Armenien und Europa. Eine Anklageschrift/Fünfter Teil

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[211]
V.
Der Botschafter-Bericht.
(Uebersetzt aus dem französischen Original im Englischen Blaubuch. Turkey Nr. 2 (1896). Correspondence relative to the Armenian Question. London. Harrison et sons.)
Collektiv-Note der Botschafter der 6 Großmächte an die Hohe Pforte.[1]

„Die Vertreter der Großmächte haben es für nötig erachtet, eine Aufstellung, welche ihre Informationen über die letzten Ereignisse in Anatolien zusammenfaßt, auszuarbeiten.

Diese Informationen, welche soweit möglich, auf ihre Wahrheit geprüft wurden, entstammen europäischen Quellen oder sind Konsular-Berichten entnommen; sie beschränken sich auf diejenigen Ortschaften, von welchen die Botschafter sich glaubwürdige Berichte verschaffen konnten und sind nicht aus interressierten Quellen geschöpft.

Die Vertreter der Großmächte glauben ein Exemplar dieser Ausarbeitung der hohen Pforte zur Verfügung stellen zu sollen.

Pera, den 4. Februar 1896.

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Ereignisse des Jahres 1895 in Kleinasien.
Vilajet Trapezunt.
Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Trapezunt 2. Okt.       Bahri Pascha, Ex-Vali von Wan, und Hamdi Pascha, Kommandierender General und Divisionskommandeur, wurden leicht verwundet von zwei Schüssen, die man Armeniern zuschrieb.      
4. 5. Okt.      Durch die Nachricht von den Unruhen, die am 30. September in Konstantinopel stattfanden, entstand eine lebhafte Aufregung unter den Muhammedanern. Am Abend des 4. drangen 3000 bewaffnete Muhammedaner teilweise aus den benachbarten Dörfern in die Stadt und griffen die Quartiere der Christen an. Nach Angabe des Vali war der Anlaß der Unruhen eine Privatstreitigkeit zwischen Armenien, und Türken, aber der Umstand, daß ein Teil der muselmännischen Manifestanten aus Dörfern gekommen war, die mehrere Stunden von Trapezunt entfernt liegen, ist ein klarer Beweis, daß die Sache ihrerseits prämeditiert war. Ueberdies hatten die Muhammedaner der Stadt über Tag bedeutende Einkäufe von Waffen im Bazar gemacht und hatten dazu versucht, sich eines Waffendepots zu bemächtigen. Die Konsuln wurden unmittelbar beim Vali vorstellig, der während der Manifestation vom Lande in die Stadt zurückkam.      Die Haltung des Vali war zufriedenstellend, die der militärischen Behörden langsam und zögernd.
     Der Bericht der Behörden über den Ursprung der Ereignisse erscheint unrichtig, der Streit hat nur zwischen Muselmännern stattgefunden.
8. Okt. ca. 600, wovon 20 Mh.      Um Mittag entstand eine Panik in allen Teilen der Stadt und Schüsse wurden von allen Seiten gehört. Die Untersuchung der Konsuln ergaben, daß keine Provokation vonseiten der Armenier      Auf das Signal liefen die Mahonadjis Lazen am Hafen zu ihren Booten, um ihre
vorlag. Die Stadt war ruhig, als auf ein Trompeten-Signal der Aufruhr ausbrach. Gleicherweise hörte er auf ein ebensolches Signal um 3 Uhr auf. Alle Armenier, die man auf der Straße antraf, wurden ermordet, die Mörder drangen auch mit Gewalt in die Läden, töteten die Kaufleute und raubten ihre Waren. Nur die Häuser der Fremden wurden geschont, offenbar auf Befehl. 150 Personen flüchteten sich in das russische Konsulat, ebenso boten alle andern Konsulate den von den Mördern Verfolgten Zuflucht. Das Anwesen frères de la Doktrine Chretienne nahm bis zum 15. Oktober mehr als 2000 Personen auf.
      Mehr als 60 Armenier flüchteten an Bord des russischen Packetbootes und konnten nur mit Mühe den hartnäckigen Verfolgungen der Bootsleute entrinnen, die sie zu töten suchten, ehe sie an Bord kamen.
Waffen zu holen. An mehreren Orten wurden Soldaten betroffen, wie sie den Mördern und Plünderern Beistand leisteten. Auch sah man höhere Offiziere, die geraubte Sachen auf Wagen laden und in ihre Wohnungen bringen ließen. Die Plünderung wurde von den Behörden bis zum Abend geduldet. Erst am 10. kamen 150 Soldaten, die der Vali am 5. versprochen hatte, von Rizé an.
     Das Kriegsgericht, welches eingesetzt wurde, um die Urheber der Verbrechen vom 8. Okt. ausfindig zu machen, beschränkte sich darauf, den Muhammedanern Ratschläge zu erteilen.
     Die Armenier dagegen wurden dagegen en masse arretiert unter dem Verwande, sie gegen die Anschläge der Muhammedaner zu schützen.
     8 wurden zum Tode verurteilt und 25 zu mehreren Jahren Gefängnis.
24. Nov.      Ein Versuch, neue Unruhen hervorzurufen, wurde sofort verhindert.
     Mehr als 1500 Armenier schifften sich in dem den Unruhen folgenden Monat nach Rußland ein.
     Der materielle Verlust wird auf 200 000 t. Pfd. (ca 4 Mil. Mark) geschätzt.

     Seitdem hat das Vertrauen noch nicht wiederkehren können. In wirtschaftlicher Beziehung ist die Stadt ruiniert, und die Beunruhigung unter den Christen dauert mit gutem Grund fort. Die Griechen vom Lande wandern in großer Zahl aus.

[214]

Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Trapezunt 107 Von den in der Umgegend von Trapezunt geplünderten Dörfern kann man anführen: Mala 50 Tote; Bujuk-Samorouk-Sou 18 Tote; Kutchuk-Samorouk-Sou 8 Tote; Barian 18 Tote; und Zefanos 13 Tote.
Gumush-Hané 25. Okt. 100 Arm., einige Griech.      Die Muhammedaner massacrieren die Armenier des Ortes und der umliegenden Dörfer. Bevor das Massacre beginnt, sondern die auf dem öffentlichen Platz versammelten Muhammedaner die Armenier von den andern Christen ab, zwingen sie, sich ihnen anzuschließen, um sie nicht mit den vorher bezeichneten Opfern zu verwechseln.
25. Okt.      Die Dörfer der Umgegend Hassova, Armoudan, Zommara, Pingian, Agovannes, Iban, Toretz, Sarindick, Edzbeder, Agrokouz, Ilamlik, werden geplündert.
Samsun 7. Dez.      Das Dorf Kabadjeviz wird überfallen von der Bande des Räubers Kaïkdjioglou. Einige Armenier werden getötet, die übrigen flüchteten sich ins Freie.
13. Dez.      Eine Panik entsteht zu Samsun hauptsächlich unter den Griechen. Der Mutessarif stellt die Ruhe schnell wieder her.
Aghdja-Guney 14. 15. Dez.      In Aghdja-Guney, einem Ort in dem Bezirk Tcharchamba, Sandjak Samsun, begehen die zum Schutz der Dörfer der Gegend gegen die Briganten gesandten Redifs (Reserve) jede Art von Excessen gegen die Einwohner, plündern ihre Häuser, berauben die armenische Kirche, entweihen die heiligen Geräte in Gegenwart des Priesters, den sie mit Stricken gebunden haben, und erklären, daß sie fortfahren werden, die Armenier so zu behandeln, bis sie sich zum Islam bekehrt haben.
Vilajet Erzerum.
Erzerum. 6. Okt.       Zwei Armenier wurden in der Stadt getötet. Dieser Mord und die Nachricht von den Unruhen, die am 5. u. 8. in Trapezunt stattfanden, verursachen eine lebhafte Beunruhigung unter den Armeniern. Am 28. plündern die Muhammedaner das Dorf Tifnik bei Erzerum.
     In den letzten Tagen des Monats werden etwa 40 armenische Dörfer des Bezirks Terdjan ausgeplündert und angezündet. Die Einwohner werden in großer Zahl massacriert. Man kann namentlich aufführen:
     Obwohl Anfang Oktober die Patroullien verstärkt wurden, beschäftigt sich die Behörde, trotz der Bemühungen der Konsuln, sie zu Maßregeln zu veranlassen, welche geeignet sind, die Bevölkerung zu beruhigen und die Muhammedaner zu entwaffnen, ausschließlich damit, Armenier zu arretieren. Die türkische Bevölkerung rüstete sich indessen ganz offen auf das Massacre.
     Die offenkundige Teilnahme der Offiziere und Soldaten an der Plünderung ist von den Konsuln festgestellt worden.
     Die Ausschreitungen wurden nicht verhindert, bevor die Läden vollständig geplündert und ihre Besitzer ermordet waren. Das Massacre und die Plünderung wurde fortgesetzt in der Nacht vom 30. zum 31. Oktober und in der folgenden Nacht in den
15       Pakaridji: 200 Häuser geplündert. Die Einwohner, welche dem Massacre entronnen sind, werden mit Gewalt zum Islam bekehrt.
8       Poulk: 80 Häuser geplündert. Die verschont gebliebenen Einwohner werden gezwungen, Muhammedaner zu werden.
30 Pirij: 120 Häuser geplündert. Die Einwohner, die verschont geblieben sind, werden gezwungen, den Islam anzunehmen.
     Die einzigen armenischen Dörfer dieses Kreises, welche verschont wurden, sind Karakoulak, Maugh, Hoghegh.
400
12 Türk.
Das Massacre der Armenier zu Erzerum beginnt zu Mittag. Die Plünderung der Häuser und Läden dauert bis zum Abend. Zahlreiche Dörfer in der Umgegend der Stadt werden geplündert. Außer der Zahl von 400 Opfern, die von den Konsuln festgesetzt wurden, ist eine weitere große Zahl von Armeniern verschwunden. Zahlreiche

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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Erzerum. Verwundete wurden in das Lazarett geschafft, das die frères de la doktrine Chretienne errichteten. 1500 Läden und einige 100 Häuser wurden geplündert. isolierten Quartieren. Erst nach diesen Ereignissen beschäftigten sich die Behörden mit der Sorge für die Verwundeten und völlig mittellos Gewordenen und mit Recherchen nach gestohlenen Objekten. In der Folge wurden 200 an der Plünderung beteiligte Türken und Lazen arretiert und die Behörden behaupten, mehr als 100 derselb. füsiliert zu haben.
     Aber der Kurden-Chef Hussein Pascha Haideranli, welcher citiert wurde, um Rechenschaft abzulegen für seine Handlungen, wurde, obschon die schwersten Anklagen wider ihn vorlagen, gleichwohl nicht vor das Kriegsgericht gestellt. Was die Redifs anbetrifft, die in der Folge einberufen wurden, so waren dieselben vom schlimmsten Geist erfüllt und erklärten, daß, wenn sie ausziehen sollten, um den
3. Nov.      Neue Unruhen, einige Armenier getötet.
25. Nov.      Eine Panik entsteht, im Verlauf derselben wird ein Armenier getötet und 10 verwundet.
10. Dez.      Neue Panik, aber ohne Blutvergießen.
      Befehlen des Sultans zu gehorchen, sie zuerst das Land von allen Christen reinigen müßten.
Passen. 27. 28. Nov. 140      Das Kloster Hassankale wird geplündert und angezündet, der Bischof und die Insassen bis auf einen ermordet. Vierzehn andere Dörfer des Distriktes werden geplündert, verschont blieben folgende Dörfer:
     Delibaba, leistete Widerstand.
     Kamazar, zahlte ein Lösegeld von 20 Somar Getreide u. 10t. Pfd.
     Dodoveran, zahlte Lösegeld 16 Somar Getreide.
     Ichgon, zahlte Lösegeld 30 türk. Pfd.
     Unter den Dörfern dieses Kreises, die geplündert wurden, nennen wir folgende:
     Youzveren, Ekebad, Chihou, Kotabaz, Yagan, Keupru-Keui, Tordan, Ertew.
Ova. 27. 28. Nov.       Folgende Dörfer dieses Bezirkes werden geplündert und angezündet:
2 Tschipek, vollständig geplündert.
     Arzati,       "       "
     Dinarikom,       "       "
2      Umudum,       "       " Die Kirche wird verbrannt, der Priester und ein anderer Armenier umgebracht.
     Keghakor, vollständig geplündert.
     Gheritchk,       "       "
mehrere       Gherdjengoz,       "       "
4       Tevnik,       "       " Die Kirche wird geplündert, der Priester und drei Armenier getötet.
5       Ozni, vollständig geplündert, die Kirche wird geplündert, der Priester und vier Armenier getötet.
     Badishen, vollständig geplündert.

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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Ova. 27. 28. Nov. mehrere      Pelour, vollständig geplündert.
     Iledja, die Häuser der reichen Armenier werden geplündert.
     Abelhendi, vollständig geplündert.
     
3      Salazzor,       "       "      
2      Tarkouni,       "       "      
1      Komk,       "       " Die Kirche wird geplündert und der Priester getötet.
     Sengarig, vollständig geplündert.
     Gueuz      "       "
     Rabat       "       "
     Ukhdazor       "       "
     
1 1      Katchga-Vank,       "       ". Der Archimandrit verwundet und ein Armenier getötet.      
mehrere      Sengoutli, vollständig geplündert.
     Soouk-Tchermak, entging der Plünderung, indem es ein Lösegeld von 120 türk. Pfd. zahlte.
     
Erzindjan. 21. Okt. mehrere Hundert, 7 Mhm. 400      Nach dem Bericht der Behörden sind die Unruhen und Massacres der Armenier ausgebrochen infolge der Ermordung eines Mollah durch Armenier. Nach den offiziellen Berichten sind nur 75 Armenier getötet worden. Die Konsuln schätzen die Zahl der Opfer auf mehrere Hundert, wovon 7 Muhammed.      
Baiburt. 27. Okt. 650
700
     Eine bewaffnete Bande von berittenen Muselmänner, befehligt durch einen Deserteur Tschaldaroglu, von Surmene (Distrikt des Sandjak von Trapezunt) kommend, verwüstet vollständig die Dörfer in der Nachbarschaft von Baiburt, mehr als 650 Armenier kamen      Die Behörden ließen die Meuterer gewähren und ihre Verantwortlichkeit ist schwer belastet. Es wurde festgestellt, daß
in der Stadt um, in den Dörfern wurde die ganze männliche Bevölkerung massacriert, mehr als 165 Dörfer wurden zerstört, die Dörfer Narzahan und Lussukli wurden besonders mitgenommen. M. Bergeron, französischer Konsul in Erzerum, welcher auf Urlaub nach Frankreich gehend, das Land durchreiste, fand die Gegend zwischen Beiburt und Gumush-Hane (Vilajet Trapezunt) vollständig verwüstet. Als er Narzahan passierte, sah er wie man gegen 100 Leichen von Armeniern in einem Graben verscharrte. Die Straßen waren bedeckt von Haufen von Frauen und Kindern, die ohne Obdach, Nahrung und Kleider herumirrten. Mehrere Dörfer mußten den Islam annehmen, um der Verwüstung zu entgehen. viele Muhammedaner Waffen besaßen, die von den Truppen entlehnt waren. Soldaten beteiligten sich am Massacre und der Plünderung.
Kighi. 14. Okt.      Neun Dörfer sind im Bezirk geplündert.
16. Okt.      Die Stadt wird von den Kurden belagert.
23. Okt.      Ein Massacre unter den Armeniern der Stadt.
Bajazid. bei 500
Vilajet Bitlis.
Bitlis. 25. Okt. geg. 800      Beim Verlassen der Moschee greifen die Türken die Armenier ohne irgend eine Provokation vonseiten derselben an. Das Massacre begann und wurde beschlossen mit einem Hornsignal. Nach Angabe der Konsuln erreicht die Zahl der Toten ungefähr 800. Nach Angabe der türkischen Behörden wären es nicht mehr als 169 gewesen, wovon 39 Muhammedaner, die Zahl der Verwundeten sollte 150 sein, wovon 130 Muhammedaner.
     Man meldet in der Stadt und den Dörfern eine große Zahl von Uebertritten zum Islam.

[220]

Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Sassun[WS 1] u. Talori. 10. Nov.      Eine Anzahl armenischer Dörfer der Gegend wurden geplündert. Besonders mag das Dorf Ichkentzor genannt werden, es wurde vollständig geplündert und die Einwohner massacriert.      
Moush. 15. Nov. 20      Ungefähr 20 Armenier wurden von Muhammedanern massacriert. Die Unruhen wurden schnell durch den Mutessarif von Musch Feham Pascha unterdrückt.      Die Verantwortung für die drohenden Massacres und die stattgehabten Unruhen trifft den Kadi von Musch. Nur durch die Energie und den Eifer des Mutessarif und des Mufti wurde die Stadt von einem völligen Unheil bewahrt.
Seert. 19. Nov.      Ein Dorf in der Nähe durch die Muhammedaner angegriffen und verheert.      
     In Chabakehur sahen sich alle das Massacre überlebende Armenier gezwungen, Muhammedaner zu werden.      Die Behörde bedient sich aller Mittel, um die Armenier zu zwingen, eine Erklärung zu unterzeichnen, dahingehend, daß sie selbst die Unruhen provoziert hätten.
Dez.      Die Muhammedaner massacrieren eine beträchtliche Zahl von chaldäischen und armenischen Christen. Viele von Syrern und Jakobiten bewohnte Häuser wurden geplündert. Eine große Zahl von Dörfern der Umgegend, die von Syrern, Chaldäern und Jakobiten bewohnt sind, wurden zerstört. Man kann namentlich anführen Mar Jakub, Berke, Telmeshar, Beinkoff.      
Vilajet Wan.
Wan. 1.–20. Nov.      Adeldjevas: 18 Dörfer werden durch Heideranli-Kurden unter dem Befehl von Emin und Tamir Paschas geplündert. In dem Dorf Arrin wurden 9 Personen getötet, in Ardjist wird das Kloster von Mezope durch Hassan Agha, den Vater von Emin Pascha, beraubt. In Pani werden zwei Männer und eine Frau getötet und 10 Dörfer der Umgegend geplündert. 160 Dörfer an den Ufern des Wansee in den Vilajets Wan und Bitlis wurden vom 1. bis zum 20. November geplündert. Die Zahl der Opfer scheint weniger beträchtlich als in den Nachbar-Vilajets zu sein.
25. Okt.      Namentlich wurde Serai, Hauptstadt des Distriktes Mahmudie in dem Sandjak Hekkiare, am 12. November von den Kurden geplündert unter dem Befehl von Hussein Bey Takari, Kaimakam der Hamidieh.
     Bashkale, Gurgan, Sparghird, Shattak, Khoshab, Bergeri, Elbak wurden geplündert, 10 000 Personen befinden sich in einem Zustand völliger Verarmung. In Kihzan konnten sich einige Armenier durch Annahme des Islam retten. Man sagt, daß sie gezwungen wurden, ihre Verwandten zu töten, welche sich weigerten, Muhammedaner zu werden.      Die Behörde schritt nicht ein, trotz der Gegenwart der Truppen.
10. Nov.      Bogaz-Kessen und Hazira wurden von Kurden geplündert, ebenso auch Dermen, wo die Attake geleitet wurde von den Hamidiehs unter dem Befehl von Ahmed Khan, aus dem Stamm der Shemsiki Dedim.
10. Nov. 6 Hai Gatsor wurde geplündert. Der erste armenische Notable von Azvazashen wurde getötet. Lamazghird wurde viermal von den Kurden angegriffen. In Mikhnir kamen sechs Armenier um.

[222]

Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Wan.      Im Marmied wurde ein junges Mädchen geraubt, ein Armenier, der es wagte Vorstellungen deswegen zu machen, wurde getötet.
      Arshag wurde von Kurden angegriffen, die von Soldaten zurückgeworfen wurden. Einige Kurden wurden getötet.
Vilajet Mamuret-til-Aziz.
Charput. 10. 11. Nov. mehr als 500       Die Kurden und Muhammedaner greifen die armenischen Quartiere an und töten die Einwohner. Der Superior der Kapuziner-Mission wäre beinahe getötet worden. Das amerikanische Missionhaus wurde zerstört und eine große Zahl der überlebenden Christen sah sich gezwungen, zum Islam überzutreten.       Die Offiziere und Soldaten beteiligten sich an der Plünderung.
      Mehr als 60 Dörfer in der Umgegend von Charput wurden verwüstet. Nach einer Mitteilung des Vali von Erzerum an die Konsuln wäre die Zahl der Toten 92 gewesen, worunter 12 Muhammedaner. Die von den Kapuzinern geleiteten Hospize sind mit Verwundeten angefüllt. Eine Karawane von 200 Armeniern, die von Adana nach ihrer Heimat Charput zurückgeschickt war, wurde von Kurden angegriffen, welche 193 davon töteten. Die Gensdarmen, anstatt sie zu schützen, nahmen teil an der Plünderung.
      Es ist unmöglich, die Zahl der zerstörten Dörfer und die abhanden gekommenen Armenier genau anzugeben, aber es ergiebt sich aus den
      Die Kurden behaupten, im Einvernehmen mit den Behörden zu handeln, diese begriffen endlich, daß sie etwas thun müßten, aber zu spät, und da die Offiziere, Soldaten und Gensdarmen an der Plünderung teilgenommen haben, wagen sie nicht gegen jemand einzuschreiten.
Da die Zahl der christlichen Bevölkerung in dieser Gegend eine sehr hohe ist, so fürchtet man, daß die Zahl der Opfer eine sehr große ist.      
Arabkir. 1.–5. Okt. 2800 eine sehr große Zahl      Die Kurden und Türken warfen sich bewaffnet auf die Christen und plündern die Stadt. Nach den offiziellen Berichten wäre die Zahl der Opfer 260 gewesen, wovon 60 Muhammedaner.
     Nach den Konsularberichten dauerte das Plündern und Brennen 10 Tage, mehrere Kirchen wurden entweiht, ungefähr 2400 Häuser wurden geplündert, ungefähr 2800 Armenier sind umgekommen. Die überlebenden Frauen und Kinder sind im äußersten Elend.
     Alle Einwohner des benachbarten Dorfes Ambargha bis auf drei wurden umgebracht, 60 Häuser wurden geplündert. In dem Dorf Shenig sind nur 6 Einwohner übrig geblieben. Alte andern Dörfer der Ebene sind mehr oder weniger verheert.
In den ersten Tagen vereinigten sich muhammedanische Banden vom Lande mit denen der Stadt.
     Nach Beendigung der Brandschatzungen stellte die Polizei Nachforschungen an. und alle Männer, die dem Massacre entronnen waren, wurden ins Gefängnis geworfen. Man hat keine Nachricht von ihrem Schicksal.
     Die Behörden verteilten einige Tage lang Brot unter die Unglücklichen, dann hörte die Hilfe auf.
Eghin. 8. Nov.      Die Kurden von Dersim greifen das Dorf Gamaragub an. 300 Häuser werden verwüstet und ein Quartier von 31 Häusern vollständig niedergebrannt. Die Einwohner werden zum Teil erschlagen, die übrigen mußten den Islam annehmen. Eghin selbst wurde verschont durch Zahlung eines Lösegeldes von 1500 türk. Pfd. (ca. 30 000 M.) an die Kurden.
     Abu Scheikg wurde verschont nach Zahlung eines Lösegeldes von 200 türk. Pfd. (ca. 4000 M.) an die Kurden.
     In Pinghian 250 Häuser geplündert.
      " Armadan 130,       "       "

[224]

Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Eghin. 8. Nov.      In Lidjk 220 Häuser geplündert.
     " Simarn 80       "       "
     " Teghud 140       "       "
     " Musheshgak 160       "       "
     " Narver 60       "       "
      Die Einwohner all dieser Ortschaften wurden teilweise ermordet, die, welche entrinnen konnten, mußten zum Islam übertreten.
Malatia. 29. Okt.       Beim ersten Lärm fliehen die Armenier in ihre Häuser. Die Nachrichten von den Massacren in der Umgegend tragen dazu bei, daß die Unruhen während der folgenden Tage anhalten.
4.–9. November 3000       Die Kurden und Türken werfen sich auf die Christen, 6 Tage lang hält das Massacre und die Plünderung an. Die Armenier flüchten sich in die Kirchen, um der Plünderung und Brandschatzung zu entgehen. Die katholischen Kapuziner werden mißhandelt und geschlagen. Ihr Haus, Schule und Kirche sind niedergebrannt. Am Abend des nächsten Tages werden sie mit einem Haufen armenischer Katholiken in eine große Kaserne gebracht, wo sie 3 Tage und 3 Nächte in einem Zimmer ohne Nahrung zubrachten. Ihr Verlust beläuft sich aus 120 000 Frc. Die Zahl der Toten wird aus mindestens 3000 geschätzt, worunter viele Frauen und junge Leute, Eine beträchtliche Zahl wurde gezwungen, zum Islam überzutreten.
      Alle armenischen Häuser sind niedergebrannt. Die Häuser und die orthodoxe Kirche des Dorfes Gumushmeidan sind geplündert, Am Dorf Mamscha wurden 30 Häuser geplündert.
      24 Stunden lang läßt der Mutessarif den Massaeres und der Plünderung den Lauf. Erst am Abend den 5. ließ er dem armenisch-katholischen Bischof sagen, daß, wenn seine Leute, die in die Kirche geflüchtet waren, beschützt zu sein wünschten, sie ihre Waffen ausliefern sollten. Erst nachdem dies geschehen, gab er zu der Ueberführung in die Kaserne Erlaubnis. Am 6. verfuhr er in derselben Weise mit 3000 gregorianischen Armeniern, die sich in ihre Kirche geflüchtet hatten.
(...)u in ihre Kirchege.. haben.      Erst am 9. Nov. ließ er die Pères in das Haus eines Muhammedaners übersiedeln.
Vilajet Diarbekir.
Diarbekir. 1. Nov. Gregor. Arm. 1000
Kath. Arm. 10
Orthod. Syr. 150
Kathol. Syr. 3
Chald. 14
Griech. 3
Protest. 11
__________
     1191
Gepl. Häuser 1701,
250

11

11

1

9

3

1

__________
286
     Die Kurden kommen am Morgen vom Lande in die Stadt, plündern vereint mit den Muhammedanern den Markt und zünden ihn an, sodann ermorden sie die Christen aller Konfessionen; die Soldaten, die Zapties und die Kurden vereinigen sich, um auf die Christen zu schießen. Die Metzelei dauert drei Tage. Die Türken behaupten, daß die Christen das Massacre provoziert hätten dadurch, daß sie in die Moscheen eingedrungen wären und Muhammedaner getötet hätten. Diese Behauptung ist absolut falsch. Der französische Konsul berichtete am 30. Oktober über mehrere Versammlungen, die im Hause eines gewissen Djemil Pascha stattfanden und denen auch der Scheikh von Zeilan und sein Sohn (die schon in den Massacre von Sassun verwickelt waren) beiwohnten. Die allerschlimmsten Pläne wurden dort gegen die Christen verhandelt. Plakate wurden angeschlagen an die Mauern der Moscheen; die Muhammedaner, falsch berichtet über den Charakter der Reformen, die von Sr. Maj. dem Sultan beschlossen waren, hatten ein Protesttelegramm an denselben gesendet und kündigten ihre Absicht an, sich am Freitag, den 1. Nov. an den Christen zu rächen, falls die Antwort keine zufriedenstellende sein würde. Es ist evident, daß ihrerseits ein bedachter Plan vorlag und die Panik      Aniz Pascha, interimistischer Bali, zeigt offene Feindseligkeit gegen die Christen. Nachdem er die Bestätigung seines Amtes als Vali Anfang Okt. 1895 erhalten hatte, beginnt er damit, sie aufzureizen, und Zwietracht zwischen den Gemeinden und dem Klerus zu säen, indem er diesen zwingt, ein Dank-Telegramm an den Sultan zu unterzeichnen für seine definitive Ernennung zum Vali. Ernste Unruhen drohten im Schoß der Christengemeinden auszubrechen, weil diese ihren geistlichen Häuptern aufs bitterste die Schwäche verdachten, die sie gegenüber dem Vali bewiesen hatten.

[226]

Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Diarbekir. 1. Nov. Gepl. u. verbr. Läden 2448,
     Materielle Verl. 2 Mil. t. Pfd.
     der Christen war gerechtfertigt. Man bemerkte außerdem seit einiger Zeit eine ungewöhnliche Aufregung unter den Muhammedanern, welche beträchtliche Einkäufe von Waffen und Munition machten.
     Mehr als 700 Christen flüchteten sich in das französische Konsulat. Fünfmal wollten die Kurden das Konsulatsgebäude angreifen aber ohne Erfolg.
     Dem französischen Konsul gegenüber, der ihn auf die beunruhigende Aufregung unter den Muhmd. aufmerksam machte, erklärt der Vali, daß er nichts von ihrer Seite fürchte, und daß er für die Ordnung einstehe.
     Im Verlauf des Massacres verweigert er noch am fünften Tage dem französischen Konsul eine Wache für das Innere des Kapuzinerklosters zu stellen.
28. Nov.      Neue Unruhen brachen in der Nacht aus, wurden aber ziemlich schnell unterdrückt. Alle umliegenden Distrikte sind von den Kurden verwüstet. Die Zahl derer, welche ihre Familien dezimiert und ihre Dörfer zerstört sahen, wird auf 30000 geschätzt. Außer den Toten, deren Leichname aufgefunden wurden, sind viele Armenier im Feuer umgekommen, und eine große Zahl von Leichnamen wurden auf Befehl der Obrigkeit in die Flammen geworfen. Tausend Christen der Stadt und tausend Dorfbewohner, die in der Stadt arbeiteten, sind verschwunden. 119 Dörfer des Sandjak wurden geplündert und angezündet.      Um die Ordnung wiederherzustellen, entwaffnet er die Christen und läßt die Muhmd. in Waffen. Er verweigert der armenischen Gemeinde, welche 400 Familien zu ernähren hat, die geringen Unterstützungen, die von der Behörde bewilligt sind, aus dem Grunde, weil der Bischof sich geweigert hat, ein Telegramm zu unterzeichnen, welches die Schuld den Arm. zuschrieb.
31. Dez.      Die Aufregung unter den Kurden beginnt aufs neue und eine starke Panik entsteht unter den Christen.      Abdullah Pascha, kaiserlicher Kommissär und Militär-Komandant bringt die Kurden zur Ruhe.
Mardin. 7. Nov.      Die Stadt ist in großer Gefahr, entgeht aber dem Massacre. Die ganze Gegend ist verwüstet. Das große armenisch-katholische Dorf Telarmen ist vollkommen ausgeplündert, seine Einwohner flüchten sich nach Mardin. Das griechisch-orthodoxe Dorf Pakoz, das mit dem Priester 100 Familien enthält, wird gezwungen, den Islam anzunehmen.      
Vilajet Sivas.
Sivas.      Die Frage der in Kleinasien einzuführenden administrativen Reformen hat besonders das Vilajet Sivas in Aufregung versetzt, wo das armenische Elememt einflußreich und wohlhabend ist. Seit Anfang November durchstreiften nomadisierende Kurden von Vilajet Trapezunt das Vilajet Sivas und plündern, sengen und brennen vereint mit den Muhammedanern armenische Dörfer. Eine Anzahl von Menschen wurde in dieser Zeit in Kara-Hissar, Zara, Divreghi, Derende und Susheri umgebracht.      Der Vali bietet 1000 Mann Redifs (Reserven) und 100 Zaptiehs auf, aber er kann von der Pforte nicht die Autorisation zu wirksamen Maßregeln erlangen.
12. Nov. 1500      Zu Mittag beginnt ein lebhaftes Schießen in der Stadt. Die Massacres und die Plünderung dauern bis 3 Uhr. Die Metzelei, die am 13. ein wenig zum Stillstand gekommen war, begann am 14 aufs neue. Die Zahl der Opfer erreicht 1500. Alle den Armeniern gehörenden Läden sind ausgeplündert, und der Kleinhandel, den sie gänzlich in der Hand haben, ist völlig ruiniert.      Die nach einigem Zögern dem französischen Vice-Konsulat als Wache gesandten Soldaten murren laut darüber, daß sie dadurch verhindert seien, wie ihre Glaubensgenossen an dem Massacre und der Plünderung teilzunehmen.

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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Sivas.      Am Abend des Massacres riefen die Muezzins von der Höhe der Minarets den Segen Allahs auf die Metzelei herab. Man hat bemerkt, daß die Derwische besonders die Muham. zum Massacre aufreizten.
     Viele vereinzelte und heimliche Morde wurden während der nächsten Tage in der Stadt begangen. Die meisten Opfer wurden mit Aexten und eisernen Stangen erschlagen.
     
3. Dez.      Neuer Alarm.      Der Vali begiebt sich in den Bazar; es gelingt ihm, die Aufregung der Muselmänner zu beschwichtigen.
     Im Umkreis von 10 km um die Stadt ist eine Menge von armenischen Dörfern zerstört und die Einwohner ermordet. Es ist unmöglich, die Zahl der Opfer anzugeben.      
     Alle möglichen Mittel wurden angewendet um die Christen zu zwingen, Erklärungen zu unterzeichnen, in denen die Armenier der Provokation beschuldigt werden und ihre Glaubensgenossen zu denunzieren.      Die Behörde läßt in den muhammedanischen Häusern Nachforschungen anstellen nach gestohlenen Gegenständen, aber sie beauftragt mit dieser Mission einen gewissen Selim Oghlu, der sich in hervorragender Weise bei der Plünderung der benachbarten Dörfer ausgezeichnet hatte.
Gurun. 12. Nov. mehr als 1000      Die von 4000 Armeniern bewohnte Stadt wird von 2000 Kurden, welche, wie man behauptet, nur verkleidete Redifs (Reserven) waren, belagert. Nach viertägigem Widerstand wird die Stadt genommen.      
Tausend Armenier, die sich in ihre Kirche geflüchtet und ihre Waffen niedergelegt haben, sollen geschont worden sein.
     Die Zahl der ermordeten Armenier ist nicht festzustellen; doch lassen offizielle Nachrichten, die nach Sivas gekommen sind, auf eine sehr beträchtliche Zahl schließen.
     Am 28. Nov. lagen noch 1200 Leichname unbeerdigt auf den Straßen.
     Tausend armenische Häuser sind verbrannt, 500 geplündert worden, die Kirchen ebenfalls.
      150 Frauen und junge Mädchen sind von den Kurden weggeschleppt worden.
Shabin-Kara-Hissar-Sharki. 27.–29. Okt.
1. Nov.
Mehr als 3000 in der Gegend      Plünderung und Massacres finden seit Ende Oktober statt. Am 1. November befanden sich 2000 Geflüchtete in der gregorianisch-armenischen Kirche. Gezwungen sich zu ergeben, wurden sie umgebracht, weder Frauen noch Kinder geschont. Man schätzt mehr als 3000, die in der Umgegend von Shabin-Kara-Hissar-Sharki getötet worden sind. Frauen, junge Mädchen und Kinder sind in großer Zahl geschändet und getötet worden.
     An 30 Dörfer wurden geplündert. Zu den am meisten heimgesuchten gehören: Enderès, Busseyr, Anerli, Tamzara, Sirdik, Puck, Sis, Musheinotz, Azputer, Anerghe, Tsiseri, Deghin, Armutdagh. 40–50% der Bevölkerung sind umgekommen.
Tokat. 15. Nov.      Banden von Plünderern versuchten in Tokat einzudringen. Sie wurden von Truppen zurückgedrängt, aber 150 Armenier wurden unter dem Verdachte, zu geheimen Komitees zu gehören, arretiert.      Der Militärkommandant gab Beweise von wirklicher Energie, um die Stadt zu sichern.
     Alle umliegenden Dörfer in der Ebene von Ard-Owa sind gebrandschatzt und geplündert. Da die Plünderer oft nicht im stande waren, alle in den armenischen Häusern vorhandenen Vorräte wegzuschleppen,      Die Imams (höhere Geistliche) und die Truppen nehmen an dem Massacre teil.

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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Tokat. gossen sie Petroleum über dieselben aus, um sie für die Massacre Ueberlebenden unbrauchbar zu machen.      Der Mutessarif Bekir-Pascha bewies eine große Energie in der Unterdrückung der von den Muhammedanern verursachten Unruhen trotz des Widerstandes des Kommandanten der Redifs (Reserven) Edhem Bey unter Drohungen seiner Glaubensgenossen.
Zileh. 28. Nov. 200      Ein Massaere fand statt. 200 Armenier sind umgekommen, 300 Häuser geplündert.      
Amasia. 15. 16. Nov. ca. 1000      Die Muhammedaner greifen die Armenier an, plündern die Häuser und Läden und ermorden die Christen. Alle ihre Etablissements einschließlich der Mühlen und Bauhöfe wurden geplündert. Nach den offiziellen Angaben wären es nur 80 Opfer gewesen; nach den Informationen der Konsuln beläuft sich ihre Zahl auf 1000. Der Yeschil-Irmak schwemmte eine große Zahl von Leichen hinweg.      
Marsivan. 15. Nov. 150 500      Eine Menge von Muselmännern stürzte sich auf die Christen. 150 Armenier sind getötet, 500 ungefähr verwundet. Die Häuser und Läden, 400 an der Zahl, sind geplündert. Die Mörder raubten selbst die Kleider der Toten, deren Leichname nackt auf den Straßen lagen, ohne beerdigt zu werden.      Die Soldaten beteiligten sich am Massacre u. d. Plünderung.
     Der Keimakam versuchte die Jesuiten-Patres zu zwingen, eine Erklärung zu unterzeichnen, daß die Armenier die Massacre provoziert hätten.
Khavza. 12. Nov. 10      Es finden Unruhen statt, in deren Verlauf 10 Armenier getötet und die Läden der Christen geplündert werden.      
Vezir-Keupru. Dez. 200      Unruhen brechen im Ort aus. Die Zahl der Opfer unter den Armeniern, nach den offiziellen Berichten 38, muß nach den Informationen der Konsuln mehr als 200 gewesen sein. 300 Häuser wurden geplündert.      
Vilajet Aleppo.
Aleppo.      Im Monat September wird die Anwesenheit armenischer Emissäre im Vilajet bekannt und verursacht eine gewisse Aufregung unter der muhammedanischen und christlichen Bevölkerung. Ihre Thätigkeit macht übrigens keinen großen Eindruck auf die armenischen Landleute, welche sie vielmehr bitten, das Land zu verlassen.
     Die Ankündigung der Reformen, die von Se. Majestät dem Sultan beschlossen waren und die in Ermangelung einer Publikation derselben von den Armeniern so ausgelegt wurden, als ob sie ihnen neue Privilegien verleihen, von den Muhammedanern, als ob dieselben sie den Christen unterordnen und sich nicht auf sie selbst erstrecken würden, erregt die Gemüter, und bringt die Bevölkerung der verschiedenen Religionen gegen einander auf.
     Auf der andern Seite trägt das Betragen der zur Aufrechterhaltung der Ordnung einberufenen Redifs dazu bei, die Ordnung zu stören, sie sagen offen, da man sie veranlaßt hätte, ihr Heim zu verlassen, man ihnen Freiheit geben müsse, die Christen zu plündern und auszurotten. In Aleppo selbst war mehrere Male eine Panik,
     Während die Schritte der Konsuln bei den Armeniern dazu beitragen, ihre Gemüter zu beruhigen, werden ihre Vorstellungen bei den Behörden mit offenbarer Gleichgültigkeit ausgenommen. Sie scheitern an der Entschlossenheit des Vali Hassan Pascha, die Dinge so optimistisch als möglich anzusehen, an der Ohnmacht der wenigen wohlwollenden Beamten und an der Konivenz oder Mitschuld der andern.
     Erst als alles vorüber ist, denken die Behörden daran, die notwendigsten Maßregeln zu

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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Aleppo. aber zu einem Blutvergießen ist es nicht gekommen. Aber leider sind in allen Distrikten des Vilajets ganze Dörfer verschwunden und eine Bevölkerung von mehreren tausend Armeniern ist ohne Obdach und dem Hunger und Elend ausgesetzt. ergreifen. Die in Aleppo dem Verwaltungs-Rat zur Seite gestellte Kommission, welche den Auftrag hat, die Ruhestörer zur Rechenschaft zu ziehen, funktioniert in einer kläglichen Weise.
Alexandrette. 7. Nov.      Durch das Gerücht einer vorgeblichen Attacke der Armenier des Dorfes Beïlan gegen die Stadt entsteht eine Panik.      
     Die Unruhe in der Stadt hält an. Während mehrerer Tage durcheilen die Zollbeamten die Cafés und Straßen der Stadt, bewaffnet mit Revolvern und Gewehren, die man auf der Douane als Kontrebande zurückbehalten hatte. Der Gouverneur thut nichts, um diese Beamten zu ihrer Pflicht zurückzurufen.      Man berichtet von der herausfordernden Haltung der den Hafen passierenden Soldaten, welche laut prahlen, an den Massacres im Innern teilgenommen zu haben.
Antiochia. 20. Nov.      Der Ort Kessab bei Antiochia ist von den Truppen eingeschlossen, welche drohen, die Armenier umzubringen, wenn sie ihre Waffen nicht ausliefern.      
Aintab. 15.–17. Nov. 1000      Die Muhammedaner werfen sich auf die Christen und töten tausend. Eine Attacke auf das Kloster der Franziskaner mißlingt.
     Zwischen Aitab und Uzun Yaïla werden die ärgsten Schändlichkeiten von den Muhammedanern verübt.
     Die offiziellen Berichte wissen nur von einer Zahl von 150 Toten, wovon 50 Muhammedaner.
     
     Nach der von den Konsuln angestellten Untersuchung wurde ein armenischer Künstler ohne irgend welche Provokation durch einen      Die Redifs führen sich schlecht auf. Mehrere Deserteure von
Aintab. Soldaten, der von Biredjik kam, getötet, worauf die Türken sich im Gedränge des Marktes auf die Armenier stürzten und 300 auf der Stelle töteten. Die Menge wirft sich nun auf die armenischen Quartiere, wo sie übrigens etwas Widerstand findet. Am folgenden und nächstfolgenden Tage geht die Plünderung fort. denselben sah man in Aleppo im Besitz von geraubten Gegenständen, heil. Gefäßen und Ornaten.
     Auch die Hamidiehs nahmen den thätigsten Anteil an der Plünderung und den Massacres.
25. Dez.      Ein Massacre begann, wurde aber schnell verhindert.      
Biredjik.      Seit den letzten Tagen des Dezember ist die Stadt ein Raub der Flammen.      
Urfa. 27. 28. Okt. mehrere 100      Die Kurden und Hamidiehs veranstalten ein großes Massacre unter den Christen. Die Verwundeten sind sehr zahlreich, 1500 Läden sind geplündert.
     Man schreibt den Ursprung der Unruhen dem Streit zwischen einem Türken und Armenier zu. Der Armenier wurde getötet, worauf dessen Landsleute ihrerseits den Muhammedaner töteten.
     Eine große Zahl von Christen wurde unter Androhung des Todes gezwungen, sich zum Islam zu bekehren. Diejenigen, die sich dazu bereit erklärten, zogen weiße Fahnen auf ihren Häusern auf und bedeckten sich mit weißen Turbanen, worauf sie geschont wurden.
28. Dez.      Ein neues Massacre findet statt. Die Behörden räumen ein, daß 900 Tote blieben. Nach den Konsuln überschreitet ihre Zahl 2000. Die Kurden und Beduinen begehen beispiellose Grausamkeiten, und die Truppen sind außer stande, die Ordnung wieder herzustellen. Das letzte Massacre dauerte vom 28. Dezember bis 1. Januar.      Die zur Herstellung der Ordnung einberufenen Redifs nehmen an der Plünderung und dem Massacre teil.
Marasch. 23. Okt. 40      Infolge eines Streites zwischen einem Armenier und einem Muhammedaner greifen die Türken die Armenier an und töten vierzig.      Die Konivenz der Behörden und die Teilnahme der Redifs am Massacre sind durch die Untersuchung der verschiedenen Konsuls festgestellt.

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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Marasch. 3. Nov. 350      Neuer Angriff der Muhammedaner auf die Armenier, von denen gegen 350 getötet werden.      
18. Nov. mehr als 1000      Neues Massacre, zuvor angekündigt durch die Muhammedaner. Mehr als 1000 Armenier kommen um. Die Behörde behauptet, die Zahl der Opfer überschritte nicht 30.
     Die Gebäude der amerikanischen Mission, das theologische Seminar und die boarding-house academie werden durch die Truppen selbst geplündert, das Seminar verbrannt.
     Die Franziskaner-Mission wurde verschont, aber ihr Dragoman vor ihrem Haus getötet in Gegenwart der Soldaten, welche unthätig zusehen.
     In der Gegend von Marasch in einem Ort, genannt El Oglu, wird eine Karawane von 250 Christen von den Kurden angegriffen, geplündert und erschlagen.
     
Yenidje-Kale.      Ein Detachement von Truppen kommt in den Flecken Mudjuk Deresi ganz nahe bei Yenidje-Kale und wirft sich auf ein Trompetensignal über die Christen, ermordet sie, plündert und zündet die Häuser an.      
17. Nov.      Seit Ende Oktober reklamieren die Franziskanerbrüder umsonst den Schutz der Obrigkeit von Marasch.      Die Truppen selbst sind unter Führung ihrer Offiziere zum Massacre und zur Plünderung vorgegangen.
18. Nov.      Die Soldaten überfallen das Hospiz von Mudjuk Deresi und töten den Pater Salvadore. Sodann begeben sie sich nach Yenidje-Kale, wo sie alle Häuser und das Kloster der Franziskaner niedebrennen. Drei Brüdern und 15 Waisenkindern gelingt es, sich nach Zeitun zu retten.      
Yenidje-Kale. 600      Man rechnet 600 Tote in den Dörfern Yenidje-Kale, Mudjuk-Deresi, Kotekli, Dshurukli, Tash, Djeven, Bunduk und Bank. Das Dorf Dom-Kale wurde geplündert und niedergebrannt. Das Kloster der Franziskaner wurde zerstört und man ist ohne Nachricht von den Brüdern.      
Vilajet Adana.
Mersina u. Adana. 31. Okt.      Wiederholte persönliche Angriffe von Muhammedanern gegen Armenier, Arretierungen von Reisenden, von denen man erst Geld erpreßte und dann ausplünderte, die Brandschatzung und Plünderung einer großen Zahl von Dörfern und isolierten Gehöften verursachen in Mersina wie in der ganzen Gegend eine allgemeine Panik.
     Unter den geplünderten Ortschaften kann man nennen
     Hamzalu, neun Häuser und sechzehn Läden verbrannt und sechs Gehöfte geplündert und gebrandschatzt.
     Temirtasch, sieben Gehöfte geplündert und gebrandschatzt.
     Kimirtli, vierzig Häuser geplündert.
     Ak Punar, dreißig       "       "
     Kara Meriem, zwanzig       "       "
     Kara Kia, zehn       "       "
     Der Vali von Adana, Faïk Pascha, anstatt die Maßnahmen, die geeignet sind, die Ordnung aufrecht zu erhalten, zu leiten, machte eine Rundreise durch das Vilajet und stellte sich, als wisse er nichts von dem was vor sich geht. Der Defterdar Mehemed Midhad, der stellvertretend die Geschäfte führt, vermehrt die Aufregung durch ungerechtfertigte Maßregeln gegen die schuldlosen Christen.
     Die Obrigkeit entwaffnet die Christen und duldet andererseits die Gegenwart einer ungewohnten Menge Muhammedaner in der Stadt.

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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Mersina u. Adana. 13. Dez.      Eine christenfeindliche Bewegung war sowohl für Mersina, als auch für Tarsus für diesen Tag mit ersichtlichen Vorbereitungen vonseiten der Muhammedaner geplant. Der Lieutenant-Colonel Effad Bey zerstreut die Ansammlungen des Pöbels.      Nazim Bey, Mutessarif von Mersina that sein Bestes, um die Schuldigen zu verfolgen.
Tarsus.      Ein armenischer Priester wird von einem Muhammedaner geohrfeigt.      
13. Dez.      Eine Bande Muhammedaner, bewaffnet mit eisernen Stangen, Messern und Stöcken, durcheilt die Stadt. Es gelingt Nazim Bey, unterstützt vom Kaymakam von Tarsus, dem Mufdi und einigen armenischen Notablen, sie zu arretieren. Gleichwohl sind einige Läden geplündert und zwei Armenier getötet worden.
     Die Bewegung war provoziert worden von Türken, die von Cäsarea kamen und von den Massacres in dieser Stadt berichteten, indem sie die Muhammedaner von Tarsus tadelten, nicht ebenso zu handeln.
     Der Vali versichert dem Kommandanten des französischen Kreuzers Le Linois (22. Nov.), daß im Vilajet nirgends die Ordnung gestört sei, während festzustellen ist, daß überall, wo Faïk Pascha auf seiner Rundreise durchkam, die Unruhen ausbrachen.
Missis. Mitte. Nov.      Die armenische Kirche wurde entweiht, die Frau des Priesters geschändet und der Priester selbst von den Türken unter Beihilfe der Zaptiehs ins Gefängnis geworfen. Der Angriff wurde von einem Offizier geleitet.      
Hadjin      Es kam beinahe zu einem Massacre der Christen.      
16. Okt.      Das Dorf Schahr, zwei Stunden von Hadjin, wurde von Kurden angegriffen. Die 800 Einwohner flüchteten nach Hadjin.      Der Kaymakam hatte den Befehl zum Massacre gegeben, welches nur durch die Intervention des Kahdi und Mufti verhindert wurde.
Païas. 27. Okt.      Unruhen brechen in der Stadt aus, verursacht durch die Nachricht von Massacres und Plünderung in der ganzen Gegend.      Die Christen legten bereitwillig ihre Waffen nieder unter der Bedingung, daß es die Türken auch thäten. Die Bedingung wurde jedoch nicht erfüllt. Die Soldaten sehen den Angriffen der Kurden und Muhammedaner gegen die Christen zu, ohne einzuschreiten. Junge Armenier, Knaben und Mädchen, werden als Sklaven verkauft.
11. Nov.      Die Dörfer Ojakli und Uzerli (200 Häuser) werden geplündert und niedergebrannt.      
10. Nov.      Der Flecken Burnaz wird geplündert und angezündet. Unter den Toten befindet sich ein Grieche.
300      Unter den geplünderten Dörfern sind zu nennen:
     Haschzali, wo 400 Stück Vieh und eine große Masse von Getreide geraubt werden.
      Kacze, Kurd-Kulek, Kicschebeg, Daschir-Dagh, Nadjaly und vier Gehöfte. 300 Christen wurden ermordet, die materiellen Verluste werden auf 50000 türk. Pfd. (ca. 2 Mill. Mark) geschätzt.
     
Tschok-Merzemen. 13. Nov.      Dieser Ort wird angegriffen durch Banden von muhammedanischen Kurden und Tscherkessen. ca. 6000 Christen, die den Massacres in der Umgegend entronnen waren, hatten sich dorthin geflüchtet. Die Zahl der Toten und Verwundeten ist eine sehr große. Die Einwohner, immer enger und enger eingeschlossen, liefern endlich am 21. November ihre Waffen aus unter der Bedingung, daß auch die Türken gleichermaßen entwaffnet würden. Diese Bedingung wurde nicht erfüllt.
     Nach offiziellen Quellen wären nur 8 Muhammedaner getötet und 13 verwundet. Der Zahl der Opfer unter den Armeniern geschieht keine Erwähnung.
     In der ganzen Gegend bleiben zahllose Leichname im Zustande der Verwesung unbeerdigt auf den Feldern liegen.
     Die Truppen, erst 200, dann 800 an der Zahl, wohnen dem Angriff bei, ohne ihrerseits einzuschreiten.

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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Akbes. Ende Nov.      Die Niederlassungen der Lazaristenbrüder von Akbes und der Trappisten von Scheikle (Distrikt Kassa, Sandjak Djebel-Bereket) werden vonseiten der Kurden mit Plünderung bedroht.      Mohamed Ali Effendi, Geschäftsträger des Kaymakam, wendet die Gefahr ab.
24. Dez.      Ende Dezember werden die Lazaristen aufs neue mit Plünderung und Brandschatzung bedroht.
     Anfang Dezember greifen die Muhammedaner folgende Ortschaften an und plündern sie: Geben, Derendeh, Kilis, wo sie eine große Zahl von Einwohnern bedrohen. Das Land wird terrorisiert von 2 türkischen Beys von Taiak (Distrikt Kassa) Ali und Yussef, welche nicht aufhören, die Christen zu belästigen und zu Bakdaschli zwischen Akbes und Alexandrette bereits ein Haus, das den Missionaren als Kapelle diente, haben plündern lassen, wobei die heiligen Geräte entweiht wurden.
     
Vilajet Angora.
Angora. Okt. / Nov.      Die Ereignisse des 30. September in Konstantinopel rufen eine lebhafte Bewegung unter den Muhammedanern hervor. Im November beginnt die Agitation aufs neue. Die Muhammedaner zu Angora und im ganzen Vilajet bewaffnen sich, ohne daß die Haltung der Armenier gegenüber den Türken diese Vorbereitungen im geringsten rechtfertigt. Auch die Furcht aufseiten der Christen wächst von Tag zu Tag. Da Angora nur 100 Mann Garnison hat, ist die      Die Behörden ergreifen einige Polizei-Maßregeln, um die Ordnung aufrecht zu erhalten.
     Irgend eine ernstliche Ueberwachung der eingewanderten Tscherkessen, welche in Haufen die Dörfer durchziehen und
Lage unsicher. Die Predigten der Hodjas, welche in das Vilajet gesandt wurden, um zum Frieden zu raten, scheinen unter den Muhammedanern die entgegengesetzte Wirkung zu haben. Christen und Muhammedaner terrorisieren, wird nicht ausgeübt.
20. Dez.      Eine lebhafte Panik herrscht während zweier Tage in der Stadt. Es scheint gewiß, daß die Türken entschlossen sind, die Christen anzugreifen. Imams in den Moscheen raten den Muhammedanern, sich zu bewaffnen und bereit zu halten; man bemerkt in der Stadt eine ungewohnte Zahl von muhammedanischen Landleuten und Tscherkessen. Die Christen schließen ihre Läden. Gleichwohl wird die Ruhe dank der getroffenen Maßregeln aufrecht erhalten.      Der Vali Marschall Tesofik Pascha läßt zahlreiche Patroullien zirkulieren.
Cäsarea. Okt.
Nov.
     Seit dem Monat Oktober fürchtet man Unruhen. Im November drohen die Hamidieh-Kurden die Stadt zu überfallen. 45 christliche Dörfer des Sandjak werden geplündert und die Einwohner ermordet. Die ausschließlich armenischen Ortschaften Ekrek und Mundjursum mit 800 und 1000 Häusern werden verwüstet und die ganze Bevölkerung, die Frauen eingeschlossen, ermordet.      Die Behörden mobilisieren zwölf Bataillone. Aus 8 derselben revoltierten und desertierten die Soldaten.
30. Nov. 1000 300      Ein Massacre, seit mehreren Tagen von den Muhammedanern vorbereitet, bricht aus. Die Türken stürzen sich en masse auf die Bazars und die Häuser der Armenier. Ganze Familien werden ermordet. Die Bäder werden erstürmt, Frauen und Kinder mißhandelt, nackt auf die Straße gejagt, umgebracht und verstümmelt. Greise werden lebendig in ihren Häusern verbrannt. Ueberlebende werden gezwungen den Islam anzunehmen. Plünderung und Brandschatzung dauern 2 Tage.      Die Behörden zeigen die größte Gleichgültigkeit und schreiten erst am Abend des zweiten Tages ein. Nur die amerikanischen Missionen und die der Jesuiten werden beschützt, aber auch diese blieben während 24 Stunden ohne Wache. Einige Muhammedaner retteten Armenier. Ein höherer Offizier der Garnison erklärte, daß, wenn die Behörden ihm

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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
      nicht hindernd entgegen getreten wären, er im Augenblick den Aufstand erstickt und so das Massacre verhindert haben würde.
Yuzgat. Okt.
Nov.
Dez.
     Seit Oktober die Gegend beunruhigt. Vier Dörfer des Distriktes Aldagh Maden und dieser Ort selbst werden geplündert und ihre Einwohner von den Kurden und Tscherkessen ermordet. Die Situation in Yuzgat, wo die Tscherkessen bewaffnet umherstreichen und Schrecken verbreiten, bleibt kritisch.      
Tschorum . 20. Nov. 4 12      Infolge eines Streits finden einige Unruhen statt.      
Hajdjeikeni. Nov.      Eine Bande von 250 Tscherkessen plündert und brandschatzt das Dorf und tötet 90 Christen und Muhammedaner.      Die Behörde duldet ihre Anwesenheit.
Mutessariflik Ismidt.
Ak-Hissar. 3. Okt. 50 33      Dieser Ort ist bewohnt von 50 armenischen Familien und rings von Tscherkessen und Mohadjiro umgeben. Am gewöhnlichen Marktage überredete der Mudir von Ak-Hissar die Armenier, ihre Waffen auszuliefern, um jede Ursache eines Streites mit den Muhammedanern zu vermeiden. Darauf unter dem Vorwande eines Streites, der zwischen einem Tscherkessen und einem armenischen Kaufmann über den Preis einer Ware vorkam, werfen sich die Tscherkessen auf die Armenier, töten ungefähr 50, verwunden 33 sehr schwer und verwüsten das Dorf. 50 andere Armenier sind verschwunden. Die Leichname, schauerlich verstümmelt, wurden in zwei Brunnen geworfen und einige in den Fluß Saccharia.
     Die Assomptionisten-Brüder zogen nach ihrer Ankunft 35 Leichname aus den Brunnen. Der materielle Schaden wird auf 15 000 türk. Pfd. (ca. 300 000 Mk.) geschätzt. In mehreren Dörfern in der Umgegend von Geveh wurden Armenier getötet. In Turkmen wurden 15 junge Armenier, die ihrer Gewohnheit nach mit Türken ausgegangen waren, um im Walde Holz zu schlagen, von den letzteren überfallen und mit Axthieben getötet.
     Der Kaimakam von Kehve, über die üblen Absichten der Tscherkessen von Ak-Hissar benachrichtigt, macht ohnmächtige Versuche, das Massacre zu hindern.
     Der Mutessarif von Ismidt, informiert von dem, was sich zugetragen, begiebt sich an Ort und Stelle und erklärt in einem Bericht, den er nach seiner Rückkehr abfaßt, daß das Vorkommnis ohne Bedeutung sei. Erst später auf das Ansuchen des armenischen Bischofs und der Assomptionisten autorisierte er diese, sich nach Ak-Hissar zu begeben, um für die Verwundeten zu sorgen und die Toten zu beerdigen.
     In der Folge wurden Arretierungen vorgenommen, aber mehrere Tscherkessen und zwar die am meisten kompromittierten entkamen dem Gefängnis, und eine Bestrafung fand nicht statt.

Anmerkungen

  1. Turkey. Nr. 2, S. 338.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Sassum