ADB:Roediger, Emil
Roediger: Emil R., geb. am 13. October 1801 zu Sangerhausen als Sohn des dortigen Organisten Joh. Friedr. R., ward nach frühzeitigem Verlust seiner Eltern in das Waisenhaus zu Halle aufgenommen, von wo aus er 1821 mit dem Zeugniß der Reife die Universität der genannten Stadt bezog, um zunächst Theologie zu studiren. 1826 ward er zum Dr. phil. promovirt, 1828 erwarb er den Grad eines Licentiaten der Theologie auf Grund einer lateinischen Abhandlung, in welcher er die Abstammung der arabischen Uebersetzung der historischen Bücher des Alten Testamentes von der alexandrinischen bestritt. 1830 ward er außerordentlicher Professor der orientalischen Sprachen zu Halle, am 31. October 1835 ordentlicher Professor ebendaselbst. – Am 1. October 1860 ward er in gleicher Eigenschaft nach Berlin berufen und bald darauf (1862 ?) in die Akademie der Wissenschaften daselbst als Mitglied eingeführt. Er starb am 15. Juni 1874 (Vita der oben erwähnten Dissertation. Mittheilungen des Sohnes des Verstorbenen Dr. Joh. Roediger, Oberbibliothekars an der Universität Marburg). –
Die erste wissenschaftliche Arbeit, welche R. der oben angeführten Dissertation folgen ließ, war die sich an dieselbe anschließende Schrift: „De origine et indole arabicae librorum Vet. Test. interpretationis historicarum libri duo …“, 1829 (s. den vollständigen Titel bei Winer, Handbuch der theol. Litt. I, 58). Hier führte er den Nachweis, daß die arabische, in der Pariser und Londoner Polyglotte abgedruckte Uebersetzung der historischen Bücher des Alten Testamentes: Richter, Ruth, der Samuelbücher und aus den Königsbüchern der Stücke 1. K. 1–11. 2. K. 12, 17 – Cap. 25 und aus Nehemia die Uebersetzung des Abschnittes Cap. 9, 28 – Cap. 13 auf die syrische Bibelübersetzung zurückgehe und auf mehrere christliche Verfasser des 13. und 14. Jahrhunderts zurückzuführen sei. Dagegen sei die Uebersetzung der Stücke 1. Könige 12 bis 2. Könige 12, 16 und Neh. 1–9, 27 von einem jüdischen Verfasser des 11. Jahrhunderts und zwar unmittelbar aus dem hebräischen Grundtexte gemacht worden. Dieser gediegenen Erstlingsarbeit, welche R. sofort die Ernennung zum Professor eintrug, folgten zahlreiche andere auf fast allen Gebieten der orientalischen Wissenschaften, welche der besseren Uebersicht halber am zweckmäßigsten nach den Disciplinen geordnet werden, denen sie angehören. –
In mannichfacher Beziehung förderlich erwies sich Roediger’s Mitarbeit auf dem Gebiete der semitischen Paläographie. Zunächst legte seine besonnene Kritik dem hier so sehr leicht einreißenden Hange zu kecken und abenteuerlichen Hypothesen Zügel an. Wir erinnern unter anderem an die Aeußerungen, mit denen er Hitzig’s Wagnisse in der Erklärung der Inscriptio Gerbitana begleitete (Zeitschr. der deutschen morgenl. Gesellschaft, Bd. 10, S. 792). Sodann aber übte er hier heilsamen Einfluß durch das Methodische seiner eigenen Arbeiten. Zuerst trat er hervor durch seine Erklärung eines in Phönicien gefundenen geschnittenen Steins (a. a. O. Bd. 3 [1849], S. 243 f.). In der Deutung der darauf befindlichen hebräischen Inschrift traf er selbständig mit Movers zusammen. – Es folgte dann (a. a. O. S. 347 f.) die Erklärung eines anderen hebräischen Siegelsteines, der sich in Gesenius’ monumenta Tafel 31, Nr. 67 abgebildet findet. – Ebenso gehörte R. zu den Ersten, welche über die bekannte große sidonische Inschrift des 6. Jahrhunderts sich äußerten, wie er denn auch eine der ersten Copien des Denkmals, welche er von dem Missionar van Dyk erhalten hatte, veröffentlichte. Roediger’s theils paläographische theils sprachliche Bemerkungen (a. a. O. Bd. 9 [1855], S. 647–659) haben ihm von dem letzten gründlichsten Erklärer Konst. Schlottmann (die Inschrift Eschmunazar’s 1868, S. 19) die Anerkennung eingetragen, daß er „den ersten soliden Grund zum richtigen Verständniß unserer Inschrift gelegt“ und „in wesentlichen Stücken für die weitere Untersuchung den rechten Ausgangspunkt [27] dargeboten habe“. – In Bd. 11 (1857) der genannten Zeitschr. S. 472 bis 474 gab R. die Deutung der persischen Inschrift eines geschnittenen Steines, bei welcher er an Stickel’s erste Entzifferungen anknüpfte. Er hatte die Freude, seine Aufstellungen mehrfach von sachkundiger Seite bestätigt zu sehen, vgl. S. 474. – In Bd. 12 (1858), S. 300–304 handelte R. über einen in Wernigerode befindlichen Helm mit mehreren arabischen Inschriften, der zugleich auch für arabische Wappenkunde von Interesse war. –
An diese paläographischen Studien reihten sich Forschungen zur Handschriftenkunde. In der obengenannten Zeitschrift Bd. 13 (1859), S. 219–288 machte R. Mittheilungen aus dem in München befindlichen Nachlaß Quatremère’s. Die wichtigsten Handschriften dieser Sammlung werden genau nach Form und Inhalt beschrieben, besonders eingehend die hebräischen S. 221 bis 224, dann die arabischen S. 224–236 und die persischen S. 287 ff. – Die Arbeit ward fortgesetzt in Bd. 14 (1860), S. 485–501. Hier wurde namentlich ein merkwürdiges Koranfragment in hebräischer Schrift beschrieben, welches wahrscheinlich für Juden angefertigt war; wobei R. besonders auf die eigenthümliche Methode der Transscription dieses Schreibers einging. Außerdem erfolgte Beschreibung einer arabischen Anthologie (cod. Lugd. 287. – In Bd. 16 (1862), S. 215 bis 234 wurde über ein persisch-arabisches Sammelwerk historischen, legendenhaften, lehrhaften, überhaupt sehr gemischten Inhaltes und über persische und türkische Texte aus der Berliner Handschriftensammlung Nachricht gegeben. In Bd. 17 (1863), S. 691–696 erfolgte dann Beschreibung von Handschriften des Dahabi, Gassâni und Khôndemir, lauter Verfasser arabischer Geschichts- und Traditionswerke. – Eine besondere Sorgfalt wandte R. auch den aramäischen insbesondere syrischen Studien zu. Wir verdanken ihm eine vortreffliche syrische Chrestomathie mit Glossar und grammatischen Tabellen, welche zuerst 1838, in 2., vermehrter Auflage 1868 erschien und durch ihre zweckmäßige Einrichtung die meisten ihrer Vorgängerinnen verdrängte (s. die vollständigen lateinischen Titel bei Nestle, Brevis linguae Syriae grammatica etc. 1881. Litteratura p. 10, 11, Nr. 144, 160). – Ebenso finden wir R. unter den Mitarbeitern bei dem großangelegten Thesaurus Syriacus, den der Engländer R. Payne Smith herauszugeben begonnen hat (s. den Titel bei Nestle a. a. O. S. 12, Nr. 169). – Noch ist daran zu erinnern, daß R. seiner Zeit zuerst der verbreiteten Meinung entgegentrat, daß die syrische Sprache gänzlich ausgestorben sei. In der Zeitschrift für Kunde des Morgenlandes Bd. 2, S. 77–93, 314–316 machte er auf einen am Urmiasee in der Umgegend von Mosul gesprochenen neusyrischen Dialect aufmerksam, dessen sich die dortigen syrischen Christen bedienten. Auf S. 85 f. ward die erste Probe desselben gegeben, indem R. in zwei nebeneinanderstehenden Columnen das Credo der sogenannten chaldäischen Christen in der alten syrischen Schriftsprache und in der neueren Vulgärsprache aufführte, worauf dann eine deutsche Uebersetzung nebst Erläuterungen folgte. Auf S. 314 bis 316 erfolgten noch nähere Beschreibungen des amerikanischen Reisenden Southgate von besonderen Mundarten, die sich von der neusyrischen Sprache in den verschiedenen Dörfern der genannten Gegend vorfinden. Später erhielt R. noch durch den Missionar Perkins in Urmia 4 neusyrische Originalbriefe, die er nach ihrem Schriftcharakter beschrieb, wörtlich mittheilte, übersetzte und erläuterte (a. a. O. Bd. 3, S. 218–225). Zur Sache vgl. Th. Noeldeke, Grammatik der neusyrischen Sprache, 1868. – Auch in Recensionen legte R. oft werthvolle Notizen aus dem Schatze seines syrischen Wissens nieder, vgl. Zeitschr. d. deutschen morgenländischen Gesellsch. Bd. 14, S. 336 f., Bd. 16, S. 550–552 u. a. – Ebensowenig darf der Artikel über Ephraem Syrus in [28] Herzog’s Realencyklopädie für protest. Theol. (1. Aufl. Bd. 4, S. 85–92) hier unerwähnt bleiben. –
Dem Gebiete der arabischen Studien gehörte außer seinem, Eingangs dieses Artikels erwähnten Erstlingswerke: die Bemerkung über eine Stelle in de Sacy’s arabischer Chrestomathie an in der Zeitschr. f. Kunde des Morgenlandes, Bd. 2, S. 312, in der er eine Auffassung de Sacy’s berichtigte. – Mit Pott zusammen betrieb er auch „Kurdische Studien“, a. a. O. Bd. 3, S. 1–63, Bd. 4, S. 1 bis 42, 259–280, Bd. 5, S. 57–83. Im Besonderen gehören R. hiervon an die S. 1–25, in denen er allgemeine Untersuchungen über den Charakter und das Ausdehnungsgebiet der kurdischen Sprache und deren Litteratur anstellte. – Den Namen Kurden combinirte er mit biblischem qardu, griechischem Καρδοῦϰος, persischem qurd, = tapfer, kriegerisch (S. 7 ff.). Der Geographie von Palästina wandte er ebenfalls reges Interesse zu. Mittheilungen zur Topographie von Jerusalem veröffentlichte er in der Zeitschr. d. deutschen morgenländ. Gesellsch. Bd. 2 (1848), S. 231–234, Bd. 3 (1849), S. 349 ff. Der arabischen Geographie leistete er Dienste durch die Bearbeitung von Wellsted’s Reisen in Arabien, 1842, und seine werthvollen Erläuterungen zu diesem Werke. Man vgl. besonders Bd. 2, S. 352–411 den Excurs zu den himjaritischen Inschriften, Bd. 2, S. 89–91 die Untersuchung über das Verhältniß der Namen Horeb und Sinai. Vielfach hat er auch in kurzen Noten die sprachlichen Irrthümer des Autors berichtigt, z. B. Bd. 1, S. 199, 221 oder in werthvoller Weise Ergänzungen zu W.’s Aeußerungen geliefert, Bd. 1, S. 228, 229, Bd. 2, S. 239, 340 u. a. m.
Die größten und weithin wirkendsten Verdienste aber erwarb sich R. auf dem Gebiete der hebräischen Sprachwissenschaft. Der Geschichte der hebräischen Grammatik gehört seine Abhandlung über R. Jehuda Chajjug an (Monatsberichte der Berliner Akad. der Wissensch. 1868). Die hebräische Grammatik selbst zu bearbeiten und immer wieder aufs neue den eigenen und fremden wissenschaftlichen Forschungen gemäß umzugestalten, bot sich ihm die Gelegenheit, als er nach Gesenius’ Tode (1842) mit der Neubearbeitung von dessen hebräischer Grammatik betraut wurde. Er hat sich dieser Mühe von der 14. Auflage an (1845) bis zur 21. (1872) unterzogen. Sie war nicht leicht, da die Schranken der Schulgrammatik nicht durchbrochen, auch die Anlage von Gesenius im Allgemeinen festgehalten werden mußte. Es konnte also überall nur knapp das fortgeschrittene Verständniß der sprachlichen Erscheinungen angedeutet werden, dabei aber mußte zugleich dafür gesorgt werden, daß diese Winke verständlich blieben. Es gab dabei zunächst in den allgemeinen Fragen (Charakteristik der semitischen Sprachen, Verhältniß der Dialekte zu einander, Stellung des Hebräischen innerhalb derselben) mancherlei zu bessern, was mit Sicherheit nur von einem so umfassend gebildeten Orientalisten geschehen konnte. Ebenso mußten aber auch im Einzelnen vielfach neue Fassungen der Regeln gesucht, zweckmäßigere Beispiele beigebracht, Reformen oder textkritisch verdächtige Formen beseitigt werden. Auch suchte R. immer mehr der historischen Erklärung der einzelnen Spracherscheinungen, wie sie Olshausen angebahnt hatte, Eingang zu verschaffen. Bei jeder neuen Auflage zeigte sich die sorgfältig alles Einzelne durchprüfende beziehungsweise bessernde Hand des Herausgebers. (Jetzt ist die Arbeit E. Kautzsch bewährter Sorgfalt übertragen und von diesem bis zur 24. Auflage 1885 fortgeführt worden, wobei mit Recht mit Manchem, das Roediger’s Pietät gegen Gesenius noch hatte stehen lassen, schärfer aufgeräumt worden ist.) – Eine größere Arbeit wartete Roediger’s auf dem lexikalischen Gebiete. Gesenius ward dem Riesenwerke seines thesaurus, im Anfange des Buchstabens Schin (1842) bei der Wurzel schabar stehend, entrissen. Seine Arbeit riß ab bei dem Worte [29] mischbarim. R. hatte zunächst den Rest von schebasch bis tatnaj auszuarbeiten. Diese Arbeit schaffte R. im J. 1853 fertig. Nur Weniges hatte sich in Gesenius’ Nachlaß gefunden, das als vollkommen fertig dem Drucke hätte übergeben werden können. Das Meiste mußte R. vollständig neu ausarbeiten. Er führte das Werk im allgemeinen in Gesenius’ Geist und Weise zu Ende, nur daß er noch mehr auf in anderen Dialekten verwandte Ausdrucksweisen einging und ausführlicher in der Exegese schwieriger Stellen war. Es folgte dann 1858 das letzte Heft des großen Werkes (s. den vollständigen Titel bei Strack, Hebräische Grammatik, 2. Auflage 1885, litteratura p. 117), welches zunächst die indices enthielt. Der 1., der sogenannte grammaticus et analyticus beruhte auf Gesenius’ Arbeit, die in dessen Handwörterbuche stand, ward aber von R. vielfach erweitert und vervollständigt. Den 2., den index latinus, und den 3., den index locorum hat Dr. Gust. Brückner verfertigt, so daß für R. nur noch die addenda et emendanda übrigblieben. Diese, alphabetisch geordnet, umfassen im Schlußheft die Seiten 61–116. Mit Recht hat R. sich nicht berufen gefühlt, in diesen Anhang den ganzen Fortschritt der Lexikographie seit Gesenius’ Tode hineinzuarbeiten oder alle Abweichungen seiner eigenen Ansichten in lexikalischen Fragen von denen Gesenius’ darzulegen, denn das würde erstens neue Bände erfordert und sodann den Charakter des Ganzen als eines Monumentum Gesenius’scher Forschung beeinträchtigt haben. Er hat also in diese additamenta zunächst alle eigenen Correcturen von Gesenius, die im Handexemplar desselben oder auf anderen Blättern standen, mit Ausnahme der allzuflüchtigen oder offenbar irrigen aufgenommen (jenen ist Ges. hinten zugefügt) und sodann diejenigen Artikel nachgetragen, welche von Gesenius vergessen waren, wie z. B. eine Anzahl Eigennamen. Außerdem hat er in [ ] mit dem Vermerk Roed. eine Reihe wichtiger fachlicher oder handschriftlicher Ergänzungen gegeben und Irrthümer vorzüglich in denjenigen Citaten corrigirt, welche Gesenius aus Handschriften gemacht hatte. Wie des Gesenius thesaurus selbst, so werden auch Roediger’s additamenta noch lange Zeit als eine reiche Fundgrube von Lexikographen und von Lesern des Alten Testamentes mit Dank benutzt werden. (Ueber die Fortsetzer des Gesenius’schen Handwörterbuchs s. Bleek-Kamphausen, Einleitung in das Alte Testament, 1870, S. 146. Strack a. a. O. litteratura, S. 12*.) – Eine kleinere feine lexikalische Studie zu selâw hat R. in der Zeitschr. der deutschen morgenländischen Gesellsch., Bd. 1 (1847), S. 338 veröffentlicht. – Ebenso sei auf seinen Aufsatz „Zur Punktation in den karaitischen Bibelhandschriften“ (Hallische allg. Litteraturztg. 1848, Aug., Nr. 169) hingewiesen. –
Nicht unerwähnt dürfen wir endlich lassen den hohen Nutzen, welchen R. den orientalischen Wissenschaften stiftete durch seine mehrjährigen Litteraturberichte, welche in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft erschienen. Man findet dieselben in Bd. 5 (1851, S. 417–466 über die Litteratur des Jahres 1850), Bd. 8 (1854), S. 637–719 über die Jahre 1851 und 1852, Bd. 9 (1855), S. 321–356 über den größten Theil des Jahres 1854 (das Jahr 1853 war von Arnold übernommen worden), Bd. 10 (1856), S. 691–799 über das zweite Halbjahr 1854 und das Jahr 1855. Mit diesem Jahre legte R. „das mühsame, zeitfressende und wenig Dank erntende Geschäft des Berichtens“ nach fünfjähriger Verwaltung desselben (vgl. a. a. O. S. 691) nieder und es trat damals zunächst R. Gosche an seine Stelle. Niemand wird bestreiten, daß R. gewisse wichtige und unentbehrliche Eigenschaften für eine solche Berichterstattung im höchsten Maße besaß. Umfassende Kenntniß der Sprachen und der Litteraturen, um die es sich hier handelte, oft bis in ihre kleinsten Einzelnheiten hinein, einen sicheren Blick für das [30] Wesentliche der behandelten Aufgaben und deren Lösungen, ein besonnenes und dabei unbestechliches, nur durch die Sache geleitetes Urtheil. Andere mochten ihn durch anregendere und geistvollere Behandlung der Stoffe übertreffen, an Zuverlässigkeit aber wohl kaum irgend Einer. Wir haben damit zugleich den Gelehrten in R. überhaupt charakterisirt. Man wird noch hinzufügen dürfen, daß gerade diejenigen Eigenschaften, welche das Ansehen der deutschen Gelehrsamkeit im Auslande besonders begründet und erhalten haben, von R. vorzugsweise besessen wurden. Durch seinen unermüdlichen Fleiß, durch die Ausdehnung und Sicherheit des Wissens, durch seinen unerschütterlichen Wahrheitssinn wußte er sofort das Vertrauen des Lesers zu gewinnen; man merkte, daß man an einen sicheren Führer gerathen war. Es ist wahr: seine Behandlung der Sachen hatte etwas Trockenes; man vermißte darin die kräftige Initiative des eigenen Geistes, wie sie z. B. Roediger’s Zeitgenosse, Ferdinand Hitzig, in so hohem Maße hatte. Dafür wurde man aber auch nicht zu Kletterpartien eingeladen, bei welchen man verunglücken konnte. Als Docent hatte R. nur eine beschränkte Wirksamkeit. In Halle lag dies zum Theil an äußerlichen Hindernissen, da die alttestamentlichen Vorlesungen von der Mehrzahl der Studirenden bei dem theologischen Professor gehört wurden, die Orientalia dagegen durch die Natur der Sache überhaupt stets für Wenige bestimmt sind. Doch zog sein Name manche Ausländer besonders aus England und Amerika dorthin.