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Artikel „Salzmann, Max“ von Wilhelm von Bippen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 699–701, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Salzmann,_Max&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 23:36 Uhr UTC)
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Salzmann: Max S., Architekt, hat sich als Restaurator des Bremer Doms einen geachteten Namen erworben. Er war 1850 als Sohn des Geh. Justizraths S. in Breslau geboren, besuchte dort das Gymnasium und nahm 1870/71 im VI. Armeecorps am Kriege gegen Frankreich Theil. Nach seiner glücklichen Rückkehr aus dem Felde besuchte er von 1871–74 die Bauakademie in Berlin und machte im letztgenannten Jahre mit Auszeichnung und unter Zuerkennung der silbernen Medaille die Bauführerprüfung. Von 1874–1876 war er bei verschiedenen Universitätsbauten in seiner Vaterstadt beschäftigt. Dann betheiligte er sich an einer Schinkelconcurrenz, die ihm mit dem zweiten Preise eine ehrenvolle Anerkennung seines Talents für monumentale, architektonische Disposition einbrachte. Nach Ablegung der Baumeisterprüfung und vorübergehender Beschäftigung beim Neubau des Criminalgerichtsgebäudes in Moabit und als Hülfsarbeiter im Ministerium der öffentlichen Arbeiten machte S. 1879 und 1880 eine achtmonatliche Studienreise durch Südfrankreich und Italien. Dann war er sieben Jahre lang wieder in Breslau thätig, wo er neben der Mitwirkung bei dem Bau eines Amtsgerichtsgebäudes und klinischer Universitätsbauten den Bau des Kaiser Wilhelm-Gymnasiums selbständig ausführte. Im J. 1887 kam S. als Hülfsarbeiter zu der Regierung in [700] Marienwerder. Im gleichen Jahre wurde eine Concurrenz für die Wiederherstellung des Westbaues und der Nordfassade des Bremer Doms ausgeschrieben, eine Aufgabe, die das auf monumentale Bethätigung gerichtete Talent Salzmann’s wohl reizen konnte. Ein flüchtiger Besuch, den er Bremen machte, reifte seinen Entschluß, sich an der Concurrenz zu betheiligen. Er hatte mit scharfem Auge aus den kläglichen Resten der Westfront des Doms ihre Verwandtschaft mit den spätromanischen rheinischen Kirchen erspäht, und das Preisgericht, dem u. a. Adler[WS 1] und Persius[WS 2] angehörten, erkannte im Frühjahr 1888 unter den sehr zahlreich eingegangenen Entwürfen der Arbeit Salzmann’s einstimmig den ersten Preis zu.

Wenn auch dieses Urtheil anfänglich einen nicht geringen Theil des bremischen Publicums befremdete, weil viele den romanischen Grundcharakter des reichlich mit gothischen Anbauten versehenen Doms verkannt hatten und noch mehrere mit dem Preisgerichte Anstoß an den rhombischen Helmen der beiden Westthürme nahmen, so ist doch jetzt längst allseitig anerkannt, daß der von S. vollständig ausgeführte Westbau dem alten Bauwerk in vorzüglicher Weise gerecht geworden ist.

S. siedelte im Sommer 1888 nach Bremen über und begann alsbald mit dem Abbruche des durch schwere Schicksale arg zerstörten Westbaus. Genaue Untersuchungen ergaben schließlich, daß von dem gesammten Bau nur anderthalb Stockwerke des Nordthurms stehen bleiben konnten. Die Arbeit, die S. zu unternehmen gedacht hatte, erweiterte sich dadurch sehr beträchtlich. Es kam hinzu, daß S., als er tiefer in das Verständniß der historischen Entwicklung des Bauwerks eindrang, mehrfach seine Pläne änderte und mit unermüdlichem Eifer neben der zweckmäßigsten und ästhetisch am meisten befriedigenden constructiven Ausgestaltung auch den decorativen Formen seine ganze Aufmerksamkeit widmete. So schritt der Bau langsam vorwärts, aber wahrlich nicht zum Nachtheil der Kirche. S. bewährte seine Künstlerschaft dadurch, daß nach mancherlei Schwankungen sein letzter Entschluß stets der einfachste und der dem Charakter des Bauwerks gemäßeste war. So ist es S. gelungen, die unvollendet in dem Bau schlummernden oder durch große Unglücksfälle verstümmelten künstlerischen Gedanken auf das feinste zu entwickeln und aus der traurigen Ruine, die ein Vierteljahrtausend dagestanden hatte, ein Denkmal edler Kunst zu gestalten.

Nach Vollendung des Westbaues im J. 1893 hat S. der freiliegenden Nordfassade, einem spätgothischen Anbau, der äußerlich ungewöhnlich dürftig ausgeführt worden war, eine reichere Ausbildung gegeben. Dann machte er sich an den technisch schwierigsten Theil seiner Aufgabe. Er hatte gleich in seinem ersten Entwurfe nach dem Vorbilde der großen rheinischen Kirchen einen Vierungsthurm geplant, der die lange Dachflucht in angemessener Weise unterbrechen und durch seine spätromanischen Formen die durch das spätgothische Nordschiff gestörten unterbrochenen Beziehungen zwischen dem Ost- und dem Westbau eindrucksvoll zur Anschauung bringen sollte. Um aber diesen Vierungsthurm ausführen zu können, bedurfte es eines völligen Neubaus aller vier Pfeiler auf denen er ruhen sollte. Da mußten die Gewölbe des Chors durch ein sehr kunstvoll construirtes Gerüst gestützt werden, um alsdann die Pfeiler einen nach dem andern wegzubrechen und von Grund aus neu aufzuführen. Mitten während dieser Arbeit wurde S. am 6. Februar 1897, noch nicht 47 Jahre alt, infolge einer tückischen Krankheit vom Tode hinweggerafft.

Neben dem Dombau hat er sich durch den Umbau der am Markte, dem Dome gegenüber gelegenen Rathsapotheke in den Formen der bremischen Renaissance [701] noch ein schönes Denkmal gesetzt. Einen andern Umbau, den der ebenfalls am Markte gelegenen Fassade des Schüttings, des Hauses der Kaufmannschaft, für den er die Pläne fertig gestellt hatte, wurde er durch seinen vorzeitigen Tod auszuführen verhindert.

Weser-Ztg. vom 10. Febr. 1897, Nr. 18 039.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Friedrich Adler (1827–1908); deutscher Architekt, Baubeamter und Bauforscher
  2. Reinhold Persius (1835–1912); preußischer Hofarchitekt, Konservator der preußischen Kunstdenkmäler.