BLKÖ:Úrményi, Joseph Freiherr von (1741–1825)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Urmowski, Clemens
Band: 49 (1884), ab Seite: 141. (Quelle)
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Úrményi, Joseph Frhr. v. (Staatsmann, geb. zu Úrményi in Ungarn am 6. December 1741, gest. zu Váll am 8. Juni 1825). Der Sproß einer alten ungarischen Adelsfamilie, über welche die Quellen S. 140 nebst der Stammtafel näheren Aufschluß geben. Ein Sohn des ungarischen Kanzlers Stephan Úrményi aus dessen Ehe mit Barbara [142] geborenen Moszticzky, erhielt er eine sorgfältige Erziehung und trat nach beendeten Studien in den Staatsdienst. 1769 Protonotär, kam er 1773 zur königlichen Finanzkammer und wurde in derselben 1774 referirender Rath. Im Jahre 1777 ließ Maria Theresia durch ihn und D. Tersztyanszky [Bd. XXIV, S. 13] für ganz Ungarn ein neues Erziehungs- und Unterrichtssystem ausarbeiten, welches von einschneidender Wirksamkeit war, vornehmlich durch die Verlegung der Universität von Tyrnau nach Ofen und durch die Zuweisung der Stiftungen des schon aufgehobenen Jesuitenordens im Betrage von drei Millionen Gulden auf den Studienfond. Im Juni 1780 ward Úrményi zum Pesther Vicegespan ernannt, 1782 erhielt er das gleiche Amt für das Biharer Comitat und wurde 1783 königlicher Commissär für den Neutraer District. Schon in letzterer Eigenschaft erscheint er als ein mannhafter Vertreter der ungarischen Verfassung. Im Jahre 1786 handelte es sich um die Durchführung der von Kaiser Joseph geplanten Steuerreform, in welche auch Ungarn einbezogen werden sollte. Der Monarch erkannte bald, daß es ihm kaum gelingen werde, seine Reformen im verfassungsmäßigen Wege durchzubringen. Aber er war nicht der Mann, der, wenn es die höhere Staatsraison galt, Anstand nahm, sich über dergleichen Bedenken hinwegzusetzen. Mit Hilfe des Staatsrathes Joseph Baron Izdenczy [Bd. X, S. 338] legte er sich das Meiste, was er in dieser Richtung that, so zurecht, daß es formell gerechtfertigt zu sein schien. Ueber die Steuerregulirung und die damit zusammenhängende Aufhebung der Zwischenzolllinie verlangte er von dem Leiter der ungarischen Statthalterei Christoph Grafen Niczky und den zehn dirigirenden Obergespänen (Districtscommissären) Gutachten ab. Wie vorauszusehen, liefen diese im Wesentlichen auf die Perhorrescirung beider Maßregeln hinaus. Úrményi, Commissär des Neutraer Districts, erörterte in seinem Gutachten, von der volkswirthschaftlichen Bedeutung der beantragten Reformen absehend, nur das Verfassungswidrige des ganzen Vorganges. Der Landtag allein, erklärte er, könne in dieser Angelegenheit entscheidend mitsprechen, mit demselben werde der Kaiser auch leichter sich verständigen, als mit den zahlreichen, zu derartigen Vereinbarungen nicht einmal ermächtigten Comitatscongregationen. Wenn nun auch der Kaiser alle diese Gutachten und so auch jenes Úrményi’s einfach nur zur Kenntniß nahm und im Uebrigen seinen eigenen Weg ging, so war ihm der Freiherr doch als eine Capacität erschienen, und wurde derselbe im Jahre 1788 Präsident der Finanzkammer und im August 1789 königlicher Personal [bezüglich der Bedeutung und des eigentlichen Wesens dieses wichtigen Amtes verweisen wir, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den biographischen Artikel Stephan von Szerencsy im 42. Bande unseres Werkes S. 141 u. f.]. Im Februar 1790 wurde Úrményi Administrator des Pesther Comitates und noch im nächstfolgenden Monate Obergespan des Bácser Comitates. Im Jahre 1801 zum Gouverneur in Galizien ernannt, erwarb er sich in dieser Stellung die Liebe und Achtung des Landes. Bald darauf zum Oberlandesrichter Ungarns erhoben, trat er in die Reihe der Reichsbarone und erhielt für seine ausgezeichnete Dienstleistung 1808 das Großkreuz des Sanct Stephans-Ordens. Außerdem war er Obergespan des Stuhlweißenburger Comitates [143] und Präses der königlichen Universität zu Pesth. Im Druck erschien von ihm: „Oratio occasione inaugurationis publ. Sereniss. regii Principis et Archiducis Leopoldi Alexandri pridie votis communibus expetiti et electi Regni Hungariae Palatini dicta an. 1790“ (Posonii, 8°.). Deutsche und ungarische Biographen stimmen in der lobenden Anerkennung unseres Staatsmannes überein und bezeichnen ihn als einen der würdigsten Söhne des Vaterlandes und trefflichsten Patrioten, als den verdienstvollsten und gerechtesten Oberlandesrichter, als den eifrigsten Beförderer alles Guten und aller die Erziehung der Jugend leitenden Anstalten, als einen liberalen Mäcen der Wissenschaft und der sie pflegenden Gelehrten. Sein Andenken, so schreiben sie, wird in Ungarn unsterblich bleiben. Unvergeßliche Verdienste erwarb er sich um die Pesther Hochschule, und in der von derselben zu Úrményi’s Ehren veranstalteten Traueifeier hielt der Propst und damalige Universitätsbibliothekar Georg Fejér in der Universitätskirche die Leichenrede, der Professor der Aesthetik und classischen Literatur Ludwig Schedius aber im großen Universitätssaale die lateinische Denkrede. Baron Joseph war mit Anna Komjáthy (gest. 12. Februar 1830) vermält, und es entsprossen dieser Ehe fünf Söhne: Nicolaus, Johann, Franz, Vincenz und Emmerich, von denen alle, mit Ausnahme des Letztgenannten, der als Gerichtstafelbeisitzer, erst 32 Jahre alt, starb, ein hohes Alter erreichten. Von den zwei Töchtern starb Karoline unvermält, Josepha aber vermälte sich mit dem General Timotheus Kerekes, der sich als Oberst in der Schlacht bei Caldiero am 30. October 1805 durch persönliche Tapferkeit und umsichtige Führung des Regiments rühmlichst hervorgethan [Bd. XI, S. 174 Nr. 5]. Von des Freiherrn Joseph Söhnen pflanzte nur der älteste, Nicolaus, das noch blühende Geschlecht fort.

(Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) 1827, S. 453 im Texte. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Ilmenau 1827, Voigt, 8°.) III. Jahrg. (1825), S. 1469, Nr. 172. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. V, S. 463. – Fejér (Georg). Historia Academiae scientiarum Pazmaniae archiepiscopalis ac Mar. Theresianae regiae literaria“ (Budae 1835, 4°.) p. 95 und 124. – Nagy (Iván), Magyarország családai czimerekkel és nemzékrendi táblákkal, d. i. Die Familien Ungarns mit Wappen und Stammtafeln (Pesth 1865, Moriz Ráth, gr. 8°.) Bd. XI, S. 426–431.