ADB:Zentner, Georg Friedrich Freiherr von

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Artikel „Zentner, Georg Friedrich Freiherr von“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 67–70, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zentner,_Georg_Friedrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 11. Oktober 2024, 11:20 Uhr UTC)
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Zentner: Georg Friedrich Freiherr von Z., Rechtsgelehrter und bairischer Staatsminister. Friedrich Z., zu Straßheim bei Heppenheim an der Bergstraße, wo seine Eltern einen ansehnlichen Einzelhof besaßen, als das jüngste Kind einer zahlreichen Familie am 27. August 1752 geboren, kam als siebenjähriger Knabe zu seinem ältesten Bruder, Franz, damals Regierungsrath in Mannheim. Dortselbst durch einen Hauslehrer für das Jesuitencollegium in Heidelberg vorbereitet, verließ er diese Anstalt nach etwa vierjährigem Aufenthalte 1770, mithin in seinem achtzehnten Jahre als magister artium, nach einer Disputation „ex universa philosophia“, hielt sich dann zur Vervollkommnung in der französischen Sprache anderthalb Jahre in Metz auf, und wurde darauf nach Göttingen gesandt, damals der Hauptsitz der historisch-publicistischen Studien, wo er sich unter Pütter, Böhmer, Selchow, Achenwall und Gatterer ausbildete, prakticirte dann kurze Zeit am Reichskammergerichte zu Wetzlar, und wurde auf Ansuchen am 14. Mai 1777, im Alter von 25 Jahren, zum Professor des Staats- und Fürsten-Rechtes nebst Reichsgeschichte an der Universität Heidelberg ernannt. Vor Antritt seines Lehramtes erhielt er von dem Kurfürsten Karl Theodor die Genehmigung zu einer zweijährigen wissenschaftlichen Reise mit einem Staatsbeitrage von 600 fl., die er zunächst zu einem wiederholten Besuche Göttingens benützte, [68] wobei er Selchow zu Vorträgen über territoriales Staatsrecht veranlaßte, welche Vorträge von da an auf allen deutschen Hochschulen üblich wurden. Von Göttingen ging Z. nach Wien, um die Geschäfte und das Verfahren am damaligen höchsten Reichsgerichte, dem Reichshofrathe, kennen zu lernen. Auf der Rückreise nach Heidelberg erwarb er in Ingolstadt am 8. April 1779 den juristischen Doctorgrad; in dem Diplom ist hervorgehoben, daß Z. einstimmig von der gesammten Juristenfacultät „summa cum laude“ zur Inauguraldisputation zugelassen wurde. Einige Monate vorher (am 12. Decbr. 1778) hatte er auch an Stelle des nach Ingolstadt berufenen Professors Spengel die professura juris germanici communis et statuarii Palatini erhalten. Zu Hause eingetroffen eröffnete er im Sommermester 1779 seine Vorlesungen über Staatsrecht und allgemeine Reichsgeschichte, welche sich bei seiner anziehenden Vortragsweise eines außerordentlichen Andranges von Hörern erfreuten, unter denen sich auch der verdiente Feldmarschall Fürst Wrede befand. Am 10. November 1779 erhielt er das Prädicat eines kurfürstlichen Regierungsrathes, einige Zeit später finden wir ihn als wirklich frequentirenden Regierungsrath, der bei Territorialdifferenzen und staatsrechtlichen Fragen öfters sein Gutachten abzugeben hatte. Das Diplom als außerordentliches Mitglied der historischen Classe der Mannheimer Akademie erhielt er am 27. Juli 1780 und wurde drei Jahre nachher in die Zahl der ordentlichen Mitglieder aufgenommen. Der Herzog von Württemberg, der Stifter der Karlsschule, erholte in dieser Zeit zum öfteren Zentner’s Rath, und seine Collegen erwählten ihn im Jahre der Säcularfeier der Hochschule 1786, obwol er in diesem Jahre auch Decan der Juristenfacultät war, als Zeichen besonderen Vertrauens zum Prorector, als der er zugleich die vom Kurfürsten Karl Theodor veranstalteten Jubiläumsfeste leiten mußte. Am 27. Juni 1792 wurde er mit seinem ältesten Bruder Franz aus Reichsvicariatsmachtvollkommenheit in des heil. römischen Reichs auch des Kurfürstenthums und Erblanden alten Adel und Ritterstand erhoben. Das Wappen zeigt einen wachsenden Bock mit abwärts hängenden Hörnern oberhalb zweier gegen einander gestellter rother Sparren im gelben Felde … Bald darauf wurde er dauernd in die Staatsgeschäfte gezogen. 1792 folgte er der Mission von Pfalzbaiern zur Kaiserkrönung in Frankfurt, war bei den Baseler Friedensunterhandlungen, und wurde am 10. Novbr. 1797 der kurbairischen Gesandtschaft zum Friedenscongreß in Rastadt als Legationsrath beigegeben. Damit war seine mehr als zwanzigjährige akademische Laufbahn factisch geschlossen, und erfolgte mit Decret vom 24. März 1799 die Ernennung zum geheimen Referendär bei dem geistlichen Departement mit dem Gehalt von 3000 fl. und sehr bald darauf auch bei dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten. Hier stand er auf der einen Seite bei den häufigen Veränderungen in der Staatsorganisation an der Spitze der Berathungen, auf der andern Seite gingen von ihm die wichtigen Anordnungen aus, welche die Verbesserung des Erziehungswesens und die Verbreitung der Cultur in den unteren Volksschichten bezweckten. Sein Werk ist die Instruction von 1802 über die Aufhebung der Klöster, welche in der Residenzstadt mit großer Humanität für die Ordensglieder vollzogen wurde. Bei Errichtung des Ministeriums des Innern und dessen Abtheilung in Sectionen (1808) wurde Z. zum Vorstand der Section für Erziehung und Unterricht ernannt, in welcher Eigenschaft er den philosophischen und philologischen Studien besondere Aufmerksamkeit zuwandte. Bei Umwandlung des Geheimen Rathes in den Staatsrath und Umgestaltung des Gesammtministeriums erhielt Z. durch Decret vom 3. März 1817 seine Ernennung zum wirklichen Staatsrath und zugleich als Beweis besonderer allerhöchster Zufriedenheit – zum Generaldirector des Ministeriums des Innern. In diesem wurde unter Zentner’s Leitung das wichtige Gemeindeedict berathen, und überreichte ihm [69] aus diesem Anlasse nach Publication des Edictes der Stadtmagistrat München im Juli 1820 das Diplom als Ehrenbürger. Die in jene Zeit fallende Bearbeitung und Zusammenstellung der bairischen Verfassungsurkunde ist zum nicht geringen Theile ein Werk Zentner’s. Die Einleitung ist ganz aus seiner Feder geflossen und unverändert angenommen worden. Als König Max Joseph den Act der Beeidigung des Staatsrathes auf die Verfassungsurkunde vollzogen hatte, beschied er Z. als den, welcher vorzüglich das Werk ausgeführt, an den Thron, schmückte ihn eigenhändig mit dem Großkreuze des Civilverdienstordens, und umarmte ihn als Großmeister dieses Ordens vor der Versammlung. (27. Mai 1818.) Als die neu geschaffenen ständischen Verhältnisse in Deutschland einen Ministercongreß in Wien hervorriefen, wurde v. Z., als einer der thätigsten Mitbegründer der Verfassung – nach vorgängiger Erhebung in den erblichen Freiherrnstand – mit umfassenden Instructionen vom 12. November 1819 nach Wien gesandt. Dort gelang ihm sehr bald, das Vertrauen des Staatskanzlers Fürsten Metternich zu gewinnen, und an der Redaction der Wiener Schlußacte wesentlichen Antheil zu nehmen. Diese Sendung nach Wien, die Aufträge, mit denen er dorthin ging, und von welchen der die bairische Verfassung betreffende nur einen Theil unter vielen bildete, können wol als das Schwierigste und Verwickeltste betrachtet werden, das v. Z. je anvertraut war … Zurückgekehrt wurde er mit Rescript vom 31. Mai 1820 „in Rücksicht seiner ausgezeichneten, vieljährigen, in den schwierigsten Zeiten und Geschäften bewiesenen Kenntnisse und gesammelten Erfahrungen und der Vedienste, welche er in der ihm aus besonderem Vertrauen übertragenen Sendung bei der Ministerialconferenz in Wien über die deutschen Bundesangelegenheiten geleistet“, durch Ernennung zum Staatsminister mit Sitz und Stimme im Ministerrathe, und drei Jahre nachher (14. Juni 1823) zum Staatsminister der Justiz unter Beibehaltung seiner übrigen Wirksamkeit ausgezeichnet … Zugleich wurde ihm zur Belohnung seiner Verdienste durch Rescript vom 29. November 1821 das heimgefallene, beträchtliche Lehen Fuchsmühl, Rentamt Waldsassen (Oberpfalz) sammt allen Zubehörden überwiesen als Männerlehen übertragbar an die Nachkommen seiner einzigen Tochter. Ferner ward er außer dem Finanzministerium am 22. April 1827 mit dem Staatsministerium des königlichen Hauses und des Aeußern betraut. Als der hochverdiente Staatsmann im genannten Jahre sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum beging, erhielt er mit Decret vom 14. März den Hubertusorden verliehen, als der erste nicht adelig Geborene, welchem diese hohe Auszeichnung widerfuhr, und der Staatsrath ließ zum Andenken an dieses Jubiläum eine Medaille prägen mit Zentner’s Brustbild und der Umschrift: „Dem Staatsmann, der für König und Vaterland fünfzig Jahre mit Ruhm gewirkt der Staatsrath am 14. März 1827.“ … Indeß mahnten die wachsenden Beschwerden des hohen Alters den Greis, der schon früher häufig an Podagra litt, daß die Zeit seines Wirkens vorüber, und er in den Ruhestand treten sollte, die ihm auch am 30. December 1831 in den huldvollsten Ausdrücken des Dankes und der Anerkennung gewährt wurde. Die letzten vier Jahre seines Lebens waren seinen Freunden und den Studien, welche sich auf den Zustand des öffentlichen Lebens beziehen, gewidmet. Im Sommer 1835 machte sich die Abnahme seiner Kräfte sehr fühlbar, indeß der Geist die frühere Frische bewahrte; am 20. October (1835) als die herbstliche Abendsonne mild sein Lager beschien, auf welchem er schlummerte, schlug er noch einmal in verklärter Heiterkeit die Augen auf, dann verschied er im vollendeten 82. Lebensjahre. – v. Z. war seit 1779 verheirathet mit Christina Hofstadt aus wohlhabender Heidelberger Familie, die ihm 1780 eine Tochter gebar, Caroline, Gattin des Regierungsrathes v. Ringel, und 1789 einen Sohn, Franz, der 1809 zum tiefen Schmerze des Vaters im jugendlichen Alter von [70] 19 Jahren einem hartnäckigen Brustübel erlag … Während der akademischen Wirksamkeit verfaßte unser Gelehrter vier Druckschriften: „Oratio dicta a Georgio Frid. Z. U. J. D.“ etc.; über die Schicksale der Heidelberger Universität, namentlich unter Karl Theodor. Vergl. Acta sacrorum Saecularium etc. (Heidelberg 1787, S. 328); – „Oratio de memorabilibus facultatis jurid. in universitate Heidelberg. dicta a G. Fr. Z.“l. cit. S. 195–242. Höchst gründliche Darstellung der Verdienste der Juristenfacultät während ihres 400jährigen Bestandes von 1386–1786 zusammen 141 Professoren (S. 195–242); – „Von der Regierung der dem deutschen Staate unterworfenen italienischen Länder während einem Zwischenreiche in Deutschland von G. F. Z. Gelesen in öffentlicher Sitzung der Akademie zu Mannheim, am 7. November 1780.“ Nachweis, daß die außerdeutschen Reichsländer in Italien von den Reichsvicaren Kurpfalz und Kursachsen mit denselben Rechten zu verwesen sind. Abgedruckt Acta Acad. Theod. Valet. Vol. VII. Hist. p. 229–248; – Im Namen der Juristenfacultät französisch verfaßtes Gutachten über die Conföderation der zehn kaiserlichen Städte im Elsaß … Nachweis, daß diese Städte mit vollem Rechte als sich zum Reiche gehörig und unter dessen Schutz stehend betrachten. – Außerdem war v. Z. während seines Lehramtes mit Abfassung eines ausführlichen Commentars über Pütter’s Staatsrecht beschäftigt, indeß scheint die Sache über den ersten Entwurf nicht hinausgekommen zu sein. Wir besitzen von Z. einige gute Bildnisse. Vor allem das hübsche Oelgemälde (Brustbild) des bairischen Hofmalers Joseph Stieler, dann nach diesem einen Stich und eine Lithographie von Helmsauer und eine zweite Lithographie von Bodmer; ferner eine Lithographie von J. B. Dilger, endlich einen gelungenen Kupferstich von Fr. Fleischmann.

Thiersch, Gedächtnißrede auf Georg Frdr. weil. Freiherrn v. Z. etc., vorgetragen in der Sitzung der königlichen Akademie der Wissenschaften zu München am 28. März 1837. (4°.) – F. A. Schmidt, Neuer Nekrolog der Deutschen, 13. Jahrg. 1835, zweiter Theil (Weimar 1837), Nr. 262, S. 887–892.