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Artikel „Strobel, Georg Theodor“ von Ernst Mummenhoff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 603–605, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Strobel,_Georg_Theodor&oldid=- (Version vom 2. Dezember 2024, 08:33 Uhr UTC)
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Strobel: Georg Theodor St., Geistlicher und Nürnberger Kirchenhistoriker, geboren am 12. September 1736 zu Hersbruck, besuchte die lateinische Schule seiner Vaterstadt und seit 1751 jene von St. Sebald zu Nürnberg, bezog 1756 die Universität Altdorf, wo er sich neben der Theologie auch dem Studium der Philosophie und Geschichte widmete, und trat 1762 in das Seminar der Candidaten des Predigtamts in Nürnberg ein. 1769 wurde er als Pfarrer zu Rasch bei Altdorf angestellt. Als solcher hatte er auch die Functionen eines Vicarius beim Kirchenministerium zu Altdorf mit dem Wohnsitz daselbst zu übernehmen, was für ihn deshalb von besonderer Bedeutung wurde, weil er jetzt im Verkehr mit den ihm befreundeten Professoren wissenschaftliche Anregungen mancherlei Art empfing und die reichen Schätze der Altdorfer Bibliothek seinen Studien dienstbar machen konnte. Und als er 1774 als Pfarrer der Nürnberger Vorstadt Wöhrd berufen wurde, befand er sich an der eigentlichen Quelle seiner kirchenhistorischen Studien, denen er seine ganze Mußezeit widmete. Es war hauptsächlich die Geschichte der kirchlichen Reformation und hier insbesondere die Stellung, welche Melanchthon in der reformatorischen Bewegung eingenommen, [604] der Gegenstand seiner zahlreichen Schriften und Aufsätze. Ein glücklicher Gedanke und ein verdienstliches Werk für jene Zeit war es zunächst, daß St. des bekannten Nürnberger Rathschreibers Johannes Müllner Bericht von der Aenderung der Religion und Abschaffung des Papstthums in der Stadt Nürnberg als „kurzgefaßte Reformationsgeschichte“ allgemein zugänglich machte. Mancherlei und zum Theil wichtige Materialien und Aufsätze, vornehmlich zur Geschichte der Reformation, bot er dann in seinen „Vermischten Beiträgen zur Geschichte der Litteratur“ (1774, 1 Bd.), in den „Miscellaneen litterarischen Inhalts“ (1778–1782, 6 Bde.), in den „Beiträgen zur Litteratur“ (1784–1787, 2 Bde.) und in den „Neuen Beiträgen zur Litteratur besonders des 16. Jahrhunderts“ (1790–1794, 5 Bde.). Außerdem war er noch ein fleißiger Mitarbeiter an Riederer’s „Abhandlungen aus der Kirchen-, Bücher- und Gelehrtengeschichte“, an dem in Altdorf erscheinenden „Litterarischen Museum“, an dem Meusel’schen und Henkischen „Magazin“ etc.

Mit seinen Melanchthonstudien begann er schon in Altdorf und setzte sie sein ganzes Leben lang fort. Die erste Frucht derselben war die 1771 erschienene „Sammlung einiger Nachrichten zur Erläuterung der Geschichte Philipp Melanchthon’s nebst verschiedenen noch ungedruckten Briefen desselben“. Weiterhin beleuchtete er Melanchthon’s Verdienste um die Bibelexegese (1773), ging den Spuren der Thätigkeit des großen Reformators in Nürnberg nach (1774), gab in dem „Versuch einer Litteraturgeschichte von Philipp Melanchthon’s locis theologicis als erstem evangelischem Lehrbuche“ Nachrichten über die verschiedenen Ausgaben, von Melanchthon selbst vorgenommenen Verbesserungen und Umarbeitungen dieses grundlegenden Buches, von dem er selbst allein 45 lateinische und 23 deutsche Ausgaben besaß, trat als Apologet auf gegenüber den Anschuldigungen und Vorwürfen, die gegen die loci theologici erhoben wurden, und gab endlich in dem Buche eine Bibliographie der bis dahin darüber veröffentlichten Schriften. Erwähnt sei auch, daß St. einige wichtige Schriften Melanchthon’s, so die von demselben verfaßten „chursächsischen Visitationsartikel“ (1774), den „libellus de scriptoribus ecclesiasticis et vitis Ambrosii, Augustini et Hieronymi“ (1780), seine Schrift vom „Unterschied der evangelischen und papistischen Lehre“ (1782) und sein „Bedenken von kaiserlicher und päbstlicher Gewalt“ mit historischen Einleitungen versehen neu herausgab.

Seine hohe Verehrung, die er für Melanchthon hegte, verwickelte ihn zweimal in eine litterarische Fehde. 1773 trat er auf Grund urkundlichen Materials als Ehrenretter Melanchthon’s gegenüber den Verunglimpfungen Prof. Hausen’s auf, der den Wittenberger Kreis und besonders Melanchthon selbst des Verrathes an Kurfürst Johann Friedrich und Moritz von Sachsen zieh, und zehn Jahre später vertheidigte er ihn in seiner „Apologie Melanchthons“ gegen die gehässigen Angriffe, welche der streitbare und durch seine litterarische Fehde mit Lessing bekannt gewordene Hauptpastor Goeze zu Hamburg gegen Melanchthon wegen angeblicher Furchtsamkeit, Charakterschwäche und Abfalls von der evangelischen Wahrheit erhoben hatte. Auch seine 1789 erschienene „Nachricht von Melanchthons sämmtlichen Briefen“ verfolgte den Zweck, den von Goeze geschmähten Reformator wieder zu Ehren zu bringen. Von seinen sonstigen Schriften seien noch genannt die schon 1772 erschienene „Nachricht von dem Leben und den Schriften Veit Dietrichs“ und die „Sammlung einiger auserlesener Briefe D. Martin Luthers zur näheren Kenntnis seines rechtschaffenen Herzens“ vom Jahre 1780.

Seine reichhaltige Melanchthonbibliothek vermachte St. der Stadt Nürnberg. Eine Bibliotheca Melanchthoniana, sive collectio scriptorum Ph. Mel., [605] quam multo labore et studio sibi comparavit et quotidie augere gessit hatte er schon 1775 erscheinen lassen und gab sie vermehrt 1777 und 1782 heraus.

S. auch Nopitsch, Gelehrtenlex. III, 303 ff., wo ein Verzeichniß seiner Schriften.