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Artikel „Suntheim, Ladislaus von“ von Wilhelm Heyd in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 161–162, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Suntheim,_Ladislaus_von&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 21:07 Uhr UTC)
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Band 37 (1894), S. 161–162 (Quelle).
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Suntheim: Ladislaus v. S., Chronist und Geograph, † 1513, entsproßte einem Patriciergeschlecht der oberschwäbischen Reichsstadt Ravensburg. Seine Studien waren ursprünglich der Theologie gewidmet und zwar scheint er sie auf der Universität Wien gemacht zu haben, an welcher er im J. 1460 zum Procurator (Geschäftsführer) der rheinischen (d. h. westdeutschen) Nation gewählt wurde, wodurch wahrscheinlich wird, daß er dort auch magistrirte und Vorlesungen zu halten anfing. Abgesehen von einer mehrjährigen Function als Caplan am Hofe des Herzogs Sigmund in Tirol († 1496), blieb er auch später in Wien. Gleich nach Sigmund’s Tod scheint er dahin zurückgekehrt zu sein; denn noch im selben Jahre finden wir ihn als Meßpriester im Stephansdome amtend. Auch die dortigen gelehrten Kreise zogen ihn an, er wurde Mitglied der unter der geistigen Leitung des Konrad Celtis stehenden Donaugesellschaft, und wenn er auch den Celtis selbst nicht zu seinen verläßlichsten Freunden zählte (Brief v. J. 1503), so war ihm um so mehr der einflußreiche Cuspinian gewogen. 1498 wurde S. von Kaiser Maximilian zum Hofcaplan, und bald darauf auch zum Hofhistoriographen („Chronikmeister“, „Chronikmacher“) ernannt. Der Kaiser hatte großartige Pläne, an deren Verwirklichung S. im Verein mit Johann Stabius und Jakob Manlius (Mennel) arbeiten sollte: die [162] Geschichte des habsburgischen Hauses sollte auf breitester Grundlage neu aufgerichtet, und zu dem Ende deutsche, französische und italienische Archive durchforscht, Chroniken in weitem Umfang studirt, Monumente, besonders Grabmäler mit ihren Inschriften genau untersucht werden. Maximilian interessirte sich namentlich für die genealogische Seite des Unternehmens, und so erschien ihm S. wohl besonders befähigt zur Mitarbeit, weil er im J. 1491 zu den im Kloster Neuburg aufgestellten Stammtafeln der Babenberger den Text geliefert hatte (freilich unter Zugrundelegung von Ebendorfer’s Chronik). Um seiner neuen Aufgabe zu genügen, sammelte S. mit großem Eifer Chroniken; er spricht von fünf Reisen, in welchen er viele Länder und Klöster gesehen und viele Historien zusammengebracht habe. War ja doch z. B. eine der ihm vom Kaiser aufgegebenen Arbeiten das „Zusammenstimmen“ (kritische Vergleichung) der österreichischen, sächsischen und bairischen Chroniken. Seine eigenen Ausarbeitungen waren theils genealogischer, theils geographischer Natur. Eine habsburgische Stammesgeschichte bis zu einem mythischen Helden aufwärts und bis zur Gegenwart herabgehend hatte S. schon 1505 fertig; aber der Kaiser fand sie unbrauchbar und veranstaltete (1509) einen Zusammentritt Suntheim’s mit Mennel zu gemeinsamer Ausarbeitung eines neuen Stammbaums, welcher aber wieder bei dem kritischen Stabius keiner Billigung begegnete; S. war fortan nicht mehr hierbei betheiligt. Jahre lang (bis mindestens 1511) arbeitete er dagegen an andern Genealogien von fürstlichen Häusern, welche mit dem habsburgischen näher oder entfernter verwandt waren; viele derselben hat Oefele (SS. rer. Boic. 2, 557–644), die der Welfen Leibniz (SS. rer. Brunsvic. 1, 801–806) veröffentlicht. Sie sind freilich ohne die nöthige Kritik geschrieben und fast werthlos. Ein entschieden größeres Verdienst erwarb sich S. dadurch, daß er, was auch mit zum Plane Maximilian’s gehörte, die Herrschaftsgebiete der verschiedenen fürstlichen Häuser beschrieb. Diese durchaus deutsch geschriebenen Schilderungen gab er theils den Genealogien der betreffenden Häuser bei, theils vereinigte er sie in einem für sich bestehenden Buche (zwischen 1498 und 1503). In der ersten Gestalt sind sie bei Oefele a. a. O. zu lesen, von der zweiten veröffentlichten größere Proben Franz Pfeiffer (Das Donauthal im Jahrb. f. vaterl. Gesch. S. 275 ff. Wien 1861) und Jul. Hartmann (das ganze jetzige Württemberg in den Württ. Vierteljahrsh. Jahrg. VII, 1884, S. 125 ff.), während das Manuscript sich noch weiter über Vorarlberg und Tirol, die Bodenseegegend, Baden, das Elsaß, Franken u. s. w. verbreitet. Der vielgereiste Mann giebt hier in anspruchsloser Weise die Früchte eigener Anschauung und unmittelbarer Erkundigung, mannichfach belehrend über alte Topographie und Wirthschaftsgeschichte. All diese Arbeiten fanden sich ungedruckt in dem Nachlaß, über welchen S. am 29. Juli 1512 testamentarisch verfügte. Er starb im Laufe des Januar 1513, nachdem er auch das zuletzt (seit 1504) von ihm bekleidete Kanonikat am Stephansdom altershalber hatte aufgeben müssen.

Aschbach, Geschichte d. Wiener Univ. II, 577 ff. – Ant. Mayer, Geschichte der geist. Cultur in Niederösterreich I, 225 ff. – Jahrb. d. kunsthist. Sammlungen des Kaiserhauses Bd. 1, 2, 3, 5 (s. die Regg.), 7, wo die Abh. von Laschitzer über die Genealogie Maximilian’s I. – Ulmann, Kaiser Maximilian I. Bd. II, 736. 750. 751