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Artikel „Ulrici, Hermann“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 261–269, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ulrici,_Hermann&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 14:37 Uhr UTC)
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Ulrici: Hermann U., Philosoph, geboren am 23. März 1806 zu Pförten in der preußischen Niederlausitz, starb zu Halle a/S. am 11. Januar 1884, seit einiger Zeit durch heftiges nervöses Kopfweh gequält, nach einem Schlaganfall, der ihn Ende 1883 getroffen hatte. Nach dem unteren Schulbesuche zu Leipzig, wo sein Vater 1811 Oberpostverwalter geworden war, machte er infolge von dessen Beförderung zum Geh. Postrath in Berlin das Friedrich-Werdersche Gymnasium daselbst durch und studirte seit Ostern 1824 in Halle und Berlin und zwar dem väterlichen Wunsche gemäß, die Rechte, begann auch 1827 als Auscultator die juristische Laufbahn. Bald darauf aber, 1829, nach dem Tode des Vaters, gab er, mittlerweile zum Referendar in Frankfurt a/O. aufgerückt, das Amt und überhaupt das Fach auf und widmete sich, mit dem Ziele einer akademischen Lehrthätigkeit, den philosophisch-historischen Studien, zunächst auf philologischem Boden, später theilweise auf ästhetischem, ausschließlich aber in Richtung auf das Systematische. Seine umfängliche Erstlingsarbeit, eine „Charakteristik der antiken Historiographie“ (1833), gewann ihm, obwol kaum auf eigener Forschung fußend, Wilh. v. Humboldt’s Beifall und die Zulassung zur Habilitation an der Berliner Universität. Schon 1834 kam er als außerordentlicher Professor nach Halle, von wo er seine älteste größere Hauptleistung, die „Geschichte der hellenischen Dichtkunst“, bereits datirte, erhielt jedoch, wohl als Antihegelianer, erst 1861 ein Ordinariat für Philosophie. In Halle lebte er, glücklich am eigenen Herde, der erst in den letzten Jahren, nachdem Sohn und Tochter auswärts Familienbande fesselten, durch den Tod der treuen Gattin verwaiste, ziemlich zurückgezogen und ruhig. Obzwar nie im öffentlichen Leben hervortretend, genoß er doch die Achtung seiner Mitbürger, ebenso durch Freundlich- und Zugänglichkeit die aller Universitätsangehörigen; die Collegen wählten ihn für 1867/68 zum Rector. Er starb übrigens am letzten Tage seines Decanats der philosophischen Facultät. Auch war er Leiter der Kupferstichsammlung (seit 1850), Inhaber des Titels eines preußischen Geh. Regierungsraths, seit 1879 auswärtiges Mitglied der Academia delle Scienze e Lettere di Palermo. Er besaß trotz vielfältiger Gegnerschaft einen weiten Ruf unter den Fachgenossen, denen er in dem, seit 1837 vom jüngeren (I. H.) Fichte als „Zeitschrift für Philosophie und speculative Theologie“, seit 1847 als „Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik. Neue Folge“ von ihm und Fichte, 1852–79 in Verbindung mit dem württembergischen Pfarrer Joh. Ulr. Wirth herausgegebenen Journal ein reichhaltiges, jeder wissenschaftlich gehaltenen Ansichtskundgabe offenes Organ zur Verfügung stellte. Derartige Vorurtheilslosigkeit war eine wesentliche Eigenschaft Ulrici’s, und allem, was mit Gefolge wohlerwogener Gründe an philosophischen Meinungen auftrat, begegnete er ohne voreingenommen zu sein, sogar wenn es seinen bisherigen Aufstellungen diametral zuwiderlief. Er hat sich so allmählich in gar vielem völlig bekehrt, nicht selten da, wo er, mit eigenen Erklärungen unzufrieden, zur Zerfaserung seiner provisorischen Hypothesen selbst aufgefordert hatte. Und dieser Charakterzug befremdet um so mehr, als es ihm bei allem Mühen sich ganz auf das Feld sicherer Empirie zu stellen, zeitlebens nicht gelungen ist, das ihm von Anfang an anhaftende ultradoctrinäre Streben und rein theoretische Grübeln abzuschütteln. Darin wurzelt nicht bloß die Thatsache, daß er kein durchschlagendes und bleibendes Gesammtwerk, namentlich nicht eine überzeugende Darlegung seiner Systematik hinterlassen hat, andererseits die stete Modelsucht beim einmal Geschaffenen, die sich nimmer genug thun konnte und des Widerspruchs der jüngeren philosophischen [262] Bewegung sowie des Spotts der radicalen Schule deutlich bewußt war. Diesem unermüdlichen Streben nach Höherem verdanken wir nun eine überaus ausgedehnte wiederholte Beleuchtung der meisten Kern- und Streitfragen, deren die moderne Philosophie sich bemächtigt hat.

Am intensivsten hat sich U. mit der Philosophie im engeren Sinne beschäftigt, und seine fruchtbare Schriftstellerei ging auch hier am meisten in die Breite. Von Haus aus scheint U., jedenfalls auf unmittelbare Berliner Einflüsse hin, ergebener Hegelianer gewesen zu sein. Indessen bemerkt man vom Beginne seines selbständigen Eingreifens in die Lösung der schwebenden Probleme den Trieb sich davon zu emancipiren. In den Geleitworten zu den elf Vorlesungen „über Princip und Methode der Hegelschen Philosophie. Ein Beitrag zur Kritik derselben“, die er 1841 seinen bezüglichen aufbauenden Veröffentlichungen vorausschickte, stellt er sich denjenigen zur Seite, die aus demselben Gefühle des Ungenügenden und Mangelhaften, das ihn bisher gepeinigt habe, den Grund und Boden Hegel’s verlassen und dessen Philosophie gleichsam stillschweigend wesentlich umgebildet hätten. Vorher läßt er sich den ihm zuertheilten Titel eines Pietisten in dem Sinne gefallen, daß er ein lebendiges christlich-religiöses Interesse an den Tag lege, jedoch bloß insofern als er durch anhaltendes eifriges Denken zur Erkenntniß der christlichen Wahrheit gelange und nur glaube, so weit er denken könne oder zu begreifen meine. Diese Anschauungsweise birgt den Ausgang der ganzen künftigen constructiven Methode Ulrici’s. Deren unverrückte Tendenz bezeichnet sein Gesinnungsfreund M. Carriere treffend wie folgt: es „lag für ihn selbst der Schwerpunkt seines Strebens und Wirkens in dem Bemühen eine wissenschaftliche Philosophie zu begründen, die Ergebnisse der Naturforschung für die Erkenntniß der materiellen Welt und des menschlichen Organismus zu prüfen, das Hypothetische von dem Erwiesenen zu sondern, und nicht im Widerstreit mit diesem, sondern auf der Basis des Realen selbst das Ideale, die sittlichen Principien, die Religion und die Gottesidee darzustellen, und den lebendigen selbstbewußten Gott als die Voraussetzung und das Ziel der Natur und Geschichte und der diese behandelnden Wissenschaften aufzuzeigen.“

Diese Anschauungen hielt U. stets aufrecht und berücksichtigt sie auch in rein ästhetischen Arbeiten, wie in der Vorrede zur ersten Ausgabe seines Shakespeare-Buches. Sie müssen hier vorweg betont werden, da U. sich bei jedem Anbruch eines neuen Ackers dieser Leitidee deutlich bewußt bleibt. Als er in den sechziger Jahren nach dem dogmatischen Auftreten der Entwicklungslehre mit Darwin eine offene Stellungnahme zu den modern-naturwissenschaftlichen Strömungen für unerläßlich erachtete, schrieb er in jenem Sinne und doch ohne jede Verketzerung der „Descendenz“-Fanatiker die breit angelegten Werke „Gott und die Natur“ (1862, 3. Aufl. 1875) und „Gott und der Mensch“ (I, 1866, 2. Aufl. 1874; II, 1873), die, insbesondere das zweite, den Aufbau einer neuen Metaphysik unternahmen, um durchzuführen, was schon 1858 die Schrift „Glauben und Wissen, Speculation und exacte Wissenschaft. Zur Versöhnung des Zwiespalts zwischen Religion, Philosophie und naturwissenschaftlicher Empirie“ beabsichtigt hatte. Die Philosophie, die Thatsachen zu ermitteln habe, verläßt hier eingestandenermaßen das Speculiren und Construiren und ringt, die gesicherten Funde der Naturforschung willig verwerthend, nach einer zeitgemäßen Umwandlung. Die umstürzlerischen Gedanken der naturalistischen Partei bekämpfend, verwirft U. doch Gewaltmaßregeln als unnütz, „die ’Umkehr der Wissenschaft‘ unter die Botmäßigkeit der alleinseligmachenden Glaubensformel, wie die Fesselung des weiterstrebenden Gedankens durch die Principien abgelebter Systeme.“ 1862, da er zu dem Resultat gelangt: „Gott ist der schöpferische Urheber der Natur und die absolute Voraussetzung der Naturwissenschaft [263] selbst“, bietet er seine Auseinandersetzungen auch schon der Laienwelt dar. Indem er Physiologie und Physik, Geologie und Chemie weitgehend herbeizieht, strebt er die Erkenntniß an, daß religiöser Glaube und naturwissenschaftliche Einsicht sich sehr wohl vereinigen ließen. In „Gott und der Mensch“ bezeichnet er nun gar die Ergebnisse der Naturwissenschaften als die jetzt für ihn gültige „Basis festgestellter Thatsachen“, auf der er, Seele über Leib, Geist über Natur als Herrscher erhebend, die Grundlagen einer neuen Psychologie des Menschen errichtet. Der zweite Theil dieses groß entworfenen Werkes, das seine Weltanschauung mit allen Consequenzen darlegen sollte, war für Grundzüge der praktischen Philosophie, Naturrecht, Ethik und Aesthetik berechnet; nur der allgemeine Abschnitt und das Naturrecht liegen vor. Die praktische Philosophie soll das übliche Bewußtsein über Recht und Unrecht, Gut und Böse, Schön und Häßlich, Wahr und Unwahr klären, kräftigen, berichtigen. Nicht nationaler Wohlstand, der nur verderbliche Genußsucht erzeugen, nicht allseitige intellectuelle Bildung der Massen, die deren doch nicht fähig seien, sondern ethische Erziehung der Allgemeinheit sei mit allen Mitteln anzustreben, wenn man „dem drohenden Verfall der gegenwärtigen, auf der Basis des Christenthums und den Trümmern der antiken Kunst und Wissenschaft aufgebauten Cultur vorzubeugen“ abziele.

Idealistisch nennt U. seine Tendenz hier ausdrücklich; doch zeigt sich immer wieder, daß die Kategorie „theistisch“, die man für ihn und seine Genossen, I. H. Fichte, den nicht kanzelmäßigen Pastor Wirth, Carriere u. s. w. gebraucht, als Schultitel schlagender ist. Dabei bestritt er nie Dinge, die ihm als erwiesen galten, weil sie etwa seine bisherigen Annahmen durchkreuzten, und hat 1879 sogar in dem an Fr. Zöllner’s (s. d.) Mittheilungen über Slade’s Experimente und I. H. Fichte’s Besprechung anknüpfenden Referat „Der sogenannte Spiritismus eine wissenschaftliche Frage“ (Ztschr. f. Ph. u. phil. Krit. Bd. 74) den Anspruch der einschlägigen positiven Facten auf Rücksicht verfochten und sich dadurch einen heftigen Angriff Wilh. Wundt’s zugezogen. Andererseits verwickelte er sich in demselben Jahre (s. ebd.) „in Sachen der wissenschaftlichen Philosophie“ in eine Fehde mit Rich. Avenarius, wo er in der Hauptsache anti-empirische Ansichten vertrat. Vorurtheilslos erscheint U. dabei in der Regel, ganz ebenso wie wir ihn als fleißigen Recensenten („Ztschr. f. Philos.“ und „Jahrb. d. dtsch. Shakespeare-Ges.“) wiederfinden, und es muthet beinahe seltsam an, wenn man C. Grapengießer’s scharfe Polemik in der Schrift „I. Kant’s Kritik der Vernunft und deren Fortbildung durch J. F. Fries. Mit besonderer Beziehung zu den abweichenden Ansichten des Herrn Professor Dr. H. Ulrici“ (Jena 1882) liest, die freilich auf ganz äußerlich erwachsener Feindschaft und der zurückweisenden Zerfaserung von fünf Ulrici’schen Fundamentalsätzen viel älteren Datums, denen in den beiden, noch ultra idealistischen Bänden von „Das Grundprincip der Philosophie, kritisch und speculativ entwickelt“ (1846), beruht. Grapengießer fällt am Ende das herbe Verdict (S. 72): „Meine Ansicht von Ulrici’s Philosophie ist die: sie ist durchaus einseitiger Rationalismus und erkennt die Selbstständigkeit der Anschauung neben dem Denken nicht. Der Form nach ist sie offenbarer Dogmatismus, denn an ihrer Spitze steht der irrige und der richtigen Selbstbeobachtung widersprechende Satz: ’Jede geistige Thätigkeit ist ein Denken‘, und daraus wird dann alles Andere durch Analysis, Definitionen und Erklärungen abgeleitet.“ Diese stark subjective Kritik bleibe hier unkritisirt.

Man steht hiermit vor dem Gebiete von Ulrici’s philosophischem Schaffen, das seine Operationen überall stützte, seiner Logik. Auch wo er den Materialismus ablehnt, den man heutzutage freilich nicht mehr wegdisputiren könne, und alle Metaphysik, soweit sie starre Theorie, für höchst unsicher und gefährlich erklärt, [264] beruft er sich auf seine logischen Fundamente. Sein „System der Logik“ (1852) schreibt sich eine eigenthümliche Auffassung von der Natur der logischen Denkfähigkeit überhaupt und der Kategorieen insbesondere zu. Im Kampfe zwischen der alten formalen psychologischen und der speculativ metaphysischen Logik neigt U., der seine Hegel’schen Impulse und Allüren damals noch nicht verleugnen kann, einer vermittelnden Richtung zu. Er fußt auf dem Begriffe des Unterscheidens, sowol bezüglich der Denkthätigkeit selbst als ihrer Mannichfaltigkeit und Ordnung; besonders mit Trendelenburg berührt er sich, den eigenen Worten zufolge. Unter Ausscheidung der geschichtlichen Notizen kam derselbe Inhalt 1860 im „Compendium der Logik. Zum Selbstunterricht und zur Benutzung für Vorträge auf Universitäten und Gymnasien“ (2., neu bearbeitete u. vermehrte Auflage, 1872). Es bricht völlig mit der speculativen Tendenz und erkennt nur der formalen Logik ein Recht auf den Namen Logik und auf die Würde der ersten grundlegenden Disciplin der Philosophie wie aller Wissenschaften zu. Seine Darstellung führe nothwendig zu einer Weltanschauung, die dem religiösen Bewußtsein näher stehen dürfe als „der Pantheismus der neueren deutschen Speculation und der materialistische Atheismus, in den sie schließlich ausgeartet ist“. Das Büchlein ist nach der 1. Auflage als Schul-, wenigstens als Lehrbuch für die Praxis gedacht. Trotzdem mißt U. in der Vorrede zur zweiten ihm einen weit höheren Rang zu: „Ich erhebe den Anspruch, eine Reform der Logik an Haupt und Gliedern nicht bloß angebahnt, sondern vollzogen und ihr damit erst eine feste Begründung und sichern Halt gegeben zu haben. Ich erhebe diesen Anspruch, weil ich (schon in meinem ’System der Logik‘ und kürzlich in der kleinen Schrift ’Zur logischen Frage‘, 1870 [S.-A. aus d. Ztschr. f. Philos.] zur Evidenz dargethan zu haben glaube, daß nicht nur Hegel’s Identificirung der Logik mit der Metaphysik, sondern auch die neuerdings beliebte (von Trendelenburg u. A. vertretene) Verschmelzung derselben mit der Erkenntnißtheorie unhaltbar sei … Ich glaube meinerseits die logischen Gesetze erst deducirt und damit nachgewiesen zu haben, worauf ihre Gesetzeskraft beruht, warum sie schlechthin allgemeingiltige Gesetze unseres Denkens sind, und was der wahre Sinn derselben ist. Ich mache namentlich den Anspruch, zuerst erwiesen zu haben, daß und wiefern der Satz der Causalität (des sog. zureichenden Grundes) ein wirklich allgemeines Denkgesetz ist.“ Die innere-apriorische, d. h. logische, und die äußere-aposteriorische, d. h. factische Denknothwendigkeit verquickt wählte er als Basis aller Gewißheit, um darauf den Idealismus zu reformiren und damit einen gemäßigten Realismus ohne naturalistisch-extravagante Consequenzen zu verbinden. So bekämpfte er Hegel und Hegelianer, anderntheils die Linkenmänner, gegen deren streitbarsten Repräsentanten, David Friedrich Strauß, er noch 1872 (Sonderabdruck 1873) in einer scharfen Recension von „Der alte und der neue Glaube“ (Ztschr. f. Philos. 62, S. 286–332) zu Felde zog, ihm, der alle Logik verletze, die Philosophie rundweg absprechend.

Ein ausgestaltetes Lehrgebäude seiner Lieblingsdisciplin, der Aesthetik, zu vollenden, war U. nicht mehr vergönnt; daß es in seinem Plane lag, beweist der Hauptitel seines letzten größeren systematischen Handbuchs. Nach zwei Seiten hat er dies Fach gepflegt: der Kunstgeschichte, für die wol seiner ordentlichen Professur ein Lehrauftrag angefügt war, und der Litteraturästhetik. Der letzteren war er schon sofort bei Beginn seines Austritts aus der Juristencarriere nahegekommen, und sein ältestes Erzeugniß von breiterem Wurf, die abgebrochene „Geschichte der hellenischen Dichtkunst“ (2 Bände, 1835), gehört dahin. Das Vorwort dieser in der ersten Hälfte das Epos, in der zweiten die Lyrik verfolgenden Darstellung enthält etliche Gesichtspunkte, die für den Einblick in [265] Ulrici’s allgemeines ästhetisches Verständniß wichtig sind. Die Geschichte der Künste und Wissenschaften, sagt er dort, sind wesentlich Geschichte verschiedener Grundkräfte des menschlichen Geistes. Kunst und Wissenschaft, Religion und Staat, und alle in sich begreifend die Philosophie, sind ursprüngliche, nothwendige, nach göttlichen Gesetzen regierende Gewalten der Natur, im menschlichen Geist concentrirt, welche unter den Bedingungen der Zeit und des Raumes sich entwickelnd und fortbildend, vereinigt die Geschichte der Menschheit leiten, zugleich aber getrennt, jede ihre eigene Geschichte nach eignen Gesetzen durchläuft. Den innern Organismus der Kunst will U. möglichst klar entfalten, und als Leitmotiv für sein litterarhistorisches Urtheil prägt er sich den Satz: „Das Kriterium der Wahrheit ist hier die Harmonie der Schönheit.“ Die beiden starken Bände sind höchst gelehrt und mit zahllosen Belegangaben, auch aus den neuesten philologischen Untersuchungen, versehen, in der Form ziemlich schwerflüssig, obwol, was das Vorwort verschweigt, von Haus aus der Text öffentlicher Vorlesungen. In der Religion gipfelt ihm die Größe altgriechischen Geistes, und den Fäden, die von der Kunst zu ihr und den andern Culturäußerungen laufen, schenkt er seine ganze Aufmerksamkeit. Die „ästhetische Einleitung“, d. i. Entwicklung der Idee der Kunst überhaupt sammt Entwicklung der verschiedenen Zweige der Kunst in ihrer Nothwendigkeit, und die „historische Einleitung“, d. i. Bedeutung und Charakter des hellenischen Volkes und seiner Geschichte sowie erste Anfänge der letzteren, geben sich als „eben nur hingeworfene Ideen, die zur Erklärung der folgenden geschichtlichen Darstellung und des Sinnes, in dem sie unternommen wurde, einen Beitrag geben sollten.“ Daß sie trotzdem Eindruck nicht verfehlten, beweist G. H. Bode’s gleichbetiteltes Werk (1838–40), wo der Einleitung 3. und 10. Abschnitt ersichtlich nach Ulrici’s Vorbild eingeschoben sind, wie auch ganz dieselbe Disposition für das Ganze vorschwebt. Trotzdem wird U. bei Bode nirgends erwähnt, während im ’Vorwort‘ ohne Namensnennung gegen sein Betonen der erzielten „allgemeinen Resultate“ das Recht der Specialforschung verfochten wird. U. freilich sprach die Hoffnung aus, daß der geneigte Leser, den er wie stets in den weitesten Kreisen wünschte, sein Werk nicht bloß aus dem philologischen, sondern auch aus dem allgemein-menschlichen oder philosophisch-historischen Gesichtspunkte betrachte.

Man darf nach alledem U. nirgends für einen Litterarhistoriker im engeren Sinne halten. Dazu gebrach es ihm in der Regel an den unentbehrlichen philologischen Unterlagen und an der vollen ungetrübten Objectivität. Wie in „Glauben und Wissen“ S. III so nennt er G. d. h. D. I,4 als Repräsentanten der neuesten „großen Heroen der Kunst“ Ludwig Tieck mit Goethe und Schiller in einem Athem. Sollte der Umstand, daß Tieck die Novellen, die U., nachdem er eben umgesattelt hatte, schrieb, günstig aufgenommen hatte, hier nachwirken? Seine Maßstäbe sind hier allenthalben ästhetisch-subjectiv, und wo er positive Litteraturkritik ausübt, lautet sie öfters arg voreingenommen. Man darf ihn somit nicht unter die Reihe schätzbarer Männer stellen, die um die Mitte dieses Jahrhunderts bei uns „die Litterarhistorik zu hoher Vollkommenheit und Geltung gebracht“ haben, wie J. Scherr, Allg. Gesch. d. Lit.5 II, 286 noch 1875 that; dieser ist freilich derselbe, der (ebd. S. 20 u. 22 f.) Ulrici’s lediglich abgeleitete Schilderung der vorshakespeare’schen Dramatik und Bühnenverhältnisse als Orientirungsmittel empfiehlt bezw. auszieht, dabei vergessend, daß sein Spott und Angriff wider diejenigen, die Shakespeare auf eine bestimmte kirchliche Confession einschwören (S. 34 f.), vor allem U. treffen müßte. Nichtsdestoweniger dürften die Verdienste, die er sich um die Würdigung und Bekanntmachung der Schönheiten von Shakespeare’s Muse, um die genauere Kenntniß seiner dichterischen Persönlichkeit erwarb, erheblicher anzuschlagen sein, als gegenwärtig, da man diesen [266] Meister entweder exact „anglistisch“ oder jungrealistisch zu commentiren beliebt, gemeiniglich geschieht. An vier Jahrzehnte hat U. sich mit Verehrung und ehrlichem Ringen in den Geist des gewaltigen Briten wieder und wieder vertieft und, dessen nationale Seiten etwas vernachlässigend, seinen Posten innerhalb der Weltliteratur und der deutschen Cultur sauber zu umschreiben gesucht. Der eine nicht übermäßig dicke Band „über Shakespeare’s dramatische Kunst und sein Verhältniß zu Calderon und Goethe“ (1839) wuchs in der 2. Auflage (1847) unter dem Schilde „Shakespeare’s dramatische Kunst. Geschichte und Charakteristik des Shakespeare’schen Dramas“ zu zweien, endlich die dritte (1868/69, neue Ausgabe 1874) gar auf drei an, die dann als „Shakespeare’s Dramatic Art. Translated from the Third Edition of the German, with Additions and Corrections by the Author, by L. D. Schmitz“[WS 1] (Lond. 1876) des Dichters Landsleute belehrten. Während nun die erste Fassung nach Maßgabe „der christlichen Aesthetik“ die einzelnen Werthe bei Shakespeare zu bemessen suchte, gleichzeitig aber den Vorwurf, als hätte er den großen Dichter, der als solcher gar kein Christ zu sein brauche, zum Proselyten oder gar zum Pietisten oder vor dem Richterstuhle der religiösen und moralischen Pedanterie zum armen Sünder gemacht, im Voraus ablehnt, fällt nach den erweiternden, auch sachlich einschneidenden Umschmelzungen das Gewicht immer mehr auf diejenige Anschauungsweise, die, durch U. eben am nachdrücklichsten verkörpert, in der ältesten Formulirung (S. VII ff.) wie folgt gefaßt wird: „Darum habe ich seine Dramen in ihrem organischen Schwerpunkte, d. h. von Seiten jenes innersten, geheimen Lebensfunkens, jener ideellen Einheit, die erst jedes Kunstwerk zur lebendigen Schöpfung im Gebiete der Schönheit macht, zu erfassen gesucht“. Diese „Ideen“-Theorie hat U. dann dauernd festgehalten und sogar stetig ausgestaltet, so daß er schließlich, als er in einem einzigen Stücke, in „Was ihr wollt“, keine dramatisirte Doctrin herauszuklauben vermochte, eben dies Fehlen einer „Idee“ für die dramatische Idee ausgab. Immerhin ist es übertrieben, diese krankhafte Manie mit R. G. White so herb abzutrumpfen, daß man sagt: „U. ist ein verrückter Mystiker … warf sich in so aufdringlicher Weise auf Shakespeare, daß, wenn dieser der Gruft entstiegen und wieder die Feder zur Hand nehmen könnte, ich in keines von beiden (der andere ist G. G. Gervinus) Schuhen stecken möchte.“ Im Gegentheil, Ulrici’s Behandlung der Bedeutung Shakespeare’s gebührt das Lob, viele Dunkelheiten erhellt und zur Verfeinerung unseres Urtheils über ihn mancherlei beigetragen zu haben. M. Carriere’s Nekrolog weist schön die Triebfeder Ulrici’s darin nach, den Hang zur göttlichen Weltordnung, der Schicksal und Gemüth sich decken läßt, oder, wie er der ersten Vorrede hätte entnehmen können: „Es ist kein Paradoxon mehr, daß in der Kunst die herrlichsten, höchsten und schönsten Blüten sich entfalten, daß auch sie ein Mittel der Offenbarung Gottes, ein Hebel für den Fortschritt der Weltgeschichle zu ihrem großen Ziele sei.“ Der tiefere Ursprung des tragischen und des komischen Moments, die Fülle der Ereignisse und Charaktere treten bei U. in ein neues, oftmals überraschendes Licht.

Diese Sucht, bei Shakespeare, einem der wenigst lehrhaften Genies der Weltpoesie, überall ein philosophisches Theorem als Basis vorauszusetzen – Edwin Bormann’s ultra-baconianisches standard book „Das Shakespeare-Geheimniß“ (1894) hätte bequem sich da anlehnen können – waltet auch in den einschlägigen Abschnitten des tüchtigen Ueberblicks vor, den U. als „Geschichte Shakespeare’s und seiner Dichtung“ der unter seiner Redaction „sorgfältig revidirten und[WS 2] theilweise neu bearbeiteten, mit Einleitungen und Noten versehenen“ Schlegel-Tieck’schen Shakespeare-Verdeutschung in der Neuausgabe der deutschen Shakespeare-Gesellschaft (1867–71; 2., aufs neue durchgesehene Aufl., [267] 1876 f.) I, 3–103, in deren Auftrag voranstellte. Im übrigen faßt diese Abhandlung besonders die historischen Momente ins Auge und beruft sich für Einzelnes stets auf das Specialwerk, dessen dritte Auflage damals gerade abgeschlossen wurde. Jene Aufgabe war in Ulrici’s Hand gelegt worden, weil er mit 1867 zum 1. Präsidenten der Gesellschaft erwählt war, ein Amt, das er, in den regelmäßigen „Jahresberichten“ gute Uebersichten abstattend und fast stets zum üblichen Festvortrag bereit, bis 1878 (dann Ehrenpräsident) ansprechend ausgefüllt hat. Auch als fleißiger Mitarbeiter am „Jahrbuch der deutschen Shakespeare-Gesellschaft“ bethätigte er sich, sowol mit fördernden Abhandlungen, wie „Christopher Marlowe und Shakespeare’s Verhältniß zu ihm“ (I), „Ueber Shakespeare’s Fehler und Mängel“ (III), „Ueber Shakespeare’s Humor“ (VI), als durch Recensionen und kleine Hinweise. Seine Beschäftigung mit Shakespeare seit 1863 überblickt man am bequemsten im Jahrb. d. dtsch. Sh.-Ges. 29/30 (1894), S. 482 b, wo sämmtliche Beiträge und Erwähnungen verzeichnet sind. Der Vollständigkeit halber sei zunächst noch hinzugefügt: „Die Shakespeare-Litteratur bis Mitte 1854. Zusammengestellt und herausgegeben von Ph. H. Sillig. Ein bibliographischer Versuch, eingeführt von Dr. H. Ulrici“ (1854), wo allerdings das „Vorwort. Von Professor Dr. H. Ulrici“ (S. V bis VI) ganz äußerlich gehalten ist. Ferner begann 1853 zu erscheinen: „Shakspeare’s Werke. Im englischen nach den besten Quellen berichtigten Text. Mit kritischen und erläuternden Anmerkungen von Dr. Hermann Ulrici“, veranlaßt durch das unleugbare Bedürfniß nach einer handlichen Ausgabe mit verläßlicher Textconstitution und gründlichem für deutsche Leser bestimmten Commentar. Jedoch trat nur ein Bändchen, „Romeo und Julie“ enthaltend, hervor; es scheint also, daß der erhoffte Anklang, von dem die Fortsetzung abhängig gemacht wurde, ausblieb. Dies Bändchen läßt das Abbrechen bedauern; interessant ist es auch deshalb, weil es sofort dem eben vorher ausposaunten Funde des J. P. Collier’schen Pseudocorrectors von 1632 mit offenem Zweifel entgegentrat und seine „Besserungen“ scharf unter die Lupe nahm. Zieht man ein Gesammtfacit, so möge man sich vor dem unbedingten Spotte der Shakespeare-„Realisten“ ebenso hüten wie vor der Bewunderung, die der Stamm der Ausleger alter Schule der Ulrici’schen Methode spendete. Diese besitzt jedenfalls vor den meisten Ansätzen zur Charakteristik des vieldeutigsten aller Dichterfürsten das voraus, die Totalität seiner Persönlichkeit, den Zusammenhang seiner Eigenthümlichkeiten nicht aus dem Horizont zu verlieren; das räume man ein, unbeschadet allen Tadels, den man wider hineingeheimnißte Einzelheiten vorbringen mag. Vgl. bei Ulrici’s Gegner Wetz, Shakespeare vom Standpunkte der vergleich. Litteraturgesch. I, 374–76.[1]

Die ästhetischen Studien haben U. auch zur engeren Kunstgeschichte fortschreiten heißen, und er hat über verschiedene Gegenstände daraus wiederholt Vorträge gehalten, auch mehrere Abhandlungen verwandten Inhalts ausgearbeitet. Die meisten sind 1876 als sein letztes selbständiges Buch zusammen gedruckt worden, und der Titel „Abhandlungen zur Kunstgeschichte als angewandter Aesthetik“ erklärt schon seine Absicht und Stellungnahme. Die Vorrede dazu ist ebenso programmatisch wie die früheren Geleitworte. Da die Schönheit Anschauung und Begriff sei, keine Thatsache, so befasse er sich im wesentlichen mit Kunstideen, die als nicht ermittel- oder erweisbar die Kunstgeschichte errathen müsse. Am Ende hält er jede Einigung mit seinen principiellen Gegnern für ausgeschlossen. Der nur 291 Seiten starke, aber sehr gehaltvolle Band enthält: I. Ueber den Gegensatz der antiken und der neueren (christlichen) Kunst, – des Plastischen und des Pittoresken; II. Der Begriff des Styls. Die verschiedenen Baustyle als Hauptausdrucksformen des Geistes und Charakters der Bildungs-Epochen [268] der neueren Kunst; III. Die Entwickelung des Madonna-Ideals in ihren Hauptstadien; IV. Zur Charakteristik der großen Meister der Blüthezeit der Malerei (Fra Giovanni, Angelico und Masaccio, Lionardo da Vinci, Michelangelo Buonarroti, Tizian, Raphael, Correggio, Dürer); IV. Zur Erläuterung des Begriffs des Dramas. Die letzte Nummer bietet drei Aufsätze dar, die Shakespeare’s dramatischen Stil betreffen und die beiden der zweiten Auflage des Shakespeare-Werkes angehängten Essays über der Weimarer Dichterdioskuren Beziehungen zu jenem umgemodelt herübernehmen: Shakespeare und die bildende Kunst; der Begriff des Humors in Shakespeare’s Sinne; Goethe und Schiller in ihrem Verhältniß zu Shakespeare. In ihnen macht U. gegen die Verachtung „aller dreier als eingefleischter Idealisten“ und Shakespeare’s Herabsetzung überhaupt entschieden Front.

Der dritte Artikel dieses Buches wiederholt einen am 27. Februar 1854 gehaltenen und damals auch gedruckten Vortrag „Ueber die verschiedene Auffassung des Madonnen-Ideals bei den ältern deutschen und italienischen Meistern“, aber mit zahlreichen Ausdrucksänderungen, besonders zur Prägnanz, Zusätzen und einer Reihe ausführender Fußnoten. Und dieses Bestreben sorgfältigster Revision und mittlerweile nöthig gewordener Ergänzung findet man bei jeder Neubearbeitung Ulrici’s. Der Text schwoll ihm dann unter der Feder häufig außerordentlich an; aber stets wog er auch die Knapp- und Klarheit der einzelnen Wendung ab und bemühte sich, statt Schwung und Anmuth Einfach- und Angemessenheit der Form einzusetzen. Wol seine sämmtlichen Vorreden betonen diesen Zweck des von ihm gewählten sprachlichen Gewandes, der von der Thatsache der ihm so oft vorgeworfenen Dunkelheit seltsam absticht. Umsomehr ist dies zu beachten, da er sich stets als „Philosoph von Profession“ ansah und noch in der letzten seiner Vorreden direct so nannte, allen Anspruch auf den Titel eines Kunsthistorikers oder auch nur speciellen Aesthetikers abweisend.

Die Wichtigkeit der Vorreden für den Verfolg von Ulrici’s philosophischem Forschen und entsprechendem schriftstellerischen Darstellen wird nach dem Bisherigen einleuchten. Er scheint sie stets mit Peinlichkeit ausgearbeitet zu haben, und so haben sie als vornehmlichste Quelle zur Erkenntniß seines litterarischen Schaffens und der Art, wie sich seine Anschauungen darin abspiegeln, zu gelten. Als Grundlage der äußeren Daten diente uns eine im „Leipziger Tageblatt“ vom 13. Januar 1884 unter Chiffre ♀[WS 3] abgedruckte Correspondenz aus Halle a/S. vom 12.; sichtlich aus authentischen Angaben geschöpft, stellt sie manches anderwärts Falsche richtig. An eingehenderen Nekrologen erschien nur einer von Ulrici’s Gesinnungsgenossen Moritz Carriere, in der „Beilage zur (Augsburger) Allgemeinen Zeitung“ 1884, Nr. 39 (8. Februar), S. 569 f., und abgedruckt in Carriere’s „Lebensbildern“ (1890), S. 335–344 (ebd. S. 309–334, aus der „Beil. z. Allg. Ztg.“ von 1879, eine schlagende Charakteristik von Ulrici’s älterem Mitstreiter I. H. Fichte); er überschaut verständlich die festgegründete Weltanschauung Ulrici’s, wie sie sich in allem was von ihm unter die Druckpresse wanderte, abspiegelt, ist liebevoll und ungemein sachkundig geschrieben und nur im Todesdatum (14. Januar) und durch den Berliner Gymnasialbesuch (nach Ulrici’s Angabe richtig in F. A. Eckstein’s Nomenclator philologorum, S. 579) zu corrigiren. Nachrufe im Jahrb. d. dtsch. Shakespeare-Ges. XIX, 319 und XX, 37–39. Die oben ausgehobene Auslassung R. G. White’s (der merkwürdiger Weise in seinem bezüglichen Hauptwerke „Shakespeare’s Scholar: being historical and critical studies of his text, characters, and commentators“, 1854, U. nicht erwähnt) über U. als Shakespeare-Erklärer, ist aus „Studies in Shakespeare“ (1885), S. 54, übersetzt. Die Notiz von Ulrici’s Ausspruch über den „Idee“-Mangel in „Was ihr wollt“ nach mündlicher Mittheilung [269] Otto Roquette’s (vgl. dessen „70 Jahre“, 1894, I, 262 [u. 293]; Ztschr. f. d. dtsch. Unterr. VIII, 392). Kritisches zu Ulrici’s philosophischer Richtung liefern Grapengießer’s angeführte Schrift (1882), sowie, mehr an U. angelehnt, doch auch mit abweichenden Resultaten Ernst Melzer, Erkenntnißtheoretische Erörterungen über die Systeme von Ulrici und Günther: 23. Bericht der Philomathie in Neisse, 1886, S. 1–54. Von neueren französischen Encyklopädien verzeichnet ihn wol nur Dantès, Dictionnaire biographique et bibliographique (1875), Sp. 1007 b, die Büchertitel mehrfach verdrehend und combinirend. Zum äußeren Leben W. Schrader, Gesch. der Friedrichs-Universität zu Halle II, 71 und 269 bis 273.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 267. Z. 15 v. u.: Die „Geschichte des studentischen Shakespeare-Vereins in Halle a. S. während der Jahre 1864–1889“ (Halle 1889) bemerkt für die Zeit seit 1876 auf S. 49 f.: „Ulrici las nicht mehr über Shakespeare, schon früher hatte er jeden Besuch bei uns [vgl. ebd. S. 21, auch S. 15 u. ö.] mit der ebenso höflichen wie bestimmten Erklärung abgelehnt, daß ihm die freie Forschung bei uns zu lieb wäre, als daß er sie durch sein Erscheinen einengen sollte“. Daß die betreffenden Kreise der akademischen Jugend aber gleichwol mit U. in guten Beziehungen blieben, beweist ihre herzliche Theilnahme bei seiner studentischen Ehrung 1881 (s. ebd. S. 65). [Bd. 45, S. 675]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Leonhard Schmitz (?)
  2. Vorlage: und und
  3. Vorlage: Darstellung „Venus-Symbol“ umgedreht