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Artikel „Skreta Schotnowsky von Zaworzitz, Karl“ von Rudolf Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 447–449, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Skreta,_Karl&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 20:08 Uhr UTC)
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Skreta: Karl S. (Screta) Schotnowsky v. Zaworzitz, Maler, nach mehrseitiger Angabe 1604, urkundlich jedoch erst 1610 zu Prag geboren als Sohn des königl. böhm. Kammerbuchhalters Conrad Skreta Sch. v. Z., starb ebendort 1674. – Selten ist über einen Künstler so viel Unrichtiges und blos Localpatriotisches von Zeitgenossen wie von Gegenwartsschriftstellern geschrieben worden wie über S. Ohne polemisch vorgehen zu wollen, sei hier blos der neueren, auf verläßlichen Quellen beruhenden Forschung das Wort geführt. S., dessen Vater schon 1613 starb, genoß unter Vormundschaft seiner vortrefflichen Mutter eine sorgfältige Erziehung und dürfte unter dem Einflusses des von Kaiser Rudolf II. nach Prag berufenen Aegidius Sadeler sich der Malerei zugewandt haben. Eine erste Leistung, ein bartloser Mann, nachgestochen von Hollar, datirt aus 1627. Die Screta-Familie, zum Lutherthum übergetreten, bei Ausbruch der böhmischen Ständerevolution im Einverständnisse, verfiel sie nach der Schlacht am weißen Berge (8. November 1620) gleich den Genossen der Landesverweisung. Karl S. emigrirte mit seiner Mutter nach Freiberg in Sachsen. Wie lange er dort verweilte, wer seine künstlerische Weiterbildung leitete, blieb unbekannt. Anzunehmen ist, daß er dort nur kurze Zeit verbrachte und bald die Alpen überschritt für längeren Aufenthalt in Italien – vorerst in Venedig, von wo an er sich dauernd Screta statt Skreta schrieb. Nachweisbar studirte er hier ganz besonders die Werke von Paolo Veronese und von Tintoretto; überging hierauf nach Bologna, um wieder gleich eifrig in die Gefolgschaft [448] der Carracci und die von Guido Reni einzutreten, die auch seine nachfolgende Schaffensthätigkeit kennzeichnet. Noch reiste er 1634 über Florenz nach Rom, wurde als Nordländer in die Gesellschaft „Schilder-Bent“ mit dem Namen Slagswaart aufgenommen, vervollständigte seine Studien an den Werken von Rafael. Aus Briefen an seine Angehörigen ist jedoch zu schließen, daß er bald nach 1634 Rom, wie überhaupt Italien verließ. Näheres über einen weiteren Aufenthalt ist wenigstens nicht bekannt. Wir finden ihn dafür 1635 wieder in Sachsen, wo seine Mutter noch weilte und ihm vom Dresdener Verleger Jacob Schmit die Bestellung zukam für das Zeichnen einiger Mitglieder der Kurfürstenfamilie, für den Stich durch Samuel Weishun. Die Folgejahre sind verschleiert. Erst 1638, nach dem Betreten des Heimathlandes, dem Festsetzen in Prag, kommen wir ins klare über die Eigenart Skreta’s. – Es war eben die Zeit, in welcher namentlich in Prag die Gegenreformation schon siegreich von den Jesuiten durchgeführt, ihre Herrschaft damit zugleich eine befestigte geworden war. S. lag daran, sich durch ihre Gunst Aufträge zu erwerben. In ziemlich Aufsehen erregender Weise trat er zu dem Behufe zur katholischen Kirche über; erstrebte auch die Aufnahme in die Bruderschaft der damals noch vereinten Altstädter und Kleinseitner Maler, in deren Quartalbericht vom 19. Januar 1644 das erste Mal sein Name vorkommt. Von 1653 bis 1661 stand er als Oberältester an der Spitze der Bruderschaft. Für die einseitige Behauptung, daß S. 1648 an der Vertheidigung Prags gegen die Schweden theilgenommen habe, ist kein verläßlicher Beleg zu finden. Solch kriegerisches Vortreten erscheint um so zweifelhafter, als er bei zumal erlangter Existenzsicherung kurz vorher den Ehebund mit Jungfrau Veronica Grönberger geschlossen hatte.

Den nachfolgenden localen Zustand und das Gehaben Skreta’s charakterisirt ein neuerer Skretaforscher treffend mit der Bemerkung: wie einst Platon den Göttern täglich für Dreierlei dankte, hätte auch S. Ursache gehabt, dem Himmel für dreierlei zu danken: daß er ein flinker Maler war, daß er diesseits der Alpen arbeitete, somit die italienische Concurrenz weniger zu fürchten hatte, und ferner, daß er nach Beendigung des dreißigjährigen Krieges lebte. – Die Soldateska einerseits, die Bilderstürmer andererseits hatten Raum für neue Kunstwerke geschaffen. Viele Kirchen und Kapellen wurden neu gebaut oder wenigstens im neuen Stile der pracht- und pompliebenden Jesuiten umgestaltet. Unzählige Stiftungen der fromm gewordenen Menschheit führten den Kirchen und Klöstern Reichthümer zu; diese konnten somit namhafte Summen zur Ausschmückung der Gotteshäuser verwenden. Auch der höhere Adel gefiel sich darin, die Kunst zu unterstützen; es entstanden Gallerien, besonders mußten lebensgroße Bildnisse den späteren Generationen die Züge erlauchter Ahnherrn erhalten. So war denn überall vollauf zu thun, und dem S., der in Böhmen damals Modemaler war und mit den Tonangebern in engster Beziehung stand, kam das alles wohl zu statten, bewirkte auch seine fast übermäßig zu nennende Fruchtbarkeit. Kein Wunder, daß also dem Guten ein Mehr von Mittelmäßigem, oder in eklektischer Weise mustergiltigen Vorbildern Entlehntes unterlief. – Werden ihm doch nicht weniger wie 139 meist große kirchliche, rings im Lande zerstreute Gemälde zugeschrieben – von denen allerdings schon eine Anzahl verschollen ist, nachdem sie aus den unter Kaiser Joseph II. aufgehobenen Kirchen und Klöstern, unbekannt wohin, verschwanden. Außerdem werden ihm, neben zwei weiblichen Porträts, über 40 männliche Bildnisse, dazu mehrere mythologische, allegorische und Geschichtsbilder zugeschrieben. Bei dem Umstande, daß S. seinen Gemälden nur selten Namen oder Monogramme beisetzte, geschah es vornehmlich neuerer Zeit, daß ihm Bilder seiner Zeitgenossen und Nachahmer zugesprochen wurden.

[449] Bis in die Mitte dieses Jahrhunderts, vor einer durchgreifenden Sichtung der in Prag von der „Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde“ gestifteten Gemäldegalerie – zumeist aus geliehenen Bildern bestehend – befanden sich daselbst – 26, verschiedenen Fächern angehörige Gemälde von S. – Die bedeutendsten davon waren: der Evangelist Johannes, als Schreiber der Apokalypse dargestellt, die Taufe Christi und „Gelehrte und Künstler im Tempel der Weisheit“ – eine Variante der Rafael’schen Schule von Athen. – Von allen sind blos 14 in die jetzt ins „Rudolphinum“ verlegte Galerie übergegangen. Andere sind noch in Prager Kirchen zu finden, so in der „am Tein“, bei St. Stephan, am Karlshof, bei St. Thomas etc. Von den im Lande zerstreuten ist besonders das Seitenaltarbild in der Kirche zu Krscheschitz (Křzeschič bei Leitmeritz), St. Matthäus hervorzuheben, als nach Composition und Colorit eines seiner besten Werke. Geringer im Werthe sind seine im Leitmeritzer und im Salzburger Dome befindlichen Gemälde. – Da mit Rücksicht auf den für diese Biographie bemessenen Raum eine vollständige Aufzählung der Schöpfungen Skreta’s unzulässig, sei für Interessenten auf das jüngst erschienene, trefflich leitende Buch „Carl Screta“ von Dr. Gust. Pazaurek (Prag 1889) hingewiesen. Erwähnt sei blos noch, daß eine große Anzahl von Stichen, vorwiegend nach Zeichnungen Skreta’s, in Umlauf kam, doch nur geringen Theils in Sammlungen überging wegen der Mittelmäßigkeit der Stecher. Es sind deren 14, darunter J. Balzer, A. G. Bouttato, Barthol. Kilian, Matth. Merian, Sandrart etc. – Dlabacz zählte 169 Stiche, Pazaurek weiß nur noch 60 als vorfindlich zu bezeichnen. – Läßt sich vom heutigen Standpunkte der Kunstkritik auch nicht zustimmen zu der einseitig nationalen Erhebung Skreta’s zum „böhmischen Rafael“ – weder im Ermessen seiner Composition, seiner Zeichnung, noch der Malweise, so bleibt doch zuzugestehen, daß die Periode Skreta’s, in welcher die Kunstleistungen ringsum geringgradige waren, für Prag eine Nachblütezeit der Kunstpflanzung durch Kaiser Rudolf II. bedeutet. Irrig wie die Ueberschätzung Skreta’s ist aber auch die eigensinnige Beschlagnahme seiner als tschechisch nationalen Künstlers; denn trotz des dahin lautenden Adelstitels liegen hinreichende Beweise vor, daß er sich mit aller Entschiedenheit als Deutscher bekannte. Als Schüler Skreta’s werden genannt: Samuel Globitz, Franz Paling, A. Octav. Peter, Joh. Spindler und Jac. Tutz. – Ein Sohn Skreta’s, Namens Karl, seiner Stellung nach „Rath des k. Oberstburggrafengerichts“, wird zwar auch als Maler genannt, dürfte aber auf die Linie der Dilettanten zu stellen sein.

Pelzel, Abbild. böhm. u. mähr. Gelehrt. u. Künstler. – Quirin Jahn, Neue Biblioth. d. schön. Wissensch. u. Künste. – Schaller, Topographie d. Königr. Böhmen. – Dlabacz, Histor. Künstlerlexikon. – Sandrart, Teutsche Akademie. – Hammerschmidt, Prodromus gloriae Pragenae.Nagler’s Künstlerlexikon. – Füßli, Allg. Künstlerlexikon. – Förster, Gesch. d. deutsch. Kunst. – Pazaurek, Carl Screta. – Eigene Forschung.