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Artikel „Sandberger, Fridolin“ von August Rothpletz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 701–702, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sandberger,_Fridolin_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 04:07 Uhr UTC)
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Sandberger: Fridolin S. wurde 1826 zu Dillenburg in Nassau geboren, wo sein Vater als Rector des dortigen Pädagogiums lebte. Sowohl durch diesen, der sich selber eine Sammlung von Mineralien und Versteinerungen angelegt hatte, als auch durch seinen älteren Bruder Guido wurde der junge Fridolin schon frühzeitig in den Theil der Naturwissenschaften eingeführt, dem er dann sein ganzes Leben gewidmet hat bis zu seinem 1898 in Würzburg erfolgten Tode. Schon während seiner Studentenzeit, die er auf den Universitäten von Bonn, Heidelberg, Gießen und Marburg verbrachte, konnte er mit einer Reihe kleinerer Mittheilungen mineralogischen und palaeontologischen Inhalts an die Oeffentlichkeit treten und 1849 wurde er bereits zum Inspector des naturhistorischen Museums in Wiesbaden ernannt. Von da kam er 1855 als Professor der Mineralogie und Geologie nach Karlsruhe, und 1863 in gleicher Stellung an die Universität in Würzburg, wo er bis zum Jahre 1896 eine äußerst fruchtbare Lehrthätigkeit entwickelte. Als Forscher war er 53, als akademischer Lehrer 42 Jahre thätig gewesen. In seine Jugendzeit ragten noch die Heroen einer früheren Periode, Leopold v. Buch und Alex. v. Humboldt, herein, aber seine eigentlichen Vorbilder und späterhin seine Mitarbeiter waren Männer wie Beyrich, Ferd. Roemer, Dechen, Bronn u. s. w. Es war eine für die Entwicklung der Mineralogie und Geologie zwar recht hoffnungsreiche Zeit, aber noch hatte sich der Wissensstoff nicht so sehr gehäuft und die Forschungsmethoden so verfeinert, daß der Einzelne nicht leicht auf den verschiedensten Gebieten gleichzeitig hätte thätig sein können. Und so sehen wir S. gleich zu Anfang sich ganz selbständig auf dem Boden der Mineralogie, Petrographie, Geologie und Palaeontologie bewegen und auch später, als die Specialisirung immer stärker sich entwickelte, ging er davon nicht ab und versuchte das selbst jüngeren Kräften schon unmöglich Erscheinende zu leisten, bis seine physische Kraft zusammenbrach.

Nach Beckenkamp’s Angabe beläuft sich die Zahl der von S. veröffentlichten Druckschriften auf 333. Unter diesen sind aber vier ganz besonders hervorzuheben, nicht nur wegen ihres Umfanges, sondern auch wegen der allgemeinen Bedeutung, die sie in der Entwicklung der geologischen Wissenschaft erlangt haben.

In einzelnen Lieferungen erschien in den Jahren 1850–56 das Werk: „Die Versteinerungen des Rheinischen Schichtensystems in Nassau“. Es war dies eine grundlegende Arbeit von dauerndem Werthe, bei der sich Fridolin allerdings der Mithülfe eines älteren Bruders Guido zu erfreuen hatte. Kaum war er damit fertig, wandte er sich einer weit umfangreicheren Arbeit und dieses Mal allein zu, den „Conchylien des Mainzer Tertiärbeckens, die er zwischen 1858 und 1863 vollendete. Damit hatte er für die Stratigraphie seines engeren Vaterlandes jene sichere Grundlage geschaffen, die auch heute nach mehr als einem halben Jahrhundert noch von Bedeutung ist. Aber schon während dieser Arbeiten hatte ihn ein noch weiter ausschauendes Thema angezogen. Doch konnten die Lieferungen „der Land- und Süßwasser-Conchylien der Vorwelt“ erst zwischen 1870 und 1875 erscheinen. Mit einem geradezu bewundernswerthen Fleiße war hier ein sehr schwieriges und übergroßes Material in einheitlicher Weise bearbeitet und ein jedem Stratigraphen unentbehrliches Hülfsmittel geschaffen worden. Mit 50 Jahren hatte S. so die Hauptwerke seines Lebens geschaffen, um die sich außerdem noch [702] ein reicher Kranz kleinerer aber zum Theil ebenfalls recht bedeutungsvoller Publicationen schlang. Es folgten jedoch noch weitere 20 Jahre ähnlicher litterarischer Fruchtbarkeit und diese Periode ist hauptsächlich charakterisirt durch seine Forschungen über die Entstehung der Erzgänge. Schon frühzeitig hatte er sich mit diesem wichtigen Gegenstande zu beschäftigen gehabt und nun wurde er ein ganz extremer Verfechter der Lateralsecretionstheorie. Eine Zeit lang gelang es ihm auch großen Anhang für seine Anschauungen zu gewinnen, die er besonders eingehend in seinen „Untersuchungen über Erzgänge“, 1882 und 1885, entwickelt hat; aber allmählich zeigte es sich doch, daß er das weite Gebiet der Erzlagerstättenlehre nicht vollauf beherrschte, daß die Specialisten ihm darin über waren; und so mußte er es noch erleben, daß seine Theorie, die bereits siegreich in die Lehrbücher eingedrungen war, langsam wieder daraus verschwand und mit dem bescheidenen Platz vorliebnehmen mußte, der ihr von jeher zuerkannt worden war.