ADB:Sangerhausen, Christoph Friedrich

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Artikel „Sangerhausen, Christoph Friedrich“ von Erich Schmidt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 361–362, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sangerhausen,_Christoph_Friedrich&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 18:09 Uhr UTC)
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Sangerhausen: Christoph Friedrich S., Schriftsteller, geboren am 17. Mai 1740 zu Großcorbetha bei Weißenfels, wirkte seit 1772 als Rector und Prediger in Aschersleben, wo er am 22. December 1802 starb. Er gehört zu den späten Gleimianern: als Anakreontiker, als Lobredner Friedrichs II., als aufklärender Menschenfreund. Seine Dichtungen – eine Sammlung erschien posthum 1803, ein Bändchen „Gesamlete Gedichte“ Leipzig, Weygand 1782 – sind gering an Zahl, formgewandt, aber meist schablonenhaft. Er pflegt die kleinen Gattungen des Kreises: Sinngedicht, Epistel, Fabel (wie Gleim auch mit politischer, friedericianischer Wendung), Scherzgedicht, moralische Betrachtung. Romantische Themata wie eine Brockenschilderung mißlingen. Halberstadt 1770 richtete er „An Herrn Canonicus Jacobi“ eine aus der Chronik des dortigen Bisthums geschöpfte poetische Erzählung und brachte durch die harmlose Strophe „Amor, ein Priester“ („Zwey kleine Lieder, der Demoiselle Gleim gewidmet von Sangerhausen und Schmidt“) den Pastor Amor aufs Tapet, der dann 1771 zwischen Michaelis und Jacobi eine große, schließlich unliebsame Rolle spielte. „Briefe in Versen“ (Halberstadt 1771) hat er seit 1769, schon von Weißenfels und Merseburg, an die Freunde, auch an Weiße gerichtet, gelegentlich Verse und Prosa mischend, ohne die tändelnde Grazie, ohne das weibische Wesen Jacobi’s. Von Genies und Siegwarts will er nichts wissen und bleibt der ganzen mit Goethe anhebenden Poesie fern. Altmodisch gibt er auch ein Heft Odae (Quedlinburg 1775) heraus und zeugt als Neulateiner mit für den Zusammenhang zwischen Klotz und dem Gleim’schen Kreise. S. hält Gleim für den größten Dichter, Friedrich den Großen für den idealen König. Der Sachse war ein begeisterter Preuße geworden, wie schon die Gedichte beweisen. 1791 Fridericus II., Julio Caesari comparatus, oratiuncula, später einverleibt dem Minos, sive de rebus Friderici II. apud inferos gestis (1. Theil 1797 und deutsch 1798, 2. Theil 1799; neu aufgelegt 1809). Gespräche im Reiche der Todten zwischen Friedrich und mythischen oder historischen Personen über alle möglichen Gegenstände der Politik und Bildung, sehr ermüdend ausgesponnen, im 2. Theil ganz zerflatternd in eine Erdenreise Lucian’s. Goeze wird darin von dem Aufklärer S., der 1788 „Einige Reden für Zuhörer von Geschmack“ („Heilige Reden“ Nordhausen 1771) über biblische Parabeln, über die Kunst sich zu freuen als geistlicher Gleimianer herausgab, durch eine lange dem „Papste Hamburgs“ gegen Friedrich in den Mund gelegte Brandrede carikirt. Langathmige Betrachtungen über Deutschland und Frankreich. S. war kein Wieland. Anziehender sind seine Karl August’s Kürassierofficieren gehaltenen und dem Herzog gewidmeten Vorlesungen „Moral für Preußens Krieger“ (Berlin 1793) durch ihren im Zeitalter [362] Friedrich’s erwachsenen Patriotismus, ihren Freimuth (gegen den Zweikampf), glückliche historische Erinnerungen und eine klare Sprache; im letzten Stücke segnet der alte Tellheim seine Söhne zum vaterländischen Kampf. Kleist’s wird oft herzlich gedacht. – Deutsche und lateinische Schulprogramme, mannigfache Beiträge in Zeitschriften. Eine Monographie über S. würde sich auf die Handschriften der Halberstädter Gleimstiftung stützen müssen, aber kaum der Mühe lohnen.