Schreiben an den Buchdruker Harding

Textdaten
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Autor: Jonathan Swift
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Titel: Schreiben an den Buchdruker Harding, Bei Anlas eines Artikels in seiner Zeitung vom 1. Augstm. 1724. Woods Halbpfennige betreffend
Untertitel:
aus: Briefe des Tuchhändlers. In: Satyrische und ernsthafte Schriften, von Dr. Jonathan Swift. 1. Band, S. 314–332
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1724
Erscheinungsdatum: 1756
Verlag: [s.n]
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Erscheinungsort: Hamburg und Leipzig
Übersetzer: Johann Heinrich Waser
Originaltitel: A Letter to Mr. Harding the Printer
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: MDZ München und Commons
Kurzbeschreibung:
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[314]
II.
Schreiben
an den
Buchdruker Harding,
Bei Anlas eines Artikels in seiner Zeitung vom 1. Augstm. 1724. Woods Halbpfenninge betreffend.


Herr Harding.[1]

In eurem Zeitungsblatt vom 1. dieses laufenden Monats, steht unterm dato, London den 25. Heumonats, ein Artikel, Woods Halbpfenninge betreffend, aus welchem erhellet, was ich in meinem Briefe an die Kaufleute, Krämer, etc. vorgesagt hatte, daß nämlich dieser unwürdige Mann nicht ruhen werde, und daß die Gefahr unsers Unterganges näher anrüket. Es ist daher nothwendig, daß das Königreich eine neue, und frische Warnung bekomme; und weil ich dafür halte, daß dieser Artikel grösten Theils erdichtet sey, das Publicum damit zutäuschen, und es zum wenigsten hoffe, zumal da ich zuverlässige Nachricht habe, daß Wood insgemein sein selbst eigener Zeitungsschreiber ist, so kann [315] ich nicht umhin, über denselben die Anmerkung zumachen, daß dieser unser öffentliche Feind sich nicht vergnüget, uns durch seinen Quark zu Grunde zurichten, sondern auch noch allen Anlaß ergreift, dieses Königreich mit der äussersten[2] Verachtung zutraktieren. Er stellet vor, daß verschiedene unserer Kauf- und Handelsleute, vor einer Commission einhellig ausgesagt, daß wir hier, vor der Verwilligung seines Patens an kleiner Münze den grösten Mangel gelitten, so daß verschiedene Edelleute wären genöthigt gewesen, das Kerbholz zugebrauchen, und ihren Arbeitern Stüke von Karten mit ihrer Unterschrift und Petschaft zugeben. Wie? Wenn ein Arzt einem Kranken ein Quintgen Arzney verschreibt, soll ihm denn ein schelmischer Apotheker ein ganzes Pfund zusammen paken, und es noch mit Gift mischen? Und ist die Hand und das Siegel eines Landedelmanns seinen eigenen Arbeitern nicht eine bessere Gewährleistung für fünf oder zehen Schillinge, als Woods zehnmal zugeringhältige Kupfermünze dem Königreich für hundert und achttausend Pfunde ist?

Wer sind aber diese Irrländische Kauf- und Handelsleute, die so von dem äussersten Mangel, den wir an kleiner Münze leiden, Bericht erstattet haben? Es sind etliche wenige Verräther ihres Vaterlandes, die mit Wood unter der Deke liegen, und ein gutes Theil seiner Münze vielleicht um den halben Preis von ihm zuerhandeln gedenken, in welchem wir sie annehmen sollen, und die sie sodenn zum Verderben des gemeinen Wesens und zu ihrem eigenen Privatnuzen unter uns trachten werden zuverkaufen. Sind das nicht vortreffliche Zeugen, die es in ihrer eigenen Sache sind, und welche an diesem Werke der Ungerechtigkeit mit [316] Antheil haben, daß von ihrer Treu das Schiksal eines ganzen Königreichs abhangen soll?

Wenn wir die Freiheit hätten mögen verdienet haben, (warum wir sie aber nicht wirklich solten verdient haben, das wundert mit mir noch sonst jederman) Münze für uns selbst zuschlagen, gleich wir ehedem auch gethan, so möchten wir hier in Dublin zehntausend Pfunde zu Halbpfenningen vermünzet haben, die mehr nicht als einen fünften Theil zugeringhältig gewesen wären, und diese Summe würde, zusamt den Halbpfenningen die wir damals noch übrig hatten, genungsam gewesen seyn. Wood aber hat sich angelegen seyn lassen, durch seine Emissarien, (GOttes Feinde und dieses Königreiches Feinde) so viel von unsern alten Halbpfenningen aufzukaufen, als er nur immer gekonnt; und daher kömmt unser gegenwärtige Mangel an kleiner Münze, welchem aber durch Woods Münze abzuhelfen, eben so viel wäre, als wenn man einem den Arm abnähme, um einen Kraz an dem Finger zuheilen. Gesezt aber, es wäre in dem ganzen Königreich kein einziger Vierer mehr übrig, so behaupte ich, daß fünf und zwanzigtausend Pfunde an kleiner Münze für alle Vorfälle vollkommen genung seyn würden. Ich bin keiner der schlechtesten Budenhälter in dieser Stadt, und habe mit verschiedenen Personen von meiner eigenen, und von andern Professionen, mit vielen Edelleuten zu Stadt und Lande, ingleichem mit einer grossen Anzahl Pächtern, Lehenbauern, und Taglöhnern gesprochen, welche alle einmüthig bezeugen, daß eine jede Familie an zween Schillingen kleiner Münze, zur Handelschaft, was Gattung dieselbe auch immer seyn möge, überflüssig genung habe: Nun rechnet man, daß sich in diesem Königreich aufs [317] höchste (selbst ehe noch der Akerbau so sehr in Abgang gekommen, wodurch unsere Anzahl so merklich geschmälert worden) anderthalb Millionen Menschen befinden, welches zweihundert und fünfzigtausend Familien auswirft, wenn man auf jede derselben sechs Personen rechnet. Und folglich betragen zween Schillinge auf jede, mehr nicht als fünf und zwanzigtausend Pfunde, da uns hingegen dieser ehrliche freigäbe Kurzwaarenhändler viermal so viel aufbürden will.

Euer Artikel sagt ferner: „Der Herr Isaak Neuton[3] habe berichtet, daß Woods Münze im Tower sey geprobiert worden, und daß sich zeige, daß Wood seinen Contrakt in allen Stüken erfüllet habe.“ Seinen Contrakt! Mit wem denn? Mit dem Parlament oder dem Volk von Irrland? Sollen nicht diese die Käufer seyn? Allein sie verabscheuen, verpfuyen, und verwerfen die Waare, als verfälscht, betrügerisch, mit Koth und Unrath vermengt. Darüber wird Wood böse, kehrt vor Gerichte, und will uns sein Gut mit Gewalt aufbürden.

Aber man hat die Münze geprobiert, sagt euer Zeitungsblatt. Wie unverschämt und unerträglich lautet doch dieses? Wood ist so klug, daß er ein oder zwei Duzend Halbpfenninge von gutem Metalle schlagen läßt, die sendet er in den Tower, sie werden gutgeheissen, und dieses soll nun die Gewährleistung für alle übrige seyn, die er entweder schon geschlagen hat, oder noch künftig schlagen wird. Es ist wahr, der Edelmann schikt öfters vor meinen Laden um ein Muster von Tuche, das schneide ich hübsch ab, und wenns ihm gefällt, so kömmt er, oder sendet jemand, das Muster gegen [318] das ganze Stük zuhalten, und denn machen wir den Handel richtig. Aber wenn ich hundert Schafe kaufen wolte, und der Viehhändler brächte mir einen einzigen fetten und wollichten Hammel zum Muster, und foderte den gleichen Preis für alle hundert durch die Banke weg, ohne mir zugestatten, sie zusehen ehe ich sie bezahlte, oder ohne genugsame Gewährleistung, mir mein Gelt für die so mager, oder beschoren oder schäbicht seyn möchten, wieder zuersezen, so würde ich gewiß sein Kundsmann nicht werden. Ich habe von einem Mann gehört, der sein Haus verkaufen wolte, und deswegen ein Stük von einem Ziegelstein in der Tasche herumtrug, welches er zum Muster vorwies, um Käufern dadurch Lust zumachen. Dieses ist gerade der Fall bei der Probe, welche von Woods Halbpfenningen genommen worden.

Nächst hierauf folgen in dem Artikel, die freiwilligen Vorschläge welche Wood thut, um allen künftigen Einwendungen und Besorgnissen vorzubeugen.

Sein erster Vorschlag ist dieser: Daß, da er allbereit siebenzehntausend Pfunde geschlagen, und noch so viel Kupfer in Bereitschaft habe, daß alles zusammen vierzigtausend Pfunde auswerfen werde, so wolle er sich hieran vergnügen, und nicht mehrere schlagen, (es wäre denn, daß die Nothdurft im Handel und Wandel es erfoderte,) obgleich sein Patent ihn berechtige eine weit grössere Summe zuprägen.

Wenn ich hierauf antworten solte, so würde ich dieses sagen: Laßt Wood und die ganze Bande seiner Schmelzer und Kesselfliker immerhin Münze schlagen, biß kein alter Kessel im Königreich mehr übrig seyn wird; [319] Laßt sie altes Leder, Thon von Tabakpfeifen, oder Koth von der Strasse stempeln, und diesem ihrem Lumpenzeug von der Guinée bis auf den Vierer einen Nammen geben, was für welchen sie belieben; wir bekümmern uns nicht darum, wie er mit seinen Mitgesellen dasselbe an den Mann bringen wolle. Dieses aber hoffe und traue ich, daß wir alle für einen Mann vest entschlossen seyen, mit ihm und seiner Waare nichts zuthun zuhaben.

Der König hat ihm ein Patent gegeben, Halbpfenninge zuschlagen; aber dabei hat er uns nicht befohlen, sie anzunehmen; und ich habe bereits in meinem Briefe an die Kaufleute, Krämer, etc. gezeiget, daß die Geseze der Krone die Gewalt nicht eingeräumet[4] haben, die Unterthanen zuzwingen, andere Münze als Gold und Silber von gesezmässigem Korn und Schrot zunehmen.

Weiters thut Wood (dafern ich ihn recht verstehe, denn seine Ausdrüke sind unbestimmet,) den Vorschlag, daß er nicht über vierzigtausend Pfunde schlagen wolle, es wäre denn, daß die Nothdurft im Handel und Wandel solches erfoderte: Hierbei merke ich erstlich an, daß dieses beinahe gedoppelt die Summe sey, welche, (wie ich oben bewiesen) für das ganze Königreich genungsam wäre, wenn wir gleich nicht einen einzigen alten Halbpfenning mehr übrig hätten. Und demnach möchte ich gern wissen, wer es entscheiden soll, wenn die Nothdurft solches erheische. Sonder Zweifel denkt er, er selbst; denn was uns andere Einwohner dieses armen Landes betrift, deren gänzlicher Untergang folgen muß, wenn sein Projekt zu Stande kömmt, so sind wir nicht ein einziges mal darüber zu Rathe gezogen [320] worden, bis die Sache vorbei war. Er wird unser Bedürfniß nach dem seinigen abmessen, und dieses wird wol nimmer aufhören, bis er und seine Bande glauben werden, sie haben genung: Nun aber erscheint sich, daß er mit allem unserm Gold und Silber nicht zufrieden seyn will, sondern daß er mit der gleichen Münze auch noch unsere Waaren und Manufakturen an sich zuhandeln gedenkt.

Ich will mich in keine Untersuchung des Rabats einlassen, mit welchem er izt seine Halbpfenninge oder sein Kupfer, wie er es heißt, auf jedes Pfund anbeut. Ich habe in meinem vorigen Briefe genung davon gesagt; und es haben es auch andere in Betrachtung gezogen. Nach seiner eigenen ersten Ausrechnung ist gewiß, daß wir drei Schillinge für etwas hätten bezahlen sollen, das innerlich mehr nicht als ein Schilling wehrt ist, wenn seine Halbpfenninge auch wirklich von dem Halt und Gewichte gewesen wären, zu welchem er sich in dem Contrakte verpflichtet zuhaben vorgab. Allein es zeigt sich ein so grosser Unterschied bei denselben am Gewichte, so wol als dem Halt, daß einige in ihrem innerlichen Wehrt sich gegen das was sie seyn sollen, wie 1. zu 10, und die meisten wie 6. oder 7. zu 10. verhalten.

Sein lezter Vorschlag lautet ganz besonders, so wol in Ansehung der Schreibart, als des Innhalts; und verdient deswegen auch in Absicht auf beides absonderlich erwogen zuwerden. Es heißt:

Endlich thut Herr Wood, in Betrachtung der ganz erschreklichen Furcht die man in Irrland hat, als ob er vermittelst dieser Münze alles Gold und [321] Silber das in dem Königreich ist, an sich ziehen wolle, den Vorschlag, ihre Waaren daran zunehmen; und solle niemand verpflichtet seyn, mehr als fünf Pfenninge bei jeder Zahlung, an solchen Halbpfenningen anzunehmen.

Hier sehe man mir erstlich diesen kleinen unverschämten Eisenhändler die erschrekliche Furcht eines ganzen Königreiches ins Gelächter ziehen, und stolz thun, daß er die Ursache davon gewesen, und daß er vorschreiben darf, wie weit eine ganze Nation verbunden seyn soll, seine liederliche Münze anzunehmen! Etwas, das sich kein König in Engelland jemal unterstanden hat. Doch er hat Ursache zuspotten; denn man wird gewiß kein Exempel in der Historie aufweisen können, daß ein ganzes grosses Königreich über ein Jahr lang in beständigem Schreken und täglicher Furcht einer gänzlichen Zugrundrichtung unterhalten worden sey, nicht etwan durch einen mächtigen Eroberer an der Spize einer Armee von zwanzigtausend Mann, noch durch eine Pest, oder Hungersnoth, noch durch einen tyrannischen Oberherrn, (denn wir hatten wol niemal einen gnädigern) noch durch eine verderbte Staatsbedienung, sondern bloß durch einen verächtlichen Duodezkerl, einen bloß schlechten Handwerker.

Aber weiter zugehen. Damit wir unsere schrekliche Furcht fahren lassen, als ob er durch seine Halbpfeninge all unser Gold und Silber an sich ziehen wolte, anerbeut sich dieser kleine unbeschränkte Aftermonarch allergnädigst, unsere Manufakturen dagegen zunehmen. Wie? Hält er uns Irrländer denn in der That für so gar dumme Schöpfen? Ist nicht dieses das Elend [322] darüber wir klagen, daß dies verruchte Projekt uns in die Nothwendigkeit sezen wird, unsere Güter für etwas zuverkaufen, das so viel wehrt ist, als nichts? Wie würde es lauten, wenn die Franzosen, oder Spanier, oder was für ein Land es seyn möchte, mit dem wir Handlung treiben, nur unter der ausdrüklichen Bedingung Geschäfte mit uns thun wolten, daß wir ihr Gelt zehnmal höher annehmen solten, als es innerlich wehrt ist? Kann Wood sich einbilden, daß wir ihm z. Ex. einen Stein[5] Wulle für eine Handvoll seiner Rechenpfenninge, die nicht sechs Pfenninge wehrt wären, verkaufen werden, da wir sie in Engelland schiken, und so viel Schillinge an Gold und Silber dafür erheben können? Wahrhaftig, von einem solchen Gemenge von Unverschämtheit, Schelmerei, und Narrheit mag man wol nimmer gehört haben.

Seine Vorschläge enden sich mit einem förmlichen Hochverrath: Er verspricht, daß niemand verpflichtet seyn soll, mehr als fünf Pfenninge von seiner Münze an jede Bezahlung zunehmen; woraus klar ist, daß er sich herausnimmt, einen jeden Unterthan dieses Königreichs zuzwingen, bei jeder Zahlung so viel anzunehmen, wenn es ihm angeboten wird, da hingegen sein Patent niemanden etwas vorschreibt, auch die Kron, wie ich schon öfters angemerket habe, sich, nach den Gesezen, einer solchen Gewalt nicht anmassen kann; also daß Wood sich hier die völlige Gesezgebung und eine unbeschränkte Herrschaft über das Eigenthum der ganzen Nation zueignet.

Treuer! GOtt! Wer mögen wol die Rathgeber dieses Bösewichts, wer seine Beschüzer, Aufwiegler, [323] Antreiber und Mitgesellen seyn! Wood will mich nöthigen, bei jeder Zahlung fünf Pfenninge von seinem Quark anzunehmen, und ich will ihn, und seine Abgesandten, als Strassenräuber und Nachtdieben vor den Kopf schiessen, wenn sie sich unterstehen, mir nur einen Vierer von ihrer Münze bei einer Zahlung von hundert Pfunde aufzubringen. Einem Löwen weichen ist keine Schande, aber wer kann wol die Figur eines Mannes an sich haben, und gedultig dran denken, daß er lebendig von einer Rate gefressen werde? Wood hat der Irrländischen Nation eine Taxe von wenigstens siebenzehn Schillinge bei jedem Pfunde aufgeleget; und zwar eine Taxe nicht bloß auf ihre Ländereien, sondern auch auf ihre Capitalien, Waaren, Manufakturen, Lidlöhne der Handwerksleute, der Taglöhner, der Knechte, und Mägde. Nehmt euch in Acht, ihr Budenhälter, nehmt euch in Acht! Wood will euch zwingen, an jede Zahlung fünf Pfenninge von seinem Quarke zunehmen, und viele von euch bekommen in einem Tage zwanzig, dreissig, bis vierzig Zahlungen, oder sonst könnt ihr schwerlich euer Brot gewinnen. Ich bitte euch aber, überschlägt es einmal, wie hoch sich dieses in einem Jahre belaufen wird? Zwanzigmal fünf Pfenninge an solchen Halbpfenningen, macht neun Schillinge, und zween Pfenninge; und dieses bringt jährlich über hundert und sechszig Pfunde, wobei ihr zum wenigsten hundert und vierzig Pfunde verlieret, wenn ihr euch mit dieser Münze bezahlen läßt: Will einer gern auf diesen Fuß mit Wood handeln, so thue er es; was mich betrift, so mag dieser Quark mit ihm, dem Henker zufahren. Wenn der berüchtigte Hambden[6] lieber ins Gefängniß gehen, als Karl dem Ersten, ohne eine Parlamentsakte, nur etliche wenige Schillinge bezahlen wolte, so will ich [324] mich lieber hängen lassen, als zugeben, daß jedes Pfund von meinem ganzen Vermögen, bloß nach freier Willkuhr und Belieben Ihro Gnaden des Herrn Woods, um siebenzehn Schillinge taxiert seyn soll.

Der Beschluß des Artikels lautet also: NB. (das will sagen Nota benè, oder Merke wol.) Es haben sich weder von Irrland, noch anderstwoher Zeugen hervorgethan, das grosse Unglük, darüber man sich beklagt, oder auch sonst einigen Betrug, dessen man sich bei Vollstrekung des besagten Patents schuldig gemacht hätte, erweislich zumachen.

Die Unverschämtheit dieser Anmerkung übertrift noch das vorgehende alles. Erstlich ist das untere Parlamentshaus von Irrland, welches das ganze Volk vorstellet; und zweitens auch der Staatsrath bei Sr. Majestät mit geziemenden Vorstellungen wider diese Halbpfenninge eingekommen. Was könnte man mehr thun, um die allgemeine Gesinnung der Nation an den Tag zulegen? Wenn Woods Halbpfenninge lauter Diamanten wären, und das Königreich wolte sie durchaus nicht haben, solte das nicht Grunds genung seyn, sie zuverwerfen? Müßten wir wol in diesem Falle eine Commission von dem Unterhause, samt unserm ganzen Staatsrath herüberschiken, mit Wood pro und contra zustreiten? Weswegen hat ihm wol der König ein Patent gegeben, Halbpfenninge für Irrland zuschlagen? Geschah es nicht darum, weil Sr. Majestät vorgestellt worden, daß solches Münzen zum Besten dieses Reichs und aller Ihrer Unterthanen allhier gereichen würde? Es geht also auf Gefahr dessen, der das Patent erlanget hat, wenn seine Vorstellungen falsch [325] sind, und wenn er bei Vollstrekung des Patents mit Betrug und Verfälschung umgegangen ist, kann er so boshaft und närrisch seyn, zugedenken, das Patent sey ihm gegeben worden, anderthalb Millionen Menschen zu Grunde zurichten, nur damit er für sich sechszig oder achtzigtausend Pfunde gewinnen möge? Hätte nicht die gesunde Vernunft, die gemeine Billigkeit und Anständigkeit erfodert, daß er, vor seiner Bemühung ein Patent zuerhalten, und noch vielmehr, ehe er einen so grossen Haufen Kupferschlaken zusammengeraspet, und Sr. Majestät Bildniß und Ueberschrift wirklich darauf gestempelt hat, die Hauptpartei welche es angieng, das ist, die Irrländische Nation, das obere und untere Parlament, oder den Staatsrath darüber zu Rath zöge? Solte ein Fremder uns fragen, wessen ist das Bild und die Ueberschrift auf Woods Münze?[7] Wir würden uns schämen müssen ihm zusagen; des Kaysers: Bei diesem grossen Mangel von küpfernen Halbpfenningen, darinn wir uns (wie er sagt) befinden, hat dennoch die Stadt unsers Cäsars Bildsäule in vortrefflichem Kupfer aufgerichtet, mit einem Kosten von dreissigtausend Pfunde, nach seiner Münze. Nun wollen wir sein Bild nicht in schlechterm Metalle annehmen.

Ich bemerke, daß viele von unsern Leuten bei dieser Materie einen betrübten Fall sezen: Es ist wahr, sagen sie, wir sind alle verloren, dafern Woods Halbpfenninge Gang bekommen: Aber was sollen wir thun, wenn Se. Majestät uns durch einen öffentlichen Befehl gebeut, sie anzunehmen? Mit diesem Einwurf hat man mir oft die Ohren erfüllet. Allein ich bitte meine Landesleute sicher zuglauben, daß dieses nichts heißt: Der König stellt wol niemal einen öffentlichen [326] Befehl aus, als nur über Sachen worüber er gesezmässig befehlen kann. Wider die Geseze wird er nichts gebieten. Und wenn auch so etwas begegnen solte, so sind wir zum Gehorsam nicht mehr verpflichtet, als wenn man uns befehlen würde, mit dem Kopf wider eine Mauer zulaufen: Zu diesem kömmt, daß der König uns durch ein öffentliches Mandat nimmer etwas befehlen wird, das er in dem Patent selbst zugebieten, sich nicht angemasset hat. Daselbst aber überläßt ers unsrer Willkuhr, diesen Quark anzunehmen oder nicht, also daß wir unser Verderben uns ganz allein zuzuschreiben hätten. Fürchte sich also niemand vor einem öffentlichen Befehl, der niemal wird gegeben werden, und der, wenn es auch geschehen solte, bei diesem Anlasse ohne alle Wirkung seyn würde. Die Einkünfte des Königs allhier, belaufen sich jährlich beinahe auf viermal hunderttausend Pfunde. Könnt ihr euch aber einbilden[8], daß seine Minister ihm rathen werden, dieselben an Woods Quarke zunehmen, dadurch sie dem Wehrt nach, bis auf fünfzigtausend herunter kämen? Engelland gewinnt eine Million Pfund Sterling von uns, welches, wenn dieses Projekt zu Stande kömmt, fast auf nichts heruntergesezet würde; und glaubt ihr wol, daß die, welche in Engelland von Irrländischen Einkünften leben, mit einem achten oder neunten Theil derselben zufrieden seyn würden? wie geschehen müßte, wenn sie sich mit Woods Quark bezahlen liessen.

Wenn Wood mit seiner Bande, von unsrer Tummheit nicht überführet wäre, so würde er sich eines so verwegenen Unternehmens niemals unterstanden haben. Nun sieht er, daß ein Geist wider ihn aufgestanden, und wartet izt bloß, bis derselbe anfangt müde zuwerden. [327] Er geht umher, und sucht, wenn er uns verschlingen könne.[9] Er hoffet, wir sollen ermüden, mit ihm zustreiten, und daß wir zulezt aus Tummheit, oder Furcht, oder aus Ueberdruß uns immerhin entgegen zusezen, wol werden nachgeben müssen. Und darum (ich gestehe es) lasse ich es auch meine gröste Bemühung seyn, eure Munterkeit und Empfindlichkeit aufrecht zuerhalten. Wenn ich euch sage, es liegt eine grausame Kluft unter euch, und daß ihr, wenn ihr weiter fortgehet, unfehlbar den Hals brechen werdet; wenn ich vor euern Augen selbst mit dem Finger darauf weise; muß ich es wol alle Morgen wiederholen? Ist das Herz unsers Volks verstokt? Sind seine Ohren taub zuhören? und haben sie ihre Augen verschlossen?[10] Ich fürchte, es sey einiges Natergezücht unter uns, das für zehn oder zwanzig Pfunde Gewinnst, Seele und Vaterland verkaufen würde, obschon dieses zulezt seinen eigenen Untergang, so wol als den unsrigen würde nach sich ziehen. Seyt nicht gleich der tauben Nater, die ihr Ohr verstopfet, daß sie nicht höre die Stimme des Zauberers, des Beschweerers der wol beschwerren kann.[11]

Obgleich mein Brief an euch gerichtet ist, Herr Harding, so ist doch meine Meinung, daß er zugleich für alle meine Landesleute geschrieben seyn soll. Ich habe an dieser Sache weiter keinen Antheil, als in so fern sie alle insgemein betrift. Ich kann besser durchkommen als viele andere. Ich bin nicht ganz entblösset von Gold und Silber, und habe einen wolgespikten Laden. Ich werde mir zuhelfen wissen, wenn viele vornehmere als ich bin, darben müssen; aber es kränket mich, wenn ich sehe, wie kaltsinnig und gleichgültig sich viele Leute, [328] mit denen ich spreche, bezeigen! Einige fürchten sich vor einem öffentlichen Befehle. Andere ziehen die Achseln ein, und schreyen, was sollen wir machen? Einige geben vor, es sey überall keine Gefahr vorhanden, andere trösten sich damit, daß das Unglük allgemein seyn werde, und daß sie es nicht schlimmer haben werden als ihre Nachbarn. Wie! wenn ein Hausvater, der um Mitternacht hört, daß Dieben vor seiner Thüre sind, sich aus dem Bethe macht, und sein Hausgesind zu gemeiner Vertheidigung aufwekt; soll wol ein ganzes Königreich in tiefem Schlafe begraben liegen, wenn Wood an der Spize seiner Mitgesellen kömmt, uns all unser Haab und Gut zurauben, und uns und unsere Nachkommen für immer ins Verderben zustürzen? Wenn euch ein Strassenräuber begegnet, so gebt ihr ihm euer Gelt hin, euer Leben zuretten. Wood aber kann, GOtt sey Dank, euch nicht ein Haar krümmen. Alle Geseze, göttliche und menschliche, sind für euch: Wenn er, oder seine Mitgesellen euch ihren Quark anbieten, so dürft ihr nur sagen: Nein, wir nehmen ihn nicht, und damit wirds aus seyn. Solte ein verrükter Kerl mit einer handvoll Koth, das er aus dem Kanal zusammen gescharret, in meinen Laden kommen, und mir dasselbe für zehn Ellen Tuch anbieten, so würde ich Mitleiden mit ihm tragen, oder seiner lachen, oder ich würde ihn auch, wenn sein Betragen es verdiente, wol gar zur Thüre hinausjagen. Und wenn Wood kömmt, und Gold und Silber, oder Waaren dafür ich mein Gold und Silber ausgeleget habe, für seinen Quark haben will, verdient er wol, oder kann er erwarten, daß ich ihm besser begegne?

[329] Wenn der böse Tag gekommen seyn wird, (dafern er je kommen soll) so läßt uns diejenigen fleissig bemerken, und Achtung auf sie geben, welche sich unterstehen werden, diese Halbpfenninge an Bezahlung anzubieten. Man mache ihre Nammen, und ihr Gewerb und Wohnungen öffentlich bekannt; damit sich jedermann vor ihnen als vor Landes-Verräthern und Woods Mitgenossen hüten könne. Man halte auf Jahrmärkten und Messen ein wachsames Aug auf sie, und der erste ehrliche Mann, der etwas entdeket, sage es aller Orten aus, daß Woods Halbpfenninge angetragen worden seyn, und warne das arme unschuldige Volk, sie anzunehmen.

Vielleicht bin ich zuweitläuftig gewesen; allein ich würde nimmer zu Ende kommen, wenn ich alles sagen wolte, was sich über diesen betrübten Vorfall sagen läßt. Ich will also meinen Brief mit einem unmaßgeblichen Vorschlag beschliessen, der, wenn man ihm nachkommen solte, dieses verderbliche Projekt mit einmal vernichten würde: Es solte nämlich eine geschikte und verständige Feder eine Nachricht folgenden Innhalts aufsezen: Daß,

Nachdem ein gewisser Wilhelm Wood, Kurzwaaren-Krämer, izo, oder doch unlängst, wohnhaft in der Stadt London, durch falsche Vorstellungen ein Patent erschlichen, vermöge dessen ihm verwilliget wird, Einhundert und achttausend Pfunde an küpfernen Halbpfenningen für dieses Königreich zuschlagen; welche Summe fünfmal grösser ist, als wir bedürftig sind; Item! Nachdem offenbar ist, [330] daß vorgedachter Wood seine Halbpfenninge von so schlechtem Metall und Gewicht gepräget, daß sie zum wenigsten sechs Siebentheile zugeringhältig sind; Item, nachdem wir mit Grunde befürchten müssen, daß vorgedachter Wood nachhin heimlich, so viel dergleichen Halbpfenninge mehr schlagen möchte, als ihm beliebt; Item, nachdem vorgedachtes Patent, Seiner Majestät Unterthanen weder wirklich verpflichtet, noch auch verpflichten kann, vorgedachte Halbpfenninge im Handel und Wandel anzunehmen, sondern es lediger Dingen ihrem Gutdunken überläßt; massen nach den Gesezen kein Unterthan kann gehalten werden, andere Münze als von Gold und Silber anzunehmen. Item, nachdem vorgedachter Wood, dem klaren Buchstaben und Innhalt vorgedachten Patents zuwider, sich dahin erkläret; daß jedermann gehalten seyn soll, den Wehrt von fünf Pfenningen an seiner Münze bei jeder Zahlung anzunehmen; Item, nachdem das untere Parlament und der Staatsrath bei Sr. geheiligten Majestät zu verschiedenen malen mit Vorstellungen eingekommen, was für schädliche Folgen vorgedachte Münze für dieses Königreich haben würde; und endlich, nachdem jedermann bekannt ist, daß die ganze Nation durch die Banke weg, (nur Wood und seine Mitgesellen ausgenommen,) wegen den verderblichen Folgen, welche vorgedachte Münze nach sich ziehen muß, äusserst verlegen ist; als haben wir Ends unterschriebene Eigenthümer beträchtlicher Ländereien und Einsassen in diesem Königreiche uns vest entschlossen, und erklären uns hiemit einmüthig dahin, [331] daß wir von gedachter Woodischen Münze auch nur einen einzigen Vierer oder Halbpfenning nimmermehr anzunehmen gesinnet sind; auch werden wir an alle unsere Lehenleute gelangen lassen, daß sie vorgedachte Münze von niemand wer der seyn möchte, annehmen, und damit sie sich diesfalls nicht mit der Unwissenheit entschuldigen können, als haben wir ihnen ordentliche Copien von dieser unsrer gegenwärtigen Nachricht zugesendet, welche unsre Rentmeister ihnen fleissig vorlesen sollen.

Ich möchte wünschen, daß eine Schrift von dieser Art aufgesezet, und von etwa zwei bis dreihundert, der vornehmsten Edelleuten in diesem Königreiche unterschrieben würde, um hernach gedrukte Copien davon an ihre Lehenleute zuverschiken. Ich müßte mich sehr betrügen, oder es könnte kein kräftiger Mittel seyn, das verfluchte Vorhaben Woods und seiner Mitgenossen mit einmal zuvernichten. Dieses würde die Leute so gleich in den Harnisch bringen, und machen, daß das ganze Land auf der Hut stühnde, es würde auch dem geringsten Pachtmann und Lehnbauern einen Muth einflössen. Wie lang, o HErr, gerecht und treue. –[12]

Euch, Herr Harding, muß ich noch besonders sagen, daß ihr sehr zubestrafen seyt: Viele hundert Personen haben bei euch nach meinem Briefe an die Kaufleute, Budenhälter etc. gefragt, und ihr hattet keinen einzigen Abdruk davon. Ich ersuche euch, daß ihr euch mit denselben, sowol als mit diesem gegenwärtigen, wol versehet. Ihr habt an dem erstern ein hübsches gewonnen. [332] Ich habe aber damal denselben so wenig für euch geschrieben, als jez den gegenwärtigen. Ich bitte euch, macht sie beide in allen Zeitungsblättern bekannt; und läßt es nicht eure oder meine Schuld seyn, wenn unsere Landesleute sich nicht wollen warnen lassen. Ingleichem ersuche ich euch, dieselben so wolfeil zuverkaufen, als möglich ist. Ich bin

den 4. Augstm. 1724.

Euer dienstwilligster
M. B. 

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Der Drucker der Tuchhändlerbriefe John Harding (??–1725), Dublin, Molesworth’s Court, Fishamble Street.
  2. Vorlage: aüssersten
  3. Isaac Newton (1643–1727) englischer Naturforscher, Wardein der Königlichen Münze in London.
  4. Vorlage: eingeraümet
  5. Stone: Gewichtseinheit, etwas mehr als 6 Kg
  6. John Hampden (1594–1643) englischer Politiker
  7. Matthäus 22, 20: Und er sprach zu ihnen: Wes ist das Bild und die Überschrift?
  8. Vorlage: einbilbilden
  9. 1. Petrus 5, 8: Seid nüchtern und wachet; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, welchen er verschlinge.
  10. Matthäus 13, 15: Denn dieses Volkes Herz ist verstockt, und ihre Ohren hören übel, und ihre Augen schlummern,...
  11. Psalm 58, 5–6: Ihr Wüten ist gleichwie das Wüten einer Schlange, wie die taube Otter, die ihr Ohr zustopft, daß sie nicht höre die Stimme des Zauberers, des Beschwörers, der wohl beschwören kann.
  12. Offenbarung 6, 10: Und sie schrieen mit großer Stimme und sprachen: HERR, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du nicht und rächest unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?