Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Trechsel“ von Karl Steiff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 552–554, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Trechsel&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 09:04 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Trechsel, Friedrich
Band 38 (1894), S. 552–554 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
OFF in der Wikipedia
GND-Nummer OFF
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|38|552|554|Trechsel|Karl Steiff|ADB:Trechsel}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=OFF}}    

Trechsel ist der Name mehrerer deutscher Buchdrucker und Verleger, die gegen Ende des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Lyon eine bedeutende Thätigkeit entwickelten. Der erste unter ihnen ist Johannes T., sein frühester datirter Druck fällt ins Jahr 1488 (nicht 1487), sein letzter – über dem der Tod ihn ereilte – gehört dem Jahr 1498 an. Wenn Rettig’s Vermuthung (Berner Taschenbuch 1878, S. 283 f.) zuträfe, so würde er aus Burgdorf bei Bern stammen, wo der Name T. heute noch vorkomme, und wohl gar identisch sein mit dem anonymen Drucker, der um 1475 in genanntem Burgdorf thätig war. Allein die Typen des letzteren haben wir wenigstens in keinem der uns zugänglichen Trechsel’schen Drucke wieder gefunden; überdies kommt der Name T. nach Ausweis der Universitätsmatrikeln in jener Zeit an den verschiedensten Orten vor (z. B. in Vilseck, Kranach, Heidenheim, Rotenburg), vor allem aber in Nürnberg, und wenn uns in der Erfurter Matrikel beim Jahr 1454 ein Johannes Drechsel de Nurenberga begegnet, so ist es gar nicht unmöglich, daß wir hier eben den späteren Lyoner Drucker vor uns haben. Der letztere besaß nach allem, was wir feststellen konnten, in der That auch gelehrte Bildung. Seine beträchtlichen Mittel erlaubten ihm allerdings, und der Umfang seines Geschäftes nöthigten ihn wohl auch, einen besonderen Corrector, d. h. einen gelehrten Beistand, sich zu halten. Ob freilich der Grieche Lascaris ihm solche Dienste leistete, ist zum wenigsten zweifelhaft; sicher dagegen ist, daß der Humanist und Dichter Jodocus Badius, der damals in Lyon über griechische und römische Litteratur vortrug und später einer der bedeutendsten Pariser Buchdrucker [553] seiner Zeit geworden ist, seit 1491 von J. T. förmlich als Corrector angestellt war. Da Badius in der Folge J. Trechsel’s hochgebildete Tochter Thalia heirathete und von den Töchtern aus dieser Ehe die eine mit Robert Etienne, eine andere mit Johann Roigny, eine dritte mit Mich. Vascosan sich vermählte, der Letzteren Tochter aber die Frau von Fréd. Morel d. Ae., die Mutter von Fréd. Morel d. J. wurde, so hängen eine ganze Reihe von Druck- und Verlagshäusern und darunter die wichtigsten, die Frankreich im 16. Jahrhundert aufzuweisen hatte (die Etienne und Morel), mit unserem Meister sehr nahe zusammen. Was nun aber J. Trechsel’s Bedeutung selbst betrifft, so kann er unbedenklich als einer der ersten unter den Lyoner Druckern des 15. Jahrhunderts – Lyon war damals nach Venedig die zweite Metropole des Buchdrucks – bezeichnet worden. Schon die Anzahl seiner Drucke ist verhältnißmäßig groß, Hain kennt ihrer 41, darunter umfangreiche Foliowerke, aus allen wissenschaftlichen Fächern, vorwiegend aus dem der Theologie; ihre Zahl ist aber hiermit und auch mit den drei weiteren, die Péricaud aufführt, sicher nicht erschöpft. Aber auch um der Trefflichkeit ihrer Leistungen willen, wegen der Correctheit ihrer Drucke und, wo es sich um alte Texte handelte, wegen der umsichtigen Verwerthung der Handschriften war diese Presse sehr geschätzt. Bildlichen Schmuck hat T. selten angewandt; doch verleugnet der Mann auch hierin seine Tüchtigkeit nicht. Von den Holzschnitten der Terenz-Ausgabe von 1493 sagt Lippmann im Jahrbuch der kgl. preußischen Kunstsammlungen V, 25 f., daß sie „den Anspruch erheben dürfen, dem Besten, was die Epoche auf diesem Gebiet hervorgebracht hat, zugezählt zu werden.“ Sein Druckerzeichen war einfach: auf schwarzem oder rothem Grund ein Doppelkreuz aus einem Kreis emporsteigend; links und rechts davon, im Kreis, die Buchstaben J. T. – Dem Vater wenn nicht gleich an Bedeutung, so doch nahe stehen seine Söhne Melchior und Kaspar T. Sie waren bei des ersteren Tod wohl noch nicht erwachsen, da dessen letzter Druck nicht von ihnen, sondern von dem Buchdrucker Joh. Cleyn zu Ende geführt wurde. Wenn aber ihr frühester bekannter Druck gar erst in’s Jahr 1530 fällt, so hat dies nur einen zufälligen Grund in dem Mangel an genügenden bibliographischen Werken über das 16. Jahrhundert. Daß sie schon vor genanntem Jahre als Verleger bezw. Drucker thätig waren, ersieht man aus einem Actenstück vom Jahre 1526, betreffend den Nachlaß des Basler Formschneiders Hans Lützelburger (s. A. D. B. XIX, 718 f.). Darnach waren die von diesem Meister geschnittenen Hans Holbein’schen Bilder zum Alten Testament durch Melchior T. bestellt – was also jedenfalls vor 1526, vielleicht mehrere Jahre vorher, geschehen war – und sie wurden in der That auch von den beiden Brüdern T. zuerst im Druck herausgegeben, allerdings erst 1538, und zwar sowohl für sich allein mit dem Titel „Historiarum veteris instrumenti icones ad uiuum expressae“ (wiederholt 1539), als auch in Verbindung mit einer Ausgabe der Vulgata. Und noch ein anderes berühmtes Holzschnittwerk Hans Holbein’s d. J. ist von den beiden T. in die Oeffentlichkeit eingeführt worden, die Todesbilder, die mit dem Titel „Les simulachres et historiees faces de la mort“ im gleichen Jahr 1538 erschienen. Wir haben damit bereits einige der wichtigsten Drucke dieser Presse kennen gelernt und fügen ihnen noch zwei weitere an: des Ptolemäus Geographie (latein.) von 1535 und des Santes Pagninus lateinische Bibelübersetzung von 1542. Beide sind von Michael Servet (unter dem Namen Villanovanus) besorgt und das letztere Werk ist von ihm zugleich mit Anmerkungen versehen, an welchen später die Genfer Richter des unglücklichen Mannes Anstoß nahmen. Wenn hiernach Servet bei seiner wiederholten Anwesenheit in Lyon (und Vienne) zum Theil für die T. thätig war, so geschah dies doch wohl nur in freierer Weise, nicht in der Stellung eines förmlichen [554] Correctors, als welcher in der Bibelausgabe von 1542 vielmehr ein anderer Gelehrter (Joh. Nic. Victorius) erscheint. Außer den genannten Drucken haben wir noch etwa 40 – damit aber jedenfalls lange nicht alle – festgestellt; sie gehören wie die Joh. Trechsel’s den verschiedensten Gebieten an und sind im Unterschied von den oben genannten zu einem großen Theil für andere Verleger gefertigt. Auch diese jüngeren T. gebrauchten übrigens eine Druckermarke; dieselbe besteht in einer allegorischen Darstellung, welche wol die alles beherrschende Macht der Vernunft oder etwas Aehnliches bedeuten soll. Auf einem Postament eine dreiköpfige Büste mit Flügeln, unter derselben ein aufgeschlagenes Buch mit der Inschrift: Γνωθι σεαυτον am Fuße des Postaments eine Schlange und mit Ketten an ersteres gebunden zwei Kugeln (eine davon die Weltkugel) – das sind die wesentlichen Theile dieses Druckerzeichens. Um dasselbe steht dann noch gedruckt: Vsus me Genuit. Wie lange die Thätigkeit der beiden Brüder währte, liegt im Dunkeln. Melchior’s Namen haben wir auf einem Druck von 1539 zum letzten Mal gefunden; auf einem solchen von 1541 kommt nur noch sein Bruder vor. Von Kaspar T. sagt Péricaud a. u. a. O. II, 32, er habe 1541 und 1542 in Vienne gedruckt, 1544 aber finde man ihn wieder in Lyon. Wir wissen nicht, wie weit dies richtig ist. Jedenfalls giebt es aus den erstgenannten Jahren Drucke von ihm, die aus Lyon datirt sind, und nach 1542 sind wir seinem Namen nicht mehr begegnet, auch nicht in neuen Auflagen von Werken, die zuerst bei ihm gedruckt worden waren. Ist er über 1542 hinaus noch thätig gewesen, so sicher nicht mehr lange. Mit ihm verschwindet der Name T. aus der Lyoner Druckergeschichte, in welcher er mehr als ein halbes Jahrhundert eine hervorragende Rolle gespielt hat.

Vgl. in Betreff Johannes Trechsel’s Hain’s Repertorium bibliographicum (mit Burger’s Register). – Péricaud, Bibliographie lyonnaise du XVe siècle I. (nouv. éd.) II.–IV., Lyon 1851–59, bes. I, Nr. 53, 98, 102, 128; II, p. 14 sq. – In Betreff Melchior und Kaspar Trechsel’s vgl. die Bibliographien von Maittaire, Panzer und Hirsch; ferner: Jahrbücher für Kunstwissenschaft. Jahrg. 3, 1870, S. 165 ff. – Woltmann, Holbein und seine Zeit, 2. Aufl., Leipzig 1874/76 (s. Reg.). – Breghot du Lut & Périgaud, Biographie lyonnaise, Paris 1839, ist uns nicht erreichbar gewesen. – Joh. Trechsel’s Druckerzeichen findet sich bei Brunet, Manuel du libraire, 5 éd., T. III, col. 413 und (mit Typenproben) bei Thierry-Poux, Premiers monuments de l’imprimerie en France, Paris 1890, (Pl. XXIII, 1, 2), dasjenige seiner Söhne s. bei Brunet a. a. O. T. V, col. 1691.