des Vereins. Seine Studien betrieb er mit großem Eifer und so ausgezeichnetem Erfolge, daß ihm die außerordentliche Professur der griechischen Sprache verliehen wurde, welche er aus Liebe zu seinen Zöglingen bis zur Beendigung der theologischen Studien im Jahre 1833 unentgeltlich versah. Nachdem er hierauf zwei Jahre als Erzieher gewirkt, begab er sich, von seinem Bildungseifer gedrängt, nach Berlin. Auf seiner Reise dahin besuchte er Prag, wo er sich mit den damaligen Matadoren des Čechenthums bekannt machte. In Berlin aber hörte er vornehmlich Naturwissenschaften, welche er seinen Landsleuten, die bis dahin nur wenig davon zu hören bekommen hatten, vorzutragen gedachte. Dabei entwickelte sich seine slavische Richtung allmälig zu einer panslavischen, indem er sich weniger als Slovake, denn als Slave überhaupt fühlte und in allen Slavenstämmen nur Brüder eines Volksstammes erblickte. Dieser Gedanke leuchtet hell aus seinen Dichtungen hervor, welche er im Jahre 1844 unter dem Titel „Ozvěna Tatry, zpěvy a pověsti“, d. i. Echo des Tatra, Sagen und Gesänge, in Preßburg herausgab. Zu gleicher Zeit aber trieb er das Studium der griechischen Sprache emsig fort und übersetzte aus derselben mehrere Musterstücke, deren einige er in der slovakischen Zeitschrift „Hronka“, welche Kuzmany [Bd. XIII, S. 437) redigirte, und in der von dem Preßburger „Verein der Freunde der čecho-slavischen Sprache“ herausgegebenen Schrift „Plody Prešpurského sboru učenců řeči českoslovanské“ veröffentlichte. Nach seiner Rückkehr aus Deutschland widmete er sich der Seelsorge, zunächst als Caplan in Vrbov, wo er ein Jahr lang blieb. 1839 wurde er Professor und Director des bis dahin sehr vernachlässigten, unter seiner Leitung aber von neuem emporblühenden Gymnasiums in Modern. Als Lehrer entwickelte er große Rührigkeit, pflegte und förderte mit rastlosem Eifer den nationalen Gedanken [212] und verstand es, die slovakische Jugend für denselben zu begeistern. Unter seinen Schülern befanden sich damals Schulek und Holub, welche später in der ungarischen Revolution ihren Patriotismus mit dem Leben bezahlten. In der Folge Mitglied der von dem Grafen Zay zur Regelung der ungarischen Schulen einberufenen Versammlung, widersetzte er sich gemeinschaftlich mit Lichard [Bd. XV, S. 68] den Magyarisirungs-Gelüsten dieses Grafen. Als im October 1846 der Pfarrer Dolezal von Modern mit Tod abging, kam er an dessen Stelle und verblieb in derselben bis zu seinem Ableben. Er wirkte daselbst auf der Kanzel und in der Schule als würdiger Priester, als Freund und Rathgeber seiner Gemeinde und in politischen Dingen als Patriot. Im bewegten Jahre 1848 hatte er für sein treues Beharren bei der Sache des Kaisers, bei seinem entschiedenen Widerstande gegen die magyarischen Anmaßungen, wobei er alle Bemühungen der Aufrührer, die Slovaken zum Aufstande gegen die österreichische Regierung zu verführen, vereitelte, von den Magyaren alle nur denkbaren Unbilden zu erdulden und obgleich mit dem Tode bedroht, hielt ihn doch nichts ab, treu für die gerechte Sache seines Kaisers einzustehen. Nach Bewältigung der ungarischen Revolution begab er sich mit Lichard, Hajik und anderen Parteigenossen nach Olmütz, wo der kaiserliche Hofstaat sich befand, und förderte dort die Interessen seines Volksstammes. Nach Modern zurückgekehrt, wirkte er als von der Regierung ernannter Vertrauensmann der slovakischen Nation bei dem dortigen Stadtrath und vertrat mit Entschiedenheit die Interessen derselben auf wiederholten Sendungen nach Preßburg, zu denen die Bewohner von Modern ihn erwählt hatten. In späteren Jahren widmete er sich neben seinem priesterlichen Berufe der Erziehung seiner Kinder, welche ihm seine Gattin Rosa, Tochter des Stadtrichters Johann Emres, geschenkt hatte. Außer den bereits oben erwähnten schriftstellerischen Arbeiten verfaßte er noch mehrere, welche in heimatlichen Journalen, im „Hausschatz“ (Domoví pokladnice), in der „Slovakischen Zeitung“ (Slovenský národně noviny) und im „Adler von Tatra“ (Orel tatransky) u. a. erschienen. Anfänglich schrieb er in čechischer Sprache, später aber nahm er die Schreibweise an, welche sein Bruder Ludwig und der berühmte Slovake J. M. Hurban [Bd. IX, S. 436] vereinbart hatten.

Slovenskje pohladi na vedi, umeńja a literatúru. Redaktor M. J. Hurban, d. i. Slavische Schätze für Wissenschaft, Literatur u. s. w. (Skalic, 4°.) 1851, S. 111: „Karel Štúr“. Von M. J. Hurban.