ADB:Schilling, Diebold (Berner Chronist)

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Artikel „Schilling, Diebold“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 715–717, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schilling,_Diebold_(Berner_Chronist)&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 20:03 Uhr UTC)
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Schilling *): Diebold S. in Bern, Gerichtschreiber und Chronikschreiber, geboren um 1440/50, † 1485, war der zweite Sohn des Niklaus S., Bürgers in Solothurn. Wie sein älterer Bruder Hans zog er nach Luzern, wo jener 1460 das Bürgerrecht erwarb und Unterschreiber (Gehülfe des Stadtschreibers) wurde, indessen Diebold, nachdem er 1456 als Lehrling, 1458 als Substitut auf der luzernischen Kanzlei gearbeitet hatte, sich 1460 nach Bern wandte und in der bernischen Stadtkanzlei in dieser Eigenschaft eintrat. Hier wurde er, spätestens 1473, Unterschreiber und 1476 Seckelschreiber (nicht: Seckelmeister), während er in der beginnenden großen Zeit der Burgunderkriege theils im Felde, bei Murten kämpfte, theils in Missionen thätig war, in welchen ihn der Rath [716] 1473, 1474 und 1478 nach Straßburg sandte. 1481 erhielt S. das Amt des Gerichtsschreibers, das er bis zu seinem im Sommer 1485 erfolgten Tode bekleidete. Mit verdienstlichster Ausdauer beschäftigte sich S., theils aus eigenem Antriebe, theils in Aufträgen, auch mit geschichtlichen Aufzeichnungen; Arbeiten, durch welche er sich ein bleibendes Denkmal schuf. Schon vor 1474 scheint er an eine Copie der Bernerchronik von Justinger (s. A. D. B. XIV, 758) eine eigene Fortsetzung der Chronik bis zum Jahre 1469 angeschlossen zu haben. Lange Zeit verschollen, wurde dieses Werk kürzlich von Dr. Theodor v. Liebenau, Staatsarchivar in Luzern, wieder aufgefunden. Zeitlich deckt sich Schilling’s Werk mit demjenigen zweier seiner bernischen Zeitgenossen, des Venners Tschachtlan und des Rathes Heinrich Dittlinger. Inhaltlich besteht mannichfache Verschiedenheit zwischen beiden Arbeiten, aber dennoch auch sichtliche Verwandtschaft. Wenn auch erst Liebenau’s vorbereitete Ausgabe des Schilling’schen Werkes völligen Aufschluß über das wahre Verhältniß beider geben wird, so ist jedenfalls anzunehmen, daß S., Tschachtlan und Dittlinger von ihren Arbeiten gegenseitig wußten. Denn aus einer Aufzeichnung des bernischen Historikers Emanuel Hermann († 1664) geht hervor, daß der Rath zu Bern am 31. Januar 1474 beschloß, es sei die Chronik Berns von Justinger bis auf die Gegenwart fortzusetzen und diese Aufgabe dem (nachmaligen) Gerichtschreiber Diebold S. zu übertragen. Dieser zweite Theil des Rathsbeschlusses aber (den ersteren bestätigt auch eine Einleitung, die dem von Liebenau entdeckten Werke vorangesetzt ist) kann seine Veranlassung wohl nur in dem Umstande gehabt haben, daß die Räthe, denen auch Tschachtlan und Dittlinger angehörten, von Schilling’s bereits gemachter Arbeit Kunde hatten. Den erhaltenen Auftrag führte S. mitten unter dem Geräusche und der Bewegung der jetzt anbrechenden Kriegsjahre aus. An eine neue Fassung seiner frühern Copie Justinger’s und seiner eigenen Aufzeichnungen bis 1469 fügte er die Geschichte der folgenden Jahre an und hatte so schon im J. 1478 eine vollständige Geschichte Berns von den Anfängen der Stadt bis auf die Gegenwart selbst ausgearbeitet. Aber erst nachdem die Räthe diese Arbeit in der Zeit des wiederhergestellten Friedens geprüft hatten, gab ihr S., mit Benutzung der ihm gemachten Bemerkungen, ihre endgültige Gestalt und überreichte sie am St. Stephanstag zu Weihnachten (26. December) 1484 in drei Bänden dem Rathe. Von diesen drei, mit über 600 eingestreuten gemalten Bildern gezierten Bänden – jetzt Eigenthum der Stadtbibliothek Bern – enthält der erste Schilling’s Ueberarbeitung von Justinger (die Jahre 1191–1421), der zweite eine Ueberarbeitung der nach Tschachtlan genannten Chronik (1423–66), der dritte Schilling’s eigene Arbeit, die bernische Geschichte der Jahre 1468–78, resp. 1480. Haben die beiden ersten Bände hauptsächlich nur darum Interesse, weil ihre Abweichungen von den ihnen zu Grunde liegenden frühern Arbeiten zeigen, wie das Bestreben nach Kürze und Rücksichtnahme auf seine Auftraggeber Schilling’s Darstellung beeinflußen konnte, und war im dritten Theile dieses letztere Moment natürlich noch eingreifender wirksam, so daß der Werth der Chronik als unbefangene historische Quelle durch ihren amtlichen Charakter geschmälert wird, so entschädigt hierfür doch sehr die Natürlichkeit und Lebendigkeit der Erzählung. Unverkennbar spricht aus ihrem Tone die gehobene Stimmung des Volkes und seine Auffassung der Dinge in der gewaltigen Bewegung der Zeit. Mit glücklicher Eingebung folgt S. auch dem Beispiele Justinger’s, indem er seiner Chronik die damaligen Volkslieder politischen Inhalts, insbesondere die Siegeslieder Veit Weber’s aus Freiburg im Breisgau aus den Burgunderkriegen, einfügt. Gleichzeitig mit seiner Chronik für den Rath fertigte S. in den Jahren 1480–85 eine Bearbeitung Justinger’s [717] und Tschachtlan’s für den Altschultheißen Rudolf von Erlach in Spiez an, die mit reichem Bilderschmucke geziert ist.

B. Fetscherin, Ueber das sogen. Zeitregister von Tschachtlan, im Archiv für Schweizergeschichte X (1855), 55–61. – G. Studer, Die Berner Chronik des Konrad Justinger. Bern 1871 ; – Ders., Bernerchronik des Bendicht Tschachtlan, nebst den Zusätzen des Diebold Schilling, in Quellen z. Schweizergeschichte, Bd. I. Basel 1877. – G. Tobler, Die Chronisten und Geschichtschreiber des alten Bern, in Festschrift zur VII. Säkularfeier der Gründung Berns. Fol. Bern 1891.

[715] *) Zu Bd. XXXI, S. 255.