An die Handelsleute, Krämer, Pächter, und Landesleute des Königreichs Irrland insgemein

Textdaten
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Autor: Jonathan Swift
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Titel: An die Handelsleute, Krämer, Pächter, und Landesleute des Königreichs Irrland insgemein
Untertitel:
aus: Briefe des Tuchhändlers. In: Satyrische und ernsthafte Schriften, von Dr. Jonathan Swift. 1. Band, S. 295–313
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1724
Erscheinungsdatum: 1756
Verlag: [s.n]
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Erscheinungsort: Hamburg und Leipzig
Übersetzer: Johann Heinrich Waser
Originaltitel: To the Shop-keepers, Tradesmen, Farmers, and Common-People of Ireland
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: MDZ München und Commons
Kurzbeschreibung:
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[295]
Sendschreiben
an die
Handelsleute, Krämer, Pächter, und das gemeine Volk
in
Irrland,
Betreffend die verfälschte küpferne Halbpfenninge, welche ein gewisser William Wood[WS 1], Eisenkrämer, gern in das Königreich würfe.

Darinnen gehandelt wird,

Von der Gültigkeit seines Patents, von dem Wehrt dieser Halbpfenninge, und wie fern man verbunden sey dieselben an Zahlungen zunehmen; item wie man sich zubetragen habe, in dem Falle daß besagter Wood, oder jemand anders sich unterstehen solte, uns dieselben aufzudringen.

(Sehr nüzlich und heilsam für jede Familie.)

Von
M. B. Tuchhändler.
Geschrieben im Jahr 1724.

[296]
I.
An die
Handelsleute, Krämer, Pächter, und Landesleute des Königreichs Irrland insgemein.


Liebe Brüder, Freunde, Landesleute und Mitunterthanen!

Was ich euch izt zusagen habe, ist nächst eurer Pflicht gegen GOtt, und der Sorge für euer ewiges Heil sowol für euch selbst, als für eure Kinder, die allerwichtigste Sache. Eure Nahrung, eure Kleidung, und alles was immer zu der gemeinen Nothdurft des Lebens gehört, hängt gänzlich davon ab. Daher ich euch, als Menschen, als Christen, als Eltern, und als Liebhaber euers Vaterlandes auf das ernstlichste will ermahnet haben, diese Schrift mit der äussersten Aufmerksamkeit zulesen, oder sie euch von andern vorlesen zulassen, und damit solches mit desto wenigern Kosten von euch geschehen möge, habe ich dem Buchdruker befohlen, dieselbe so wolfeil zuverkaufen, als nur immer möglich seyn würde.

Es ist eine grosse Schwachheit an euch, daß wenn jemand etwas schreibt, und dabei keine andere Absicht hat, [297] als euch gutes zuerweisen, ihr nur nicht die Mühe nehmen mögt dasselbe zulesen. Ein einziger Abdruk von dieser Schrift kann für ein ganzes Duzend von euch genung seyn, und dieses bringt auf die Person nicht einmal einen Vierer. Es ist euer Unverstand, daß ihr kein allgemeines Interesse zum Zweke habt, auch nicht einmal die klügsten von euch. Ja ihr wißt nur nicht, und fraget nicht, und bekümmert euch nicht darum, wer euer Freund oder euer Feind sey.

Vor ungefehr vier Jahren ist ein kleines Büchgen geschrieben worden, welches der ganzen Nation beliebte,[1] die Manufakturen unsers eigenen lieben Vaterlandes zutragen. Es war kein andrer Zwek dabei; es enthielt nichts anzügliches gegen den König, gegen das Parlement, oder irgend jemand anders; dessen ungeachtet ward der arme Buchdruker zwei Jahre lang auf das äusserste verfolget, und es haben ihn so gar einige mit zu Gerichte sizende Weber, denen zum Besten es doch geschrieben war, schuldig erkläret. Dieses dürfte wol genung seyn, einen jeden abzuschreken für euren Nuzen zusorgen, wenn ihr ihn entweder aus der Acht sezet, oder ihm noch für seine Mühe ins Gesicht springet, und wenn er dafür nichts anders zuerwarten hat, als Gefahr für ihn selbst, und gestrafet, und eingesteket zuwerden, vielleicht zu seiner gänzlichen Zugrundrichtung.

Doch ich kann nicht anderst, als euch noch einmal warnen vor dem offenbaren Verderben, das vor euern Augen liegt, wenn ihr euch nicht betragen werdet, wie ihr solt.

[298] Ich will euch deswegen zuerst die Sache historisch erzehlen, und hernach zeigen, wie ihr sämtlich den Regeln der Klugheit, und den Gesezen euers Landes gemässe, euch zuverhalten habt.

Die Sache verhält sich also. Nachdem schon viele Jahre verflossen, seitdem in diesem Königreich küpferne Halbpfenninge und Vierer zulezt geschlagen worden, so sind dieselben seit einiger Zeit sehr selten geworden, und haben viele nachgemachte falsche Stüke, unter dem Nammen der Rappen, den Lauf bekommen. Man bemühete sich zuverschiedenen malen die Erlaubniß von Engelland zuerhalten, daß wir neue prägen dürften, gleich wir vorhin auch gethan. Allein vergebens. Endlich erhielt ein gewisser Wood, ein gemeiner schlechter Mann; ein Eisenkrämer, unter dem grossen königlichen Siegel, ein Patent für 108000. Pfunde kleine küpferne Münze für dieses Königreich zuschlagen; welches Patent indessen Niemandem befiehlt, dieselben anzunehmen. Nun müßt ihr wissen, daß die Halbpfenninge und Vierer in Engelland nicht viel mehr gelten, als was ihr innerlicher Werth ist, dergestalt, daß wenn ihr sie in Stüke schlagen und dem Kupferschmiede verkaufen woltet, ihr auf einen Schilling nicht viel über einen Pfenning verlieren würdet. Dieser Wood aber hat seine Halbpfenninge von so schlechtem Metalle, und dabei so viel kleiner als die Englischen gemacht, daß der Kupferschmied euch für einen Schilling von dieser Münze, käumerlich mehr als einen guten Pfenning geben würde. Also daß man die Summe von 108000. Pfunde an gutem Gold und Silber gegen einen Quark vertauschen müßte, der innerlich nicht über acht oder neuntausend Pfunde wehrt ist. Dieses [299] aber ist das ärgste noch nicht. Denn Wood kann uns verstolener Weise, wenn er will, noch andere 108000. Pfunde herüberschiken, und alle unsere Waaren für einen blossen zwölften Theil ihres Wehrtes an sich kaufen. Zum Exempel wenn ein Hutmacher ein Duzend Hüte, das Stük um fünf Schillinge verkauft, welches zusammen drei Pfunde ausmacht, und läßt sich mit Woods Münze bezahlen, so kriegt er mehr nicht als den Wehrt von fünf Schillingen.

Vielleicht wundert ihr euch, wie es möglich gewesen, daß ein so schlechter Kerl, als dieser Wood, so viel Credit gehabt, unter seiner Majestät Einsiegel ein Patent zuerhalten, das ihn berechtigt, eine so grosse Summe kleiner Münze in dieses verarmte Land hinüberzuschiken, und daß hingegen der sämtliche hohe und niedere Adel allhier, die gleiche Gunst, und daß wir unsere Halbpfenninge selbst schlagen dürften, nicht hat erhalten mögen, wie doch vorhin öfters von uns geschehen ist. Wolan, dieses will ich euch ganz deutlich erklären. Wir sind vom Hofe sehr weit entfernet; und haben niemand daselbst, der sich unser mit Ernst annehme, obschon sehr viele Lorde und Ritter, welche ihre Güter bei uns haben, und unsere Landesleute sind, ihr ganzes Leben und Vermögen daselbst durchbringen. Dieser nämliche Wood hingegen war im Stande unaufhörlich für seinen Nuzen zuwachen. Er ist ein Engländer und hatte grosse Patronen, und wußte (wie es scheint) sehr wol, wo er Gelt geben müßte, damit gewisse Leute mit gewissen andern Leuten sprächen, die mit dem König sprechen, und ihm eine hübsche Historie vormachen könnten; und der König, und vielleicht der, oder die grosse Herren, welche mit ihm gesprochen, mögen wol dafür gehalten haben, daß dieses [300] zum Besten unsers Landes gereichte, und so war der König (mit den Juristen zureden) um das Privilegium betrogen, welches unter allen Regierungen öfters zugeschehen pflegt; und ich bin versichert, daß der König, wenn er wußte, daß ein solches Patent, dafern es nach Woods Wunsche solte bewerkstelliget werden, dieses Königreich, welches so starke Proben seiner Treue gegeben, gänzlich ins Verderben stürzen würde, dasselbe gleich wiederrufen, und vielleicht diesem und jenem (verständigen ist gut predigen) sein Mißfallen bezeügen würde. Sonder Zweifel haben die meisten von euch gehört, mit was grossem Unwillen das Löbl. Unterhaus unsers Parlements die Nachricht von diesem Woodischen Patent empfangen hat. Man hat über dasselbe verschiedene schöne Reden gehalten, und klar bewiesen, daß es überall, und von Grund aus, anders nichts, als eine gottlose Betrügerey sey; und es sind einige scharfe Meinungen durch den Druk bekannt gemacht worden, worauf dieser nämliche Wood die Dreistigkeit gehabt, ebenfalls im Druk zuantworten, und zwar auf eine so unverschämte Weise, als ob er besser wäre, denn unser ganzes Parlament insgesamt.

So bald diesem Wood sein Patent verwilligt war, oder doch nicht lange hernach, sandte er eine Menge Tonnen, voll solcher Halbpfenninge nach Cork, und in andre Seestädte, und um ihrer los zuwerden, anerbot er für siebenzig, oder achzig Pfunde an Silbermünze, hundert von seinem Schlage. Allein die königliche Zolleinnehmer wegerten sich ganz höflich sie anzunehmen; und so that auch sonst fast jederman, und seit dem das Parlament diese Woodische Halbpfenninge verworfen, und den König gebeten, daß sie [301] möchten gehemmet werden, verabscheuet sie das ganze Königreich.

Inzwischen arbeitet Wood unter der Hande beständig, uns seine Halbpfenninge aufzudringen. Und wenn er durch Hülfe seiner Freunde in England es dahin bringen kann, daß er einen Befehl auswürkt, daß die Commissarien und Einzeüher der königlichen Gefälle sie annehmen, und die Armee damit bezahlt werden soll, so denkt er alsdenn ein gewonnen Spiel zuhaben; und das ists eben, was euch in solchem Falle drüken wird; denn der gemeine Soldat, wenn er zu Markte geht oder ins Bierhaus kömmt, wird mit dieser Münze bezahlen wollen, und wenn man sie nicht nehmen will, so wird er lermen, und trozen, und drohen, den Fleischhauer oder das Bierweib waker abzuschmieren, oder er wird dasjenige, was er gerne haben will, mit Gewalt nehmen, und ihnen die liederliche Halbpfenninge vorwerfen. Bei solchen und andern dergleichen Fällen bleibt dem Krämer und Garkoche, und einem jeden andern Handwerksmann nichts übrig, als daß er für sein Gut zehnfachen Preis fodere, wenn er mit Woods Münze bezahlt werden soll; zum Exempel, zwanzig Pfenninge von solchem Schlage für ein Quärtgen Bier, und so bei allen andern Waaren, und er muß sein Gut nicht von Handen geben, bis er das Gelt dafür empfangen hat.

Denn sezt einmal, ihr kommt mit dieser elenden Münze in ein Bierhaus, und der Landwirth, der eigene Ländereien besizt, giebt euch ein Quärtgen Bier für vier solche Halbpfenninge; Was soll der Garkoch thun? Sein Brauer wird sich mit dergleichen Münze nicht [302] bezahlen lassen, und wenn auch der Brauer ein solcher Narr seyn solte, so werden doch die Pächter sie nicht von ihnen an Bezahlung für ihre Gerste nehmen, weil sie durch die Traktaten verbunden sind, ihre Zinse an Gold, und währhafter Englischer Münze abzuführen, dergleichen diese nicht ist, so wie sie auch nicht gute Irrländische Münze ist; Und der Edelmann ihr Lehenherr wird gewiß niemal so bezaubert seyn, sich die Renten seiner Ländereien mit solchem Quarke bezahlen zulassen. Also daß diese Münze nothwendig sich da oder dort steken muß. Es ist aber einerlei, wo sie sich steke, und alsdenn sind wir alle verloren.

Insgemein ist das Gewicht dieser Halbpfenninge zwischen vier und fünf Theilen von einer Unze. Sezt sie wägen fünf Theile, so werden drei Schillinge und vier Pfenninge ein Pfund wägen, und folglich werden zwanzig Schillinge, sechs Pfunde Buttergewicht ausmachen. Nun sind viele hundert Pächter, die jährlich zweihundert Pfunde Zins zubezahlen haben: Wenn also ein solcher Pächter mit seinem halbjährigen Zins von hundert Pfunde kömmt, so wird dieses eine Last zum wenigsten von sechs Centner seyn, welches die Ladung für drei Pferde ist.

Wenn ein Land-Edelmann in die Stadt kommen will, Kleider, Wein, und Specereien für sich und seine Familie einzukaufen, oder auch etwan über Winter hier zubleiben, so muß er fünf bis sechs Pferde mitbringen, die mit Säken beladen sind, so wie die Pächter ihr Korn bringen. Und wenn sein Weib in der Kutsche für unsere Buden gefahren kömmt, so muß ihr ein mit Woods Pfenningen beladener Wagen nachfolgen, denn [303] ich hoffe, wir sollen doch die Gnade geniessen, daß wir sie nicht höher annehmen dürfen, als was sie werth sind.

Man sagt, daß der Ritter Conolly[WS 2] sechszehntausend Pfunde jährlicher Einkünfte hat. Nun wenn dieser Herr in die Stadt schiket (wie er wahrscheinlich thut) seine Renten zuerheben, so muß er zweihundert und fünfzig Pferde haben, nur den halben Theil davon herüber zubringen, und er muß zwei oder drei grosse Keller im Hause haben sie zuverwahren: Was aber die Wechsler thun werden, das kann ich nicht sagen. Denn ich bin versichert, daß einige derselben wol vierzigtausend Pfunde in der Casse liegen haben, um alle vorfallende Zahlungen abführen zukönnen, diese Summ aber in Woods Münze wegzubringen, würden zwölfhundert Pferde erfodert.

Was mich betrift, so habe ich mich schon entschlossen, was ich thun will. Ich habe in meiner Bude eine gute Provision von Irrlänschen Tüchern, und Seidenwaaren. Und an statt Woods miserablen Kupferquark anzunehmen, will ich mit meinen Nachbarn den Fleischhauern, Bekern, Bierbrauern, u. s. f. Gut gegen Gut vertauschen, und das wenige Gold und Silber das ich habe, will ich bis entweder bessere Zeiten kommen, oder bis ich bald Hunger sterben werde, wie mein eigen Blut verwahren. Alsdenn will ich Woods Münze an mich handeln, so wie mein Vater die verfälschte Kupfermünze zu König Jacobs Zeiten, da er für eine einzige Guinée zehn Pfunde eingetauscht hat, und ich hoffe gleich viel für eine Pistole[WS 3] zuerhalten, und so mein Brot von denen zugewinnen, die thöricht genung seyn werden, mir dieselbe zuverkaufen.

[304] Diese Halbpfenninge werden, wenn sie einmal zu Gange kommen, bald nachgeschlagen werden, denn da die Materie so schlecht ist, so kann es mit sehr gutem Profit geschehen. Ein gleiches werden wahrscheinlich die Holländer thun, und uns dieselbe an Bezahlung unsrer Waaren herübersenden. Und Wood wird niemal aufhören, er wird immer fort schlagen, so daß wir in wenig Jahren zum wenigsten fünfmal 108000. Pfunde solch schweren Hausgeräthes haben werden. Man rechnet, daß das umlaufende baare Gelt in dem Königreiche, in allem und allem, nicht über viermal hunderttausend Pfunde beträgt, und so lange ein silberner Sechspfenniger zurüke seyn wird, so lang werden diese Blutsauger keine Ruhe haben.

Ich will euch aber zeigen, wohin es zulezt kommen werde, wenn das Königreich einmal in diese Umstände gesezet seyn wird. Die Eigenthümer der Landgüter insgesamt werden ihre Lehenleute, weil sie nicht bezahlen können, fortjagen, denn diese (wie ich euch vorhin gesagt) sind vermöge ihrer Traktaten schuldig, ihren Lehenherren gute gangbare Englische Münze zuschiessen. Alsdenn werden sich diese (wie schon wirklich nur allzuviel geschieht) ihre selbst eigene Pächter werden, sie werden, wo sie können, lauter Schaafe ziehen, und hingegen nur so viel Stüke andern Viehes halten, als sie unentbehrlich nöthig haben werden, sie werden sich ihre eigene Kaufleute seyn, und ihre Wolle, Butter, Häute, und Leinwand, für baar Gelt, Wein, Specerei, und Seidenwaaren über Meer senden, und bloß einige armselige Hirten halten. Die Pächter werden stehlen, oder betteln, oder das Vaterland meiden müssen. Die Kaufleute in dieser und allen andern Städten werden Banquerot machen und darben müssen, denn [305] nur der Landmann ists, welcher den Kaufmann, den Krämer, und den Handwerker aufrecht erhält.

Wenn aber der Edelmann sich selbst so Pachter und Kaufmann wird, so wird er alle gute Münze die er aus der Fremde bekömmt, aufheben, um sie nach Engelland zusenden; und etwan einen armen Schneider, oder Weber, oder dergleichen im Hause halten, welcher froh seyn wird das Brot zugewinnen, in welchem Preis es auch sey.

Ich würde nimmer fertig werden, wenn ich alle das Elend beschreiben solte, welches auf uns wartet, dafern wir so einfältig und lasterhaft sind, diese verfluchte Münze anzunehmen. Und es würde sehr hart seyn, daß Wood, wenn man ganz Irrland in die eine, und ihn, den lumpenhaften Kerl, in die andere Wagschale sezte, dieses ganze Königreich überwägen solte, woraus Engelland an guter Münze alljährlich über eine Million richtig in den Sak steket, eine Summe die mehr beträgt, als was die Engländer sonst anderstwoher überall beziehen.

Doch was euch trösten soll, besteht vornehmlich darinn, daß gleichwie das Königl. Patent euch nicht befiehlt, diese Münze anzunehmen, also auch die Geseze der Kron die Gewalt nicht gegeben haben, die Unterthanen zuzwingen, alle und jede Münze, wie es dem König belieben möchte, zunehmen. Denn so könnten wir aus dem gleichen Grunde gezwungen werden, Kieselsteine, oder Muscheln, oder gestempeltes Leder für current Gelt anzunehmen, wenn wir einmal das Unglük hätten, unter einem schlimmen [306] König zustehen, und vermöge eben dieser Gewalt, könnte der König befehlen, daß eine Guinée zehn Pfunde, ein Schilling zwanzig Schillinge u. s. f. gelten solte; wodurch er denn in kurzer Zeit alles Gold und Silber, das im Königreiche ist, in seine Hände bekäme, und uns nichts als Kupfer und Leder, oder was er sonst gern wolte, überließ; wie man denn auch an der Französischen Regierung nichts für grausamer und für unterdrükender hält, als die Gewohnheit, alle ihre Münze, nachdem sie dieselbe auf einen sehr niedern Fuß heruntergesezet, einzuziehen, und sie denn aufs neue in einem viel höhern Wehrt zuprägen; wiewol das noch nicht den tausendsten Theil so schlimm ist, als dieses verfluchte Woodische Projekt. Denn die Franzosen geben ihren Unterthanen doch stets Silber für Silber, und Gold für Gold, dieser Gesell aber will uns für unser Gold und Silber, nicht einmal gutes Erz oder Kupfer geben, und nicht einmal den zwölften Theil dessen, was es wehrt ist.

Doch genung hievon. Ich will jez weiter gehen und euch erzehlen, was einige berühmte Juristen von dieser Materie urtheilen. Ich habe dieselben um euertwillen besoldet, und mir ihre Meinungen unter ihrer eignen Handschrift geben lassen, damit ich gewiß seyn möge, daß ich sicher gehe.

Ein berühmtes Gesezbuch, genannt der Spiegel der Gerechtigkeit[WS 4], welches von den Gesezen unserer alten Könige handelt, beschreibt das Gesez von der Münze wie folget: „Es war gesezt, daß kein König in diesem Reiche, die Münze verändern oder verringern, oder daß er irgend andere Münze als von [307] Gold und Silber schlagen möge, ohne Einwilligung aller Grafschaften.“ Das ist, wie Milord Coke[WS 5] es erkläret, ohne die Einwilligung des Parlements.

Dieses Buch ist sehr alt, und in Ansehung der Zeit da es geschrieben worden, von grossem Ansehen, und als ein solches wird es von dem berühmten Rechtsgelehrten Milord Coke oft angeführet. In den Engländischen Gesezen wird alles Metall in rechtmässiges oder ächtes, und in unrechtmässiges oder falsches eingetheilet. Das erstere begreift Gold und Silber; das andere alle geringere Metalle. Und daß nur das erstere an Münze gangbar und gäbe seyn soll, erhellet aus einer Parlementsakte, die im zwanzigsten Jahre König Edwards des Ersten, unter dem Titel: Verordnungen, die Pfenninge betreffend, welche gangbar seyn sollen, errichtet war, welche ich euch hier so, wie sie mir ins Englische übersezet worden, mittheile; denn wie ich berichtet bin, so sind einige unserer Geseze von derselben Zeit, in Lateinischer Sprache geschrieben worden. Welcher sich wegern solte (heißt es da) im Handel und Wandel Halbpfenninge oder Vierer von gesezmässiger, den gehörigen Stempel habender Münze anzunehmen, auf denselben soll man greifen, als auf einen Verächter der königlichen Majestät, und ihn mit Gefängniß belegen.

In Kraft dieser Sazung kann niemand als ein Verächter der königl. Majestät angesehen, und als ein solcher Verbrecher gestraft werden, denn nur der, welcher sich wegert, königl. Münze von gesezmässigen Metalle [308] anzunehmen, durch welches, wie ich vorhin schon angemerket habe, allein Silber und Gold verstanden wird.

Daß dieses der wahre Sinn der Parlementsakte sey, zeiget sich nicht allein aus dem natürlichen Verstande der Worte, sondern auch aus Milord Cokes Anmerkung darüber. „Aus dieser Akte (sagt er) erscheint sich, daß kein Unterthan kann gezwungen werden, im Kaufe und Verkaufe, oder auch an andere Bezahlung, andere Münze als von gesezmässigem Metalle (das ist von Gold oder Silber) zunehmen.“

Die Englischen Geseze geben dem König alle Gold- und Silberminen. Hingegen die Minen von allen andern Metallen geben sie ihm nicht. Der Grund dieses Vorrechts oder dieser Gewalt ist nach Milord Coke dieser, weil Gold und Silber darf vermünzet werden, andres Metall aber nicht.

Dieser Meinung zufolge sind die Halbpfenninge und Vierer in den alten Zeiten von Silber geschlagen worden, welches aus der Parlementsakte unter Heinrich dem Vierten erhellet, denn da steht ausdrüklich also: Item vonwegen des grossen Mangels an silbernen Halbpfenningen und Vierern in dem Königreich England, sezen und verordnen wir, daß von allen den silbernen Gefässen, so in die Münze gebracht werden sollen, der dritte Theil zu Halbpfenningen und Vierern vermünzet werden soll. Dieses zeigt klar, daß durch die Worte Halbpfenninge und Vierer von gesezmässigem Schlage, in der Sazung die gangbaren Pfenninge betreffend, kleine Halbpfenninge und Vierer von Silber verstanden werden.

[309] Dieses ist noch ferner aus derjenigen Sazung offenbar, welche im neunten Jahre der Regierung Edwards des Dritten gemacht worden; als in welcher verordnet ist, „daß weder die Goldschmiede, noch jemand ander Halbpfenninge oder Vierer in den Tiegel werfen soll, um Gefässe daraus zumachen, bei Strafe der Confiscation solcher verschmelzten Münze.“

Vermöge einer andern Akte unter der Regierung dieses Königs, wird alle schwarze Münze in England verboten, und zufolge noch einer Akte vom eilften Jahre seines Reiches die Galleypfenninge. Was das für Pfenninge gewesen, kann ich nicht sagen, ich vermuthe aber, daß sie von schlechtem Metalle waren, und diese Akten waren keine neue Geseze, sondern blosse Erläuterungen der alten Geseze welche das Münzwesen betrafen.[WS 6]

In diesem Verhältnisse stehen die Geseze gegen das Münzwesen; und man findet auch kein Exempel dagegen; ein einziges ausgenommen, davon Davis[WS 7] in seinen Nachrichten Meldung thut, und erzehlet, daß die Königin Elisabeth zur Zeit der Tyronischen Rebellion im Tower zu London Münze von vermischtem Metalle habe schlagen lassen, welche sie zur Bezahlung der Armee herüber geschikt, und befohlen, daß jederman sie annehmen, und daß hingegen alles Silbergelt mehr nicht als Klumpensilber, daß ist nur so viel gelten soll, als es im Gewichte auswirft. Davis berichtet hierüber verschiedene besondere Merkwürdigkeiten, welche ich aber, Weitläuftigkeit auszuweichen, übergehe, und daß der Staatsrath von Irrland einen Engländischen Kaufmann gezwungen habe, diese gefälschte [310] Münze, für Waaren, die er herüber gesendet hatte, anzunehmen.

Allein dieses Betragen wird von den besten Juristen als etwas wiederrechtliches einmüthig verworfen, angesehen der hiesige Staatsrath keine solche Gewalt hat; und man muß beineben bedenken, daß die Königin sich damal durch eine von Spanien in diesem Königreich unterstüzte Rebellion hart im Gedränge befand; und daß, was man in schweren Zeiten, und in der äussersten Noth zuthun gezwungen wird, niemal zu einem Exempel dienen soll, auf gleiche Weise auch dennzumal zuverfahren, wann Ruhe und Friede ist.

Nun will ich euch, liebe Freunde, damit ihr die Mühe nicht selbst haben müsset, hier kürzlich vor Augen legen, was ihr nach den Gesezen zuthun verbunden seyt, und was ihr hingegen nicht verbunden seyt zuthun.

Erstlich seht ihr verbunden, alle Münze welche der König schlägt, und die von Englischem Schrot und Gewicht ist, im Handel und Wandel anzunehmen, dafern sie von Gold oder Silber ist.

Zweitens seyt ihr nicht verbunden, einige Münze anzunehmen, welche nicht von Gold oder Silber ist, nicht nur die Englischen Halbpfenninge und Vierer, sondern auch die von irgend einem andern Lande nicht. Und es ist bloß von Gelegenheit oder Bequemlichkeit wegen, daß ihrs zufrieden seyt sie anzunehmen, weil die Gewohnheit Halbpfenninge und Vierer von Silber zuschlagen, längst aus der Uebung gekommen, davon [311] der Grund dieser seyn mag, daß sie leicht verloren gehen.

Drittens, sind wir noch viel weniger verbunden, diese liederliche Halbpfenninge des oftbemeldten Woods zunehmen, als wobei ihr auf jedem Schilling beinahe eilf Pfenninge zuverlieren habt.

Stehet daher, liebe Landsleute alle, für einen Mann. Verwerft diesen garstigen Quark; es ist kein Hochverrath, wider Wood aufrührisch zuwerden. Der König befiehlt in seinem Patent keinem Menschen, diese Halbpfenninge zunehmen. Unser allergnädigstes Oberhaupt hat nicht so schlimme Rathgeber; und wenn er sie auch hätte, so sehet ihr doch, daß die Geseze dem König die Gewalt nicht eingeräumt haben, uns zuzwingen, anderes Gelt anzunehmen, als welches gesezmässig und von gehörigem Korn und Schrot ist, Gold und Silber. Ihr habt daher nichts zubesorgen.

Und erlaubet mir, daß ich hiernächst mich besonders an euch wende, die ihr in die geringere Classe der Handelsleute gehöret. Vielleicht gedenkt ihr, ihr werdet, wenn diese Halbpfenninge zu Gange kommen, nicht so viel verlieren als die reichen, weil ihr ohne dem sehr selten Silber zu Gesichte krieget, und euere Kundsleute mit keiner andern als kupfernen Münze für eure Buden und Kramtische kommen; ja daß ihr auch diese käumerlich gewinnen könnt. Aber auf mein Wort, wenn Woods Münze einmal Fuß unter euch gewinnt, so seyt ihr gänzlich verloren. Wenn ihr mit diesen Halbpfenningen für einen Kramladen kömmt, Tabak, Brantenwein, und was ihr sonst bedürft, einzukaufen, so wird [312] euch der Krämer die Waare nach dem Wehrt derselben anschlagen; anderst müßte er zum Lumpen werden, und den A– am Thore wischen. Glaubt ihr, daß ich euch eine Elle Stoff, die sonst zehn Pfenninge gilt, für zwanzig Woodische Halbpfenninge verkaufen werde? Nein gewiß: Nicht unter zweihundert zum wenigsten. Ich will auch die Mühe nicht haben, diesen Quark zuzählen, sondern ich werde ihn zusammen nehmen und wägen. Ja, ich will euch noch mehr sagen: Wenn Woods Plan zu Stande kommen solte, so werden sogar unsere Bettler ruiniert werden, denn wenn ich einem Bettler einen halben Pfenning gebe, so kann er seinen Durst löschen, oder ein ziemliches Loch in seinem verhungerten Magen ausstopfen. Aber ein zwölfter Theil eines Halbpfennings wird ihn nicht mehr nüzen, als wenn ich ihm drei Steknadeln aus meinem Ermel schenkte.

Kurz; diese Halbpfenninge sind wie die unreinen Dinge, welche die Kinder Israels, nach dem was die Schrift sagt, nicht einmal anrühren dürften. Sie werden um sich fressen wie die Pest, und einen jeden, der sie bloß mit den Händen berührt, gänzlich verderben. Ich habe einst Studenten gehört, die von einem Mann gesprochen, der seinem König erzehlet, daß er eine ganz neue Maschine erfunden habe, die Menschen zupeinigen: Er solle sie nämlich in einen ehernen Ochsen einschliessen, und Feuer darunter anzünden; allein der König habe, um einen Versuch zumachen, den Erfinder selbst zuerst in seinen eigenen ehernen Ochsen einsteken lassen. Diese Erfindung ist Woods Projekte sehr ähnlich, und vielleicht dürfte er zulezt wol auch dasselbe Schiksal erleben, daß nemlich das Erzt, womit er das Königreich zuquälen suchet, ihm selbst zur Qual und Verderben gereichen möchte.

[313] NB. Der Verfasser dieses Briefes hat von Personen, die sich bemühet haben, den wahren Wehrt dieser Halbpfenningen auf das genaueste zuuntersuchen, die Nachricht erhalten, daß wer ein Quärtgen Zweenpfenning-Bier haben will, sechs und dreissig derselben dafür werde geben müssen.

Ich bitte alle und jede Familien, daß sie diese Schrift sorgfältig aufheben, damit sie sich den Innhalt derselben wieder ins Gedächtniß bringen mögen, wenn sie jemal weiter etwas von Woods Halbpfenningen, oder andern dergleichen Betrügereyen hören solten.


  1. Sehet den Vorschlag etc. pag. 282

Anmerkungen (Wikisource)

  1. William Wood (1671–1730)
  2. William Conolly (1662–1729) Großgrundbesitzer, von 1715–1729 Sprecher des irischen Unterhauses.
  3. Pistole: spanische Goldmünze; der Wert lag unter der einer Guinée.
  4. The Mirror of Justices. Englische Übersetzung von Andrew Horn’s Urkunden- und Gesetzessammlung Liber Horn von 1311
  5. Sir Edward Coke (1552–1634)
  6. Ab dem späten 14. bis ins 16. Jahrhundert waren in England, illegale, sogenannte „Galley Halfpence“ im Umlauf, welche in Wahrheit venedische Soldini waren, die von den Matrosen der Galeeren in den Handel gebracht wurden. (vergl. UKDFD)
  7. Sir John Davies (1569–1626) Politiker und Dichter