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Artikel „Weichselbaumer, Karl“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 789–790, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weichselbaumer,_Karl&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 14:23 Uhr UTC)
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Weichselbaumer *): Karl W., Dichter, wurde am 8. August 1791 zu München als Sohn eines Kanzleisecretärs bei der kurfürstlichen General-Landesdirection geboren, besuchte 1805–1809 daselbst das Gymnasium, 1809–1813 als Jurist die Universität Landshut, wo er 1812 auf die gekrönte Preisschrift „Ueber die Verwandtschaft und Verschiedenheit der Poesie und Philosophie“ die philosophische Doctorwürde erhielt. Dann kehrte er nach München zurück, wo er bei einer centralen Verwaltungsbehörde 1815 Anstellung fand, bis er 1825 bei König Ludwig’s I. Thronbesteigung in dessen Cabinet berufen, 1832 expedirender Geheimer Secretär im Ministerium des kgl. Hauses und des Aeußern, 1837 Rath und Hofcultusadministrator beim Oberhofmeisterstab wurde. Er starb am 11. Januar 1871 als pensionirter Staatsrath zu München.

W. ist in erster Linie Dramatiker und bewegt sich hier, stets im wesentlichen Rhetoriker, durchaus, auch wo er einmal moderne Vorwürfe wählt, in der in seinem Jünglingsalter vielgepflegten antikisirenden Richtung. Vielfach gelangt er dabei sogar über Umsetzung mythologischer oder geschichtlich-lehrhafter Capitel in steife, nüchterne Verse nicht hinaus. Charakteristisch für diese Art sind „Cincinnatus“, „Pyrrhus und Fabricius“, „Niobe, Königin von Theben“, „Dido, Königin von Karthago“, „Dramatische Dichtungen“ (Menoekeus, Oenone); doch auch die scheinbar modernen weichen von dieser äußerlichen Dramatisirungsmethode nicht ab: „Cromwell“, „Die Belagerung von Calais“, „Aventin“, „Tassilo“, „Die Longobarden“, „Wladimirs Söhne“ u. s. w. Uebrigens erreichte er auch keine sichere Anlehnung an antike Stilmuster. Oeftere Belege von Einbildungskraft, Kunst des sprachlichen Bildes und von Empfindung konnten das völlige Mißglücken seiner dramatischen Strebsamkeit nicht verhindern, zumal er gerade in Gefühlssituationen die Katastrophe durch unangebrachte Sentimentalität verdirbt. Menzel hat das für „Oenone“ hübsch klar gemacht. Auf prosaepischem Gebiete lieferte er eine stattliche Reihe von Erzählungen meist historischen Stoffs oder modern-romantischer Färbung im Stile der Engrosnovellisten des Vormärzes. Dazu mancherlei Dialogisches – z. B. der Sammlung „Dramatischer Dichtungen“ von 1832, Bd. II, sind „Unterhaltungen über die dramatische Litteratur und das Theater“ angehängt – „Tutti Frutti eines Süddeutschen“ I (1837), „Ein deutsches Lied“ (1844), „Gedichte“ (1855), gab auch 1824–25 „Orpheus. Eine Zeitschrift in zwanglosen Heften“ heraus, deren vier Hefte von ihm eine Erzählung „Egilone“, „Wissenschaft und Leben, eine philosophische Skizze“ und „Des Sängers Schwanenlied. Stanzen“ enthalten. Jedoch hat er mit all diesen Dingen noch weniger Eindruck gemacht als im dramatischen Fache, obwol die nekrologische Bezeichnung (Meyer’s Deutsches Jahrbuch I, 1872, 264 f.) „einst so zu sagen der poetische Gewissensrath des Königs Ludwig I.“ sich weit eher aus diesen mehr belletristischen Aufsätzen erklären läßt. Uebrigens ist er heute auch als Theaterdichter längst eingesargt; die lebendige Bühne hat nie recht etwas von ihm gewußt.

Das Biographische ist hier ergänzt nach Ad. von Schaden, Das gelehrte München im Jahre 1834 (1834), S. 138. Man vergleiche im übrigen die directer Mittheilung entfließenden Angaben bei J. Kehrein, Biographisch-litterar. Lexikon [790] der kathol. deutschen Dichter des 19. Jhrhs. II, 238 f.; Goedeke, Grundriß d. G. d. d. D. III, 867 f., Nr. 512, woselbst eine viel gründlichere und genauere Bibliographie als bei den beiden vorgenannten, die durch K. Putz im Archiv f. Litteraturg. X, 537–538 ergänzt wird (hier S. 538 f. ein Brief Immermann’s an W., ihm Mitarbeiterschaft zu „Orpheus versprechend). Zur Charakteristik: W. Menzel, Gesch. d. dtsch. Dichtg. III, 418 und Gottschall, Die dtsch. Nationallit. des 19. Jhrhs.6 III, 588 (unter „Die deklamatorische Jambentragödie“). Das Todesdatum geben wir nach Meyer’s Dtsch. Jhrb. a. a. O., was mit H. Holland’s Feststellung für K. Goedeke stimmt; s. auch Allgem. Zeitg. 1871, Nr. 19, Beilage.


[789] *) Zu S. 444.