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Artikel „Zuleger, Wenzeslaus“ von Friedrich von Bezold in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 477–478, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zuleger,_Wenzeslaus&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 09:27 Uhr UTC)
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Zuleger: Wenzeslaus Z., kurpfälzischer Kirchenrath und Diplomat, geboren zu Joachimsthal 1530, entstammte einer bescheidenen lutherischen Bürgerfamilie und war nach dem frühzeitigen Tode seines Vaters genöthigt, als Schreiber, erst bei der Stadt Worms, dann am Reichskammergericht sein Unterkommen zu suchen. Als Feldschreiber im Heer Karl’s V. vor Metz (1552) legte er den Grund zu seinem nachmals stattlichen Vermögen. Zunächst ergänzte er seine wissenschaftliche Ausbildung, indem er erst als Erzieher junger deutscher Edelleute nach Frankreich ging und nachher als Studirender der Rechte und der Theologie an französischen Universitäten und in Genf weilte. Als Licentiat der Rechte zurückgekehrt trat er als Rath in die Dienste zuerst des Pfalzgrafen Wolfgang von Zweibrücken in Neuburg, dann des Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz (1559: Sendung nach Aachen und an Jülich wegen der dortigen Evangelischen). Trotz seiner Jugend zum Präsidenten des Heidelberger Kirchenraths (1560) ernannt, wirkte er, eng verbunden mit Olevianus, seinem früheren Studiengenossen, in streng calvinistischem Sinne für die Umgestaltung des pfälzischen Kirchenwesens. Z. führte den Vorsitz, als im September 1562 eine Conferenz evangelisch Gesinnter zu Fulda eine Recusationsschrift ihrer Herren gegen das Tridentiner Concil beschloß; im Februar 1563 überreichte er dem römischen König Maximilian den Heidelberger Katechismus. Bei dem Streit über die Einführung der Kirchenzucht (1569) finden wir ihn auf der Seite der Vielen unwillkommenen Neuerung. Damals hatte bereits die kurpfälzische Politik jene Richtung auf bewaffneten Schutz der außerdeutschen Glaubensgenossen eingeschlagen, als deren eifrigen Vertreter wir Z. Ende 1567 mit einer Sendung an den französischen Hof und an den Prinzen von Condé betraut sehen. Seither tritt vor seiner kirchenpolitischen Thätigkeit (Vorsitz im Religionsgespräch mit den pfälzischen Wiedertäufern zu Frankenthal 1571) die diplomatische mehr und mehr in den Vordergrund. Wenn er, wie ein Begleiter Heinrich’s von Anjou auf seiner Reise durch Deutschland 1573 klagt, Tag und Nacht die Angelegenheiten der Hugenotten im Kopf und im Mund hatte, so beschäftigte ihn, den Hauptvermittler zwischen Kurpfalz und den westdeutschen evangelischen Grafen und Herren, vielleicht noch mehr eine engere Verbindung mit Oranien und den Niederlanden. Bei dem Unternehmen des jungen Pfalzgrafen Christoph, der (1574) auf der Moocker Haide fiel, scheint Z. die Hand mit im Spiel gehabt zu haben. Zweifellos aber war er einer der Hauptbeförderer jener Vermählung Oraniens mit Charlotte von Bourbon (1575), die den ohnehin auf Pfalz verbitterten Kurfürsten von Sachsen bis aufs äußerste reizte, wie Z. auch in Sachen der Reichspolitik damals auf der äußersten Linken und gegen die Wahl des habsburgischen Nachfolgers am Reich stand. Er hatte sich enger als der mit ihm verschwägerte Kanzler Ehem den Vorkämpfern einer pfälzischen Großmachtspolitik wie Weyer und Beutterich angeschlossen und war mit letzterem bei den Werbungen schweizerischer Truppen thätig, die dem neuen französischen Feldzug des Pfalzgrafen Johann Casimir galten. Vorher (Frühjahr 1575) hatte er der kurfürstlichen Commission angehört, die den Widerstand der oberpfälzischen Lutheraner brechen sollte, aber unverrichteter Dinge heimkehren mußte. Der eifrig lutherische Kurprinz Ludwig, damals Statthalter in Amberg, verlangte nach dem Tod des Vaters als Kurfürst von seinem Bruder Zuleger’s Entlassung, die aber verweigert wurde, da Z. in Sachen des französischen Zugs unentbehrlich sei. Johann Casimir ernannte vielmehr Z. zum Vicedom in Neustadt, wo er sich um die Versorgung der aus der Kurpfalz vertriebenen Reformirten [478] und um die Errichtung des Casimirianums verdient machte. Während des niederländischen Feldzugs von 1578 vertrat er die Sache seines Herrn bei Oranien, den Staaten und dem englischen Gesandten in Antwerpen, fiel aber in Ungnade, als er die Forderungen Johann Casimir’s nicht durchzusetzen vermochte und der gefährlichen Abenteurerpolitik seines bisherigen Freundes Beutterich entgegenzutreten wagte. Damit schloß seine öffentliche Laufbahn ab; er lebte seither zuerst in Neustadt, dann auf einem von ihm angekauften Landsitz zu Heidenheim. Noch einmal berief ihn Johann Casimir während des kölnischen Kriegs (1583) zu sich, um durch seine und Witgenstein’s Vermittlung wieder mit Oranien anzuknüpfen, aber die Sache zerschlug sich und Z. verfiel seinerseits nach dem kläglichen Ausgang des casimirischen Feldzuges auf den abenteuerlichen Gedanken, den lutherischen Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz für die Sache des verlassenen Gebhard Truchseß und für eine Verbindung mit Oranien zu gewinnen, was ebenfalls mißlang. Alt und kränklich geworden zog Z. nach Heidelberg, dann nach dem Tod seiner (aus einer Augsburger Patricierfamilie stammenden) Frau 1594 nach Frankenthal, wo er im Februar 1596 starb. Z. war ein aufrichtiger und leidenschaftlicher Kämpfer für den reformirten Glauben; in seinem Feuereifer hatte er selbst eine Schwenkung der pfälzischen Politik mit herbeigeführt, mit der er zerfallen mußte, als sein leitender politischer Gedanke, die Verbindung mit Oranien, völlig gescheitert war.

Melch. Adam, Vitae Germanorum Jureconsultorum (Frankf. 1705, nach Aufzeichnungen von Zuleger’s Sohn, aber vielfach unzuverlässig); einzelne Briefe Zuleger’s bei Groen van Prinsterer, Archives de la maison d’Orange-Nassau. – Kluckhohn, Briefe Friedrich’s d. Frommen. – Bezold, Briefe d. Pf. Johann Casimir. – Seine Relation von 1568 bei Ebeling, Archival. Beiträge zur Gesch. Frankreichs (1872) und in den Abhandlungen der Münchener Akademie, histor. Cl., Bd. XI (Kluckhohn). Vgl. Kluckhohn, Friedrich der Fromme (1879). – Heppe, Gesch. d. deutschen Protestantismus (1852 ff.). – Haagen, Gesch. Aachens II (1874). – Lossen, Der köln. Krieg (1882/97). – Moritz, Die Wahl Rudolf’s II. (1895).