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Artikel „Weidner“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 790–791, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weidner&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:11 Uhr UTC)
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Weidner *): Der Name W. begegnet uns wiederholt in der Geschichte des deutschen Schauspiels. Von dem ersten W., der erwähnt wird, erfahren wir, daß er im J. 1747 den Impresario Sellier zu bewegen wußte, ein regelmäßiges Stück, „Die Allemannischen Brüder“ von dem Schauspieler Krüger aus Danzig, auf dem Theater am Kärtnerthor in Wien aufzuführen. Da das Stück gefiel, engagirte Sellier eine Reihe von Mitgliedern der Neuber’schen Truppe. Zu diesen gehörte die Demoiselle Christiane Friederike Lorenz, die seit dem Jahre 1751 (nach Anderen 1757) mit dem Schauspieler Josef Karl Huber vermählt war und später als die Gattin des Rathsthürhüters der obersten Justizstelle in Wien Namens W. (seit 1775) ein langjährige Stütze des alten Hofburgtheaters bildete. Sie war am 29. Mai 1730 (nach Anderen am 17. Mai 1729) in Zittau geboren als Kind einer Schauspielerfamilie und fand bei der Neuberin zur Zeit, als diese in Dresden und Leipzig spielte, Engagement. In Leipzig lernte Lessing sie kennen und scheint sich ernstlich für sie interessirt zu haben. Als sich im Frühjahr 1748 die Truppe der Neuberin auflöste, wurde die Lorenz an die Wiener Bühne berufen, wo sie zuerst als Mitglied der städtischen Bühne am Kärntnerthor, dann als Hofschauspielerin länger als 36 Jahre thätig war und in den verschiedensten Rollenfächern glänzende Proben ihres hervorragenden Talentes ablegte. Die Aufgaben, die an sie herantraten, waren zum Theil widersprechender Natur. Da in Wien bei ihrem Eintreffen noch die Stegreifkomödie herrschte, mußte sie anfangs auch bei ihr mitwirken, doch gelang es gerade durch die Anziehungskraft, die sie durch ihre schöne Erscheinung, ihr sympathisches Organ und ihre vornehme Haltung auf das Publicum ausübte, die Wiener mehr und mehr an das regelmäßige Drama zu gewöhnen. Sie brachte z. B. Lessing’s „Miß Sara Sampson“ auf die Wiener Bühne, und zwar in einer eigenen Bearbeitung, in der der Diener Mellefont’s vom Hanswurst gegeben wurde. Einen großen Erfolg erzielte sie im J. 1767 in der „Minna von Barnhelm“, die ein Lieblingsstück der Kaiserin Maria Theresia wurde. Als der Oberstlieutenant Affligio, der das neue Schauspielhaus gepachtet hatte, ihre Erkrankung im J. 1769 benutzen wollte, um die Burleske wieder einzuführen, trat sie entschieden gegen dieses Vorhaben auf. Josef II. ließ sich bestimmen, das Schauspielhaus unter der Bezeichnung Hof- und Nationaltheater in eigene Verwaltung zu übernehmen. An dieser neuen Bühne übernahm die W. das Fach der Anstandsdamen und Mütter und wußte auch in diesen Rollen die Zuschauer zu entzücken, z. B. durch die Darstellung der Mutter in Lessing’s „Emilia Galotti“, als welche sie Lessing bei seinem Besuche in Wien wiedersah und sie immer noch „anmuthig“ fand. Als Leopold II. die Künstler seines Theaters zu Hofbeamten und pensionsfähig machte, übernahm es die W., den Dank für die so Ausgezeichneten auszusprechen. Dagegen trat sie an die Spitze der Opposition, als Franz II. die josephinischen Theatergesetze aufhob und [791] das k. k. Theater wieder in Pacht gab. Sie erschien seitdem nur selten noch auf der Bühne und starb, nachdem sie am 29. April 1793 pensionirt worden war, am 14. November 1799 im 70. Jahre ihres Lebens.

Vgl. Heinrich Laube, Das Burgtheater. Leipzig 1868. S. 9, 55, 61, 64. – H. M. Richter, Geistesströmungen. Berlin 1875. S. 230–239. – Danzel-Guhrauer, Lessing. Berlin 1880–1881. I, 112, 114, 324; II, 328. – Wurzbach LIII, 273–274. – Katalog der Portrait-Sammlung der k. und k. General-Intendanz der k. k. Hoftheater. Wien 1892–1894. 2. Abth. S. 282 und 3. Abth. S. 587.

Neben den Wiener Weidnern findet man in der deutschen Theatergeschichte noch häufig den Namen von Julius W. erwähnt. Er wußte sich als langjähriges Mitglied des Frankfurter Stadttheaters durch die Darstellung von Tyrannen, Intriguanten und ähnlichen Charakterrollen, die er mit ausgezeichneter Virtuosität spielte, einen Namen zu machen und erschien den Zeitgenossen als „der Repräsentant des uralten Comödiengeistes, unter dessen Herrschaft der Mensch ganz in seinem Rollenfach aufging“. Dennoch war das Publicum seiner überdrüssig geworden, als er in hohem Alter im J. 1857 starb. Weidner’s Sohn Theodor, geboren um 1814, † zu Trier 1840, war ein hoffnungsvolles Talent, das sich besonders für das komische Fach eignete.

Vgl. K. Herloßsohn, H. Marggraff u. A., Allgemeines Theater-Lexikon. Neue Ausgabe VII, 196. Altenburg u. Leipzig 1846. – E. Devrient, Geschichte der Deutschen Schauspielkunst IV, 145. Leipzig 1861. (Vgl. das Register in Bd. V.) – Internationale Ausstellung f. Musik u. Theaterwesen Wien 1892. Fach-Katalog der Abtheilung f. deutsches Drama u. Theater. Wien 1892. S. 341. Nr. 1518.

[790] *) Zu S. 459.


WS: Die Seiten 792 bis 795 enthalten ein „Verzeichniß der im 41. Bande der Allgem. Deutschen Biographie enthaltenen Artikel“, das hier jedoch nicht transkribiert wird.