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Artikel „Richel, Bernhard“ von J. Braun in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 426–428, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Richel,_Bernhard&oldid=- (Version vom 7. Oktober 2024, 20:56 Uhr UTC)
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Richel: Bernhard R. (Rihel), einer der bedeutendsten Drucker zu Basel im 15. Jahrhundert, nach Fechter’s Untersuchungen (im Baseler „Taschenbuch auf das Jahr 1863“) aus Ehewiler, einem Dorf in der Rheinpfalz, nach anderen Mittheilungen aus Nürnberg oder Württemberg gebürtig, kam auf seinen Wanderungen nach der Schweiz und erwarb 1474 das Bürgerrecht in Basel, nachdem er sich im J. 1468 daselbst niedergelassen hatte. Die Gründung der Baseler Universität im J. 1460 rief sofort auch aus Deutschland junge Leute als Studenten dahin, die später dem Studium entsagten und sich der um diese Zeit durch die Erstürmung von Mainz offenkundig gewordenen Buchdruckerkunst zuwandten. Vielleicht auch kamen einige unter ihnen sogar in der bestimmten Absicht nach Basel, nach beendetem Studium des unentbehrlichen Latein sich der Erlernung der Typographie zu widmen. In den Matrikeln der Basler Universität kommen schon in den ersten drei Jahren des sechsten Decenniums eine Reihe von später als Buchdrucker bekannt gewordenen Namen vor, wie Michel Wenßler aus Straßburg, der 1462 akademischer Bürger wurde, Ulrich Gering, Michel Friburger, Martin Krantz, Eberhart Franolt, Bernhardt R. und andere. Daß R. erst 1474 das Bürgerrecht als Buchdrucker erkaufte, erklärt sich dadurch, daß dieses Recht nach altem Herkommen damals immer erst nach mehrjährigem Aufenthalt in einer Stadt ertheilt wurde. Der erste Druck Richel’s ist die „Biblia latina“, die um 1468–1470 entstanden sein dürfte, und die in ihrem ersten Theil von Berthold Ruppel (s. d.) daselbst gedruckt wurde, deren zweiter Theil aber aus der Presse Richel’s hervorgegangen ist. Ruppel war ein Gehülfe Gutenberg’s (Braun, [427] Notitia hist.-lit. I, 53), der in Basel 1464 zu drucken begonnen hat. Wodurch seine Thätigkeit daselbst plötzlich unterbrochen wurde, sodaß die Beendigung dieser ersten Baseler Bibel von R. übernommen werden mußte, ist nicht bekannt geworden. Die Holzschnitt-Initialen in dem zweiten von R. gedruckten Theil dieser Bibel gehören jedenfalls zu dem Frühesten, was die Holzschneidekunst in dieser Art von Bücherschmuck hervorgebracht hat. Wie lange die beiden Typographen Ruppel und R. in Verbindung mit einander gestanden haben, ist bei dem Mangel an weiteren gemeinschaftlich hergestellten Druckwerken nicht mit Bestimmtheit festzustellen, doch scheint die Gemeinschaft noch 1473 bestanden zu haben, da in diesem Jahre unterm 25. Juni ein gerichtlicher Vergleich zu Stande gekommen ist, in dem beide zusammen als eine Partei gegen „ihren Knecht Anderiß Zwickdarm“, den dieselben hatten verhaften lassen, genannt werden (Stehlin, Regesten Nr. 14). Im ganzen hat R. bis zum Jahre 1477, abgesehen von dem vorher erwähnten zweiten Theil, drei lateinische Bibelausgaben gedruckt, von denen die „Biblia sacra vulgata“, die vermuthlich 1473 in zwei Foliobänden erschienen ist, der erste selbständige Druck Richel’s sein dürfte. Dieselbe trägt weder seine Firma, noch eine Jahreszahl, ist jedoch mit seinen Typen gedruckt. Dagegen ging im J. 1474 aus seiner Officin ein „Sachsenspiegel“ hervor, die erste Ausgabe des von Eyke v. Reppgowe um 1225 verfaßten deutschen Rechtsbuches und zugleich das erste Buch, welches in Basel mit Angabe des Jahres und Druckers erschien. Die erste Ausgabe dieses Druckes ist insofern von besonderer Bedeutung, weil sie die erste in deutscher Sprache zu Basel gedruckte Schrift ist, wie überhaupt R. der erste Typograph ist, der sich auf seinen Druckwerken genannt hat, und zum ersten Male Druckwerke in deutscher Sprache daselbst herausgegeben hat. Nachdem die Verbindung mit Ruppel gelöst war, scheint R. kurze Zeit für sich allein gedruckt zu haben, aber schon im J. 1475 finden wir ihn wieder in Gemeinschaft mit einem anderen Drucker, diesmal mit Michael Wenßler aus Straßburg. Es erschien in diesem Jahre von ihm allein gedruckt noch die „Biblia latina“ in Großfolio, und dann „Roberti de Litio Ord. Min. Quadragesimale. Basileae per Bernh. Richel et Mich. Wensler Socii, anno 1475“ (Fol.). Vom Jahre 1476 ab war R. dagegen allein thätig, und druckte nun bis 1482 eine ganze Anzahl von Werken, unter denen folgende hervorgehoben zu werden verdienen: „Gratiani Decretum cum apparatu. Basileae 1476“. – „Biblia lat. ex vers. D. Hieronymi. 1476“ (S. l. et nom typ.). – „Institutiones Justin. cum appar. 1476“. – „Nicolai de Tudeschis Panormitanus (Abbas Siculus), lectura super V libros decretalium. 1477“. 5 voll. – „Ein bürdlin der zit. 1481“. – Es ist dieses die erste Ausgabe der deutschen Uebersetzung des von R. 1482 auch in lateinischer Sprache gedruckten „Fasciculus temporum“. Dieses von Werner Rolevinck v. Laer verfasste Schriftchen, das deutsch und lateinisch 1488 und 1493 von Johann Prüß in Straßburg nachgedruckt wurde, ist insofern bemerkenswerth, als sein Verfasser, ein Karthäuser Mönch, ein Zeitgenosse Gutenberg’s, unter dem Jahre 1457 dieser Chronik eine Notiz über die „zu Mainz erfundene Buchdruckerkunst“ gebracht hat. Dieses Zeugniß von Mainz befindet sich zwar in der lateinischen Ausgabe Richel’s, fehlt aber in seiner deutschen Ausgabe, die sich dagegen durch die naive Schlußschrift auszeichnet, welche lautet: „Gedruckt aber gerecht suber vnd rein durch Hermeyster Bernhart Richel burger zu Basel alß man zalt nocht der geburt christi. M.cccc. l. xxxi. ior pridie Kl. Septembris.“ Aus dem Jahre 1482 ist noch eine Evangelienerklärung bekannt, die unter dem Titel „Hugonis Cardinalis Postilla super quatuor Evangelia“ erschien, und nach der R. nur noch den oben genannten „Fasciculus“ gedruckt hat. Einige seiner Drucke, wie die „Biblia latina de Parabolis“, „Astexani summa [428] de cas. Conscientiae“ und die „Viola sanctorum“ sind ohne Firma oder Jahreszahl erschienen. Ueber die persönlichen Verhältnisse Richel’s sind uns nur knappe Nachrichten erhalten geblieben. Er druckte, wie schon gesagt wurde, allein vier Ausgaben der Vulgata, was, ausgenommen Anton Koburger in Nürnberg, keinem der alten Drucker nachgerühmt werden kann. R. scheint in Basel eine bemerkenswerthe Persönlichkeit gewesen zu sein, denn er wurde in verschiedenen Streitsachen als Schiedsrichter berufen (Stehlin, Regesten Nr. 55, 75 etc.). Sein Absatz an Druckwerken mag nach den in den Baseler Gerichtsbüchern häufig vorkommenden Beschlagnahmen des Eigenthums seiner Bücherkäufer ein nicht unbeträchtlicher gewesen sein, auch geht aus diesen Acten hervor, daß er stets mehrere „Diener“ beschäftigte, die für ihn auch außerhalb Basel Bücher verkauft haben. Ein Beweis dafür, daß zu jener Zeit noch öfter Tauschhandel getrieben wurde, ergibt sich aus einer Gerichtsverhandlung vom 28. Juli 1475, in welcher Niclaus Rauchfaß bekennt, daß er dem Buchdrucker Bernh. R. 40 Gulden für Bücher schuldig sei, und verspricht, „demselben dafür den Wein, der ihm nächsten Herbst zu Gebweiler wachsen wird, zu geben und die Fässer dazu zu liefern“. R. druckte zu Basel in dem Hause „zum kleinen Blumen“, das er im J. 1478 von Junker Rudolf Schlierbach für 550 Gulden, „nebst Scheune und Garten, bei dem Salzthurm an der Ecke hinter der Herberge zum großen Blumen gelegen“, gekauft hatte. Er starb im J. 1482, und vermuthlich im August dieses Jahres, wenigstens wurde „Frau Ennelin, Meister Bernhart Richel’s sel. Wittwe auf ihr Begehren mit Oswalt Holtzachan am 6. August bevogtet“. Die Wittwe scheint die Officin bis zum Jahre 1486 noch fortgeführt und dann verkauft oder sich wieder verheirathet zu haben. R. bediente sich eines Signets, das seine Anfangsbuchstaben B. R. enthielt. Der Schild hängt an einem abgeschlagenen Baumast, und dem gegenüber befindet sich ein zweiter Schild, in welchem die Umrisse von drei Bergen auf weißem Grunde sich zeigen.

Vgl. Klemm, Catalog S. 211, 212, 439–441. – Kapp, Geschichte S. 114–116. – Falckenstein, Geschichte S. 269. – v. d. Linde, Gutenberg S. 45. – v. d. Linde, Geschichte S. 313, 713, 838. – Archiv f. Geschichte des Buchhandels V, S. 33; XI, Nr. 5 u. ff. – Stockmeyer und Reber, Beiträge S. 3, 17, 20. – Hain, repertorium bibl. Nr. 3041, 4422, 6932, 6939, 6959, 7888, 8975, 12309 u. s. w.