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Artikel „Ridinger“ von Wilhelm Schmidt (Kunsthistoriker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 505–507, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ridinger&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 07:14 Uhr UTC)
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Band 28 (1889), S. 505–507 (Quelle).
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Ridinger, Künstlerfamilie zu Augsburg im 18. Jahrhundert. Der bekannteste ist Johann Elias R., ein berühmter Thiermaler. Er war geboren zu Ulm am 16. Februar 1698, kam daselbst in seinem 14. Jahre zu dem Maler Christoph Resch in die Lehre. Resch, der übrigens Altarblätter gemalt haben soll, war kein besonderer Künstler und hatte auch viel mit Anstreichen, Faßmalen, Vergolden zu thun, so daß die Hauptbeschäftigung des Lehrlings in derartigen handwerklichen Dingen bestand. Immerhin besaß Resch gute Kenntnisse in den mathematischen Wissenschaften, d. h. Geometrie, Architektur, Perspective, wovon R. doch profitirte, wenngleich er den Nutzen erst in reiferen Jahren einsehen lernte. Der aufstrebende Geist des Jünglings fühlte sich bei seinem Zunftherrn gedrückt und entwarf Pläne, dem Letzteren durchzubrennen [506] und nach Italien zu marschiren, das als die unfehlbare Schule aller großen Künstler galt, doch wurde aus Mangel an Mitteln nichts daraus. Nach seiner Freisprechung wandte sich R. nach Augsburg, wo er bei Joh. Falk, der in Hamilton’s Art kleine Thiere, Disteln u. s. w. malte, und später bei einem bischöflichen Maler und Vergolder eintrat. Von Beiden nicht befriedigt, ging er nach Regensburg, wo er an den kurfürstlich brandenburgischen Gesandten Graf Metternich empfohlen war, und hier machte er bedeutende Fortschritte in der Thiermalerei. Nach drei Jahren kam er nach der Lechstadt zurück, wo er nach dem Schlachtenmaler G. Ph. Rugendas, der damals Director der dortigen Akademie war, sich weiterbildete. Im J. 1723 heirathet er die Wittwe des Malers Johann Seuter, die ihm 6 Kinder brachte, darunter den Maler und Radirer Martin Elias R. (geb. 1730, † 1780) und den Schwarzkunststecher Johann Jakob (geb. 1735, † 1784). R. wurde nun bald rasch berühmt, und auch an Ehrenstellen fehlte es nicht. Im J. 1757 wurde er Assessor am Ehegericht Augsburger Confession und zwei Jahre später Director der Akademie. Der Künstler wurde durch eine Schlagfluß plötzlich zu Augsburg am 10. April 1767 der Welt entrückt. Die Kunsthandlung, die R. gegründet hatte und die vor Allem seine eigenen Blätter umfaßte, ging an seine Söhne Martin Elias und Johann Jakob über, von denen der Erstere die radirten Blätter, der Zweite die Mezzotintostiche übernahm. Bildnisse von R. gibt es mehrere, eine Radirung von Martin Elias nach des Vaters Zeichnung, ein Schwarzkunstblatt von Johann Jakob (aus dem Jahre 1767 kurz vor dem Tode des Künstlers), ein Schwarzkunstblatt von J. G. Haid nach J. G. Bergmüller und einen Stahlstich nach dem Gemälde seines Jugendfreundes J. Seuter, dessen Witwe, wie bemerkt, der Künstler später ehelichte, als Titelblatt in Thienemann’s Buch.

R. gehört mit Recht zu den geschätztesten Künstlern, und er war auch jederzeit anerkannt, im Gegensatz zu so vielen anderen aus dem 18. Jahrhundert, deren Ruhm bald erblaßte. In dem conventionellen Stile, der jene Epoche charakterisirt, wirkten seine Thierdarstellungen wie ein frischer Naturquell. Es ist ja selbstverständlich, daß auch er seiner Zeit ihren Tribut zollte, seine menschlichen Figuren sind etwas stilisirt und nicht mit der Natürlichkeit seiner Thiere gezeichnet, die landschaftlichen Gründe und sein Baumschlag verrathen eine conventionelle Bildung, man mag auch hier und da an den Pferden etwas zu Gleichförmiges und manche Thiere, z. B. die Löwen, die er gerne konterfeite, nicht ganz gelungen finden: seine Darstellungen sind trotzdem Zeugnisse seines scharfen und umfassenden Studiums nach der Natur. In allen Lagen, bei der Jagd, im Lager, bei Ruhe, Zorn, Schreck, Aufregung stellte er seine Vorbilder mit gleicher Gewandtheit dar, und auch eine ironisirende Ader fehlte ihm nicht, wie seine Fabeln beweisen. „Wie viel nutzbares“, heißt es in der noch zu Ridinger’s Lebzeiten geschriebenen Biographie, „findet nicht ein Liebhaber der Reitkunst und Jagd in seinen Motiven? Er siehet hier nicht nur die Lectionen im Reiten, die Jagd, Behetzung und Fang der Thiere, ihr Spuren (Fährten) natürlich vorgestellet, sondern auch mit Schule und waidmännischen Redensarten beschrieben“. Kein Wunder, daß unser Künstler besonders auch den Jagdfreunden ans Herz gewachsen ist. Gemalt hat R. übrigens nicht viel, in seiner letzten Zeit überhaupt nicht mehr. Genannt werden zwei große Stücke, das eine einen Viehmarkt, das andere eine Pferdeweide darstellend, die er für den Maler und Kupferstecher Johann Daniel Hertz noch in jugendlichen Jahren gemalt hatte; ferner kamen 6 große Jagdstücke an den kaiserlichen Hof zu St. Petersburg, zwei andere nach Zürich. Dagegen hat R. überaus viel gezeichnet. J. A. G. Weigel in Leipzig erkaufte im J. 1830 von den Ridinger’schen Erben den Hauptstock dieser Zeichnungen, wobei auch das obengenannt Biographiemanuscript war. [507] Sie sind beschrieben mit den von R. Weigel, dem späteren Besitzer, acquirirten Vervollständigungen in Thienemann’s Buch (S. 271 ff.). Am bekanntesten aber ist R. durch seine Kupferstiche, meist Radirungen, doch auch verschiedene Schwarzkunstblätter, die seinen Ruhm über die Kunstwelt verbreiteten. G. A. W. Thienemann hat dieselben in seinem Buche: Leben und Wirken des unvergleichlichen Thiermalers und Kupferstechers Johann Elias Ridinger, Leipzig 1856 (Nachträge dazu in Naumann’s Archiv für die zeichnenden Künste V, S. 140 f.) ausführlich beschrieben. Wir nennen darum nur summarisch die bedeutendern Folgen, indem wir des weiteren auf Thienemann verweisen; wir bemerken dabei, daß wo nicht ausdrücklich andere Stecher genannt sind, die Radirung von R. selbst herrührt. „Das Paradies“ Folge von 12 Blättern; „Fürsten-Lust“, 1729, 28, bezw. 36 Bl.; „Die Thierfabeln“, 1734, 16 Bl.; „Abbildungen der Jagtbaren Thiere, mit beigefügten Fährten und Spuhren“, 1740, 24 Bl.; „Betrachtung der wilden Thiere, mit beygefügter vortrefflicher Poesie des hochberühmten Herrn Barthold Heinrich Brockes“, 1736, 41 Bl.; „Genaue und richtige Vorstellung der wundersamsten Hirschen sowohl als anderer besonderlichen Thiere“, 101 Bl., nach Ridinger’s Tod 1768 herausgegeben, jedoch fast alle noch von ihm selbst radirt, nur einige von Martin Elias R. nach des Vaters Zeichnung; „Fürstliche Personen zu Pferde“, 16 Bl.; „Nach der Natur entworffene Vorstellungen Wie alles Hoch und Nieder Wild, samt dem Feder Wildpräth … gefangen wird“, 1750, 31 Bl., darunter 8 von Martin Elias R. gestochen; „Die von verschiedenen Arthen der Hunden behaetzte Jagtbare Thiere“, 1761, 22 Bl.; „Die par force Jagd des Hirschen“, 16 Bl.; „Entwurf einiger Thiere“, 7 Theile zu je 18 Bl., mit Titel und Text; „Verschiedene Pferderassen“, 32 Bl., 4 von R. selbst, die andern von Martin Elias R. und J. G. Seuter, seinem Schwiegersohne gestochen; „Neue Reit-Kunst in Kupfer-Stichen inventiert und gezeichnet“, 1722, 23 Bl., von denen 8 von J. B. Probst, die andern von J. D. Hertz gestochen sind; „Neue Reit Schul vorstellend einen vollkommenen Reuter“, 1734, 18 Bl.; „Vorstellung und Beschreibung derer Schul- und Campagne Pferden nach ihren Lectionen“, 1760, 47 Bl., mit einem Anhang „Das Carousel“, in 15 Bl.; „Kämpfe reißender Thiere“, 1760, 8 Bl.; zwei Zeichnungsbücher von 1728 und 1742 u. s. w. Auch hat R. nach Rubens und J. H. Roos gestochen, ferner biblische und Genredarstellungen geliefert. Zu beachten ist, daß von vielen Folgen noch bis in unsere Zeiten Abdrücke gemacht wurden, die natürlich hinter den zu Ridinger’s Lebzeiten gemachten sehr zurückstehen.