Ausmarsch der Truppen nach Finchley

Der Geschmack der großen Welt W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen/Zweite Abtheilung (1840) von Franz Kottenkamp
Ausmarsch der Truppen nach Finchley
Die Wahl. Vier Blätter – Einleitung
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Ausmarsch


der Truppen nach Finchley.
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AUSMARSCH DER TRUPPEN NACH FINCHLEY.
THE MARCH TO FINCHLEY.

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Ausmarsch der Truppen nach Finchley.
(The March to Finchley.)




Die Handlung dieses 1750 nach einem Originalgemälde herausgegeben Kupferstiches fällt in eine um fünf Jahre frühere Zeit, als der erste und unerwartete Erfolg des Prätendenten Carl Eduard in Schottland, unmittelbar nach der Landung, eine bedeutende Kraftäußerung der Regierung nothwendig machte. Die britische Miliz ward zusammengezogen; alle verfügbaren Truppen, deren Zahl freilich in England nicht sehr bedeutend war, mußten nach dem Norden marschiren, um unter der Miliz den Kern des Heeres zu bilden, welches den verwegenen Marsch der Jacobiten bis in das Herz Englands zwar nicht aufhielt, allein die Rebellion zuletzt bei Culloden unterdrückte, als die Abneigung der Engländer gegen die Stuarts sich auf jenem Marsche schon dadurch zur Genüge erwiesen hatte, daß sich das Heer von Hochländern und Niederschotten in England nicht vermehrte. Damals rückte selbst die sogenannte Fußgarde (food guards) aus der Hauptstadt, in welcher die Erhaltung [694] der Ordnung beinahe ausschließlich den Municipalbehörden überlassen blieb, da die Regierung mit Recht nicht einmal einen Pöbel-Aufstand London’s für eine längst verlorene Sache in dem Augenblicke befürchtete, als sich der Prätendent dieser Hauptstadt auf zehn Stunden näherte. Jener Ausmarsch der Garden vorerst nach dem sechs Stunden entfernten Finchley als erster Etappe, bot Hogarth den Stoff zu vorliegendem Blatte.

Der Schauplatz der Darstellung liegt in Tottenham Court und bietet in der Ferne eine Aussicht nach Hampstead und Highgate. Vorn erblickt man eine Straße, jenseits welcher eine bereits geordnete Truppe hinmarschirt; Unordnung und Unfug sieht man dagegen in der Straße selbst noch zur Genüge, wo die Wirthshäuser zum Königskopfe und zu Adam und Eva liegen, letzteres zugleich die Wohnung eines Gärtners, der mit einer Baumschule (Nursery) Handel treibt (Tottenham Court nursery). Die Unordnung im Vordergrunde muß gewissermaßen in der Enge des Durchganges ihren Grund haben, übrigens hat auch der Offizier, welcher den Zug führen sollte, vielleicht ein Stutzer der Hauptstadt, der sich die Lieutenantstelle (Ensignship) erst kürzlich kaufte, genug mit sich selbst und mit seiner eigenen militärischen Wichtigkeit zu thun, als daß er die seiner Weisheit anvertrauten Helden beaufsichtigen könnte. Somit wird die militärische Einförmigkeit durch verschiedene interessante Gruppen ersetzt.

Zuerst fällt in der Mitte des Vordergrundes ein junger und hübscher Grenadier in die Augen; dieser befindet sich in einer etwas verdrießlichen Lage, der auch sein Gesicht für den Augenblick entspricht. Auf beiden Seiten wird seine Aufmerksamkeit von Mitgliedern des schönen Geschlechts in Anspruch genommen, welche durch ein Verhältniß zu seiner Person auf dieselbe ein Recht zu besitzen glauben. Eine weinende Schöne, die bereits zu dem Stand einer Balladenverkäuferin herabgesunken ist, hält ihn rechts, ihr einer Arm deutet ihren Zustand an, und der Mund fleht sicherlich zu ihrem Verführer, sie in dieser Lage nicht zu verlassen. Außerdem ist ihre Gesinnung sehr loyal, denn unter den Balladen, die sie verkauft, befindet sich auch das God save the king, (hier God save our noble king) [695] jenes berühmte Volkslied, welches, damals noch gänzlich neu, bei dem hier dargestellten Ausmarsch der Garde und der Armee zum ersten Mal gespielt und bald darauf allgemein bekannt wurde[1]. Ferner ragt aus ihrem Korbe das Bildniß des Herzogs von Cumberland, des Befehlshabers der königlichen Truppen, hervor. – In durchaus verschiedener Weise wird der junge Grenadier an seiner linken Seite behandelt. Ein Weib in aller Häßlichkeit, welche Wuth und Eifersucht einem ohnedem nicht schönen Gesicht ertheilen, ihrem Stande nach eine Herumträgerin von politischen Zeitungen, verbindet mit den Schrecken, welche die Züge des Antlitzes und die Geläufigkeit der Zunge dem treulosen Geliebten vielleicht einflößen, eine noch fühlbarere Methode sich bemerkbar zu machen. Ihre Hand schwingt eine Papierrolle, um das geduldige Gesicht des Grenadiers zu bearbeiten. Diese führt den Titel: Erinnerer (Remenbrancer), und gibt hiedurch eine dreifache Andeutung. Die Rolle ruft dem jungen Manne einen Umstand in’s Gedächtniß zurück, den er sehr gern vergessen möchte; das Wort bezeichnet ohnedem in verblümter Sprache eine Züchtigung durch Prügel, und endlich wird die politische Partei des Frauenzimmers dadurch bezeichnet. Der Remembrancer war nämlich eine Wochenzeitung, welche von den damaligen Jacobiten, um ihre im Grunde absolutistische Partei bei dem großen Haufen populär zu machen, in derselben Weise geschrieben wurde, wie gegenwärtig in Frankreich die Gazette de France von den Legitimisten. Ultra-demokratische Grundsätze wurden in jeder Nummer gepredigt und mit heftigen Angriffen auf die Regierung verbunden. Der vollständige Titel hieß: Der Erinnerer oder ein wöchentlicher Schlag in das Gesicht für das Ministerium (The Remembrancer or a weekly slap on the face for the Ministery). – Dieselbe Partei wird auch von einer andern Zeitung, die sie feilbietet, durch das Tageblatt der Jacobiten (The Jacobite’s [696] Journal) ferner auch durch das Kreuz angedeutet, welches sie als Katholikin wie eine Kreuzspinne auf dem Rücken trägt. – Bei Allem dem scheint es natürlich, daß eine vierte Person in König Georg’s Uniform, ein Sergeant von rauheren Sitten, wie der Grenadier, jene Keiferin mit Stößen seiner Hellebarde zum Schweigen bringt.

Rechts vom Grenadier theilt ein Trommler in so fern dessen Schicksal, daß ihn die Arme der Liebe ebenfalls zurückhalten wollen. Ein Weib und ein Knabe, letzterer das Produkt der zärtlichen Stunden, haben ihn bei der Uniform gepackt, und unterstützen dieß Mannöver durch Thränen und Geheul. Der Trommler, in dessen Gesicht Gottlosigkeit mit Neigung zu unhöflichen Späßen gepaart erscheint, rührt das Instrument seiner Profession, um das zärtliche Lebewohl seiner Familie in einem Wirbel zu ersticken. In diesem Concert unterstützt ihn als Camerad ein Pfeifer des Regiments, eine Figur, die der Künstler porträtirt hat, und die ihm übrigens so sehr gefiel, daß er sie auch im zweiten Blatte von „Frankreich und England“ anbrachte.

Hinter der Geliebten des Trommlers hat sich ein Soldat bei Seite gestellt, um ein natürliches Bedürfniß zu befriedigen. Sein durch Körperschmerz verzogenes Gesicht gibt genügende Andeutung über die Krankheit, deren Wirkung er im Augenblicke empfindet. Noch deutlicher wird dieselbe dadurch ausgesprochen, daß der Kranke seinen Blick auf einen Anschlag des Doktor Rock hinwendet, dessen Praxis bereits auf dem Blatte „der Morgen“ von Lichtenberg erläutert wurde. Ein Frauenzimmer, welches am Fenster der Baumschule dem Abmarsch der Truppen zuschaut, kann es hiebei nicht unterlassen, durch die schamhaft erhobenen Finger auf jenen Soldaten hinzuschielen.

Zwischen der Gruppe des Grenadiers und des Trommlers erblickt man eine andere, welche sich mit der Politik des Tages beschäftigt. Sie besteht aus einem Schotten und einem Franzosen. Ersterer ist an der Physiognomie zur Genüge kennbar, seine Nationalität wird aber auf dem Originalgemälde noch deutlicher bezeichnet, weil ihn der Künstler mit einer Weste von Tartan (gewürfeltem Zeuge) dort bekleidet hat. Er ist offenbar ein Jacobit und Independent, d. h. ein Feind der englisch-schottischen [697] Union, welcher von der Landung des Prätendenten für Schottland glückliche Zeiten erwartet, indem durch die Wiederherstellung des alten, übrigens sehr tyrannischen und corrumpirten, Parlamentes von Schottland die goldene Zeit von Nordbritannien in derselben Art wieder beginnen wird, wie gegenwärtig O’Connell in ähnlicher Weise durch Aufhebung der irischen Union dem Pöbel der Schwesterinsel Glück und Wohlfahrt zu verheißen sucht. Der Schotte hat durch unzeitige Erklärung seiner Grundsätze sich einige Beulen bereits erworben; im Augenblick ist er aber hoch erfreut, denn ein Franzose, wahrscheinlich ein Spion, macht ihm nach einem so eben erhaltenen Briefe erfreuliche Mittheilungen, vielleicht über die Landung eines französischen Heeres von 10,000 Mann, welches von der Regierung Ludwig’s XV. dem nicht sehr scharfsinnigen Prinzen Carl Eduard versprochen war, das sich jedoch auf die elende Verstärkung von wenigen Compagnieen beschränkte. – Dicht hinter dem Schotten sieht man das Gesicht eines Soldatenkindes; letzteres wird von der Mutter auf dem Rücken getragen, die sich entschlossen hat, ihren Mann, oder ihren Geliebten auf dem Feldzuge zu begleiten.

Seitwärts von der Gruppe des Grenadiers mit seinen zwei Geliebten findet sich aller Unfug, der sich bei einer geworbenen Truppe, die für den Augenblick ohne Aufsicht bleibt, während eines Marsches erwarten läßt, auf welchem sie sobald nicht wieder in das verlassene Quartier zurückkehren wird. Ein Officier küßt auf etwas zudringliche Weise ein Milchmädchen, welche, nach der Richtung ihres sichtbaren Auges zu schließen, mit dem Spaß nicht durchaus unzufrieden ist. Während die eine Manschette des Officiers in Folge dieser Berührung zerzaußt wird, benützt ein Soldat die augenblickliche Unaufmerksamkeit des schönen Kindes und füllt seinen Hut mit dem Inhalt des einen Eimers, ein Verfahren, welches ein Schornsteinfegerjunge mit Wohlgefallen bemerkt, indem er zugleich seine eigene Mütze hinhält damit auch diese nachträglich in derselben Weise wie bei dem Soldaten gefüllt werde. Auch ein Pastetenverkäufer findet einiges Vergnügen in diesem Diebstahl, worauf ihn ein Soldat aufmerksam macht. Bei der Schadenfreude entgeht ihm [698] jedoch der Umstand, daß ihm unterdessen seine eigene Waare von dem falschen Freunde gestohlen wird, der ihm vertraulich den genannten Unfug zeigt.

An der äußersten Seite des Blattes ist ein Soldat durch die Gewalt des Branntweins zu Boden geworfen. Dieser Gardist wird wahrscheinlich seinen Rausch mit der neunschwänzigen Katze bezahlen müssen, denn er hat ein Uniformstück, die Kamasche des einen Beines, bereits verloren, und wird auch die des anderen schwerlich aufbewahren können. Außerdem ruht er zur Hälfte in einer Pfütze, mit welcher die vorschriftsmäßige Reinlichkeit der Uniform als unverträglich erscheint. Für’s erste bleibt er jedoch guter Dinge. Ein Camerad will ihm zur Milderung seines Rausches aus der Feldflasche einen Trunk Wasser reichen, allein der erfahrene Veteran weist dies Gegenmittel verächtlich zurück, und wendet sich an seine Frau, die ihm, mit dem Zustande des Uebels besser bekannt, als wirksamere Medicin, ein Glas Branntwein einschenkt. Der Charakter dieser liebenswürdigen Familie wird zur Genüge durch den Umstand angedeutet, daß ein Kind, welches die Frau auf dem Rücken trägt, mit besonderer Gier seine Hände nach dem Branntwein ausstreckt; das Gesicht dieses kleinen Geschöpfes offenbart ohnedem, daß der Genuß des englischen Wachholders ihm durchaus nichts Neues ist.

Hinter der Pfütze erblickt man zwei Hühnchen, und zwar, wie es scheint, voll Angst. Hierüber sagt ein gleichzeitiger, anonymer Erklärer Hogarth’s[2], einer der besten bei diesem Blatte: „Eine Abgeschmacktheit des Künstlers ist in diesem Punkte von einem großen Kritiker und Kunstkenner kürzlich entdeckt worden. Derselbe bemerkt: Keine größere Abgeschmacktheit läßt sich ausfindig machen, als die Anwesenheit von zwei Küchlein in der Nähe eines solchen Gedränges. Außerdem sind die Köpfe derselben auf eine Gegend hingerichtet, die sie nach ihrer Natur am allermeisten vermeiden müssen. Kurzum, Hogarth hat hier Mangel an Natur-Kenntniß erwiesen u. s. w. – Wie groß muß die Ueberraschung dieses Kritikers gewesen sein, als Andere für ihn die Entdeckung [699] machten, besagte Hühnchen suchten ihre Mutter, die Henne, welche in der Patrontasche eines Soldaten stecke.“ Wie man sieht, ragt auch aus letzterer ein Flügel und ein Fuß hervor.

Neben dem Pastetenverkäufer wird ein Faß Branntwein durch das Gedränge getragen. Das Getränk wird jedoch seine Bestimmung nicht erreichen, denn ein Soldat, der einen Bohrer quer im Munde hält, wird den Träger um seine Last erleichtern. Er hat das Faß bereits angebohrt, um vorerst seine Feldflasche zu füllen; nachträglich wird das Getränk natürlich verschüttet werden. – Seitwärts von ihm schreitet das Bild der betrunkenen Loyalität einher, schwingt das Bajonet in der Hand, und gelobt Vernichtung allen Rebellen. – Weiter hinten erblickt man den schon erwähnten Officier, welcher mit seiner Uniform und seiner Wichtigkeit zu viel zu thun hat, um dem mannigfachen Unfug zu steuern, der sogar noch etwas weiter hinten, beinahe vor seinen Augen, vorgeht. Dort wird nämlich Wäsche getrocknet. Ein Soldat erlaubt sich gegen das Dienstmädchen, welches damit beschäftigt ist, einige vertrauliche Freiheiten, und wird dafür mit den Nägeln im Gesicht gezeichnet. Unterdeß benützt ein Camerad des vorübergehenden Liebhabers die augenblickliche Zerstreuung des Mädchens, und zieht einige Wäsche von der Leine herunter, um dieselbe für den eigenen Gebrauch zu verwenden.

Das Wirthshaus zum Königshaupte ist für den Augenblick ausschließlich von weiblichen Bewohnern in Beschlag genommen, deren Treiben durch die zwei Katzen auf dem Dache schon genügend bezeichnet wäre, wenn auch anderweitige Andeutungen hierüber nicht einige Aufklärung gäben. Die Bewohnerinnen, nach den Stockwerken in ihrem Range vertheilt, so daß sie in dem letztern gewissermaßen als übereinander gepackt erscheinen, betrachten den Ausmarsch, der ihnen manche Kundschaft entzieht, mit Zärtlichkeit, Gleichgültigkeit oder Verdruß. Einige treiben auch andere Beschäftigungen nebenbei. Im zweiten Stock reicht eine Bewohnerin ihrer Freundin ein Glas Branntwein zum andern Fenster hinüber, vielleicht als ein Mittel gegen Kummer jeder Art. Im Parterre erblickt man die Aufseherin dieser Schönen, welche in frommer Attitude um Sieg für die Waffen König Georgs fleht. Neben ihr erscheint eine [700] erzürnte Dame, welche mit Verachtung einen auf der Hellebarde emporgehobenen Brief zurückweist. Wahrscheinlich hat der Verfasser desselben die Bezahlung bei einer kürzlichen Gelegenheit vergessen. – Unter der Aufseherin zeigt sich jedoch ein Zug der Gutmüthigkeit. Eines jener Mädchen wirft einem Krüppel unten einen Schilling zu, den derselbe im emporgehobenen Hute auffängt. Dicht daneben hat sich eine Orangen-Verkäuferin vorsichtiger Weise, aus Rücksicht für ihre Waare, wenn auch nicht für ihre Person, aus dem Gedränge des Marsches in Sicherheit gebracht, und scheint den Augenblick abwarten zu wollen, wo das Feld von den Helden der Garde gereinigt ist. – Unter dem Wirthshausschilde trinkt ein Reiter auf die Gesundheit Georgs II.; wahrscheinlich ist dies ein Pachter, den Hogarth vielleicht angebracht hat, um die Stimmung der eigentlichen Volksmasse bei dieser Gelegenheit hinsichtlich des Jakobiten-Aufstandes zu bezeichnen.

Hinter der Gruppe der Grenadiers bemerkt man noch einige Zuthaten, welche zum Ausmarsch eines Regimentes erforderlich sind: die Bataillonsfahne und den Bagagewagen, worauf zwei rauchende Marketenderinnen und eine Unterofficiersfrau mit einem Kinde an der Brust und einem größeren Knaben zu ihren Füßen.

Hätte der Künstler ein englisches Pöbelgedränge ohne Schlägerei dargestellt, so wäre das Bild nicht ganz vollständig. Somit erheben sich unter dem Wirthshause zum Königskopfe mehrere Stäbe zum Gefecht, dicht hinter der Orangen-Verkäuferin, welche sich um dieses Intermezzo beim Ausmarsch der Truppen durchaus nicht kümmert. Die Anordnung des Blattes erlaubt auf dieser Seite keine deutlichere Darstellung; auf der anderen bleibt ein genügender Raum, im Winkel, hinter der Baumschule und dem Bierhause zu Adam und Eva, weil der Marsch sich zum Durchgange zur Heerstraße hindrängt. – Zwei Dilettanten im Boxen sind zufällig zusammengetroffen; beide sind jedoch in der Kunst erfahren, wie man aus der Stellung bemerkt, beide mögen auch an die Kunstübung schon lange gewöhnt sein, denn sie haben sich aus Heldenmuth den Kopf geschoren, damit selbst nicht einmal die Haare dem Schädel Schutz bieten. Natürlich hat sich ein Kreis von Zuschauern (a ring) [701] um die beiden Repräsentanten eines Theiles der britischen Nationalität gebildet. Die eine Seite desselben kehrt den Beschauern dieses Blattes natürlich den Rücken zu, auf der andern sind mehrere Personen in die Augen fallend. Unter dem Schilde zeigt ein Schuhmacher die größte Theilnahme nicht allein durch die Gesichtszüge, sondern auch durch die regelrecht geballten Fäuste. Die Frau eines der Kämpfenden will voll Angst für die Glieder ihres Mannes die demselben zugedachten Schläge auffangen, oder die Kämpfenden trennen, wird jedoch, und zwar nach allem Recht, durch einen der Zuschauer mit Gewalt zurückgehalten. Eine dritte Person steht hinter einem der Kämpfer, und führt unwillkührlich die Stöße des letzteren ebenfalls aus. Ein Vierter hat in der Aufregung den Stock erhoben, ein Fünfter gibt einen noch deutlicheren Beweis über die Vorliebe der Engländer für dergleichen Schauspiele. Ob er gleich eine schwere und drückende Last auf dem Rücken trägt, kann er es dennoch nicht unterlassen, stehen zu bleiben, und zuzuschauen, bis der Kampf vorüber ist. Endlich ist unter der Gruppe ein Mitglied des Oberhauses, Lord Albermale Bertie, zu erkennen, derselbe, welcher auf dem Hahnengefecht als zur Hälfte blind dargestellt wurde. Hier ist er jünger und noch zur Genüge sehend. Er hat dieselbe Freude an dergleichen Sports, wie auf jenem Blatte. – Die Inschrift: Tottenham court. Nursery erhält durch die genannte Scene eine Nebenbedeutung. Hier ist also nicht allein eine Baumschule, sondern zugleich eine Academie (Pflanzschule) für den britischen Faustkampf zu finden. Auch sagt Ireland, an jener Stelle habe zu Hogarth’s Zeiten eine sogenannte Box-Bude (bruising Booth) gestanden, die später auf Befehl der Regierung entfernt worden sei.

Das Originalgemälde befindet sich gegenwärtig in dem von Capitän Coram gegründeten Findelhause, welchem der Künstler auf mannigfache Weise sich wohlthätig erwies, und wird von den Gouverneuren dieser Anstalt verwahrt. Hogarth war Anfangs Willens, sein Bild an Georg II. zu verkaufen; dieser König ärgerte sich jedoch über den Spott hinsichtlich seiner Truppen, welcher zur Genüge der allgemeinen Meinung entspricht, die der gewöhnliche Engländer über die Armee zu hegen [702] pflegt. Das Gemälde wurde dem Künstler zurückgesandt, welcher darauf den Abdruck dem Könige von Preußen (Prusia, wie Hogarth schrieb) dedicirte, und das Originalbild ausspielen ließ. Den Subscribenten auf die Abdrücke wurden Loose von drei Schillingen, die mit dem Subscriptionsbillet zugleich verkauft wurden, angeboten. Der Künstler setzte 1843 derselben ab, behielt aber noch 467, die er dem genannten Findelhause schenkte. Bei der Ausspielung wurde das Bild von letzterem gewonnen, und bietet seitdem einen Beitrag zum Einkommen der Anstalt, indem von den Beschauern eine Kleinigkeit bezahlt wird.




  1. Die Melodie soll aus den Zeiten Jacobs II. stammen. Sie ward jedoch erst bei Gelegenheit der Rebellion von 1745 auf das Haus Hannover angewandt und dadurch allgemein bekannt. Aus dieser Zeit stammt auch der bekannte Text, damals gewöhnlich God save great George our king.
  2. In der Monatsschrift The Student vol. II, pag. 162.