ADB:Wildenberg, Hans Ebran von

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Artikel „Wildenberg, Hans Ebran von“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 498–499, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wildenberg,_Hans_Ebran_von&oldid=- (Version vom 7. Oktober 2024, 08:12 Uhr UTC)
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Wildenberg: Ritter Hans Ebran von W., bairischer Chronist, Sohn des 1455 verstorbenen Ulrich E. v. W. und einer von Gumppenberg, entstammte dem alten, in zwei Linien auf den Burgen Wildenberg (unweit Abensberg, Niederbaiern) und Scherneck blühenden Ministerialengeschlechte der Ebran, das seinem Fürstenhause Wittelsbach schon viele treue Diener gestellt hatte. Hans stand im Beginne der dreißiger Jahre, als er als Kriegshauptmann seines Fürsten, Ludwig des Reichen von Baiern-Landshut, im Markgrafenkriege und in der Schlacht bei Giengen mitfocht. Im Jahre dieser Schlacht (1462) sollen er und seine Gemahlin die Kirche von Pirkwang unterhalb ihres Stammschlosses Wildenberg neu haben bauen lassen. 1464 wurde er Pfleger und Oberrichter in Landshut, welches Amt er noch 1472 bekleidete. Später erhielt er zugleich mit dem Hofmeisteramte bei der von ihrem Gatten Herzog Georg getrennt lebenden Herzogin Hedwig in Burghausen die Pflege daselbst; auch als Hofmeister der kleinen Prinzessin Elisabeth wird er 1496 genannt. Als Hofmeister in Burghausen führte er den Vorsitz im Hofgerichte daselbst (s. Verhandl. d. Hist. Ver. f. Niederbaiern, XXX, 172, 174). Er hat Rom und Monte Casino besucht und 1480 an der von Felix Fabri beschriebenen Pilgerfahrt nach dem Gelobten Lande theilgenommen. Am Grabe des Erlösers empfing er den Ritterschlag, den er nach Aventin schon in der Schlacht bei Giengen von der Hand seines Herzogs empfangen haben soll. Vermählt war er mit Barbara Paulsdorferin von der Küren. 1493 stiftete das kinderlose Ehepaar in Pettendorf nahe ihrer Stammburg ein Spital, dem sie 1496 ihre Hofmark Pettendorf selbst überwiesen. Daß Hans auch bei Herzog Ludwig’s Sohne, Georg dem Reichen, in hohem Ansehen stand, zeigt besonders die Aufnahme unter dessen Testamentsvollstrecker 1496. Im J. 1500 wird er zum letzten Mal als lebend erwähnt; am 22. August 1503 verräth die Belehnung seines Bruders Heinrich mit seinen regensburgischen Lehen, daß Hans nicht mehr unter den Lebenden weilte.

W. gehört zu den sehr spärlichen Historikern, die aus adeligen, von der humanistischen Strömung noch nicht berührten Kreisen hervorgingen. Augenscheinlich war es vor allem die kraftvolle Persönlichkeit seines Fürsten, Ludwig des Reichen, die ihn zum Geschichtschreiber begeisterte. „Sollte seines Lobes,“ sagt er, „seiner ritterlichen und streitbaren Händel in Zukunft nicht gedacht werden, dies kränkte mein Gemüth.“ Doch sind, als ob ihn die Darstellung der Vorzeit bereits ermüdet hätte, gerade seine Aufzeichnungen über die selbsterlebte Geschichte am dürftigsten. Man will drei Bearbeitungen seiner bairischen Chronik unterscheiden: die erste nicht erhaltene, aber von dem Chronisten Füeterer benutzte, noch zu Lebzeiten Herzog Ludwig’s abgeschlossen; die zweite, in zwei Münchener Handschriften (cgm. 1557 u. 1597) vorliegende, auf welcher die (erst mit Otto von Wittelsbach beginnende) Edition bei Oefele, Script. rer. Boicar. I, 301–341 beruht; die dritte vervollständigte in einer Weimarer Handschrift, von welcher sich in München (cgm. 5129) eine moderne Abschrift findet. Beim Sammeln des Stoffes ward der Chronist, wie er berichtet, von [499] zwei Geistlichen unterstützt; neben den besten Quellen wie Otto von Freising hat er auch sehr schlechte wie die fabelhafte Scheirer Stammtafel benützt. Aus Holland brachte ihm Propst Mauerkircher einen Lebensabriß der Jakobäa von Baiern oder vielmehr eine Erzählung, wie die niederländischen Provinzen den Wittelsbachern verloren gingen. Dem ritterlichen Chronisten gebührt das Lob, daß er, frei von jedem Haschen nach Effect, ernst und nüchtern die Wahrheit sucht. Hierin große Erfolge zu erringen, verwehrte ihm freilich schon seine mangelhafte Vorbildung. Daß ihm historische Kritik fast durchaus fehlte, ist bei einem Ritter und Hofherrn nur selbstverständlich. Auch politischen Sinn kann man seiner schlichten, fast unbeholfenen Darstellung nicht nachrühmen. Wohlthuend aber berührt sein Patriotismus und die strenge Gerechtigkeit, womit er – am Hofe des sittenlosen Herzogs Georg des Reichen – den hohen Herren eine Verantwortung für die Schlechtigkeit des Zeitalters zuschiebt.

Hund, Stammenbuch. – Oefele l. c.Kluckhohn in Forschungen zur deutschen Gesch. VII, 202 f. – Riezler, Gesch. Baierns III, 908 f. (vgl. auch 205). – Victor Keller, Ritter Hans Ebran v. W., sein Leben und seine bayerische Chronik (Verhandlungen des hist. Vereins v. Niederbayern 1895).