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Artikel „Ruß, Karl“ von Anton Schlossar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 5–7, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ru%C3%9F,_Karl_(Maler)&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 17:40 Uhr UTC)
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Ruß: Karl R., hervorragender österreichischer Historienmaler, wurde am 11. August 1779 als Sohn armer Eltern in Wien geboren, woselbst er auch seine erste Schulbildung erhielt. Schon in der Knabenzeit verrieth R. das ihm innewohnende Talent, welches, als sein Vater später nach Neustadt übersiedelte, durch den Unterricht bei Maler Kopp daselbst weiter genährt wurde. Von Kopp kam er zu einem der Zeichenkunst kundigen Freunde des Vaters, Namens Biwald, welcher den Unterricht weiter fortsetzte, wobei der strebsame junge Kunstjünger nur nach Kupferstichen zeichnete, gleichzeitig besuchte der Knabe das Gymnasium, welches er jedoch bald verließ. Von anderen Fertigkeiten, welche er pflegte, sei hier besonders das Reiten erwähnt, welches er sich, da ihm zufällig zu dessen unentgeltlicher Erlernung Gelegenheit geboten wurde, besonders trefflich aneignete. Ernster wurde das Leben, als R. im J. 1793 wieder mit seinen Eltern nach Wien übersiedelte; die kaiserliche Gemäldegalerie daselbst machte, wie er selbst sich in seinen Tagebuchaufzeichnungen ausdrückt, auf den empfänglichen Knaben „einen tiefen gewaltigen Eindruck“. R. besuchte in Wien die Akademie der bildenden Künste, nahm unter Drexler’s Leitung zuerst Unterricht in der Blumenzeichnung und betrieb das Landschaftsfach unter Christian Brand. Im J. 1794 wurde er in die Schule der historischen Zeichnung aufgenommen, woselbst er vier Jahre hindurch mit eisernem Fleiße arbeitete und seinem Lehrer Maurer schon im 16. Lebensjahre die erste Composition, eine Geburt Christi vorlegen konnte. Insbesondere studirte er die Gemälde der kaiserlichen Galerie und erhielt durch den Umgang mit jungen Künstlern, von denen hier besonders sein gleichstrebender Freund Anton Petter genannt sei, mannichfache Anregung. Mit Petter zusammen arbeitete er viele Stunden des Tages auf der Akademie oder in der erwähnten Galerie. Nach einer heftigen Krankheit, welche ihn längere Zeit an das Lager fesselte, wurde ihm die freudige Mittheilung, daß Professor Maurer, welcher dem talentvollen Jünglinge besondere Aufmerksamkeit zuwendete, ihm eine kleine Pension verschafft habe, welcher er dringend bedurfte, da sein Vater gänzlich verarmt war und die Mittel zum einfachsten Lebensunterhalte fehlten. Mit seinem Vater lebte R. nun in dem romantisch gelegenen Mödling bei Wien und studirte, später wieder in die Residenz zurückgekehrt, die Kupferstichsammlung der Hofbibliothek, welche ihm durch den Hofrath Bartsch erschlossen wurde. Als im J. 1797 das allgemeine Aufgebot gegen die Truppen der französischen Republik erfolgte, folgte auch R. mit den übrigen Schülern der Akademie begeistert dem Rufe zu den Waffen, ehe es jedoch zum Ausrücken ins Feld kam, machte der Friede zu Campo Formio dem Kampfe vorläufig ein Ende. R. blieb daher in Wien und lebte fortan ganz seiner künstlerischen Ausbildung, er lebte von der Porträtmalerei und von Arbeiten für Buchhändler, neben der Malerei auch auf landschaftlichem Gebiete betrieb er noch die Kupferstechkunst und die Aetzkunst, es sind aus dieser Epoche des Künstlers verschiedene in Kupfer gestochene Compositionen vorhanden. Daneben suchte er sich auch litterarische universelle Bildung zu verschaffen, las und studirte insbesondere die alten Historiker und Dichter. Durch ein Freundschaftsbündniß mit Baron Lütgendorf erhielt R. eine größere Arbeit in München und hatte in jener Stadt Gelegenheit, wieder eine große Gemäldesammlung kennen zu lernen und studiren zu können. Sein unermüdlicher Fleiß erregte selbst in der baierischen Residenzstadt Aufsehen. Im J. 1805 rief den Künstler abermals die Pflicht zu den Waffen, allerdings nur zur Erhaltung der Ordnung [6] und Sicherheit in Wien. Als der Feind abgezogen war, unternahm es R., im Verein mit Petter ein großes historisches Gemälde auszuführen. Dasselbe wurde bald vollendet, es war dies das große Bild: „Der blinde Seher Tiresias verkündet Alkmenen, der Mutter des schlangenwürgenden Herkules, ihres Kindes Zukunft“, dessen ausgezeichnete Anlage und Durchführung dem Künstler die große Pension verschaffte und seinen Namen der Reihe der hervorragendsten Talente einverleibte. Da seine Existenz nunmehr gesichert war, suchte er sich einen eigenen Herd zu gründen, vermählte sich im Jahre 1806 und legte den Grund zu einer glücklichen Ehe, welche mit Kindern gesegnet war. Mehrere Wandmalereien für den Grafen Stadion, Decorationsmalereien in der kaiserlichen Burg und im Palaste des Herzogs von Sachsen-Teschen waren die Arbeiten der nächsten Zeit, denen mehrere große Historienbilder folgten. Zu erwähnen ist hier auch noch der bildende Verkehr mit dem Maler Eberhard Wächter, welcher von Rom nach Wien flüchtete und in dessen Gesellschaft R. Monate lang verbrachte. Im J. 1807 ließ die Kaiserin Maria Louise Beatrix v. Este ihre Wohnungsräume mit Decken- und Thürbildern schmücken, auch R. wurde neben Anderen mit dieser ehrenvollen und einträglichen Arbeit betraut. Leider wurde seine Absicht, Italien, das Land der Kunst zu besuchen, zu Nichte, da plötzlich die Pension, welche R. genoß, eingestellt wurde und der Künstler, um den Ausfall zu decken, gezwungen war, bei Tag und selbst bei Nacht fleißig zu arbeiten, es entstanden verschiedene große in Oel ausgeführte Compositionen, darunter das gewaltige Bild, welches Hekuba am Meeresufer bei den Leichen der Ihrigen trauernd darstellte. Einige Jahre später sollte der Charakter der Gemälde des Künstlers eine ganz bestimmte Richtung ausgeprägt erhalten. Es geschah dies infolge der Begegnung mit dem für alles Nützliche, Große und Schöne begeisterten Erzherzog Johann und durch die Intervention des Landschaftsmalers Kniep, welcher von dem Erzherzog beauftragt nach tüchtigen Meistern Umschau hielt, die im Stande wären, historisch bedeutsame Momente aus der Geschichte der Habsburger in großen Compositionen zu fixiren. R. und Petter waren dazu ausersehen, diesen Gedanken des kunstliebenden Erzherzogs zu verwirklichen. Durch historische Lectüre und Studium bestimmter Werke, welche der Fürst dem Künstler selbst übergab, war R. bald mit seinem Stoffe vertraut und die erste der Compositionen, welche er entwarf: „Rudolf’s von Habsburg Begegnung mit dem Priester“, errang den Beifall des Erzherzogs. Noch hatte er im Kriegsjahre 1809 an dem französischen Gouverneur Andreossi einen Förderer seiner Kunst, zumal derselbe mehrere Bilder des Künstlers preiswürdig erwarb. Als die Franzosen abgezogen waren, wurde das Bild Hekuba von R. preisgekrönt. Erzherzog Johann bestellte nun verschiedene Bilder bei R., er verkehrte persönlich viel mit dem Künstler, besprach die Stoffe der Gemälde, schlug vor und legte seine Ansichten dar (vgl. meinen Aufsatz in der Beilage zur Wiener Abendpost vom 11. Mai 1880, Nr. 107: Erzherzog Johann und das Kunstleben Oesterreichs). Im J. 1810 ernannte der Erzherzog R. zu seinem Kammermaler und führte ihn in eine gesicherte Lebensstellung ein. Auf den Alpenexcursionen, die der Künstler mit dem Fürsten machte, bot sich vielfach Gelegenheit zu Skizzen und Studien, dazwischen entstanden verschiedene der erwähnten Gemälde aus der österreichischen Geschichte, 1814 wurde die „Begegnung Rudolf’s von Habsburg mit dem Priester“ in lebensgroßen Figuren ausgeführt, 1816 das Bild: „Rudolf und der Bettler“ öffentlich ausgestellt. Der Intervention seines hohen Förderers hatte es R. zu verdanken, daß er im J. 1818 zum Custos an der k. k. Gemäldegalerie im Belvedere ernannt wurde, er rückte im J. 1821 in die Stelle des ersten Custos vor, als der Director der Galerie Rosa 1821 starb hatte R. durch drei Jahre die alleinige Ueberwachung der Anstalt zu leiten. Außer [7] an einem genauen Verzeichnisse der ihm anvertrauten Kunstschätze arbeitete R. jetzt auch weiter unermüdet an neuen Compositionen, von denen nicht weniger als 31 auf der Ausstellung des Jahres 1822 vorgeführt erschienen. Der Ruf des Künstlers war nun schon durch ganz Deutschland gedrungen und sein Atelier wurde nicht leer von fremden und einheimischen Besuchern der höchsten Stände. So lebte R. nunmehr ruhig der Kunst und kein Jahr verging, an dem er nicht Zeichnungen und Compositionen in reicher Zahl an die Oeffentlichkeit gebracht hätte. Daneben unterließ er nicht seine Bücher zu Rathe zu ziehen und ununterbrochen reichlich Belehrung aus denselben zu schöpfen. Der Künstler erkrankte im J. 1843 an der Brustwassersucht, diese Krankheit sollte seinen Tod herbeiführen, er erlag der tückischen Krankheit am 19. September 1843 in Wien.

Schon aus der vorhergehenden Darstellung geht hervor, daß in dem Schaffen dieses Künstlers zwei Perioden hervortreten, eine, welche die Jugendzeit kennzeichnet und in welcher sich R. insbesondere mythologisch-historischen Stoffen des classischen Alterthums zuwandte und jene Periode, in welcher er specifisch österreichisch-historische Gemälde schuf. Zu letzteren wurde ihm, wie ebenfalls schon angedeutet, die Anregung durch Erzherzog Johann. Auch das litterarische Wirken des Freiherrn v. Hormayr, welcher durch seine historischen Taschenbücher und das von ihm geleitete Archiv für das österreichische Geschichtsleben von Bedeutung wurde und letzteres gewissermaßen wieder erweckte, sowie die besondere Beachtung, welche Hormayr dem heimischen Kunstleben zu Theil werden ließ und stets publicistisch manifestirte, blieben auf die Richtung des künstlerischen Strebens unseres Malers nicht ohne Einfluß. Von den hervorragendsten Gemälden des außerordentlich fleißigen Künstlers seien außer den schon oben angeführten noch erwähnt: „Noa’s Opfer“, „Diogenes von Sinope, welcher das Faß über den Hügel wälzt“, „Stephan der Heilige als religiöser Unterweiser seiner Unterthanen“, „Odoaker vor dem heiligen Severin“, „Maria an der Leiche Christi“, „Die Gefangennehmung der ungarischen Königin Maria und ihrer Mutter Elisabeth“, ferner die großen Gemälde aus der Geschichte Oesterreichs, darunter verschiedene Scenen aus dem Leben Rudolf’s von Habsburg, „Maximilian I. in frommen Betrachtungen“, „Albrecht’s des Weisen Abschied von den Seinen beim Zug ins gelobte Land“, „Johanna von Aragonien am Sarge ihres Gemahls“, „Die Wahl der Libussa zur Königin von Böhmen“, „Veronica von Teschenitz, Gemahlin des Grafen Friedrich v. Cilli auf der Flucht“, „Der Ursprung des Namens Metternich“. Viele dieser Bilder sind lebensgroß ausgeführt. Eine besonders gelungene Composition weist „Die Entführung Lancelot’s vom See durch die Nixenkönigin“, große Lebendigkeit die Darstellung eines „steirischen Kirchtages“ auf. Viele treffliche Copien classischer Gemälde, welche R. anfertigte, liegen außerdem vor, nicht minder zahlreiche Zeichnungen, unter denen besonders die phantasievoll durchgeführten Compositionen zum Nibelungenliede zu nennen sind. Auch die gestochenen und radirten Blätter, welche R. nach eigenen Compositionen selbst ausführte, verdienen besondere Erwähnung, eine Sammlung derselben erschien unter dem Titel: „Eigene in Kupfer gebrachte Ideen“. – Welch’ bedeutend künstlerische Anlage sich in der Familie des Künstlers erhielt, weisen seine Kinder Leander und Clementine auf, welche beide auf dem Gebiete der Malerei beachtenswerthe Werke geliefert.

Karl Ruß. Umriß eines Künstlerlebens von Dr. Eduard Melly, Wien 1844, besonders durch des Künstlers vielfach eingeflochtenen Tagebuchaufzeichnungen eine werthvolle Quelle. – G. C. Nagler’s Künstler-Lexikon, Bd. 14, S. 75–81. – Wurzbach, Biogr. Lexion, Bd. 27.