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Artikel „Schondoch“ von Gustav Roethe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 284–285, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schondoch&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:08 Uhr UTC)
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Schondoch: S. oder Schöndoch, epischer Dichter des ausgehenden 14. Jahrhunderts, war Zeitgenosse und wol auch Landsmann des Oesterreichers Peter Suchenwirt. Dafür spricht, daß nur eine jetzt verlorene Handschrift Suchenwirt’scher Dichtungen vom Jahre 1402 S. als Dichter der in vielen Hss. erhaltenen „Königin von Frankreich“ kennt und daß in diesem Gedichte die einzige bei Namen genannte Gestalt ein Herzog Leopold von Oesterreich ist, dessen Name in keiner der zahllosen übrigen Fassungen desselben Stoffs begegnet; es mag das ein Compliment für den durch seinen Heldentod bei Sempach bekannten Fürsten gewesen sein; die freilich mehr nachlässigen als dialektischen Reime der beiden Erzählungen Schondoch’s zeugen wenigstens nicht gegen österreichische Herkunft des Dichters, der Fahrender gewesen sein wird. In der formell ungeschickteren, also wol ältern Dichtung, dem „Littauer“, den Laßberg irrig Hugo von Langenstein zuwies, nennt sich S. am Schluß selbst als Verfasser; Uebereinstimmungen im Reim- und Wortgebrauch (vgl. z. B. Litt. 297 f. mit Gesammtabent. 8, 525 f.) bestätigen, daß ihm auch die „Königin von Frankreich“ gehöre. Seine Quelle war wol beidemal mündliche Ueberlieferung, obgleich es an coquetten Hinweisen auf Bücher nicht ganz fehlt (Litt. 6; Kön. 124). Die Deutschordenssage von der wunderbaren Bekehrung eines heidnischen Littauerfürsten zu Thorn, der Christus in Riesengestalt in der Hostie sah, konnte S. etwa von Suchenwirt oder einem andern Theilnehmer der Preußenfahrt Herzog Albrecht’s von Oesterreich 1377 gehört haben; die Legende, eine Doublette der Witukindsage, mag sich auf den freilich aus ganz andern Gründen getauften Großfürsten Mindowe von Littauen (1251) bezogen haben. Die „Königin von Frankreich“ erzählt die mit der Genovevalegende verwandte Sage von der verleumdeten Königin Sibilla (oder Blancheflor), der Gattin Karl’s des Großen, und dem Verräther Macaire, der durch den Hund des Aubry entlarvt wird; Namen werden nicht genannt; von den französischen Chansons und Romanen, die den Stoff behandeln, unterscheidet sich Schondoch’s Dichtung namentlich dadurch, daß die höchst umständlichen Irrfahrten Sibilla’s mit dem treuen Holzhauer Varocher fehlen und das Wiederfinden der durch Macaire getrennten königlichen Gatten sich novellistisch einfach und ganz abweichend abspielt. So zweifellos Schondoch’s abgekürzte Darstellung in der einheitlichen Wirkung den Vorzug vor den durch Episoden aufgeschwellten französischen Dichtungen verdient, so sicher wird diese Concentration doch nur zum kleinsten Theile sein Verdienst sein. Charakteristische Detailzüge, wie z. B. daß S. gleich einem spanischen Drama den Holzhauer zum Köhler macht, machen es doch wohl wahrscheinlich, daß Schondoch’s Gedicht auf einer uns unbekannten französischen Quelle ruht, die ihm durch knappen mündlichen Bericht ohne Namen überkommen sein wird; daß nicht S. selbst die mit historischen Figuren ausgestattete Sage ins namenlose Märchen verwandelt hat, beweist eben die Einführung Leopold’s von Oesterreich, der die sympathische Rolle spielt, die im Französischen meist dem Baiernherzog Naimes zufällt. Schondoch’s Darstellung ist in beiden Dichtungen knapp und klar, aber freilich ganz kunstlos, und mit naiver Unbefangenheit ausschließlich auf das Stoffliche gerichtet.

Den „Littauer“ gab heraus Frhr. v. Laßberg: „Ein schoen und anmuetig Gedicht, wie ein heidescher Kng, genannt der Littower, wunderbarlich [285] bekert … ward, vor mer den fünfhundert Jaren, durch Bruoder Hugen von Langenstein, also in Reimen gepracht, und jezt zum erstenmal … ans Liecht gestellt, durch Maister Seppen von Eppishusen“ (Const. 1826). – Die „Königin von Frankreich“ in v. d. Hagen’s „Gesammtabenteuern“ Nr. 8 u. ö.; vgl. ebda. Bd. 3, S. 778 fgg.; Suchenwirt, hrsg. von Primisser S. L; Macaire, chanson de geste, publ. par Guessard (Paris 1866) S. LXVII.