ADB:Wartensleben, Alexander Hermann Graf von

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Artikel „Wartensleben, Alexander Graf von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 197–199, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wartensleben,_Alexander_Hermann_Graf_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 13:56 Uhr UTC)
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Wartensleben: Alexander Hermann Graf v. W., königlich preußischer Generalfeldmarschall, war am 16. December 1650 zu Lippspringe, wo seine Mutter, die Gemahlin eines Herrn v. W. auf Exten bei Rinteln, bei ihrem [198] Bruder, einem Herrn v. Haxthausen, zum Besuche war, geboren, kam jung als Page an den landgräflichen Hof zu Kassel, wo er mit den hessischen Prinzen erzogen und in den Kriegswissenschaften unterrichtet ward, wurde 1668 durch eine Krankheit, welche ihn auf dem Marsche überfiel, verhindert, mit den Truppen des Herzogs von Celle, denen er sich angeschlossen hatte, an dem Feldzuge auf der Insel Candia theil zu nehmen und trat nun in französische Kriegsdienste. In diesen focht er in den nächsten Jahren in den Niederlanden, nahm aber 1673, um nicht gegen seine Landsleute kämpfen zu müssen, den Abschied, machte 1674 unter Kurfürst Friedrich von Brandenburg als Freiwilliger bei dessen Garde zu Pferde den Feldzug am Oberrhein mit und trat 1675 als Capitän bei einem Infanterieregimente in hessen-kasselsche Dienste. Mit Hülfsvölkern, welche der Landgraf dem Könige von Dänemark gegen Schweden gestellt hatte, wohnte er 1677 und 1678 als Oberstwachtmeister im Regimente Auffenkeller den Feldzügen in Schonen und in letzterem Jahre auch dem auf Rügen bei. König Christian V. wollte ihn in seine Dienste ziehen, der Landgraf verweigerte ihm indessen die Entlassung und beförderte ihn 1680 zum Oberstlieutenant, 1683 gab er ihm ein eigenes Regiment, welches seit Mai 1684 den Namen Leibregiment zu Fuß führte, 1684 ernannte er ihn zum Oberst. Inzwischen hatte W. als Freiwilliger dem Entsatze von Wien und den sich daran schließenden kriegerischen Ereignissen in Ungarn beigewohnt. 1687 vermittelte er einen Vertrag mit der Republik Venedig, zufolge deren der Landgraf dieser ein Infanterieregiment zum Kriege gegen die Türken überließ. Als 1688 Frankreich mit Feindseligkeiten drohte, errichtete er auf Grund einer mit seinem Kriegsherrn abgeschlossenen Capitulation ein Regiment Dragoner; während des bald nachher ausbrechenden Krieges war er, auf den Wunsch der Stadt, Commandant von Frankfurt, wohnte mit seinen beiden hessischen Regimentern der Belagerung und der Einnahme von Mainz (11. September 1689) und 1690, nachdem er Generalmajor geworden war, an der Spitze der gesammten hessischen Infanterie dem thatenlosen Feldzuge an der Mosel bei, führte im Winter 1690/91 den Oberbefehl über alle zwischen Bonn und Heidelberg befindlichen Truppen und vereitelte durch ein geschicktes Unternehmen einen Versuch der über den gefrorenen Rhein gegangenen Franzosen nach Deutschland vorzudringen. Dann verließ er den hessischen Dienst, um in den des Herzogs Friedrich von Sachsen-Gotha zu treten und den Oberbefehl der Truppen der sächsischen Herzöge von Gotha, Weimar und Eisenach zu übernehmen (17. Juni 1691). Er begann nun sofort mit der Errichtung von sechs neuen Regimentern und befand sich mit neun ihm unterstellten Regimentern, welche die Herzöge dem Kaiser überlassen hatten, bereits auf dem Wege nach dem Kriegsschauplatze am Rhein, als Herzog Friedrich am 2. August 1691 plötzlich starb, worauf W. zur Mitvormundschaft über die hinterlassenen Söhne berufen wurde und mit seinen Truppen vorläufig in die Heimath zurückkehrte, 1692 aber marschirte er, nachdem der Kaiser ihn am 27. December 1691 zum Feldmarschalllieutenant befördert hatte, an den Oberrhein, wo Markgraf Ludwig von Baden den Oberbefehl führte. Zu eigentlich kriegerischer Thätigkeit kam er hier zunächst ebenso wenig wie in den Niederlanden, wohin er entsandt war um mit den dort befindlichen Heerführern gemeinsame Maßregeln zu verabreden und wo ihm als besondere Auszeichnung ein Commando bei einem zum Entsatze des belagerten Namur gebildeten Entsatzheeres zugedacht war. Die Festung capitulirte am 5. Juni, bevor das letztere zur Stelle war, W. kehrte an den Oberrhein zurück, war im Herbst bei einem mißglückten Zuge in die Pfalz betheiligt und schützte dann durch einen geschickten Marsch Heilbronn vor einem Besuche der Franzosen. Während der späteren Jahre des thatenarmen Krieges am Oberrhein stand er dort ebenfalls [199] im Felde und auch jetzt, wie in den früheren Kriegsjahren, ward er mannichfach zu militärisch-politischen Sendungen gebraucht.

Nachdem schon zwei Mal Unterhandlungen mit Venedig wegen seines Eintrittes in die Dienste der Republik sich zerschlagen hatten und der Kaiser ihn für den Oberbefehl seines Heeres auf dem italienischen Kriegsschauplatze im J. 1702 in Aussicht genommen hatte, trat König August III. [WS 1] von Polen, welcher ihn im Kriege gegen Schweden verwenden wollte, mit W. in Verbindung. Ohne daß ein Abkommen getroffen ward, reiste dieser von Warschau nach Berlin zurück. Hier gelangte ein Antrag König Friedrich’s I. an ihn, welcher dahin führte, daß W. am 18. August 1702 zum preußischen Generalfeldmarschall und Geheimen Kriegsrath declarirt wurde. Er wurde ferner zum Gouverneur von Berlin ernannt, es ward ihm der Schwarze Adlerorden verliehen und nacheinander graften ihn der preußische König und der deutsche Kaiser. – Die Veranlassung zu seiner Berufung war gewesen, daß der Graf Kolbe von Wartenberg, des König allmächtiger Minister, den ihm unbequemen Feldmarschall Grafen Barfus beseitigen und durch W. ersetzen wollte. Barfus ging in der That ab. Wartensleben’s Anstellung aber machte böses Blut, die Generale du Hamel und Friedrich von Heyden nahmen ihre Entlassung, Sigismund von Heyden und Graf Lottum ließen sich nur mit Mühe halten. Im Felde hat der König seinen Feldmarschall, obgleich der Spanische Erbfolgekrieg Gelegenheit genug dazu geboten hätte, nicht verwendet. Als im J. 1710 Wartenberg nebst seinem Genossen, dem Grafen Wittgenstein, gestürzt wurde, schwebte auch W., der dritte von den drei Wehgrafen, wie man diese Männer nannte, in Gefahr. Er blieb aber unangefochten in seiner Stellung, nur die Leitung der Kriegsverwaltung, die zu seinen Dienstobliegenheiten gehört hatte, wurde ihm abgenommen. Es muß also keine Veranlassung zu dem Argwohne vorgelegen haben, daß er wie Jene sich unerlaubte Vortheile verschafft hätte, doch dachte er damals daran, die Fahne nochmals zu wechseln, denn Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel schreibt, daß er „den in Berlin disgoustirten W. in gewisser Weise engagirt habe; er nennt ihn bei dieser Gelegenheit angenehm im Umgange, einen tapfern Kriegshelden, erfahrenen Cavalleristen (?) und gottesfürchtigen Mann“. Aber W. blieb in Preußen und auch König Friedrich’s Nachfolger, der am 25. Februar 1713 auf den Thron gelangte König Friedrich Wilhelm I., entzog ihm seine Gnade nicht, im J. 1715 begleitete W. diesen in den pommerschen Feldzug, doch konnte er nicht verhindern, daß der König seinen Enkelsohn, den Lieutenant v. Katte, welcher im Jahre 1730 des Kronprinzen Friedrich Flucht gefördert hatte, hinrichten ließ. Er selbst starb am 26. Januar 1734 zu Berlin. Seinen Kindern zweiter Ehe hinterließ er, nachdem er die der ersten mit 44 000 Thalern abgefunden hatte, ein meist in Grundbesitz angelegtes Vermögen von 90 000 Thalern. W. gehörte während seiner preußischen Dienstzeit zuerst zu den Adepten und später zu den Erweckten, den Anhängern von Spener und dessen Nachfolgern.

Lebensbeschreibung von Friedrich v. Kreytzen (Berlin 1784). – J. Graf v. Wartensleben, Nachrichten von dem Geschlechte der Grafen v. Wartensleben. 2. Theil: Biographische Nachrichten, S. 47 (2. Ausg., Berlin 1858).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. August III. regierte erst ab 1733. Gemeint ist vielmehr August II..