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Artikel „Wieland, Karl Dietrich“ von Arnold von Salis in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 399–400, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wieland,_Karl_Dietrich&oldid=- (Version vom 16. Oktober 2024, 03:36 Uhr UTC)
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Wieland: Karl Dietrich W., J. U. D. von Basel, ist geboren am 11. October 1830 als jüngster der fünf Söhne, neben zwei Töchtern, des Buchhändlers Aug. Heinrich W. und der Frau Barbara geb. Landerer. Sein Vater fiel am 3. August 1833, als Commandant der Artillerie, im Kampf der Stadt mit der aufständischen Landschaft. Der schweren Aufgabe, sieben Kinder zu erziehen und die Buchhandlung fortzuführen, unterzog sich die Wittwe in kindlichem Gottvertrauen, starkem Pflichtgefühl und großer Mutterliebe mit gesegnetem Erfolg, bis an ihr Ende getragen von dankbarster Anerkennung und ritterlicher Pietät aller ihrer Söhne. Religiöser Sinn und sittlicher Ernst ist, als mütterliches Erbtheil, auch Karl W. in hohem Maße eigen gewesen und geblieben.

Im J. 1849 bezog er als Stud. jur. die Universität der Vaterstadt, als Schüler der Professoren Schnell, Windscheid und Andreas Heusler sen., hörte später in Göttingen und Berlin, bei den Juristen Keller, Honegger, Stahl, auch beim Nationalökonomen Dieterici, dem Geographen Ritter, dem Historiker Ranke; bestand 1852 das juristische Examen, nach kurzem Aufenthalt in Genf auch das Notariatsexamen a. 1855, und begründete dann ein eigenes Advocatur- und Notariatsgeschäft, das er, zeitweise in Gemeinschaft mit befreundeten Fachgenossen, bis an sein Ende fortführte. Daneben bekleidete er als guter Patriot verschiedene bürgerliche und staatliche Ehrenämter, als Mitglied des Großen Rathes seit 1857, als Meister der Rebleutenzunft seit 1866, als Rathsherr, d. h. Mitglied des Kleinen Rathes, der Regierung, von 1868 bis 1872. Zeitweise saß er auch im Strafgericht, im Waisengericht, und wurde von seinen Collegen, in Würdigung seiner juridischen Tüchtigkeit und seines mannhaften Charakters, zum Präsidenten der Advocatenkammer ernannt. Mit besonderer Freude stand er der rühmlichst bekannten Basel’schen „Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen“ vor, und, den militärischen Traditionen seiner Familie getreu, erfüllte er seine Verpflichtungen als Milizofficier mit großem Eifer, zuletzt noch 1883 als Auditor und Major im eidgenössischen Justizstabe.

Aus reicher Thätigkeit und glücklichen Familienverhältnissen heraus starb er am 26. Februar 1894. Für seine Vaterstadt, die er treu und leidenschaftlich geliebt, war sein Tod ein schmerzlicher Verlust. Mit Pietät gegen die historische Vergangenheit verband er unbefangenes Verständniß für die unbestreitbaren Bedürfnisse der Gegenwart; und so war er stets ein Freund besonnenen Fortschrittes, aber ein geschworener Feind aller Neuerungssucht und alles Streberthums. Dieselbe Lauterkeit und Wahrhaftigkeit seines Wesens machte ihn auch zum allzeit und allseits geachteten Advocaten, der im Interesse seiner Clienten nicht in rabbulistischer Weise die Thatsachen zu verdrehen sich bemühte, sondern durch psychologisches Verständniß des geschehenen Delictes die Milderungsgründe zu Gunsten des Schuldigen aufzufinden und in diesem Sinne auf das Gemüth des Richters einzuwirken suchte. Er besaß darum auch stets das Ohr des Gerichtes; und sein Herz für die Unglücklichen machte ihn zum beliebten uneigennützigen Berather von Wittwen und anderen alleinstehenden Leuten.

[400] So wichtig derartige Charaktere jeweilen sind für das Wohl ihrer Zeitgenossen, die Aufmerksamkeit späterer Geschlechter wird auf sie nur gelenkt, sofern ihre Namen irgendwie verflochten sind mit bedeutenderen geschichtlichen Thatsachen, mit irgendwelchen Errungenschaften auf politischem, culturellem oder wissenschaftlichem Gebiete. Was Karl W. in weiteren Kreisen einen Namen sichern wird auch in künftigen Tagen, das ist darum nicht Das, was seine eigentliche Lebensarbeit gewesen, sondern das sind die Erzeugnisse seiner Erholungs- und Mußestunden, die Früchte seiner historischen Privatstudien, seine gelegentlich veröffentlichten Vorträge und Aufsätze über einzelne Partieen der Geschichte seiner Vaterstadt, insbesondere über deren Leben im 18. und im beginnenden 19. Jahrhundert, welche immer wieder Berücksichtigung finden werden, wo man sich mit der Geschichte Basel’s beschäftigt. Im Druck erschienen von seinen historischen Arbeiten: „Briefe des Bürgermeisters Joh. Heinrich Wieland, J. U. D.“ (in den Beiträgen zur vaterländ. Geschichte, Bd. 6, 1857); „Der Baslerische Schanzenprozeß“, (eine Beilage der Basler Nachrichten, Nr. 306, 1861); „Die kriegerischen Ereignisse in der Schweiz während der Jahre 1798 und 1799“, (Neujahrsblatt Nr. XLVIII und XLIX, 1870 f.); „Basel während der Vermittlungszeit 1803–1815“, (Neujahrsblatt, Nr. LVI, 1878); „Die vier Schweizerregimenter in Diensten Napoleon’s I. 1803–1814“, (Neujahrsblatt, Nr. LVII, 1879); „Leonhard Thurneysen zum Thurm“, (Beiträge zur vaterländ. Gesch., Bd. 11, 1882); „Ueber die Schweighauser in Basel“, (Basler Jahrbuch, 1883); „Ueber das Baslerische Militärwesen in den letzten Jahrhunderten“ (Basler Jahrb., 1886); „Erinnerungen an C. Felix Burckhardt und Gottlieb Bischoff“ (Basler Jahrh., 1888); „Der Kleinhüninger Lachsfangstreit 1736“, (Basler Jahrb., 1889); „Einiges aus dem Leben zu Basel während des XVIII. Jahrhunderts“, (Basler Jahrb., 1890); „Dem Andenken Isaak Iselins; zur Feier der Enthüllung seines Denkmals am 18. September 1891. Herausgegeben von der Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen in Basel“, (1891); „Ein Staatsproceß aus den letzten Tagen der alten Eidgenossenschaft“, (Basler Jahrb., 1893).

Vgl., außer den Nekrologen in den Basel’schen Tagesblättern vom Febr. 1894, meinen Aufsatz im Basler Jahrb. 1895, herausgegeben von Alb. Burckhardt, Rud. Wackernagel und Alb. Geßler. Basel 1895, S. 1–29.