An meine Freunde (Müchler)
Soll steter Ernst des Jünglings Stirne falten,
darf keinen Scherz die Weisheit ihm verzeihn,
wird er verdammt, hängt er an Truggestalten
sein stolzes Herz, ist ihm die Welt zu klein;
unangefacht vom Hauch der Schwärmerey;
verdorrt der Keim der schönsten Geistesgaben:
so ist es Fluch, ein fühlend Herz zu haben.
Dann wehe dir, den inniges Gefühl
mit Ungestüm vom nie gewünschten Ziel
des kalten Glücks der Menschheit abgewogen,
und täuschend dort Genuß dir vorgelogen,
wo doch dein Loos nur zum Entbehren fiel,
was du verlohrst, kann dir kein Gott mehr geben!
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Doch wohl uns, wohl! – uns ward ein besser Loos,
an süßem Wahn darf unser Herz sich letzen.
Die Zähre, die geheimer Sehnsucht floß,
der falschen Weisheit dräuendes Geschoß
vermag es nicht, die Brust uns zu verletzen,
sie kämpft umsonst, beneidend unser Glück,
ihr Bogen klirrt, ihr Pfeil funkt matt zurück.
dem goldnen Traum erhabner Schwärmerein,
dem Hochgefühl der ersten Liebe weihn;
wir dürfen kühn für Recht und Freyheit streiten,
der Muse Lied, die Harmonie der Saiten
und für der Freundschaft heil’ge Sympathieen
darf in der Brust ein ew’ges Feuer glühen.
Ja, frey zu seyn, der Menschheit erstes Recht,
dies sey das edle Ziel, nach dem wir ringen,
die Sklaverey lähmt unsers Geistes Schwingen.
vielleicht wird einst ein muthiger Geschlecht
der Freyheit Glück dem Erdkreis wieder bringen,
dann schweigt beschämt Despotenübermuth,
Und haben wir uns siegreich los gewunden,
dann dürfen wir des Lebens schönste Stunden
dem Wonnerausch geheimer Liebe weihn,
dann darf ihr Kelch, mit Myrthenlaub umwunden,
der Labetrunk des frommen Schwärmers seyn,
und im Genuß des tiefempfundnen Schönen
sein stürmisch Herz mit dem Geschick versöhnen.
Dann können wir in heil’ger Einsamkeit,
den edlen Kranz erhabner Pierinnen,
den ihre Hand nur schönen Seelen baut,
von Grazien zu Dichtern eingeweiht,
mühlos am Busen der Natur gewinnen;
wird Harmonie, wird schmelzender Gesang.
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Und er berührt der Seele feinste Saiten,
er zittert leis’ in allen Nerven nach,
ihm rinnt noch spät ein milder Thränenbach
spät ruft er dann der Jugend Seligkeiten
noch in der Brust des frohen Greises wach,
der sterbend sich die Stirn mit Rosen kränzet,
wenn schon Elysium in seinem Auge glänzet.
Socratenscherz die Abendstunde kürzen,
ein Nymphenkuß bey reinem Göttermahl
Lysiens Purpurtraube würzen,
und eine Grazie bey Linens Silberstrahl
bis über uns der Stern der Liebe blinkt,
und uns die Nacht zu höh’rer Wonne winkt.
So sind auch uns des Lebens goldne Stunden
im innigsten Gefühl, im seligsten Genuß,
im Arm der Lieb und Freundschaft hingeschwunden,
stark’ durch den Bund, der ewig uns verbunden,
den wir voll Muth, bey Catos Genius,
am Felsaltar, wo Wilhelm Tell geboren,
Was aber blieb von diesem Jugendglück,
von diesem wehmuthvollen bangen Sehnen,
von diesem Traum der Phantasie zurück?
Genug für uns; – ein feiner Sinn des Schönen,
ein froher Muth, ein lichtgewohnter Blick,
ein kühner Geist, der frey und edel denket,
bis unser Genius des Lebens Fackel senket.