ADB:Theile, Karl Gottfried Wilhelm

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Artikel „Theile, Karl Gottfried Wilhelm“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 672–673, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Theile,_Karl_Gottfried_Wilhelm&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 03:35 Uhr UTC)
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Theile: Karl Gottfried Wilhelm Th., evangelischer Theologe, † 1854. Als in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts der theologische Rationalismus mit dem damaligen (mechanischen) Supranaturalismus rang, begegnen uns mehrere angesehene wissenschaftliche Theologen in der Mitte zwischen beiden Geistesrichtungen, indem sie bald dem Rationalismus einen supranaturalen Inhalt zusprechen, bald dem Supranaturalismus eine rationale Begründung geben wollen. Man spricht daher von supranaturalistischen Rationalisten und rationalistischen Supranaturalisten. Zu ersteren dürfte Karl Gottfried Wilhelm Th. zu rechnen sein, ein Theologe von ehrlicher wissenschaftlicher Gesinnung, aber ohne tiefer wirkende Productivität; er vertrat wie Tschirner, Winer u. a. in der Leipziger theologischen Facultät jenes Schwanken zwischen Rationalismus und Supranaturalismus, welches anhielt, bis der Facultät durch Harleß, Kahnis, Delitzsch und Luthardt ein bestimmtes confessionelles Gepräge gegeben wurde. – Th. wurde am 25. Februar 1799 zu Groß-Corbetha bei Merseburg geboren; 1823 promovirte er in Leipzig, wurde dort 1830 außerordentlicher, darauf ordentlicher Professor und starb daselbst am 8. October 1854. Er galt bei Schülern und Freunden als ein wegen seines wissenschaftlichen Strebens, seiner rastlosen Thätigkeit und seltenen Herzensgüte hoch geachteter und geliebter Lehrer. Seine wissenschaftlichen Verdienste beruhen auf der streng gelehrten Erklärung des Jakobusbriefes (s. unten), den er für eine der ersten, wenn nicht die erste Schrift des neuen Testamentes selbst hielt, und auf der Verbreitung des Urtextes des Alten und des Neuen Testamentes durch seine (mit R. Stier herausgegebene) Polyglottenbibel. In die durch Harleß in Sachsen gepflegte confessionelle Theologie konnte sich Th. nicht finden; denn ihm schien, daß dieser Führer der Confessionellen „den Heiland der Welt zum Seligmacher der kleinen Heerde herabsetze.“ (Beiträge, s. unten, S. 42.)

Theile’s öffentlich erschienene Schriften sind folgende: „De trium priorum Evangeliorum necessitudine. Diss. I“ (Lps. 1823); „Christus und die Vernunft. Drei akademische Reden nebst erläuternden Beilagen. Zum 25. Juni 1830“ (Leipz. 1830); „Commentarius in Novum Testamentum Vol. XVIII“ (separat: „Commentarius in epistolam Jacobi“, Leipz. 1833); „Tabula rerum dogmaticarum compendiaria. In usum schol. academ. priv. repetitionis concinn.“ (Lps. 1830); „Zur Biographie Jesu“ (1837); „Thesaurus literaturae theolog. acad. sive recensus dissertationum, programmatum aliarumque commentationum theologicar. etc. Ex disciplinar. ord. disponendum cur.“ Ps. I, ed. I 1840 (Lips. 1841). Mit R. Stier gemeinschaftlich: „Polyglotten-Bibel zum prakt. Handgebrauch. Die ganze heil. Schrift A. u. N. Testaments in übersichtl. Nebeneinanderstellung des Urtextes, der Septuaginta, Vulgata und Luther-Uebersetzung sowie der wichtigsten Varianten der vornehmsten deutschen Uebersetzungen“ (Neues Testament, Bielefeld 1845 und 1846, Altes Testament, ebd. 1847); Dr. Rupp’s Ausschließung, der Gustav-Adolph-Verein und das ’heil. neutrale Gebiet‘. Ein Wort der Verständigung nebst den nöthigen Aktenstücken u. andern Beilagen“ (Leipz. 1846); „Die Artikel der Grundrechte [673] über Kirche u. Schule u. die evangel. Kirchenverfassungsfrage. Zwei Abhandlungen zur Verständigung u. Orientirung.“ (Vermehrter Abdruck aus der „Allg. Zeitung für Christenthum u. Kirche“, Leipz. 1849); „Dr. Meißner’s Beiträge zur Erklärung der Grundrechte über Kirche und Schule und Dr. Harleß’ Ansichten über Ehe, Eid und Gewissen. Ein vorläufiges Wort an die evangel. Kirche Sachsens“ (Leipz. 1850); „Pro confessionis religione adversus confessionum theologiam. Cum triplici appendice“ (Lips. 1851). Daraus der Anhang einzeln auch unter dem Titel: „Zur ethischen Fortbildung der evangelischen Dogmatik“ 1. Grundlinien eines Systems des christlichen Rationalismus vom Standpunkte des Religiosismus. 2. Grundlinien einer Kritik der Augsburgischen Confession. 3. Vergleichendes über die Aufgabe der Dogmatik in der Gegenwart“ (Leipz. 1852); „Das allgemein-christliche und das evangelisch-lutherische Bekenntniß in urkundlicher Darlegung. Nebst einem Anhange über die sächs. Kirchenverfassung. Als Leitfaden für Vorlesungen sowie zur Uebersicht auch für Laien mit Erläuterungen und Belegen aus der Bibel und den Symbolen hrsg.“ (Leipz. 1852).

Vgl. Allg. Kirchenztg. (v. Zimmermann) 1854, Nr. 168. – Fr. Blanckmeister, Die theol. Fakultät der Univ. Leipzig (1894), S. 36 ff. (An beiden Orten stehen aber nur einige Notizen über den äußeren Lebensgang Theile’s).