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Artikel „Scherer, Johann Benedict“ von Ludwig Stieda in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 103–104, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Scherer,_Johann_Benedikt&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 15:14 Uhr UTC)
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Scherer: Johann Benedict S. wurde am 1. September 1741 in Straßburg i. Els. geboren, studirte daselbst Philosophie und Jurisprudenz, wurde Dr. jur., soll auch in Jena und Leipzig sich eine Zeit lang aufgehalten haben. Am Anfang der 60er Jahre war er in St. Petersburg Mitglied des Reichsjustizcollegiums für finnische, esthnische und livländische Rechtsangelegenheiten. Dann ging er in französische Dienste über und war Attaché der französischen Gesandtschaft in St. Petersburg, machte diplomatische Reisen nach Polen, Schweden, Kopenhagen, Hamburg und Berlin. Im J. 1775 ist er als „Commis“ in Versailles beim Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten thätig, erhält dann seine Entlassung und geht 1780 nach Straßburg, wird hier erst als Schöffe und Mitglied des Obersenats, dann als „Hauptmann“ angestellt. Während er sich Gesundheit halber in Baden-Baden aufhält, kommt er in die Liste der Emigrirten, ist eine kurze Zeit in der österreichischen Kriegskanzlei beim Generalfeldmarschall v. Wurmser beschäftigt und geht schließlich 1801 nach Stuttgart. Nachdem er eine Weile in Stuttgart und darauf als französischer Lehrer in Kirchheim unter Teck gelebt, findet er (23. März 1808) endlich eine feste Stellung in Tübingen als ordentlicher Lehrer am Collegium illustre und als außerordentlicher Professor für französische Sprache an der Universität. Als im J. 1819 das Collegium illustre aufgehoben wird, wünscht S. als ordentlicher Professor an die Universität zu kommen; der Minister lehnt aber das Gesuch ab (24. Mai 1819). Am 16. October 1824 wurde S. pensionirt und verließ Tübingen, wohin er sich wandte, wann und wo er starb, habe ich bisher nicht ermitteln können. Er las in Tübingen über französische Sprache und Litteratur, über Geschichte der französischen Revolution und des russischen Reiches, über Diplomatik, griechische Alterthümer und andere geschichtliche Fächer.

Ueber Scherer’s Familienverhältnisse ist nichts bekannt: Er war in Petersburg verheirathet, sein einziger (?) Sohn Alexander Nicolaus, der spätere Chemiker, ist daselbst 1771 geboren; die Frau hatte in Riga Verwandte, die sich des jungen Alexander Nicolaus annahmen und ihm die Mittel zu seinen Studien gewährten. S. war ein fruchtbarer Schriftsteller, er hat eine Reihe sehr verschiedener Abhandlungen und Werke herausgegeben, einige werden noch sehr lange einen Werth haben, so seine „Nordischen Nebenstunden“ und „Steller’s Beschreibung vom Lande Kamschatka’s“. Notizen über ihn sind sehr spärlich zu finden, das hier Mitgetheilte beruht in erster Linie auf Meusel’s Nachrichten (Das gelehrte Teutschland, Bd. VII, X, XV, XX), dann wurde Eisenbach’s Beschreibung der Stadt und Universität Tüingen, Tübingen 1822, Osiander (S. 432–434) benutzt; doch sind die daselbst niedergelegten Angaben offenbar sehr fragmentarisch. Das Verzeichniß der Schriften Scherer’s habe ich mit Hülfe der allgemeinen Bücherverzeichnisse zu vervollständigen gesucht, doch ist es nicht für alle Werke gelungen genaue Titel, Druckort u. s. w. zu ermitteln.

Verzeichniß der Schriften J. B. Scherer’s: 1) „G. W. Steller’s Beschreibung des Landes Kamtschatka“, Frankfurt und Leipzig 1774; 2) „Des heiligen Nestors und der Fortsetzer desselben älteste Jahrbücher der Russ. Geschichte vom Jahre 858–1203“. Aus dem Russischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen. [104] Leipzig 1774, Breitkopf & Härtel. 4°; 3) „Nordische Nebenstunden“, drei Abhandlungen über alte Geographie, Geschichte und Alterthümer des Nordens, I. Thl., Frankf. a. M. 1776, Fleischer, 8°; 4) „Recherches historiques et géographiques sur le nouveau monde“, Paris 1777, 8°; 5) „Histoire raisonné du Commerce de la Russie“, 1788, deutsch von Prof. Karl Hammersdörffer unter dem Titel „Geschichte des gegenwärtigen Zustands des Russ. Handels im Auszuge aus dem Französischen“, Leipzig, Weygand, 1789, 8°; 6) „Annales de la petite Russie; ou l’histoire de Cosaques-Saporogues et de Cosaques de l’Ukraine, ou de la petite Russie depuis leurs origines jusqu’ à nos jours suivie d’un Abregé de l’histoire des Hettmanns des Cosaques et des pièces justificatives. Traduit d’après les manuscripts conservés à Kiew; enrichée des Notes“, Tome I et II. Straßburg 1788, 8°. Geschichte der Ukrainischen und Saporogischen Kosaken u. s. w. nach J. B. Scherer’s Annalen übersetzt von Prof. K. Hammersdörffer, Leipzig 1788, Weygand; 7) „Gräuel der Verwüstung oder Blicke in die französische Revolution, wie und durch wen das arme Elsaß darein geflochten ist. Allen biedern Teutschen zum Unterricht, allen angesteckten Teutschen zum Schrecken. Durch einen biedern Elsässer S.“ Teutschland 1793, auch Frankfurt a. M. 1794, Hermann; 8) „Chinesische Gedanken d. i. Chinesischer Kaiser Reden und Verordnungen an ihr Volk, anderer vornehmer und berühmter Chinesen Reden an ihre Kaiser oder Abhandlungen über verschiedene Staats- und Verwaltungsgegenstände. Nebst einem kleinen philosophischen Werk des De-Pe-a über den Einfluß der Seele in den Leib. Aus dem Chinesischen in das Russische übersetzt und auf hohen Befehl der k. Akad. d. Wissenschaften zum Druck befördert durch Alexis Leontjeff, Secretär des Collegiums der auswärtigen Angelegenheiten in St. Petersburg. Aus dem Russischen in das Teutsche übersetzt durch J. B. S. (v. Scherer)“, o. D. (Karlsruhe) 1796, 8°; 9) „Ursprung aller Revolutionen und Volks-Empörungen“, Karlsruhe 1796, Müller, 8°; 10) „Geschichte des Generals von Mack sammt der Offenbarung Bonapartens“, 179?; 11) „Die Urheber des Mordes der französischen Congreßgesandten“, 179? (die beiden genannten Abhandlungen sind im Bücherverzeichniß nicht zu finden, ich citire sie nach Meusel); 12) „Was ist von den ausgewanderten Elsässern und Lothringern zu halten?“ Cairo 1799, 8° (eigentlich verlegt von Stettin in Ulm); 13) „Wichtige Anecdoten eines Augenzeugen über die französische Revolution“ (ein Nachtrag zu Girtanner’s histor. Nachrichten), Nürnberg 1800, 2 Theile, Bauer & Raspe; 14) „Ueber die Anpflanzung des Tabaks, Art und Weise, wie man denselben bearbeiten müsse“, Tübingen 1811, Osiander; 15) Kleinere Abhandlungen in den Straßburger wöchentlichen Ephemeriden nach Angabe Eisenbach’s.