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Artikel „Willibert, Erzbischof von Köln“ von Hermann Keussen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 275–276, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Willibert&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 02:25 Uhr UTC)
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Willibert, Erzbischof von Köln (870–889). Als nach König Lothar’s Tode im J. 869 seine Oheime Karl und Ludwig sich um Lothringen stritten, war die Neubesetzung des durch die Wirren der 60er Jahre arg betroffenen Kölner Bischofssitzes eine der wichtigsten Fragen. Durch sein rasches Eingreifen war hierbei Ludwig der Deutsche im Vortheil. Sein Candidat, der einem angesehenen Geschlechte entstammende Kölner Cleriker W., ging aus der durch Erzbischof Liutbert von Mainz in Deutz auf Ludwig’s Betreiben veranstalteten Wahl am 7. Januar 870 hervor. Noch am selben Tage erhielt W. die Bischofsweihe. Auch durch seinen abgesetzten Vorgänger Gunthar wurde er anerkannt, obwol dessen Neffe Hilduin schon von Bischof Franko von Lüttich im Auftrage des westfränkischen Königs Karl für Köln geweiht worden war. König Ludwig wandte sich alsbald an den Papst Hadrian, sowie an Kaiser Ludwig II. und die Kaiserin Engelberta, um die Bestätigung Willibert’s zu erlangen, der als ein Mann aus guter Familie geschildert wird, ausgezeichnet durch strengen Wandel und beredte Predigt. Der Papst behielt sich aber die Anerkennung vor, bis sich W. in Rom persönlich gestellt habe, und seine Wahl, die dem Papste voreilig und präjudizirlich erschien, geprüft sei. Auf diesem ablehnenden Standpunkte verblieb Hadrian bis zu seinem Tode, obwol sich auch Clerus und Gemeinde von Köln in dringenden Fürschreiben für W. verwandten, und W. selbst durch ein nach Rom übersandtes Glaubensbekenntniß seine Rechtgläubigkeit zu erweisen versuchte. Ebenso weigerte die Synode zu Douzy 871 W. die Anerkennung. Die Gegenintriguen, welche König Karl anzettelte, übten ihre Wirkung auch bei Hadrian’s Nachfolger Johann VIII., der sich anfänglich gegen die Bestätigung sträubte und erst im J. 874, nachdem inzwischen 873 Gunthar gestorben war, W. das Pallium übersandte.

Noch im Jahre vor Willibert’s Wahl wurde in Köln eine Synode abgehalten, an der sich W. in seiner Eigenschaft als Bischof trotz der päpstlichen Nichtbestätigung betheiligte, und ebenso im J. 873 eine von W. selbst berufene Provinzialsynode, bei welcher die Einweihung des Domes wiederholt und die Vermögensauseinandersetzung zwischen der Domkirche und den Secundarkirchen bestätigt wurde. Erzbischof W. blieb der Vertrauensmann Ludwig’s des Deutschen. Im Juli 876 ging er als dessen Gesandter zusammen mit den Grafen Adalhard und Meingaud nach Ponthion zur Synode, wo er von König Karl den Erbantheil seines Herrn am Reiche Kaiser Ludwig’s forderte. Nothgedrungen mußte er nach seines Königs baldigem Tode Karl dem Kahlen folgen, als dieser sich gegen den Meersener Vertrag Lothringens bemächtigte und auch seine Metropole besetzte; aber er mahnte ihn mit ernsten Worten von einem Ueberfall seines Neffen Ludwig des Jüngeren ab, da dieser nur den Frieden begehre. Als seine Worte keinen Erfolg hatten, sandte W. schleunig den Priester Hartwig zur Warnung an Ludwig, worauf dieser den Sieg bei Andernach erfocht.

Als sodann die Normannenstürme durch Lothringen brausten, wurden Willibert’s Diöcese und sein Bischofssitz besonders hart mitgenommen. Im Winter 881 auf 882 wurde Köln zerstört. W. wandte sich zur Flucht nach Mainz. [276] Die Einfälle wiederholten sich, da Karl III. keinen Widerstand leistete. Als dieser den ostfränkischen Grafen Heinrich nach Friesland zum Seekönige Gottfried sandte, schloß sich ihm in Köln W. an, dessen ehrwürdige Persönlichkeit vorzüglich geeignet schien, den Betrug, von dem W. ohne Zweifel keine Ahnung hatte, zu bemänteln. W. nahm an den Verhandlungen theil, die in der Nähe von Cleve gepflogen wurden, blieb aber der gewaltthätigen Ermordung Gottfried’s fern, welche die Festsetzung des Raubvolkes an der Rheinmündung vereitelte.

Mehrfach nahm W. an den Synoden theil. Von den Kölner Synoden der Jahre 870 und 873 war bereits oben die Rede. Im J. 878 ward er von Papst Johann VIII. zur Synode nach Troyes geladen. Am 1. April 887 hielt er selbst eine Kölner Provinzialsynode ab. Im Juni 888 betheiligte er sich an dem ersten allgemeinen Reformconcil der deutschen Geistlichkeit unter König Arnulf, welches u. a. die sämmtlichen Privilegien der Klöster Korvei und Herford bestätigte gegen den Protest des Bischofs Egilmar von Osnabrück, der über die Entziehung des Zehnten klagte. W. war der Vorsitzende eines Gerichtes von neun Bischöfen, welches die Beschwerden des Osnabrücker Bischofs zurückwies, wogegen dieser allerdings Recurs beim Papste ergriff. Bald darauf starb W. am 11. September 889 nach 19jährigem durch die wirren Zeitverhältnisse sehr beeinträchtigten Pontificate. Im Dome fand er seine Ruhestätte.

Ennen, Geschichte I, 209 ff. – Ley, Die kölnische Kirchengeschichte I, 109–111. – Hegel, in Dtsche. Städtechron. XIV, CCXLIX ff. – Dümmler, Geschichte des ostfränkischen Reiches II², 292 ff.; III², 35 ff. – Mühlbacher, Deutsche Geschichte unter den Karolingern, S. 544 ff. (passim).