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Artikel „Tiedemann, Dietrich“ von Otto Liebmann (Philologe) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 276–277, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tiedemann,_Dietrich&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 13:40 Uhr UTC)
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Tiedemann: Dietrich T., eklektischer Philosoph und Geschichtschreiber der Philosophie, geboren am 3. April 1748 zu Bremervörde im Herzogthum Bremen als Sohn des rechtskundigen Bürgermeisters T. Nachdem er auf den Schulen in Bremervörde, in Verden und auf dem lutherischen Gymnasium (Athenäum) zu Bremen seine Vorbildung genossen hatte, bezog er 1767 die Universität Göttingen, wo er bei Kästner mathematische Vorlesungen hörte, von Weber in das Gebiet der Philosophie eingeführt wurde und sich im übrigen dem Studium der Theologie widmete. Durch seinen Jugendfreund Meiners, der mit ihm zusammen in Göttingen studirte, vielfach gefördert, gab er schließlich die theologische Laufbahn auf, versenkte sich statt dessen in die philosophische Litteratur und faßte zugleich, durch Reisebeschreibungen angeregt, den Plan, eine Geschichte der Menschheit zu schreiben. Im J. 1769 übernahm er eine Stelle als Hofmeister [277] der Kinder des Barons Budberg in Livland, kehrte von dort 1774 nach Göttingen, wo inzwischen Meiners Professor geworden war, zurück und vervollkommnete in Heyne’s philologischem Seminar seine Kenntniß der classischen Sprachen. Auf Heyne’s Empfehlung wurde er 1776 zum Professor der lateinischen und griechischen Sprache am Collegium Carolinum in Kassel ernannt. Seine freie Zeit benutzte er hier zu erneutem eifrigem Studium der Philosophie und ihrer Geschichte; er neigte sich materialistischen Anschauungen zu, wurde aber durch Tetens in persönlichem und brieflichem Gedankenaustausch von diesen Ansichten gänzlich zurückgeführt. Kant’s Kritik der reinen Vernunft interessirte ihn aufs lebhafteste, ohne ihn jedoch ganz für sich zu gewinnen und seinen, theils auf Leibnitzischer Metaphysik, theils auf Locke’scher Erkenntnißtheorie beruhenden Ueberzeugungen untreu zu machen. Im J. 1778 verheirathete sich T. mit Sophie Rothausen in Kassel. Als 1786 die Mehrzahl der Professoren des Collegium Carolinum an die Universität Marburg versetzt wurde, siedelte auch T. dorthin über, erhielt in Marburg die ordentliche Professur für Philosophie und wurde bald darauf zum Hofrath ernannt. Seine Vorlesungen an der Universität erstreckten sich über Logik, Metaphysik, Naturrecht, Moral und Philosophie der Geschichte. Aus seiner Ehe gingen vier Kinder hervor, von denen der älteste Sohn, Friedrich T. (s. u.), sich als Mediciner einen sehr geachteten Namen erworben hat. T. starb zu Marburg am 24. Mai 1803. – Von seinen sehr zahlreichen Schriften, die theils ins historische, theils ins theoretische Gebiet hineinfallen, mögen hier folgende hervorgehoben werden: „System der Stoischen Philosophie“ (3 Theile, Leipzig 1776); „Untersuchungen über den Menschen“ (3 Theile, Leipzig 1777–78); „Griechenlands erste Philosophen etc.“ (Leipzig 1780); „Hermes Trismegist’s Poemander und Asklepias, oder von der göttlichen Macht und Weisheit“ (Berlin u. Stettin 1781); „Theaetet, oder über das menschliche Wissen, ein Beitrag zur Vernunftkritik“ (Frankfurt a. M. 1794); „Geist der speculativen Philosophie“ (6 Bände, Marburg 1791–97); „Handbuch der Psychologie, herausgegeben mit einer Biographie des Verfassers von L. Wachler“ (Leipzig 1804). In Tiedemann’s handschriftlichem Nachlaß fanden sich außerdem reiche Materialien zu einer Geschichte der Menschheit vor.

F. W. Strieder’s Hessische Gelehrtengeschichte XVI, 182, woselbst ein vollständiges Register von Tiedemann’s Schriften. – K. W. Justi in den Hessischen Denkwürdigkeiten 4. Thl., 2. Abth., S. 46 ff. – Meusel’s Gelehrtes Teutschland VIII ff.