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Artikel „Sandrart“ von Wilhelm Stricker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 358–359, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sandrart,_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 15:06 Uhr UTC)
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Sandrart, Künstlerfamilie. Joachim v. S., geb. am 12. Mai 1606 zu Frankfurt a. M., † 1688 zu Nürnberg. Er stammte aus einer angesehenen Familie der vormals flandrischen Stadt Valenciennes, welche wegen der Kriegsunruhen nach Frankfurt übergesiedelt war. Joachim erhielt eine gute Erziehung, nicht nur in Sprachen, sondern auch im Zeichnen und Kupferstechen, da er entschiedene Neigung zur Kunst hatte. In Hanau und Nürnberg vorgebildet, reiste der fünfzehnjährige Jüngling zu Fuß nach Prag, um bei Egidius Sadeler sich weiter in der Kupferstechkunst auszubilden. Dieser aber erachtete seines Schülers Befähigung mehr auf dem Gebiete der Malerei gelegen und rieth ihm dementsprechend. Joachim v. S. kehrte zunächst in die Heimat zurück und begab sich von da nach Utrecht, wo er in den Unterricht von Gerhard Honthorst eintrat. Hier machte der neue Schüler so rasche Fortschritte, daß Honthorst ihn bald vor allen auszeichnete und ihn auf einer Reise an den Hof des Königs Karl I. von England zum Begleiter und Gehülfen wählte. Auch hier fand des jungen Mannes Geschicklichkeit Beifall, und als Honthorst heimkehrte, durfte S. am englischen Hofe zurückbleiben, wo er die Gelegenheit benutzte, die dort vorhandenen Kunstschätze zu studiren. Jedoch verließ er 1627 England und reiste über Holland und Frankfurt nach Italien, zunächst nach Venedig und Bologna, wo er bei längerem Aufenthalt die vorhandenen Gemälde studirte und theilweise copirte, dann nach Rom, wo S. einen mehrjährigen Aufenthalt nahm. Er erlangte bald eine feste Stellung daselbst, so daß er von dem König von Spanien gleichzeitig mit den berühmtesten Künstlern zu Rom große Bestellungen bekam, von dem Papst Urban beschäftigt und von dem Marchese Giustiniani beauftragt wurde, zu dessen Galeriewerk die Zeichnungen zu liefern. Die Galeria Giustiniani erschien 1631 in zwei Foliobänden. Eine Studienreise nach Neapel, Sicilien und Malta und der Umgang mit Claude Lorrain, dessen Bekanntschaft S. in Tivoli gemacht hatte, förderten den jungen Künstler weiter auf dem Felde der Landschaftsmalerei. Noch während der trübsten Periode des dreißigjährigen Krieges, als speciell seine Vaterstadt auf das härteste mitgenommen war, kehrte Joachim v. S. 1635 nach dem Tode seines Vaters nach Frankfurt zurück. Zwar vermählte er sich am 21. Februar 1637 mit einer Verwandten der de Neufville’schen Familie, Johanna v. Milkau auf Stockau, aber schon in demselben Jahre mußte er mit ihr Zuflucht und Muße in Amsterdam suchen. Auch hier erwarb er sich bald eine sichere Stellung und erhielt größere Bestellungen historischer Bilder. Nachdem Sandrart’s Frau das Gut Stockau bei Ingolstadt durch Erbschaft zugefallen war, siedelte er dahin über und widmete seine Zeit theils der Kunst, theils dem Aufbau des im Kriege verwüsteten Gutes. Hier trat er in Beziehungen zu den kunstliebenden pfälzischen, bairischen und österreichischen Fürsten der Nachbarschaft, mußte jedoch abermals nach Ingolstadt flüchten, während 1647 sein Gut zum zweiten Male niedergebrannt wurde. Er baute es abermals auf und siedelte 1649 nach Nürnberg über, um die Studien zu seinem großen Friedensbilde zu machen. Das noch jetzt in Nürnberg vorhandene große Gemälde zeigt die nach dem Leben gemalten Bildnisse von 50 Personen; es wurde 1650 vollendet. Nach beendigtem Friedenscongreß wurde S. nach Wien berufen, um die kaiserliche Familie zu malen. Nachdem er diesen Auftrag vollzogen, begab er sich wieder nach Stockau, bald aber verkaufte er dieses Gut und verlegte seinen Wohnsitz nach Augsburg. Dort verlor er 1672 seine Frau nach schwerer Krankheit, aber schon 1673 verheirathete er sich zum zweiten Male mit Esther Barbara Bloemart aus Nürnberg und siedelte 1674 nach deren Vaterstadt über. Beide Ehen blieben kinderlos. S. starb 1688 in Nürnberg und wurde auf dem Johanniskirchhofe begraben.

Die Gemälde von Joachim von S. befinden oder befanden sich in Wien [359] (Belvedere und Galerie Esterhazy), Berlin (königl. Museum), Braunschweig (herzogl. Museum), München (Pinakothek), Nürnberg (städtische Galerie), Würzburg (Dom), Pommersfelden (Galerie), Bamberg (Dom), Augsburg (königliche Gemäldegalerie und Barfüßerkirche), Aschaffenburg (königl. Schloß), Mannheim (großherzogl. Galerie), Frankfurt (städtische Gemäldegalerie).

Wichtiger, denn seine Stellung als ausübender Künstler, ist seine Bedeutung als Kunstgelehrter. Seine 1675 in zwei Foliobänden erschienene: „Teutsche Akademie der edlen Bau-, Bild- und Mahlereikünste“ mit vielen Künstlerporträts und anderen Kupfern (Nürnberg, Jacob Sandrart; Frankfurt, Matthäus Merian), wird heute noch als eine unentbehrliche Quelle für die deutsche Künstlergeschichte betrachtet.

Gwinner, Kunst und Künstler in Frankfurt; S. 181–195. – Rüppell, im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst; Heft 7, 8.

Jacob v. S., geb. am 31. Mai 1630 zu Frankfurt, † zu Nürnberg 1708, Joachim’s Neffe, verließ aus denselben Gründen wie sein Oheim mit seinen Eltern schon in frühester Kindheit die Vaterstadt. Die Eltern zogen zunächst nach Hamburg, wo der Vater starb, dann wandte die Familie sich nach dem Haag und 1640 nach Amsterdam zu einem dort wohnenden Oheim, der den Knaben Jacob veranlaßte, sich der Kunst zu widmen. 1655 finden wir ihn verheirathet in Regensburg, 1656 aber nahm er seinen bleibenden Wohnsitz in Nürnberg und gründete dort einen Kunsthandel. Er übernahm 1662 mit Gödler die Aufsicht über die neu errichtete Akademie und entwickelte als Kupferstecher eine außerordentliche Thätigkeit. Er überlebte seine beiden Söhne: Johann Jacob und Joachim, der erstere war Maler und Kupferstecher, der zweite Maler.

Nagler, Künstlerlexicon. – Gwinner, Kunst und Künstler in Frankfurt. S. 193.