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Artikel „Vohs“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 196–198, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vohs&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 22:53 Uhr UTC)
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Vohs: Ueber die Jugend des Schauspielers V., der eine Anzahl von Jahren unter dem Personal der Goethe’schen Truppe am Weimarer Hoftheater eine nicht unbedeutende Rolle gespielt, sind wir nicht unterrichtet. Wir wissen nur, daß er im J. 1789 Mitglied des kurfürstlichen Nationaltheaters in Bonn war, und daß er am 30. Mai 1792 in Weimar als Eduard Ruhberg im „Verbrechen aus Ehrsucht“ debutirte. Im Sommer 1793 vermählte er sich in Lauchstädt mit der noch in sehr jugendlichem Alter stehenden Friederike Margarethe Porth (geb. in Halberstadt 1777), die kurz vorher mit ihren Eltern an die Weimarer Bühne gekommen war. Es gelang beiden Ehegatten sich bei Goethe durch Fleiß und Strebsamkeit in Ansehen zu bringen. Auf V. und Willms gehen die aus siebzehn Paragraphen bestehenden Theatergesetze zurück, nach denen im J. 1793 die gesammte Weimarer Truppe reorganisirt wurde, und die namentlich für die Handhabung der Disciplin von Bedeutung waren. Zum Lohn für seine Bemühungen für die Hebung des Instituts erhielt V. die Stelle eines Regisseurs, wobei er ausschließlich auf das eigentliche Kunstgebiet beschränkt wurde, während die übrigen Geschäfte Willms zufielen. Seine Instruction wurde am 15. October 1794 erneuert und ihm noch die Aufsicht über die Theaterbibliothek, die Anfertigung der Scenarien und der Rapporte, sowie die Führung des Requisiten- und Garderobenbuches übertragen. Während der sommerlichen Gastspiele der Weimarischen Truppe in Lauchstädt, Erfurt und Rudolstadt in den Jahren 1793 und 1794 lag ihm abwechselnd mit Willms die Führung des Theaterjournals ob, in dem zunächst der Theaterbesuch und die Einnahmen gebucht wurden. V. aber benutzte diese Gelegenheit, um sein Urtheil über die Darstellung [197] und Aufnahme der Stücke hinzuzufügen, und legte dabei beachtenswerthe Proben seiner Bildung und seines künstlerischen Gefühls ab, sodaß man seine Berichte noch heute mit Interesse lesen kann. Ein besonderes Verdienst erwarb sich V. ferner dadurch, daß er ein besseres Verhältniß zwischen der Oberdirection und den Schauspielern anbahnte. Er bemühte sich sichtlich in seinen Berichten, den Eifer, den Fleiß und die vortreffliche Aufführung der ganzen Gesellschaft in das rechte Licht zu stellen, und war ebenso bestrebt, der Oberdirection Beweise von seiner und seiner Genossen Dankbarkeit abzulegen. Jedenfalls lag es am wenigsten an ihm, wenn Goethe fort und fort Veranlassung hatte, sich über die Schwierigkeiten, die ihm die Directionsgeschäfte bereiteten, zu beklagen. Trotzdem konnte auch er Conflicte nicht vermeiden und zog es daher vor, als sich Genast geweigert hatte, eine Statistenrolle zu übernehmen, und als er wegen seiner bei dieser Gelegenheit bewiesenen Hitzigkeit von der Oberdirection zur Rede gestellt wurde, um seine Enthebung von dem Posten eines Regisseurs einzukommen, die ihm am 4. Novbr. 1796 gewährt wurde. Auf diese Weise fand V. Zeit, sich seinen eigenen Rollen ungehindert widmen zu können und sich in seinem Fache der jugendlichen Helden- und Liebhaberrollen mehr und mehr zu vervollkommnen. Als das von Trouet aus Stuttgart renovirte Theater am 12. Octbr. 1798 mit der ersten Aufführung von „Wallenstein’s Lager“ eröffnet wurde, sprach V. in dem Kostüm des Max Piccolomini den Prolog und spielte dann den Cürassier. In den beiden übrigen Theilen der Trilogie fiel ihm die Rolle des Max Piccolomini zu, die er nach dem Urtheile Genast’s in den lyrischen Stellen zu sentimental auffaßte, sodaß Schiller nicht einverstanden war. Ueberhaupt entwickelte er im ersten Theil seiner Rolle zu wenig jugendliches Feuer, während er in dem Abschied von Thekla und „bei dem Zuruf an die Soldaten meisterhaft spielte“. Dasselbe Urtheil hatten auch andere Augen- und Ohrenzeugen jener denkwürdigen ersten Aufführung, und ebenso stimmt es zu dem Gesammtbild, das wir uns von Vohsens künstlerischem Wesen machen müssen, von dem wir lesen: „V., eine geniale poetisch gestimmte Natur verband ein schönes, männliches Organ mit einer kräftigen Gestalt und Brust, welche er jedoch in heftigen Rollen durch sein heißes Blut fortgerissen, rücksichtslos schwächte“. Noch größeren Beifall als in der Rolle des Max erzielte V., als er am 14. Mai 1800 die Titelrolle in Schiller’s Bearbeitung des „Macbeth“ spielte. Schiller umarmte ihn vor Freuden und erklärte sein Spiel für meisterhaft, obwol er nicht gut memorirt und die Verse des Dichters sehr frei behandelt hatte. Bei der ersten Aufführung von Schiller’s „Maria Stuart“ gab V. den Mortimer, während seine Gattin mit der Rolle der Maria Stuart betraut wurde. Er spielte seine Rolle „mit Feuer und Anstand, überschrie sich aber in der Gartenscene“, indem er sich in seiner Leidenschaftlichkeit zu weit gehen ließ. Dieser Fehler trug viel dazu bei, daß seine Gesundheit vorzeitig untergraben wurde. Dazu kam noch, daß er in Schulden gerathen war und Vorschuß bei der Theatercasse hatte nehmen müssen, obwol er so einfach als möglich gelebt hatte. Er war daher bestrebt, an einer besser dotirten Bühne eine Anstellung zu erlangen, und ließ sich trotz allen Widerspruches und der freundschaftlichen Abmahnung von Seiten Goethe’s und der Theatercommission nicht halten, als ihm im J. 1802 die Stellung eines Directors an dem neuorganisirten Stuttgarter Hoftheater angeboten wurde. Am 19. September 1802 verließen er und seine Frau Weimar, nachdem er noch während des Sommers bei den Gastspielen der Truppe in Lauchstädt und Rudolstadt mitgewirkt hatte. Doch sollte er in Stuttgart zu keiner gedeihlichen Thätigkeit mehr kommen. Sein geschwächter Körper war den Anstrengungen der dortigen Direction nicht mehr gewachsen, und es vergingen kaum zwei Jahre, bis ihn im J. 1804 der Tod in Stuttgart ereilte. Seine Frau blieb zunächst in Stuttgart, ging dann [198] nach Frankfurt a. M. und wurde im J. 1818 die Gattin des Dresdener Hofschauspielers Werdy, als welche sie sich einen geachteten Namen in ihrer Kunst verschaffte.

E. Genast, Aus dem Tagebuche eines alten Schauspielers. Leipzig 1862. I, 107, 109–111, 115–119, 124, 128. – E. W. Weber, Zur Geschichte des Weimarischen Theaters. Weimar 1865. S. 41, 53, 56, 61, 66, 68, 76, 77. – E. Pasqué, Goethe’s Theaterleitung in Weimar. Leipzig 1863. (Register.) – Schriften der Goethe-Gesellschaft. Weimar 1892. VI. Bd. (Register.)